TE Bvwg Erkenntnis 2022/1/11 W278 2239897-9

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2022
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Entscheidungsdatum

11.01.2022

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W278 2239897-9/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: ungeklärt, zu BFA-Zl. 16-1117046406/190798420, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Am 01.06.2016 reiste der Beschwerdeführer (BF) von Italien kommend nach Österreich ein. Im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle wurde festgestellt, dass dieser über keinen Reisepass oder sonstige Identitätsdokumente verfügt. Während der Anhaltung gemäß § 39 FPG stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Schreiben vom 01.06.2016 wurden der BF aufgefordert, zu seinem ersten Ladungstermin am 07.06.2016 in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen, persönlich zu erscheinen. Diesem Termin blieb der BF unentschuldigt fern und er entzog sich somit seinem Asylverfahren.

Das Asylverfahren wurde mit 08.06.2016 gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt.

Nach erfolgter Festnahme gemäß § 34 BFA-VG am 14.09.2016 wurde das Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, durch eine Vorführung des BF vor die EAST Ost, fortgeführt.

Das italienische Innenministerium (Ministero dell’Interno) teilte dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit, dass der BF den italienischen Behörde unter den Namen XXXX geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Tunesien bekannt sei. Weiters gaben die italienischen Behörden an, dass der BF in Italien mehrere Verbrechen begangen habe, festgenommen worden sei, eine Ausweisungsanordnung von Italien am 28.10.2014 erhalten habe und nie einen Asylantrag in Italien gestellt habe oder jemals einen rechtmäßigen Aufenthalt in Italien gehabt habe.

Mit Bescheid des BFA vom 08.11.2016, Zahl 16-1117046406/160765988, wurde der Antrag auf internationalen Schutz, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, und gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien, abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt und wurde gegen diesen gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist. Der genannte Bescheid wurde dem BF nachweislich in der Justizanstalt Innsbruck zugestellt.

Am 24.01.2017 wurden der BF vom Landesgericht Innsbruck wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall und Abs 2 Z 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 2 Jahren verurteilt.

Am 25.04.2017 wurde der BF zur Identifizierung der algerischen Delegation vorgeführt. Am 26.09.2017 langte die Ablehnung seitens der algerischen Delegation ein. Es wurde mitgeteilt, dass der BF kein Algerier, sondern vermutlich ein Marokkaner sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2017 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt und wurde gegen diesen gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist und wurde gegen diesen ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Bescheid wurde dem BF nachweislich am 18.10.2017 in der Justizanstalt Innsbruck zugestellt und erwuchs mit 16.11.2017 in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 02.04.2019 wurde die Zustimmung Marokkos zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt.

Am 28.05.2019 wurde der BF festgenommen und ins PAZ Innsbruck überstellt.

Von 29.05.2019 bis 07.07.2019 wurde der BF in Schubhaft angehalten.

Am 07.07.2019 sollte der BF im Zuge einer Linienabschiebung auf dem Luftweg nach Marrakesch/Marokko verbracht werden. Noch im Zuge des Kontaktgespräches am Vortag gab der BF an, dass er keine Probleme bei der Flugabschiebung machen werden. Aufgrund des renitenten Verhaltens des BF musste die Flugabschiebung jedoch abgebrochen werden. In Folge wurde der BF wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt.

Mit Bescheid des BFA vom 05.11.2019 wurde über den BF im Anschluss an die Gerichtshaft gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG die Schubhaft angeordnet und diese am 15.12.2020 vollzogen.

Am 24.02.2021 brachte der BF eine Schubhaftbeschwerde gem. § 22a BFA-VG ein, welche nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen wurde und die weitere Verhältnismäßigkeit der Anhaltung als gegeben erkannt wurde.

Zumal der Fremde mehrfach im Zuge der Beschwerdeverfahren vor dem Gericht angab, nicht freiwillig nach Marokko auszureisen, konnte eine zwangsweise und begleitete Abschiebung für den 14.08.2021 organisiert werden.

Am 14.08.2021 wurde der BF in Zuge einer Linienabschiebung nach Marokko/Marakesch verbracht. Obwohl seitens der marokkanischen Behörde ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt wurde, verweigerten die marokkanischen Behörden die Übernahme.

Der BF wurde in Folge am 15.08.2021 nach Österreich rücküberstellt. Über ihn wurde mit nunmehr verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 17.08.2021 neuerlich die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit 01.09.2021 konnte ein Vorführtermin vor die algerische Delegation erwirkt werden und wurde der BF den algerischen Behörden vorgeführt. In Zuge der Vorführung gab der BF gegenüber der algerischen Delegation an, marokkanischer Staatsbürger zu sein. Seitens der algerischen Behörden konnte der BF nicht als algerischer Staatsbürger identifiziert werden. Der BF wurde jedoch nochmals am 12.11.2021 den algerischen Behörden vorgeführt.

Am 13.10.2021 wurden Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Libyen und Tunesien eingeleitet. Nach Durchführung eines Interviews teilte die libysche Botschaft mit, dass der BF kein libyscher Staatsbürger sei.

Mit Erkenntnis vom 17.12.2021 stellte das BVwG fest, dass dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 05.01.2022 legte das BFA den gegenständlichen Schubhaftakt gemäß § 22 Abs 4 BFA-VG dem Gericht vor.

In einer Stellungnahme führte das BFA nach Darlegung des maßgeblichen Sachverhaltes zusammengefasst aus:

„Der BF zeigte insgesamt eine anhaltende Missachtung der europäischen Fremdenrechtsordnung, indem er – offensichtlich mittellos – in verschiedenste europäische Länder reiste und die schengenweiten Bestimmungen über die rechtmäßige Einreise und Aufenthalt ignoriert. Nachdem sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich negativ beschieden wurde, wirkte dieser in keinster Weise an der Besorgung eines Ersatzreisedokumentes mit und zeigte dadurch die von ihm ausgehende erhebliche Fluchtgefahr. In der Gesamtbetrachtung geht eindeutig hervor, dass sich der BF nicht an die Rechtsordnung hält und drängt sich gerade das gezeigte vertrauensunwürdige Gesamtverhalten in den Vordergrund. Eine Kooperationsbereitschaft des Fremden konnte dieser in keinstem Stadium des Verfahrens glaubhaft darlegen.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme erklärte der Fremde, dass dieser keinesfalls freiwillig nach Marokko reisen würde. Der BF verfügt seit negativer Bescheiderlassung über kein Aufenthaltsrecht in Österreich und ist zur Rückreise verpflichtet. Herr XXXX traf keinerlei Ausreisevorbereitungen und ist in keinster Weise bereit freiwillig auszureisen. Der BF erklärte mehrfach, dass er in Österreich bleiben wird und sich einem ordnungsgemäßen Überstellungsverfahren nicht stellen wird. Sohin konnte über den Fremden auch kein gelinderes Mittel verhängt werden, da sich dieser einem ordnungsgemäßen Überstellungsverfahren unverzüglich entziehen würde. Von der erforderlichen Paktfähigkeit, welche ein Verfahren auf freien Fuß ermöglicht, kann bei Herr XXXX in keinster Weise gesprochen werden.

Auch das strafrechtlich relevante Fehlverhalten des Fremden wurde bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung der ho. Behörde in Betracht gezogen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt. Der BF hat bewusst gegen Meldebestimmungen und Bestimmungen über den Umgang mit Suchtgift verstoßen.

Aufgrund des von Herr XXXX gesetzten Verhaltens ist eine weitere Verfahrensführung auf freiem Fuß nicht möglich. Herr XXXX erweist sich aus diesen Gründen fortgesetzt als keinesfalls vertrauenswürdig und ist von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen. Deshalb ist die weitere Notwendigkeit der Schubhaft gegeben.

Die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes ist Herr XXXX vollkommen bewusst und nutzt er diese mutmaßlich um in Österreich Straftaten zu begehen. Bereits mehrmals wurde diesem erklärt, dass er bei der Botschaft einen Reisepass ausstellen muss. Seine Mitwirkungspflicht gemäß § 46 FPG ist diesem vollkommen bewusst. Sollte Herr XXXX bereit sein freiwillig in seinen Herkunftsstaat zu reisen, kann ein Ausreiseverfahren binnen weniger Wochen durchgeführt werden. Die Dauer in welcher der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten ist, liegen somit im Verantwortungsbereich von Herr XXXX .

Fremdenpolizeiliche Maßnahmen erscheinen auch aus dem europarechtlichen Grundsatz des „effet utile” dringend geboten. Die Republik Österreich hat ihre unionsrechtliche Verpflichtung gegenüber den anderen Schengenstaaten zur Umsetzung der Aufenthalts- und Einreisebestimmungen zu wahren, woraus sich ein massives öffentliches Interesse, Personen die über kein Aufenthaltsrecht in einem Schengenstaat verfügen und sich dennoch längerfristig unrechtmäßig in den Mitgliedstaaten aufhalten, in den Herkunftsstaat zu überstellen. Dem Art. 6 iVm. Art 8 der Rückführungsrichtlinien zufolge war sowohl eine Rückkehrentscheidung zu erlassen als auch Maßnahmen zu deren Vollstreckung vorzunehmen und liegt die Anwendung europarechtlicher Normen nicht im Ermessen der Behörde.

Die weitere Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wurde auch in Hinblick auf die Erlangung eines Heimreisezertifikates geprüft:

Herr XXXX wurde von den marokkanischen Behörden identifiziert und wurde ein Heimreisezertifikat für seine Person von der marokkanischen Botschaft in Österreich ausgestellt. Seitens des Bundesamtes wurden sämtliche Schritte eingeleitet, um ein neuerliches Heimreisezertifikat für Herr XXXX zu besorgen. Zumal der Beschwerdeführer in seinen bisherigen Verfahren darauf beharrte algerischer Staatsbürger zu sein, wurde unverzüglich eine Vorführung vor die algerische Botschaft organisiert. In Zuge dieser Vorführung, gab Herr XXXX zur Verschleierung seiner Identität nunmehr an, marokkanischer Staatsbürger zu sein. Gerade dieses Verhalten zeigt der belangten Behörde, dass Herr XXXX in keinster Weise bereit ist am Verfahren mitzuwirken und dieser alles unternimmt, um sich einen weiteren Aufenthalt in Österreich erschleichen zu können. Derzeit sind Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Marokko, Algerien und Tunesien laufend. Ein Vorführungstermin vor die tunesische Botschaft wird derzeit organisiert, Algerien überprüft seine Angaben – marokkanischer Staatsbürger zu sein - neuerlich in Algerien und ist auch mit einer Antwort aus Marokko zu rechnen. Zumal Herr XXXX in Italien als tunesischer Staatsbürger bekannt ist, gilt auch dieses Verfahren als sehr erfolgsversprechend. Seitens der belangten Behörde wird jedenfalls davon ausgegangen, dass binnen der Schubhafthöchstdauer mit der Finalisierung der Abschiebung gerechnet werden kann. Angemerkt darf nochmals werden, dass Herr XXXX die Schubhaftzeiten jederzeit mit entsprechender Kooperation vor den jewieligen Vertretungsbehörden selbstständig verkürzen könnte.

Abschließend darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass bei Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats unverzüglich eine Abschiebung, erfolgen kann. Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates wird seitens der belangten Behörde baldigst gerechnet und ist somit der Zweck der Anhaltung innerhalb der Höchstschubhaftdauer jedenfalls erreichbar.

Nach Herstellung einer Relation zwischen der Größe des Sicherungsbedarfs und den entgegenstehenden privaten Interessen, ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiterhin notwendig und verhältnismäßig.“

Dem BF wurde die Gelegenheit gegeben, dazu im Verfahren eine Stellungnahme abzugeben, wovon der BF jedoch keinen Gebrauch machte.

Zusätzlich wurde eine weitere Stellungnahme betreffend die höchstzulässige Anhaltedauer und betreffend die Bemühungen zur HRZ Erlangung vom Bundesamt einholt und ebenfalls dem BF im schriftlichen Verfahren die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten. Auch von dieser Möglichkeit zur Stellungnahme machte der BF keinen Gebrauch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor. Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz zu.

Für den Beschwerdeführer wurden mehrere HRZ-Verfahren eingeleitet, das HRZ-Verfahren mit Libyen wurden bereits beendet, da der Beschwerdeführer nicht als libyscher Staatsangehöriger seitens der Botschaft identifiziert werden konnte, das Verfahren mit Tunesien, Marokko und Algerien ist gegenwärtig im Laufen und wird laufend urgiert.

Der Beschwerdeführer war in Österreich ausschließlich in Polizeianhaltezentren und Justizanstalten gemeldet.

Der Beschwerdeführer weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

01) LG INNSBRUCK 027 HV 122/2016a vom 24.01.2017 RK 24.01.2017

§§ 28a (1) 5. Fall, 28a (2) Z 2 SMG

Datum der (letzten) Tat 22.09.2016

Freiheitsstrafe 2 Jahre

zu LG INNSBRUCK 027 HV 122/2016a RK 24.01.2017

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 22.01.2018, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG INNSBRUCK 038 BE 50/2017s vom 13.11.2017

zu LG INNSBRUCK 027 HV 122/2016a RK 24.01.2017

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG KORNEUBURG 503 HV 81/2019w vom 24.07.2019

02) LG KORNEUBURG 503 HV 81/2019w vom 24.07.2019 RK 24.07.2019

§§ 83 (1), 84 (2) StGB

§ 107 (1) StGB

§ 269 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 07.07.2019

Freiheitsstrafe 1 Jahr

Vollzugsdatum 07.07.2020

03) LG KORNEUBURG 503 HV 123/2019x vom 07.01.2020 RK 11.01.2020

§ 107 (1) StGB

§ 15 StGB § 270 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 03.10.2019

Freiheitsstrafe 6 Monate

zu LG KORNEUBURG 503 HV 123/2019x RK 11.01.2020

zu LG KORNEUBURG 503 HV 81/2019w RK 24.07.2019

zu LG INNSBRUCK 027 HV 122/2016a RK 24.01.2017

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 15.12.2020, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG INNSBRUCK 023 BE 36/2020a vom 13.11.2020

04) LG INNSBRUCK 035 HV 91/2018d vom 20.01.2020 RK 20.01.2020

§ 15 StGB § 269 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 01.02.2019

Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG

KORNEUBURG 503 HV 81/2019w RK 24.07.2019

Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG

KORNEUBURG 503 HV 123/2019x RK 11.01.2020

Vollzugsdatum 20.01.2020

Der Beschwerdeführer zeigte sich bereits während seines Asylverfahrens nicht kooperativ, da er untertauchte, sodass das Asylverfahren eingestellt werden musste, des Weiteren machte der Beschwerdeführer bewusst tatsachenwidrige Angaben zu seiner Identität und seinem Herkunftsstaat. Der BF vereitelte bereits einen Abschiebeversuch durch Gewaltausübung gegen einen Exekutivbeamten. Die Identität und Staatsangehörigkeit des BF steht aufgrund der fehlenden Mitwirkung des BF nicht fest.

Der Beschwerdeführer befand sich von 29.05.2019 bis 07.07.2019 sowie von 15.12.2020 bis 14.08.2021 in Schubhaft.

Der Beschwerdeführer wurde am 14.08.2021, begleitet via Paris nach Marokko abgeschoben. Die Übergabe an die marokkanische Behörde scheiterte, da die marokkanischen Behörden erklärten, dass die Fingerabdrücke des BF nicht zu seinem Datensatz passen. (AS 263 - OZ 37 W154 2239897-8)

Der BF wurde daraufhin unter Überwachung durch Exekutivbeamte via Paris nach Österreich rücküberstellt und aufgrund eines Festnahmeauftrages nach der Landung in Wien festgenommen.

Der Beschwerdeführer befindet sich nunmehr seit 17.08.2021 durchgehend in Schubhaft.

Das Bundesamt hat sich nachvollziehbar rechtzeitig und angemessen um die Erlangung eines HRZ und die Abschiebung des BF bemüht.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Das Erfordernis einer HRZ-Ausstellung und die dadurch bedingte Anhaltedauer sind dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Der Beschwerdeführer ist in besonderem Ausmaß nicht vertrauenswürdig. Er ist in Österreich in keiner Form integriert, verfügt über keine substanziellen sozialen, beruflichen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft und über kein Barvermögen. Der Beschwerdeführer ist gesund und jedenfalls haftfähig.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und die Gerichtsakten, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt zu W154 2239897-8 sowie den Akten des BFA und des BVwG die Schubhaftverfahren des BF betreffend.

Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des BFA noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid und der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des BF.

Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

Die Feststellung, dass der BF haftfähig ist, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Aus den dem Gericht übermittelten Unterlagen geht die Haftunfähigkeit des BF nicht hervor. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer nichts Gegenteiliges vorgebracht. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

Die Feststellungen, dass der BF über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage.

Dass der BF in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister. Aus den in der Anhaltedatei vermerkten finanziellen Mitteln des BF ergibt sich, dass der BF über keine finanziellen Mittel verfügt.

Die Feststellungen zu den Bemühungen des BFA zur Erlangung eines HRZ ergeben sich zum einen aus dem Verwaltungsakt sowie aus der Stellungnahme des BFA anlässlich der Aktenvorlagen, sowie der zwei ergänzenden Stellungnahme des BFA, denen der BF im schriftlichen Verfahren nicht entgegengetreten ist.

Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass es für den Beschwerdeführer nicht möglich wäre, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden. Aus den im Akt einliegenden Einvernahmen des BF geht zweifelsfrei hervor, dass er selbst seine Identität verschleiert, um seine Abschiebung zu verhindern. Auch hat er bereits einen Abschiebeversuch mit Gewalt verhindert und dabei einen Polizeibeamten am Körper verletzt.

Die Feststellungen zu dem erfolglosen Abschiebeversuch ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Bericht über die nicht erfolgte Abschiebung vom 18.08.2021, BM.I GZ.: 2021-0.508.168 PAD/21/00000935/64.

Dem BF wurde die Stellungnahme zur Aktenvorlage, sowie die die zusätzliche Stellungnahme des Bundesamts vom 05.01.2022 und die Stellungnahme der HRZ Abteilung des Bundesamtes vom 07.01.2022 im Wege des schriftlichen Parteiengehörs übermittelt. Die eingeräumte Stellungnahme Frist ließ er ungenutzt verstreichen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch

§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des BF kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).

Zum konkret vorliegenden Fall:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vor.

Zu Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Es liegt beim BF fortgesetzt Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 3 FPG vor.

Die Gründe, aus denen das BFA die Schubhaft angeordnet hat, haben sich seither nicht geändert. Der BF behindert seine Rückkehr oder Abschiebung, er ist im HRZ-Verfahren nicht kooperativ (Ziffer 1 des § 76 Abs. 3 FPG). Gegen den BF liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vor (Ziffer 3 des § 76 Abs. 3 FPG).

Der BF verfügt über keine familiären und sozialen Bindungen im Bundesgebiet. Er hat in Österreich keinen Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über keine Barmittel (Ziffer 9 des § 76 Abs. 3 FPG).

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.

Der BF behindert bzw. verzögert das Verfahren zur HRZ-Ausstellung. Gegen den BF liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot vor. Er verfügt über keine aufrechte Meldeadresse und ist in Österreich weder familiär noch sozial verankert. Der BF verfügt über keine Barmittel. Weiters sind die strafrechtlichen Verurteilungen des BF wegen Gewalt und Suchtmitteldelikten zu unbedingten Freiheitsstrafen zu berücksichtigen. Der BF ist nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein sehr hohes Risiko des Untertauchens sowie einen fortgesetzten Sicherungsbedarf ergeben. Der BF hat seine in diesem Fall besonders ausgeprägte Vertrauensunwürdigkeit durch sein unkooperatives Verhalten unter Beweis gestellt.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Zur Verhältnismäßigkeit:

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man das Interesse des Beschwerdeführers am Recht auf persönliche Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse in Österreich zeigt sich, dass der Beschwerdeführer keine familiären und sozialen Bindungen sowie keine Berufstätigkeit vorweisen kann.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF wurde in Österreich – wie oben ausgeführt – mehrfach strafgerichtlich wegen Gewalt und Suchtmitteldelikten rechtskräftig verurteilt, die fremdenrechtlich relevant sind. Er verhinderte sogar eine Abschiebung durch Gewaltausübung gegen Exekutivbeamte und bedrohte diese im Anschluss.

Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht und ist nicht vertrauenswürdig.

Der BF wird seit 17.08.2021 in Schubhaft angehalten. Die Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist ausschließlich auf die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines HRZ und der mangelnden Mitwirkung des BF zurückzuführen. Verzögerungen, die in der Sphäre des BFA liegen würden, sind nicht zu erkennen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das BFA rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines HRZ - mit den dem BFA zur Verfügung stehenden Daten - für den BF eingeleitet. Das BFA konnte bereits ein HRZ von den marokkanischen Behörden erwirken, diese verweigerten dennoch dem BF die Einreise und er musste aufgrund des gescheiterten Abschiebeversuchs begleitet nach Österreich rücküberstellt werden. Der BF besitzt keine Reisedokumente, sodass nunmehr HRZ Verfahren mit Marokko, Algerien und Tunesien geführt werden. Da die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist und weil eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt beträgt die höchstzulässige Anhaltedauer in Schubhaft gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 und 2 FPG achtzehn Monate.

Auch ist es für das Gericht nicht zweifelhaft, dass der BF durch seine mangelnde Kooperation und die aktiv und äußerst konsequent betriebene Verschleierung seiner Staatsangehörigkeit ein Abschiebehindernis iSd § 80 Abs. 4 Z 4 FPG selbst zu vertreten hat. Diese mangelnde Kooperationsbereitschaft ist auch im Sinne rezenter Judikatur des VwGH (VwGH 15.12.2020, Ra 2020/21/0404) für die über sechs Monate gemäß § 80 Abs. 2 FPG hinaus andauernde Schubhaft kausal, weshalb auch aus diesem Grund die max. Schubhaftdauer zulässigerweise 18 Monate beträgt.

Der Rechtsansicht des BFA, dass die Anhaltedauer in Schubhaft des BF vor seiner Abschiebung am 14.08.2021 nach Marokko und anschließender Rückführung nach Österreich, aufgrund der Ausreise nicht miteinzuberechnen sind (vgl. VwGH am 11.05.2021, Ra 2021/21/0066) kann im gegenständlichen Fall nicht gefolgt werden. Der VwGH führt im vom BFA zitierten Erkenntnis aus, dass das in dieser Bestimmung für die Frage der Zusammenrechnung von Haftzeiträumen vorgenommene Abstellen auf „Schubhaft wegen desselben Sachverhalts“ (vgl. auch dazu VwGH 12.1.2021, Ra 2020/21/0378, nunmehr unter Rn. 21) im Einklang mit der genannten unionsrechtlichen Bestimmung steht. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich schon in dem zu § 80 Abs. 4 FPG in der Stammfassung ergangenen Erkenntnis VwGH 31.3.2008, 2008/21/0053, mit der Auslegung der Wendung „wegen desselben Sachverhalts“ zu befassen und kam dabei unter Einbeziehung von Literaturmeinungen und auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu dem Ergebnis, Schubhaftzeiten seien dann nicht zusammenzurechnen, wenn es nach (wie auch immer) erfolgter Ausreise eines Fremden nach seiner Wiedereinreise erneut zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen oder einer Abschiebung kommen könne.

Im dem vom BFA zitierten Erkenntnis VwGH am 11.05.2021, Ra 2021/21/0066 erscheint der Sachverhalt aber deutlich differenziert: Der Fremde wurde hier Anfang Mai 2019 erfolgreich nach Afghanistan abgeschoben und hielt sich auch in Folge mehrere Monate in Afghanistan auf. Die Rückübernahme durch die österr. Behörden wegen der fortdauernden Behauptung des Fremden, Russe zu sein, erfolgte hingegen erst Anfang September 2019.

Im verfahrensgegenständlichen Fall liegt somit kein vergleichbarer Sachverhalt vor – nämlich wurde dem BF im Beisein der Exekutivbeamten die Einreise nach Marokko verweigert und der BF musste in Begleitung und unter Überwachung der Exekutivbeamten unmittelbar wieder via Paris nach Österreich reisen.

Aus der Entscheidung des VfGH zu B1142/97v vom 12.03.1998 (VfSlg. 15.131), ergibt sich hieraus, dass die Abschiebung des Fremden in diesem Fall unmittelbar bei seiner Einreise in den Zielstaat (dort: Sierra Leone) gescheitert ist, da der Fremde diesfalls angab, nicht StA von Sierra Leone zu sein und der BF unmittelbar und sofort nach Österreich rücküberstellt werden musste. Aus diesem Grund waren sämtliche Schubhaftzeiträume vor der neuerlichen Inschubhaftnahme anzurechnen.

Im gegenständlichen Fall liegt ebendieser Sachverhalt vor, da nach der missglückten Abschiebung unmittelbar bei der Einreise in den Zielstaat keine freiwillige Wiedereinreise des BF nach Österreich erfolgte, sondern eine von Exekutivbeamten überwachte, da der Zielstaat Marokko die Einreise des BF nicht akzeptierte - wie sich in evidenter Weise aus dem Abschiebebericht des BM.I ergibt.

Dass BVwG kommt daher zum Schluss, dass im gegenständlichen Fall kein neuer Sachverhalt vorliegt und die Anhaltung in Schubhaft entgegen der Rechtsansicht des BFA von 29.05.2019 bis 07.07.2019 sowie von 15.12.2020 bis 14.08.2021 auf die höchstzulässige Schubhaftdauer anzurechnen ist.

Eine bereits jetzt klar sichtbare bestehende faktische Unmöglichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist derzeit dennoch nicht gegeben. Die rezente Judikatur des VwGH zu dieser Frage ist hier daher nicht einschlägig, da in diesen Fällen überhaupt keine realistische Prognose einer HRZ-Erlangung durch das BFA mehr gegeben werden konnte und der VwGH aussprach, ein Bemühen des Bundesamtes allein reiche nicht aus. Die vom VwGH hierbei (VwGH am 22.12.2020, Ra 2020/21/0174) jüngst angenommenen Kriterien für eine Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft, nämlich, dass bei länger andauernden Schubhaften eine rechtzeitige Erlangbarkeit eines HRZ typischerweise entscheidend für die weitere Verhältnismäßigkeit sei, wobei bloße Bemühungen der Behörde nicht genügen würden, sondern es eine gewisse Wahrscheinlichkeit für Erfolg geben müsse, liegen im gegenständlichen Fall jedenfalls vor.

Die bisherige Anhaltung des BF in Schubhaft – unter Berücksichtigung des Schubhaftsauer vor 17.08.2021 beträgt etwa 14 Monate und wenige Wochen. In Anbetracht des massiven fremdenrechtlich relevanten strafrechtlichen Fehlverhaltens gem. § 76 Abs. 2a FPG in Zusammenschau mit den erfolgversprechenden HRZ Bemühungen der Fachabteilung des BFA – die bereits in der Vergangenheit zu einer HRZ Ausstellung geführt haben – ist innerhalb der restlich zur Verfügung stehenden maximalen Anhaltedauer von in etwa dreieinhalb Monaten nach wie vor eine Effektuierung der Außerlandesbringung realistisch möglich.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens das Interesse des BF am Schutz der persönlichen Freiheit seiner Person weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des BF im Entscheidungszeitpunkt der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Das Bundesverwaltungsgericht geht sohin davon aus, dass die seit 17.08.2021 aufrechte Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Aufgrund der im gegenständlichen Fall höchstzulässigen Schubhaftdauer von 18 Monaten kann immer noch davon ausgegangen werden kann, dass das Ziel der Schubhaft innerhalb der Schubhafthöchstzeit zu erreichen ist.

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann aufgrund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens und angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit nicht zum Ziel der Sicherung der Überstellung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Dem BF wurde im Wege des schriftlichen Parteiengehörs die Möglichkeit zur zweimaligen Stellungnahme eingeräumt, diese ließ er jedoch ungenützt verstreichen.

3.2. Zu Spruchteil B. – Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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