TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/17 92/01/0795

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Veröffentlicht am 17.02.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §11 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des C in I, geb. am 8.9.1969, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juli 1992, Zl. 4.286.587/2-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 27. April 1990 wurde festgestellt, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention, aus denen sich gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz die Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet ableite, beim Beschwerdeführer - einem rumänischen Staatsangehörigen, der am 13. November 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht zuträfen. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juli 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat anläßlich seiner ersten Befragung im Asylverfahren am 20. November 1989 angegeben, daß er nicht sagen könne, besonderen Verfolgungen in seinem Heimatland ausgesetzt gewesen zu sein. Er habe aber mehrfach zu spüren bekommen, daß er der ungarischen Minderheit angehöre. Polizeilichen Verhören oder einer Hausdurchsuchung sei er nicht unterzogen worden. Seine Nachteile in Rumänien hätten darin bestanden, daß er in seinem erlernten Beruf keine Anstellung habe finden können. Bei Vorsprachen habe man gemerkt, daß er Ungar sei, worauf man ihm gesagt habe, "daß eben kein Koch benötigt wird". So habe er nur als Lagerarbeiter eine Tätigkeit finden können. In Ungarn, wo er sich, nachdem er sein Heimatland illegal verlassen gehabt habe, seit 3. August 1988 "als Flüchtling" aufgehalten und als Koch gearbeitet habe, habe er sich deshalb nicht "wohl gefühlt", weil er dort "nicht wie ein Ungar", sondern als Rumäne behandelt worden sei. Er sei mit dem Regime nicht einverstanden gewesen und sehe "die ganze Lage zu unsicher".

In seiner Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die von ihm bei seiner Vernehmung angeführten Fluchtgründe, und er fügte hinzu, daß sich die politische Lage in Rumänien nicht geändert habe, weshalb es ihm unmöglich sei, dorthin zurückzukehren, weil er dort wie ein Verräter behandelt werden würde. Er habe Rumänien nicht aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, habe aber, weil er der ungarischen Minderheit angehöre, Probleme gehabt. Er sei von der Securitate verfolgt und geschlagen worden, weil er versucht habe, gegen "die brutalen Methoden, mit welchen sie das Volk einschüchtern wollten", zu protestieren. Die kritische Situation, der die ungarische Minderheit auch nach der Dezemberrevolution ausgesetzt sei, habe auch seinen Bruder bewogen, Rumänien zu verlassen. Auch nach den Wahlen in seinem Heimatland seien die Kommunisten weiterhin an der Macht.

Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 - dessen Bestimmungen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits anzuwenden waren - hat der Bundesminister für Inneres seiner Entscheidung über eine zulässige Berufung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen. Eine offenkundige Mangelhaftigkeit dieses Ermittlungsverfahrens, die gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 - wie in den beiden anderen dort angeführten, aber ebenfalls nicht vorliegenden Fällen - seine Ergänzung oder Wiederholung erforderlich gemacht hätte, war für die belangte Behörde auf Grund der Aktenlage auch unter Berücksichtigung des Inhaltes der Berufung nicht erkennbar und wird im übrigen auch vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Der Beschwerdeführer weist zwar bei Bekämpfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde - angesichts der Aktenlage - zutreffend darauf hin, daß seiner Vernehmung ein Dolmetsch nicht beigezogen worden sei. Einer solchen Maßnahme hätte es gemäß (dem im Zeitpunkt der Vernehmung geltenden) § 11 Abs. 1 Asylgesetz (1968) bedurft, wenn der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht kundig gewesen wäre, wofür der Umstand spricht, daß er bei seiner Befragung in dem seine "Sprachen" betreffenden Punkt lediglich "Ungarisch, Rumänisch, wenig Englisch" genannt hat. Der Beschwerdeführer macht aber gar nicht geltend, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, der Einvernahme zu folgen oder sich in hinreichendem Maße auszudrücken. Derartiges ergibt sich weder aus der betreffenden Niederschrift, in der der Beschwerdeführer vielmehr abschließend, nachdem ihm der Inhalt vorgelesen worden war, ausdrücklich erklärt hat, damit einverstanden zu sein, noch aus der Berufung, in der er sogar auf diese Angaben Bezug genommen hat, und im übrigen nicht einmal aus der Beschwerde. Das bedeutet aber, daß sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen gar nicht auseinanderzusetzen gehabt hätte und der Beschwerdeführer dadurch, daß sie dies dennoch getan und ihm diesbezüglich keinen Glauben geschenkt hat, jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt worden ist. Insoweit sich der Beschwerdeführer auf Umstände bezieht, die er erst in der Berufung vorgebracht hat, erübrigt es sich daher, darauf sowie auf die diesbezügliche Begründung des angefochtenen Bescheides einzugehen. Wenn der Beschwerdeführer darüber hinaus in der Beschwerde erstmals zusätzliche (teilweise gar nicht ihn selbst betreffende) Umstände, wie insbesondere die Erlassung eines gegen ihn gerichteten Haftbefehles (ohne daß er im übrigen die Gründe hiefür dargelegt hat), geltend macht, so verstößt dies gegen das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG und ist daher bei Prüfung des angefochtenen Bescheides von vornherein unbeachtlich.

Geht man aber vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz, also von den eigenen Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Befragung am 20. November 1989, aus, so kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertreten hat, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 sei und ihm demnach nicht gemäß § 3 leg. cit. Asyl gewährt werden könne. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsgrundlage kann nämlich aus objektiver Sicht davon keine Rede sein, daß der Beschwerdeführer staatlichen Behörden seines Heimatlandes zuzurechnenden Verfolgungshandlungen aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention (in Übereinstimmung mit § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991) genannten Gründe ausgesetzt gewesen sei, auf Grund derer ein weiterer Verbleib in seinem Heimatland für ihn unerträglich gewesen wäre.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010795.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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