TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/17 94/19/0033

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Veröffentlicht am 17.02.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. November 1993, Zl. 4.343.417/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. November 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, der am 19. August 1993 in das Bundesgebiet eingereist war, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. September 1993, mit dem der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden war, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat hiezu erwogen:

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung primär auf § 2 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 1991, weil der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland - hier (unter anderem) der tschechischen Republik - keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden.

Der Beschwerdeführer rügt nun in diesem Zusammenhang zunächst, es sei im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 1991 notwendig, daß der Asylwerber im Drittstaat wirksamen Schutz vor Abschiebung gehabt habe. Verfolgungssicherheit setze daher voraus, daß der Aufenthalt des Flüchtlings den Behörden den Drittstaats bekannt gewesen und von ihnen geduldet und gebilligt worden sei. Überdies sei Fluchtziel des Beschwerdeführers von vornherein Österreich gewesen. Schließlich komme es darauf an, daß der Flüchtling bereits tatsächlichen Schutz vor Verfolgung im Drittstaat gefunden habe, eine einschränkende Interpretation sei unlässig.

Darüberhinaus rügt der Beschwerdeführer, er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, da die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG im Berufungsverfahren eingeholte Ermittlungsergebnisse dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht habe.

Der Beschwerdeführer geht auch in seinem Vorbringen vor dem Gerichtshof selbst davon aus, daß er sich vor seiner Einreise nach Österreich (unter anderem) in der tschechischen Republik aufgehalten habe. Er bringt in diesem Zusammenhang weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht etwas vor, das darauf hinweisen könnte, daß er nicht vor seiner Einreise nach Österreich bereits dort vor Verfolgung sicher gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256 und das Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl.93/01/1139) ist Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 1991 anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte, wobei es nicht darauf ankommt, wie lange sich der Beschwerdeführer in dem Drittstaat aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den dortigen Behörden bekannt und von diesen geduldet war.

Da nach den Kundmachungen des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den Geltungsbereich des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 806 und 807/1993 die tschechische Republik mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1993 erklärt hat, sich auch weiterhin an die genannten Übereinkommen gebunden zu erachten und die bis 31. Dezember 1992 als einheitliches Staatsgebiet bestehende Tschechoslowakei am 26. November 1991 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention ohne Einschränkung hinterlegt hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992), kann es nicht als unschlüssig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 1991 angenommen hat. Daß sich der Beschwerdeführer hiebei nur auf der Durchreise nach Österreich befunden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung, kam es doch nicht auf die Dauer und das Motiv seines Aufenthaltes in der tschechischen Republik an. Vielmehr war für den Beschwerdeführer Verfolgungssicherheit zumindest bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er dieses fremde Staatsgebiet betreten hat, wobei er keine relevanten Gründe genannt hat, die ihn gehindert hätten, dort länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen. Der Beschwerdeführer rügt zwar die Unterlassung der Konfrontation mit angeblichen Ermittlungsergebnissen des Berufungsverfahrens, führt aber nicht aus, was er bei der Konfrontation vorgebracht hätte, weshalb ein allenfalls vorliegender Verfahrensmangel schon aus diesem Grunde nicht als wesentlich angesehen werden kann. Darüberhinaus bekämpft der Beschwerdeführer nicht die Feststellungen über seinen Aufenthalt in der tschechischen Republik.

Der Beschwerdeführer macht geltend, ihm sei von seinem Fluchthelfer mitgeteilt worden, er wäre nur in Österreich vor Verfolung sicher. Er habe aus entschuldbarer Rechtsunkenntnis nicht gewußt, daß auch die tschechische Republik Mitglied der Flüchtlingskonvention und deshalb Schutz vor Verfolgung bereits dort gegeben gewesen sei. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da es nicht auf die subjektive Kenntnis des Asylwerbers über die Verhältnisse in den Ländern seines Aufenthaltes ankommt, sondern ausschließlich auf die objektive Tatsache, ob in den Staaten seines Aufenthaltes Verfolgungssicherheit eingetreten war.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen (§ 35 Abs. 1 VwGG).

Aus diesem Grund erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190033.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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