TE OGH 2022/2/23 3Ob228/21g

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Veröffentlicht am 23.02.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Hämmerle & Hübner Rechtsanwälte OG in Innsbruck, und ihrer Nebenintervenienten 1. Ing. H* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Christian Girardi, LL.M., Ing. Dr. Stefan Schwärzler, Mag. Daniel Pichler, Rechtsanwälte in Innsbruck, 2. A*, 3. V* GmbH, *, beide vertreten durch Advokatur Dr. Herbert Schöpf, LL.M., Rechtsanwalt-GmbH in Innsbruck, 4. Dipl.-Ing. P*, vertreten durch Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Mag. E*, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der L.* GmbH, 2. G* GmbH, *, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen 2.312.476,07 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Juli 2021, GZ 2 R 41/21b, 2 R 88/21i-248, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]            1. Die Revisionswerberin zieht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht in Zweifel, dass die Zweitbeklagte (bloß) als Erfüllungsgehilfin der Erstbeklagten anzusehen ist. Ausgehend davon gelingt es der Klägerin mit ihren Rechtsmittelausführungen nicht, eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen, das (von einer geringfügigen Ausnahme abgesehen) eine Haftung der Zweitbeklagten für die eingeklagten Schäden verneinte:

[2]            2. Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine Haftung des Erfüllungsgehilfen gegenüber dem Gläubiger des Geschäftsherrn bloß wegen Verletzung der Pflichten aus dem Schuldverhältnis nicht in Betracht. Der Erfüllungsgehilfe haftet vielmehr nur dann, wenn sein Verhalten unabhängig von der Existenz des Schuldverhältnisses rechtswidrig ist, er also deliktisch handelt (vgl RS0022481, RS0022801).

[3]            3. Zum Delikt wird ein Verhalten, so auch das eines Gehilfen, erst dann, wenn – unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung geltende – allgemeine oder in konkreten Schutzgesetzen enthaltene Verhaltensnormen verletzt werden. Die Beeinträchtigung absoluter geschützter Rechtsgüter kann die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nur indizieren, aber nicht schon schlechthin begründen (vgl RS0022656).

[4]            4. In diesem Sinn wurde etwa die Haftung eines Tankwagenfahrers für Sachschäden des Auftraggebers seines Geschäftsherrn bejaht, weil er die von ihm zu erwartenden speziellen Vorsichtsmaßnahmen beim Befüllen eines Öltanks nicht eingehalten hatte (4 Ob 578/95). Auch ein Installateur haftet deliktisch für einen Wasserschaden, der darauf zurückzuführen war, dass er es unterlassen hatte, die Dichtheit der von ihm verlegten Rohrleitungen entsprechend der maßgeblichen Ö-NORM durch eine Druckprüfung mit Wasser zu prüfen (7 Ob 170/11t). Ein Erfüllungsgehilfe haftet nach bereits vorliegender Rechtsprechung auch dann gegenüber dem Auftraggeber seines Geschäftsherrn, wenn er einen Sachschaden aufgrund eines Verstoßes gegen als Schutzvorschrift zu beurteilende feuerpolizeiliche Vorschriften herbeiführt (8 Ob 528/89). Ebenso wurde bereits mehrfach ausgesprochen, dass ausführende Grabungsunternehmer auch als Subunternehmer verpflichtet sind, die zur Vermeidung der Beschädigung unterirdischer Einbauten erforderlichen Maßnahmen zu treffen (6 Ob 256/02v mwN).

[5]       5. Im vorliegenden Fall ist allerdings keine spezielle Verhaltensnorm ersichtlich, deren Verletzung eine deliktische Haftung der Zweitbeklagten begründen könnte. Die ihr von der Klägerin vorgeworfenen Verhaltensweisen (Auswahl unzureichend dimensionierter Dämmplatten bzw Unterlassung der in diesem Zusammenhang erforderlichen statischen Berechnungen) sind vielmehr lediglich als Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen der Erstbeklagten aus dem von ihr mit der Klägerin geschlossenen Vertrag anzusehen. Bei den Folgen der fehlerhaften Vorgangsweise der Zweitbeklagten handelt es sich daher um reine Mangelfolgeschäden.

Textnummer

E134405

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00228.21G.0223.000

Im RIS seit

13.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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