TE OGH 2021/12/14 1Ob214/21h

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Veröffentlicht am 14.12.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. M* B*, geboren * 2010, und 2. J* B*, geboren * 2012, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter H* S*, vertreten durch die Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG, St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 21. September 2021, GZ 16 R 246/21x-318, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 21. Mai 2021, GZ 2 Ps 244/15z-282, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       1. Das Rekursgericht hat die Verfahrensrüge zur unterlassenen Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus einem bestimmten Fachgebiet als nicht berechtigt erachtet. Ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, ist eine Frage der in dritter Instanz nicht bekämpfbaren Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043320). Der Oberste Gerichtshof ist auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz (RS0007236 [T3, T6, T7]).

[2]       2.1. Ob die Voraussetzungen für eine Obsorgeübertragung oder -entziehung erfüllt sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf, wenn dabei ausreichend auf das Kindeswohl Bedacht genommen wurde (vgl RS0007101 [T21]; RS0115719 [T16]).

[3]       2.2. Eine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste, ist den Vorinstanzen, die den Antrag der Mutter auf Übertragung der Obsorge beider Kinder auf sie allein abwiesen, nicht unterlaufen. Bei der Anordnung von Maßnahmen im Sinn des § 181 Abs 1 ABGB sind die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Familienautonomie zu berücksichtigen (RS0048736 [T3]). Durch eine solche Verfügung darf das Gericht die Obsorge nur soweit einschränken, als dies zur Sicherung des Wohls des Kindes erforderlich ist (§ 182 ABGB). Die Vorinstanzen haben gründlich und sorgfältig begründet, dass die Obsorge beider Elternteile aufrecht zu erhalten ist und die Obsorgeübertragung auf die Mutter allein nicht dem Wohl der Kinder entspricht.

[4]       Entgegen den Behauptungen der Mutter setzt der Vater kein „akut und konkret“ das Wohl der Kinder gefährdendes Verhalten. Er änderte bereits vor über eineinhalb Jahren bestimmte von der Revisionsrekurswerberin besonders hervorgehobene Verhaltensweisen. Nach wie vor schreit er – was auch die Mutter macht – gelegentlich die Kinder an. Teilweise verhält er sich aus erzieherischer Sicht auch sonst „suboptimal“, was jedoch in einer Gesamtbetrachtung nicht zu einer Kindeswohlgefährdung führt. Beide Elternteile wenden nicht immer ideale Erziehungsmaßnahmen an, ohne dass sich daraus eine Gefährdung des Kindeswohls beider Kinder speziell durch den Vater ableiten ließe.

[5]       3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Textnummer

E133598

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00214.21H.1214.000

Im RIS seit

24.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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