TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/15 W161 2246593-1

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Veröffentlicht am 15.11.2021
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Entscheidungsdatum

15.11.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61 Abs1 Z2

Spruch


W161 2246593-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.09.2021, Zl. 1283741600/211242592, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: „BF“), ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 31.08.2021 rechtswidrig mit einem internationalen Reisezug von Italien kommend über den Binnengrenzübergang Brenner in das österreichische Bundesgebiet ein, wurde einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und mangels für den Grenzübertritt bzw. legalen Aufenthalt in Österreich notwendiger Reise- und Identitätsdokumente, gemäß § 39 FPG festgenommen. Er stellte in Österreich keinen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Eine durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung führte zu folgenden EURODAC-Treffern:

3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA), Regionaldirektion Tirol, gab der BF an, das Ziel seiner Reise sei Italien gewesen, um dort einen Asylantrag zu stellen. Er leide an keinen schwerwiegenden Erkrankungen iSd COVID-19-Risikogruppe-Verordnung, benötige keine Medikamente und stehe auch nicht in ärztlicher Behandlung. Er habe kein Reisedokument, keine sonstigen identitätsbezogenen Dokumente und sei auch nicht in Besitz eines Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates. Er habe keine etwaigen Verwandten oder engen Bekannten in Österreich. Befragt, in welchen Staaten er sich die letzten fünf Monate aufgehalten habe, erklärte der BF, er habe sich in Deutschland aufgehalten. Über seine in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und in Italien gestellten Asylanträge sei jeweils negativ entschieden worden. Befragt, ob der BF schon einmal abgeschoben worden sei bzw. wann er sich zuletzt in seinem Heimatland aufgehalten habe, antwortete er, vor sechs Jahren. Im Falle einer Freilassung würde er nach Italien reisen. Auf Nachfrage bejahte der BF, dass er alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen habe.

4. Mit Bescheid des BFA vom 31.08.2021, Zl. 1283741600/211242606, wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherstellung des Überstellungsverfahrens verhängt.

5. Mit vom BF am selben Tag persönlich übernommenen Schreiben vom 31.08.2021 („Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“) teilte das BFA dem BF die beabsichtigte Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung mit und räumte ihm zugleich die Möglichkeit ein, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen 7 Tagen Stellung zu nehmen. In dem Schreiben wurde der BF darauf hingewiesen, dass er nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sei und über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich verfüge. Er sei illegal im Bundesgebiet aufhältig, wolle jedoch keinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellen. Die Behörde beabsichtige aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Verbindung mit seiner Asylantragstellung in einem anderen Mitgliedstaat gegen den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung zu erlassen und würden Konsultationen mit dem voraussichtlich zuständigen Mitgliedstaat geführt werden. Zudem wurde der BF um Beantwortung einiger Fragen und Vorlage entsprechender Belege ersucht, um seine persönlichen Verhältnisse beurteilen zu können. Sollte keine Stellungnahme ergehen, würde das Verfahren aufgrund der Aktenlage fortgeführt werden.

Eine Stellungnahme des BF langte nicht ein.

4. Mit Bescheid des BFA vom 31.08.2021, Zl. 1283741600/211242606, wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherstellung des Überstellungsverfahrens verhängt.

6. Am 01.09.2021 erfolgte die Einleitung eines Konsultationsverfahrens mit Deutschland, welches der Rückübernahme des BF am 03.09.2021 auf Grundlage des Art. 18 Abs 1 lit d Dublin-III-Verordnung zustimmte.

7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 09.09.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG wurde gegen ihn die Anordnung der Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Feststellungen zur Lage in Deutschland wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Zur Lage im Mitgliedstaat:

Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Im Berichtsjahr 2019 wurden 142.509 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entgegengenommen. Dies bedeutet gegenüber 2018 (161.931 Erstanträge) eine Abnahme der Erstantragszahlen um 12 %. 2019 wurden insgesamt 165.938 Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) gestellt. Im gesamten Berichtsjahr 2019 wurden insgesamt 183.954 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Im Jahr zuvor waren es 216.873 Entscheidungen; dies bedeutet einen Rückgang um 15,2 %. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2019 bei 38,2 % (70.239 positive Entscheidungen von insgesamt 183.954). Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert (35,0 %) stieg die Gesamtschutzquote somit um 3,2 Prozentpunkte an (BAMF 2020). In den ersten vier Monaten 2020 hat die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den entsprechenden Zahlen des Vorjahrs weiter abgenommen.

(BAMF 4.2020)

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/ablaufasylverfahrens-node.html, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen (Ausgabe: Dezember 2019), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (04.2020): Aktuelle Zahlen. April 2020, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-april-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 11.5.2020

Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

Non-Refoulement

Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b).

Im Jahr 2018 hob die Regierung ihr Abschiebeverbot für Afghanistan auf und im ersten Halbjahr wurden etwa 200 Personen dorthin abgeschoben. Die Praxis erlaubte bis dahin nur Abschiebungen von verurteilten Kriminellen und Personen, die als Sicherheitsrisiko betrachtet wurden. NGOs, darunter auch Amnesty International, kritisierten dies als Verstoß gegen das Refoulement-Prinzip (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 8.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 15.5.2020

Versorgung

Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereitgestellt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung beläuft sich je nach Unterbringung auf:

Bezieher

Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen

Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

135 €

354 €

Für jeden von zwei erwachsenen Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

122 €

318 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte im selben Haushalt

108 €

284 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

76 €

276 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

83 €

242 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

79 €

214 €

Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b).

Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020).

Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020).


Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 12.5.2020

-        BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (26.3.2020): Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge, https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Infos-fuer-Asylsuchende/arbeitsmarktzugang-asylbewerber-geduldete.html, Zugriff 12.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Unterbringung

Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).

Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedigungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019).

Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus findet eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b).

Mit den neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkER-Konzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 8.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 11.5.2020

Medizinische Versorgung

Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).

Zuständig für die Umsetzung dieses Leistungsanspruchs sind die Länder bzw. die von ihnen per Landesgesetz bestimmten Behörden. Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird dies in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen (Krankenscheinen) durch die Sozialämter sichergestellt (GKV 6.11.2019). Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 16.4.2019). Die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG liegt demnach im Ermessen der kommunalen Leistungsträger. Nach der Wartezeit werden die Asylwerber gemäß § 264 Abs. 2 SGBV auftragsweise von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte. Die Krankenkassen erhalten die Aufwendungen und einen Verwaltungskostenanteil von den Trägern der Sozialhilfe erstattet (GKV 6.11.2019).

Es wird kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch lediglich Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 13.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020

-        GKV – GKV-Spitzenverband (6.11.2019): Fokus: Asylsuchende/ Flüchtlinge, https://www.gkv-spitzenverband.de/presse/themen/fluechtlinge_asylbewerber/fluechtlinge.jsp, Zugriff 12.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Schutzberechtigte

Asylberechtigte erhalten von ihrer zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Dasselbe gilt, wenn die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist. Nach frühestens drei Jahren kann unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa die Sicherung des Lebensunterhalts und ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn das Bundesamt kein Widerrufsverfahren einleitet (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis mit einjähriger Gültigkeit, die für jeweils zwei Jahre verlängert werden kann. Nach frühestens fünf Jahren (unter Einrechnung der Dauer des Asylverfahrens) kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden, sofern weitere Voraussetzungen, wie etwa die Sicherung des Lebensunterhalts und ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, erfüllt sind (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Wurde ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Die Betroffenen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, wenn die Bedingungen hierfür erfüllt sind. Die Aufenthaltserlaubnis wird für mindestens ein Jahr erteilt und kann wiederholt verlängert werden. Für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis gilt das Gleiche wie bei subsidiär Schutzberechtigten (BMF o.D.b).

Sowohl Personen mit internationalem Schutz als auch Personen mit subsidiärem Schutz haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung wie deutsche Bürger (AIDA 16.4.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Mit dem Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz vom Juni 2019 werden Asylwerber mit guter Bleibeperspektive frühzeitig gefördert und schneller in den Arbeitsmarkt integriert. Der Zugang Geflüchteter, die voraussichtlich länger in Deutschland bleiben, zu Integrations- und berufsbezogenen Sprachkursen sowie zur Ausbildungsförderung wird leichter. Mit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes hat die Bundesregierung die Bedarfssätze angepasst und eine bestehende Förderlücke geschlossen. Geflüchtete, die eine Berufsausbildung oder ein Studium absolvieren, können künftig auch nach dem 15. Monat ihres Aufenthalts in Deutschland Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Damit wird verhindert, dass sie eine Lehre oder ein Studium aus finanziellen Gründen abbrechen müssen. Um Integration auch durch Übernahme von Ehrenämtern zu fördern, gibt es hierfür künftig einen Freibetrag. Die neu geschaffene Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsstab der Integrationsbeauftragten unterstützt insbesondere Frauen mit Einwanderungsgeschichte bei der Integration auf dem Arbeitsmarkt (BR 1.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 4.5.2020

-        BR – Die Bundesregierung (1.3.2020): Flüchtlingspolitik, Asylverfahren - Was tut die Bundesregierung im Bereich Migration und Integration?, https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/migration-und-integration-1657562, Zugriff 4.5.2020

Begründend wurde festgehalten, dass der BF, dessen Identität nicht feststehe, bereits in Italien am 15.05.2015, in der Schweiz am 07.02.2019, in Deutschland am 28.03.2019, in den Niederlanden am 10.01.2020 sowie zuletzt erneut in Deutschland am 05.10.2020, Anträge auf internationalen Schutz gestellt und Deutschland sich für die Übernahme seines Verfahrens für zuständig erklärt habe. In Österreich habe der BF hingegen keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und halte sich im Bundesgebiet nur zur Durchreise auf. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen komme eine Anwendung des § 57 AsylG nicht in Frage. Es bestehe kein Hinweis auf ein Privat- oder Familienleben in Österreich, wodurch eine Abwägung seiner individuellen Interessen und des öffentlichen Interesses unterbleiben könne. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führe und daher zulässig sei. Deutschland sei bereit, den BF einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen aus der Dublin-III-Verordnung und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Rechtsakten resultierenden Verpflichtungen ihm gegenüber zu erfüllen. Es werde festgestellt, dass in Deutschland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen ließe sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Deutschland keinesfalls erkennen. Der BF habe eine solche Gefahr einer Verletzung bzw. Verfolgung in Deutschland auch nie behauptet oder vorgebracht.

8. Mit Verfahrensanordnung vom 09.09.2021 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

9. Gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des BFA richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, mit welcher die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die inhaltliche Rechtswidrigkeit moniert wird. Dies wird insbesondere damit begründet, dass der BF im gesamten Verfahren, insbesondere zur Außerlandesbringung von der belangten Behörde nicht einvernommen worden sei. Dieser habe eine schriftliche Aufforderung zur Stellungnahme erhalten, welcher er nicht entsprechend habe nachkommen können, da er als Fremder ohne rechtliche Vorkenntnisse, welcher der deutschen Sprache nicht mächtig sei, im Polizeianhaltezentrum eingeschränkt handlungsfähig gewesen sei. Da das BFA es verabsäumt hätte, den BF niederschriftlich zu seinem Asylverfahren in den anderen europäischen Ländern einzuvernehmen, sei der BF in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Somit könne nicht festgestellt werden, ob der BF der Meinung sei, dass sein Asylverfahren in Italien noch offen sei. Er habe während seiner niederschriftlichen Einvernahme zur Prüfung von Sicherheitsmaßnahmen durch die LPD Salzburg am 31.08.2021 angegeben, dass er nach Italien reisen wolle, um dort einen Asylantrag zu stellen. Da er in einem von Italien kommenden internationalen Reisezug unterwegs gewesen sei, sei diese Aussage merkwürdig und hätte die belangte Behörde diese Aussage überprüfen müssen. Somit habe die belangte Behörde das Verfahren mit schweren Mängeln belastet. Die Annahme, dass Deutschland für das Asylverfahren zuständig sei, basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung und verletze § 60 AVG. Der BF habe nicht die Möglichkeit gehabt zu erklären, wieso er die Ansicht vertrete, dass sein Asylverfahren in Italien noch laufen würde. Der BF sei der Ansicht, dass die Zuständigkeit seines Asylverfahrens bei Italien liege.

10. Die Beschwerdevorlage und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 21.09.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

11. Am 15.10.2021 wurde der BF über den Luftweg nach Deutschland abgeschoben, den diesbezüglichen Abschiebebericht legte das BFA am 18.10.2021 vor.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der BF, ein nigerianischer Staatsangehöriger dessen Identität nicht feststeht, reiste am 31.08.2021 rechtswidrig mit einem internationalen Reisezug von Italien kommend über den Binnengrenzübergang Brenner in das österreichische Bundesgebiet ein, wurde einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und mangels für den Grenzübertritt bzw. legalen Aufenthalt in Österreich notwendiger Reise- und Identitätsdokumente, gemäß § 39 FPG festgenommen. Er stellte in Österreich keinen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung ergab, dass der BF in Italien am 15.05.2015, in der Schweiz am 07.02.2019, in Deutschland am 28.03.2019, in den Niederlanden am 10.01.2020 sowie zuletzt erneut in Deutschland am 05.10.2020, Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat.

Mit Mandatsbescheid vom 31.08.2021 verhängte das BFA gegen den BF die Schubhaft nach Art. 28 der Dublin-III-Verordnung.

Mit Schreiben vom 03.09.2021 stimmte Deutschland einem durch das BFA am 01.09.2021 gestellten Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.d der Dublin-III-Verordnung zu.

Der BF leidet unter keinen schweren gesundheitlichen Problemen, diesbezügliche Befunde wurden auch nicht in Vorlage gebracht.

Er verfügt im Bundesgebiet über keine gesicherte Unterkunft, keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes sowie über keine privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Bindungen in Österreich.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Eine Überstellung des BF nach Deutschland stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Am 15.10.2021 erfolgte die Überstellung des BF nach Deutschland über den Luftweg.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt.

Der Umstand, dass die Identität des BF nicht feststeht, ergibt sich einerseits daraus, dass der BF im Zuge der fremdenpolizeilichen Kontrolle weder Reise- noch Identitätsdokumente vorweisen konnte und andererseits, dass im Zentralen Fremdenregister zwei weitere Alias-Namen bzw. Alias-Identitäten aufscheinen. Einzig allein die Staatsangehörigkeit sowie das Geburtsdatum scheinen gleichlautend auf.

Dass der BF am 31.08.2021 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle angehalten und festgenommen wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den bereits gestellten Anträgen auf internationalen Schutz in Italien, in der Schweiz, in den Niederlanden sowie in Deutschland lassen sich den entsprechenden, im Zentralen Fremdenregister dokumentierten EURODAC-Treffern entnehmen. Die am 01.09.2021 erfolgte Einleitung eines Konsultationsverfahrens mit Deutschland sowie die am 03.09.2021 erfolgte ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF durch Deutschland ergeben sich aus dem übermittelten Schreiben der deutschen Dublin-Behörde.

Der Umstand, dass über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherstellung des Überstellungsverfahrens verhängt wurde, ergibt sich aus dem im Akt erliegenden Mandatsbescheid vom 31.08.2021.

Dass der BF keine strafrechtlichen Verurteilungen in Österreich aufweist, ergibt sich aus einer Abfrage aus dem Strafregister.

Die Feststellungen über seinen Gesundheitszustand, ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 31.08.2021. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Dass der BF über keine gesicherte Unterkunft und keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verfügt, ergibt sich aus dem Umstand, dass er bei seiner Anhaltung EUR 48,65 an Bargeld besaß sowie, dass er sich im Bundesgebiet lediglich zur Durchreise aufhielt.

Die Feststellung über das Nichtvorliegen privater, familiärer, beruflicher oder sonstiger sozialer Bindungen in Österreich ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, der Einsichtnahme in das Grundversorgungs-Betreuungsinformationssystem sowie in das Zentrale Melde- und Fremdenregister.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der BF nicht dargetan. Eine den BF konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht vorgebracht.

Der Umstand, dass der BF am 15.10.2021 über den Luftweg von Österreich nach Deutschland überstellt wurde, beruht auf dem im Akt erliegenden Abschiebebericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 15.10.2021.

3.       Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

3.1. Da sich die gegenständliche Beschwerde ausdrücklich ausschließlich gegen die in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Anordnung zur Außerlandesbringung richtet, ist die mit Spruchpunkt I. ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (angesichts der rechtlichen Trennbarkeit der Spruchinhalte) in Rechtskraft erwachsen und nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgebliche Bestimmung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lautet:

Artikel 18 - Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Artikel 24 - Wiederaufnahmegesuch, wenn im ersuchenden Mitgliedstaat kein neuer Antrag gestellt wurde

(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ohne Aufenthaltstitel aufhält und bei dem kein neuer Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, der Auffassung, dass ein anderer Mitgliedstaat gemäß Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat ersuchen, die Person wiederaufzunehmen.

(2) Beschließt ein Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich eine Person ohne Aufenthaltstitel aufhält, in Abweichung von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten L 180/44 Amtsblatt der Europäischen Union 29.6.2013 DE zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger eine Abfrage der Eurodac-System gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013, so ist das Gesuch um Wiederaufnahme einer Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b oder c dieser Verordnung oder einer Person im Sinne ihres Artikels 18 Absatz 1 Buchstabe d, deren Antrag auf internationalen Schutz nicht durch eine endgültige Entscheidung abgelehnt wurde, so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Erhalt der Eurodac–Treffermeldung im Sinne von Artikel 17 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu unterbreiten.

Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der ersuchende Mitgliedstaat festgestellt hat, dass ein anderer Mitgliedstaat für die betreffende Person zuständig sein könnte, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.

(3) Wird das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 genannten Frist unterbreitet, so gibt der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich die betreffende Person ohne Aufenthaltstitel aufhält, dieser Person Gelegenheit, einen neuen Antrag zu stellen.

(4) Hält sich eine Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d dieser Verordnung, deren Antrag auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat durch eine rechtskräftige Entscheidung abgelehnt wurde, ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats auf, so kann der letzte Mitgliedstaat den früheren Mitgliedstaat entweder um Wiederaufnahme der betreffenden Person ersuchen oder ein Rückkehrverfahren gemäß der Richtlinie 2008/115/EG durchführen.

Beschließt der letzte Mitgliedstaat, den früheren Mitgliedstaat um Wiederaufnahme der betreffenden Person zu ersuchen, so finden die Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG keine Anwendung.

(5) Für das Gesuch um Wiederaufnahme der Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/ oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist.

Die Kommission erstellt und überprüft regelmäßig im Wege von Durchführungsrechtsakten die beiden Verzeichnisse, in denen sachdienliche Beweiselemente und Indizien nach Maßgabe der in Artikel 22 Absatz 3 Buchstaben a und b festgelegten Kriterien angegeben werden, und erlässt einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 25 - Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wiederaufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Artikel 29 - Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme — oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) Wurde eine Person irrtümlich überstellt oder wird einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben, nimmt der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder auf.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere für den Fall, dass Überstellungen verschoben werden oder nicht fristgerecht erfolgen, für Überstellungen nach stillschweigender Annahme, für Überstellungen Minderjähriger oder abhängiger Personen und für kontrollierte Überstellungen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

3.2. Zur Zuständigkeit Deutschlands:

Im gegenständlichen Fall hat der BF vor seiner illegalen Einreise nach Österreich zunächst im Jahr 2015 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und im Jahr 2019 sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland und im Jahr 2020 in den Niederlanden und zuletzt am 05.10.2020 neuerlich in Deutschland um Asyl angesucht. Eigenen Angaben zufolge wurden seine Anträge in allen Dublin-Staaten abgelehnt und hielt er sich die letzten 5 Monate in Deutschland auf. Deutschland stimmte seiner Rückübernahme gemäß Art. 18 Abs.1 lit. d auch explizit zu. In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art.18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist.
Des Weiteren hat der BF im Rahmen seiner Erstbefragung am 31.08.2021 selbst angegeben, sich zuletzt in Deutschland aufgehalten zu haben.

Da er bei seiner Einvernahme selbst angab, er hätte nach Italien gewollt, um dort einen Asylantrag zu stellen, widerspricht diese Angabe dem Beschwerdevorbringen, wonach Italien für die Führung des Asylverfahrens des BF zuständig wäre.

Eine allfällige Mangelhaftigkeit des Konsultationsverfahrens ist nicht ersichtlich. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands beendet hätte, liegt nicht vor. Die Überstellungsfrist war zum Zeitpunkt der effektuierten Überstellung des BF nach Deutschland am 15.10.2021 noch offen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 61 FPG

Anordnung zur Außerlandesbringung

(1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetzes lauten:

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG)

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

21 Abs. 5 BFA-VG

(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

3.3. Zur Anordnung zur Außerlandesbringung:

Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels besonderer Schutz (§ 57 AsylG 2005) zu Recht von Amts wegen geprüft, da sich der BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und dieser nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG gefallen ist (vgl § 58 Abs 1 Z 5 AsylG 2005).

Die belangte Behörde stützte die Anordnung zur Außerlandesbringung auf § 61 Abs. 1 Z 2 FPG. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung kommt nur gegen - nicht begünstigte - Drittstaatsangehörige (gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist) in Betracht. Insofern gleicht sie der Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG, von der sie sich jedoch hinsichtlich des Zielstaates unterscheidet. Während eine Rückkehrentscheidung den Drittstaatsangehörigen zur Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat verpflichtet (§ 52 Abs. 8 FPG), beinhaltet die Anordnung zur Außerlandesbringung einen Ausreisebefehl in einen anderen Staat ("Mitgliedstaat"), somit in einen Mitgliedstaat des EWR-Abkommens oder die Schweiz. Dieser Staat ist in der Anordnung zur Außerlandesbringung konkret zu benennen; nur dorthin ist dann nämlich, wie sich aus § 61 Abs. 2 erster Satz FPG ergibt, die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen zulässig.

Der genannte Ausreisebefehl in einen anderen "Mitgliedstaat" kommt insbesondere im Rahmen des "Dublin-Systems" in Betracht. Während die Z 1 des ersten Absatzes von § 61 FPG - va. - jene Fälle erfasst, in denen wegen "Zuständigkeit eines anderen Staates", in den in der Folge eine Überstellung stattfinden soll, die Zurückweisung eines in Österreich gestellten Antrages auf internationalen Schutz nach § 5 AsylG 2005 zu ergehen hat, bezieht sich die Z 2 auf Konstellationen, in denen eine derartige Antragstellung in Österreich unterblieben ist, gleichwohl jedoch eine Überstellung des Drittstaatsangehörigen (insbesondere) "auf Grund der Dublin-Verordnung" in Betracht kommt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.03.2015, Ra 2015/21/0004, festgehalten hat, wird die "Dublin-Verordnung" im FPG nicht eigens definiert. § 61 Abs. 1 Z 2 FPG scheint zwar seinem Wortlaut nach nur dann zu greifen, wenn der Staat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, noch eine Prüfung dieses Antrags durchzuführen hat. Ausgehend von der Überlegung, dass es mit § 61 A

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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