TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/20 W195 2243932-1

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Veröffentlicht am 20.07.2021
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Entscheidungsdatum

20.07.2021

Norm

AVG §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W195 2243932-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , betreffend die Verhängung einer Mutwillensstrafe, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird gemäß § 35 AVG 1991 idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Vorhergehende Verfahren:

I.1.1. Mit Bescheid vom 25.02.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Beschwerdeführers (BF) auf Gewährung von internationalem Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und erließ eine Rückkehrentscheidung gegen den BF unter Setzung einer zweiwöchigen Frist für die freiwillige Ausreise.

I.1.2. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 25.06.2019 als verspätet zurückgewiesen. Diese zurückweisende Entscheidung wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 30.09.2019, XXXX , bestätigt.

I.1.3. Ein vom BF gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist wurde mit Bescheid des BFA vom 17.12.2019 abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.04.2020, XXXX , als unbegründet abgewiesen.

I.1.4. Mit Bescheid des BFA vom 20.01.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen diesen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran zulässig ist (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

I.1.5. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde dem BVwG vorgelegt und führte dieses – nach Gewährung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde mit Beschluss - eine mündliche Verhandlung am 13.04.2021 durch. Das BVwG bestätigte grundsätzlich die Entscheidung des BFA, wobei aber die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf zwei Jahre verkürzt wurde.

I.1.6. Mit Schreiben vom 14.04.2021 beantragte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG eine Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses, welches am 29.04.2021 erging.

I.1.7. Vier Wochen später, am 27.05.2021, beantragte der BF eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 55 AsylG sowie die Heilung des Mangels vom Erfordernis der Vorlage eines Reisepasses, legte unter anderem ein Zeugnis des ÖIF über die am 26.03.2021 abgelegte Integrationsprüfung vor und führte begründend im Wesentlichen aus, dass er sich über die Jahre sehr gut integriert, bereits gearbeitet und einen großen Freundeskreis in Österreich habe. Auch verfüge er über einen Arbeitsvorvertrag. Bei einem Verbleib in Österreich liege keine Gefährdung der öffentlichen Interessen vor. Seine Rückkehr in den Iran wäre mit einer Verletzung von Grundrechten im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK verbunden.

I.1.8. Mit Bescheid des BFA vom 28.05.2021 wies dieses den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zurück (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 4 AsylG-DV auf Heilung eines Mangels ab (Spruchpunkt II.).

I.1.9. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 16.07.2021, XXXX , abgewiesen.

I.2. Zum gegenständlichen Verfahren:

I.2.1. Gegenständlich ist die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 28.05.2021. Mit diesem Bescheid wurde gegen den BF eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG in der Höhe von €°500,- verhängt, weil er durch sein Verhalten eine Verfahrensverzögerung und zusätzlichen Aufwand verursachte. Er habe durch sein Verhalten sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen mutwillig beansprucht. Durch den letzten Antrag, nur wenige Wochen nach der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG, habe der BF dokumentiert, dass er seine Anträge mutwillig gestellt habe, um seine Außerlandesbringung absichtlich zu verschleppen.

I.2.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, welche unter einem sowohl gegen den Bescheid des BFA zum Antrag Aufenthaltstitel sowie Heilung eines Mangels gemäß § 4 AsylG-DV (s. unter Punkt I.1.8., I.1.9 dargestellt) als auch gegen die Vorschreibung der Mutwillensstrafe gerichtet ist.

Soweit sie sich gegen die Vorschreibung eines Mutwillensstrafe richtet, wird vorgebracht:

„Die Behörde ärgert sich wohl über den Arbeitsaufwand des Antrages gemäß § 55 AsylG. Dieser persönliche Unmut gegen die Bearbeitung eines Antrages kann aber noch keinen Mutwillen seitens des ASt bewirken. Der Antrag ist wohl begründet. Er hat eine Fülle von Unterlagen zur Integration vorgelegt. Den Zusatzantrag bezüglich des Mangels des Reisepasses hat er sorgfältig und gewissenhaft begründet. Der Antrag hätte somit zum Erfolg führen können. Ein Mutwille ist real und sachlich betrachtet nicht zu erblicken.“

In weiterer Folge wird der Antrag gestellt, die Mutwillensstrafe als nicht rechtmäßig festzustellen und zu beheben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und am 27.11.1985 geboren.

Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig vom BFA und vom BVwG abgewiesen bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, zuletzt – hinsichtlich Rückkehrentscheidung und Dauer des Einreiseverbotes leicht modifiziert – mündlich verkündet am 13.04.2021, schriftlich ausgefertigt am 29.04.2021.

Am 27.05.2021 stellte der BF einen neuerlichen Antrag an das BFA betreffend Erteilung eines Aufenthaltstitels und Heilung eines Mangels. Diese Anträge wurden vom BFA und in weiterer Folge vom BVwG mit Erkenntnis vom 16.07.2021 rechtskräftig abgewiesen.

Mit Bescheid des BFA vom 28.05.2021 wurde gegen den BF eine Mutwillensstrafe von €°500,- gemäß § 35 AVG verhängt. Dagegen wendet sich die rechtzeitige Beschwerde des BF.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen des Administrativaktes sowie die Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes zu

XXXX

Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und im für eine Beurteilung erforderlichen Ausmaß dargetan, weshalb von weiteren Erhebungen (insbesondere im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) abgesehen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

§ 35 AVG lautet:

„Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.“

Die Verhängung der Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, als auch die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (VwGH 22.1.1930, 439/29, VwSlg. 15960 A, ebenso 24.3.1997, 95/19/1705, oder 23.3.1999, 97/19/0022).

Bei der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG, handelt es sich wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, sohin um ein Disziplinarmittel. Das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung von Mutwillensstrafen findet daher grundsätzlich keine Anwendung, mit Ausnahme der in § 36 AVG ausdrücklich vorgesehenen Vorschriften über den Strafvollzug (§§ 53 bis 54d VStG). Daraus folgt, dass weder Bestimmungen über die Strafbemessung, über die Verjährung oder die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat, noch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes unmittelbar oder analog anwendbar sind. Dahinter steckt auch die verfolgte Absicht des Gesetzgebers das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen (vgl. VwGH 4.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg 14.064 A/1994; 20.05.2009, 2007/07/0119; Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 1 und 6).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig im Sinne des § 35 AVG, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseren Wissens erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (VwGH 18.4.1997, 95/19/1707; 27.5.1999, 97/02/0345; 16.2.2012, 2011/01/0271; vgl. hiezu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 2).

Der Tatbestand des § 35 AVG kann – außer durch die offenbar mutwillige Inanspruchnahme der Behörde – auch dadurch verwirklicht werden, dass in der Absicht, die Angelegenheit zu verschleppen, unrichtige Angaben gemacht werden. Voraussetzung hierfür ist die bewusst unrichtige Begründung des Antrages. Eine Verhängung der Mutwillensstrafe ist dann gerechtfertigt, wenn aus den wechselnden, einander widersprechenden Angaben der Partei und der Begründung von Rechtsmitteln ersichtlich ist, dass diese im Bewusstsein ihrer Grundlosigkeit eingebracht wurden und damit offenbar nur die Verschleppung der endgültigen Erledigung bezweckt wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 4).

Strafbar gemäß § 35 AVG ist jede (prozessfähige) „Person“, welche die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat (das Anbringen eingebracht) [vgl. VwGH 24.3.1997, 95/19/1705; 18.4.1997, 95/19/1707] oder in Verschleppungsabsicht dieser gegenüber unrichtige Angaben gemacht hat. Dabei kann es sich nur um Menschen handeln, welche an die Behörde herantreten oder auf die sich eine Amtshandlung bezieht, nicht hingegen um Organwalter der den Bescheid erlassenden Behörde.

Strafbarer Mutwille bei Antragstellung hat das Bewusstsein von der Grundlosigkeit dieses Antrags zur Voraussetzung. Mutwillig wird ein Antrag daher dann gestellt, wenn sich der Antragsteller wissentlich auf einen unrichtigen Tatbestand stützt oder wenn es zweifellos und auch ihm bewusst ist, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund für einen Antrag gibt (vgl. VwGH 08.11.2011, 97/21/0023).

Mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen ist mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im „Ausnahmefall“ in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183 VwSlg. 18.337 A/2012; 21.05.2019, Ra 2018/19/0466).

Der Beschwerdeführer stellte 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher letztlich nicht zum Erfolg führte und rechtskräftig wurde. Einem Wiedereinsetzungsantrag, verbunden mit einer Beschwerde, blieb der Erfolg verwehrt.

Der BF hatte vielmehr schon mit der Entscheidung des BFA aus 2019 die Verpflichtung das Bundesgebiet zu verlassen bzw. eine Rückkehrentscheidung erhalten.

Ein neuerlicher Antrag zur Erlangung eines Aufenthaltstitels wurde ebenfalls vom BFA negativ beschieden, bestätigt durch die Rückkehrentscheidung, verbunden mit einem befristeten Einreiseverbotes, durch das Erkenntnis des BVwG vom 13.04.2021 (mündlich) bzw. 29.04.2021 (schriftliche Ausfertigung).

Knapp einen Monat später stellte der BF einen weiteren Antrag zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Dieser wurde sowohl vom BFA als auch vom BVwG negativ entschieden. Das BVwG führte dazu feststellend u.a. aus:

„In einem neuerlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG legte der Beschwerdeführer ein Zeugnis des ÖIF über die von ihm absolvierte Integrationsprüfung vom 26.03.2021, einen Arbeitsvorvertrag mit der Firma „Akbar SIMIYARI KFZ-Service“ vom 03.03.2021 sowie mehrere Unterstützerschreiben vor.

Der Beschwerdeführer hat hingegen nicht vorgebracht, dass sich im Hinblick auf sein Privat- und Familienleben seit der Erlassung des oben angeführten Erkenntnisses eine maßgebliche Änderung ergeben hätte.“

Begründend zur Entscheidung hob das BVwG folgendes hervor:

„Insbesondere ergibt sich aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im (zweiten) Erkenntnis vom 13.04.2021 sowie den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.04.2021, dass er die iranische Botschaft am 13.08.2020, sohin über zwei Monate nach dem Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte erstmalig aufgesucht hat. Obwohl es dem Beschwerdeführer oblag einen Nachweis für die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit zu erbringen, brachte er diesbezüglich im bisherigen Verfahren sowie in der gegenständlichen Beschwerde keine konkreten Gründe vor.

Der Beschwerdeführer hat bis dato keine geeigneten Schritte gesetzt, um ein iranisches Reisedokument zu erlangen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer die Erlangung eines iranischen Reisepasses unmöglich oder unzumutbar ist.“

Weiters wird ausgeführt:

„Es liegt mit (erstem) Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.04.2021 – in Bestätigung des Bescheides des BFA vom 20.01.2021 – eine (mittlerweile) rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Aus den rechtlichen Erwägungen geht hervor, dass bezüglich des Beschwerdeführers keine Hinweise auf eine Verdichtung der persönlichen Interessen bestehen, welche unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK für seinen dauernden Verbleib in Österreich sprechen würden und somit das öffentliche Interesse an einer Abschiebung überwiegt.

3.1.6. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann bei einer kurzen Zeitspanne von etwa zwei Jahren trotz verbesserter Sprachkenntnisse und einer Einstellungszusage eine maßgebliche Sachverhaltsänderung verneint werden (vgl. VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183). Wie festgestellt, schloss der Beschwerdeführer den vorgelegten Arbeitsvorvertrag bereits am 03.03.2021 und absolvierte die Integrationsprüfung beim ÖIF am 26.03.2021, somit jeweils sogar vor den Erkenntnissen vom 13.04.2021. Weitere Änderungen bezüglich des Familien- oder Privatlebens brachte der Beschwerdeführer hingegen nicht vor. Eine Veränderung in Bezug auf das Familienleben und die Integration des Beschwerdeführers, die einer Zurückweisung des gegenständlichen Antrags gemäß § 58 Abs. 10 AsylG entgegenstünde, ist somit nicht eingetreten. Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.1.7. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV ist einem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels ein gültiges Reisedokument anzuschließen. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV kann die Behörde die Heilung der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise zulassen, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

3.1.8. Da der Beschwerdeführer – wie oben dargelegt – keinen Nachweis für die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Erlangung eines iranischen Reisedokumentes erbringen konnte, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ebenfalls abzuweisen.“

Der BF war in den dargestellten Vorverfahren – sowie im gegenständlichen Verfahren - zumindest durch Rechtsberater vertreten und entsprechend informiert. Der BF hat nicht vorgebracht, dass die (frühere) Rechtsberatung ihn nicht umfassend und vollständig über die Verfahrensabläufe und Folgen seiner Anträge und der darauf beruhenden Entscheidungen der Verwaltungsbehörde als auch der Gerichtsbarkeit informiert habe. Es gibt auch sonst keinerlei Anzeichen dafür, dass der BF nicht von den Folgen seiner Rechtshandlungen wusste oder unzureichend oder falsch informiert worden sei.

Dass das Vorbringen des BF, welches sich auch in seinem letzten Antrag im Grunde immer auf die gleichen Gründe stützt, wurde bereits ausführlich im zitierten Erkenntnis des BVwG dargelegt (vgl: Die Beweismittel lagen bereits bei der Verhandlung vor dem BVwG vor).

Dass ein wiederholter, sich auf gleiche Tatsachen beziehender Antrag, der keinerlei Aussicht auf Erfolg hat, offenbar mutwillig gestellt ist, ist dem durchschnittlichen Rechtsanwender durch seinen Rechtsberater vermittelbar. Der BF hat auch in der Beschwerde nicht dargestellt, dass ihm diese Tatsache nicht bewusst sein konnte oder war. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen des BF, das ihm seine aktuelle Stellung im Asylverfahren offensichtlich umfänglich erläutert worden war.

Aus dem Verhalten des BF zeigt sich, dass dieser keinerlei Respekt gegenüber der Rechtsordnung der Republik Österreich zeigte und er verblieb illegal im Bundesgebiet.

Der BF hat durch sein Verhalten, weil er nämlich nicht freiwillig das Bundesgebiet verließ und weitere unbegründete Anträge stellte, Tätigkeiten der Behörde ausgelöst, welche erforderlich sind, um den Rechtsstaat durchzusetzen.

Dass der BF durch sein Verhalten, insbesondere wiederholte Antragstellungen, die Tätigkeit österreichischer Behörden zusätzlich und über Gebühr in Anspruch nimmt, ist offensichtlich. Der Mutwille manifestiert sich nämlich darin, dass der BF im Wissen, dass kein anderer Sachverhalt oder eine geänderte Rechtslage gegeben ist, wiederholt Anträge eingebracht hat, obwohl seine angeblich „neuen Tatsachen“ bereits in der letzten Verhandlung vor dem BVwG vorgelegen und behandelt wurden. Dass die Behandlung der „neuen Tatsachen“ bereits in einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung zuvor erfolgte, offenbart sich in der Niederschrift zu dieser Verhandlung. Selbstverständlich ist deshalb ein Antrag, der unter den gleichen Aspekten und Tatsachen gestellt wird und welcher inhaltlich bereits rechtskräftig entschieden wurde, als „offenbar mutwillig“ zu qualifizieren und hat dies nichts mit einem von Seiten des BF behaupteten und angenommenen „Ärger über den Arbeitsaufwand“ der belangten Behörde zu tun. Der BF verkennt nämlich, dass die Mutwillensstrafe ein Disziplinarmittel gegenüber Verfahrensparteien darstellt, um eine rasche und effiziente Verwaltung zu gewährleisten.

Die Voraussetzungen zur Verhängung der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Fall grundsätzlich gegeben:

Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe ist auszuführen, dass diese, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von € 726,-, derart zu bemessen ist, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten wird (vgl. VwGH 15.12.1999, 98/12/0406).

Das Bundesverwaltungsgericht sieht in der Bemessung der Mutwillensstrafe von € 500,- dem Grund nach keinen Anlass, dies als ungebührlich hoch zu beurteilen. Zwar liegt kein Antrag auf Reduzierung der verhängten Mutwillensstrafe vor, aber das Bundesverwaltungsgericht wägt die Höhe nach bestimmten Kriterien ab. So hat der BF bisher noch keine Mutwillensstrafe erhalten, sodass die Höchststrafe von € 726,- unangebracht hoch erscheint. Demgegenüber ist die mehrmalige mutwillige Inanspruchnahme der Behörde im Verfahren und die daraus resultierende Höhe des Disziplinarmittels sowohl aus generalpräventiver und spezialpräventiver Sicht erforderlich, eine gewisse, abschreckende Höhe gegenüber weiterem Fehlverhalten zu erlangen. Der BF lässt den Respekt vor der österreichischen Rechtsordnung vermissen.

Es wurde die Höhe der Mutwillensstrafe knapp über der Hälfte des möglichen Höchstbetrages festgesetzt.

Schließlich ist zu Lasten des BF der von ihm verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger des BFA zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass er durch die Stellung eines unbegründeten Antrages während des – von ihm mutwillig in Gang gesetzten und zudem prolongierten – Asylverfahrens Leistungen aus der Grundversorgung bezog sowie das Verfahren bezüglich seines Aufenthaltstitels unnötig in die Länge zog, beanspruchte er nicht nur personelle Ressourcen des BFA (und auch des BVwG).

Nicht zuletzt gilt es zu beachten, dass sich das Verhalten des BF durch die kurzfristige, wiederholte und mutwillig erfolgte Inanspruchnahme von Behördenkapazitäten zwangsläufig zu Lasten redlicher Antragsteller auswirkt.

Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Strafhöhe als erschwerend zu werten. Strafmildernde Umstände gehen einzig in die Richtung, dass bisher noch keine Mutwillensstrafe über den BF verhängt wurde, sodass eine Höhe von € 500,- gerechtfertigt erscheint.

Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommenssituation des BF bei der Bemessung der Strafhöhe nicht weitergehend zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass – nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG – § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist. Es liegt auch sonst keine gesetzliche Grundlage vor, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (VwGH 20.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. 14.064 A/1994).

3.2. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

In Bezug darauf, dass nach § 24 Abs. 4 VwGVG das Verwaltungsgericht - ungeachtet des im konkreten nicht gestellten Parteiantrags - von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das Gericht einerseits bereits einen dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt annehmen konnte, der mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. soweit dem Vorbringen nicht gefolgt wurde, einen Sachverhalt annehmen konnte der von dem Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert bestritten wurde. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007).

Aus den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 24 VwGVG ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5; auch VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Verhängung einer Mutwillensstrafe von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Generalprävention Mutwillensstrafe Rechtsmissbrauch Spezialprävention Strafbemessung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2243932.1.00

Im RIS seit

21.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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