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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des Y in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1995, Zl. 4.332.347/11-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 9. Dezember 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 12. Dezember 1991 Asyl. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19. Februar 1992 gab er im wesentlichen an, er sei Angehöriger der kurdischen Minderheit und Alewite. 1978 und 1979 habe er für die verbotene Partei DEV-SOL, der er nahestehe, Flugblätter verteilt, weswegen Fundamentalisten die Scheiben seines Geschäftes eingeschlagen und ihm Waren gestohlen hätten und 1981 nach zweimonatiger Untersuchungshaft eine Geldstrafe über ihn verhängt worden sei. Danach habe er bis zur Ausreise keine Schwierigkeiten mehr mit den Behörden gehabt, aber ständig in Angst gelebt, wegen seiner Gesinnung eingesperrt zu werden. 1989 sei er mit seinem Geschäft in Konkurs gegangen, weil die Sunniten bei ihm nicht eingekauft und auch die Alewiten von einem Einkauf bei ihm abgehalten hätten.
Mit Bescheid vom 2. März 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien fest, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling. Die formularmäßige Begründung enthielt keine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe zuletzt in Istanbul gelebt. Die türkischen Behörden hätten ihm auch dort keine Ruhe gelassen, ihn immer wieder verhört und mißhandelt und ihm Zusammenarbeit mit der PKK vorgeworfen.
Mit Bescheid vom 12. August 1993 wies die belangte Behörde die Berufung mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling in Sinne des in der Zwischenzeit in Kraft getretenen Asylgesetzes 1991 (AsylG). Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1994, Zl. 94/20/0119, wegen Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 AsylG durch den Verfassungsgerichtshof auf.
Mit Schreiben vom 20. Februar 1995 gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Gelegenheit, seine Berufung im Sinne der bereinigten Fassung des § 20 Abs. 2 AsylG zu ergänzen, und hielt ihm zugleich vor, er sei schon in Rumänien und Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Berufungsergänzung, in der er sich gegen die Annahme der Verfolgungssicherheit in Rumänien und Ungarn wandte und sein übriges Vorbringen durch die Behauptung ergänzte, im November und Dezember 1994 seien zahlreiche Angehörige seiner Familie Opfer von Brandaktionen des Militärs geworden, Häuser und Wohnungen in Tunceli seien niedergebrannt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung neuerlich ab. Sie übernahm die Begründung des Bescheides vom 12. August 1993 und fügte in bezug auf die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers hinzu, die Angaben in der Berufungsergänzung ließen nicht auf eine konkrete Verfolgungsabsicht der Heimatbehörden des Beschwerdeführers gegenüber diesem schließen. Dem Beschwerdeführer habe schon deshalb nicht Asyl gewährt werden können. "Überdies" habe das Ermittlungsverfahren aber aus näher dargestellten Gründen ergeben, daß der Beschwerdeführer schon in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei schon in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen, und knüpft an die diesbezüglichen Ausführungen den Antrag auf Aufhebung des Bescheides, weil er sich "im aufgezeigten Sinne als rechtsirrig" erweise.
Der Verneinung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers tritt die Beschwerde mit keinem Wort entgegen. Die in dieser Hinsicht von der belangten Behörde übernommenen Ausführungen in ihrem Bescheid vom 12. August 1993 bestehen in weiten Teilen aus einer Würdigung in der Berufung neu aufgestellter Behauptungen des Beschwerdeführers über Ereignisse vor seiner Flucht, wobei zu diesen Behauptungen schließlich festgestellt wird, sie hätten mangels Glaubwürdigkeit keine Berücksichtigung finden können. Gemäß § 25 Abs. 2 iVm § 20 Abs. 1 AsylG 1991 hätte sich die belangte Behörde auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz beschränken und mit dem Berufungsvorbringen nicht auseinandersetzen müssen. Daraus, daß sie das erst in der Berufung erstattete Vorbringen auf seine Glaubwürdigkeit geprüft und diese verneint hat, ergibt sich aber keine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0795, und vom 21. April 1993, Zlen. 92/01/1121, 1122). Die belangte Behörde hat in dem erwähnten Bescheid aber auch dargelegt, daß die vom Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme beschriebenen Ereignisse im Zeitpunkt seiner Ausreise keinen aktuellen Grund zur Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG bilden konnten. In dieser Ansicht, aber auch in der Würdigung der in der Berufungsergänzung behaupteten Vorfälle in Tunceli, kann ohne Geltendmachung relevanter Verfahrensverstöße durch den Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.
Ist der Beschwerdeführer nicht Flüchtling, so kann ihm Asyl jedoch - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht hervorgehoben hat - allein schon deswegen nicht gewährt werden, sodaß es auf das Vorliegen des Ausschließungsgrundes nach § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG nicht mehr ankommt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/20/0024).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200227.X00Im RIS seit
20.11.2000