TE Bvwg Beschluss 2021/10/29 W164 2225092-1

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Veröffentlicht am 29.10.2021
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Entscheidungsdatum

29.10.2021

Norm

BSVG §2
BSVG §23
BSVG §24
BSVG §3
BSVG §30
BSVG §32
BSVG §34
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W164 2225092-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Niederösterreich/Wien (nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen), Ordnungsbegriff: XXXX vom 26.08.2019 beschlossen:

A)

Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3, zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 26.08.2019, Ordnungsbegriff: XXXX , hat die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (im Folgenden: SVB) gemäß §§ 2, 3, 6, 7, und 23 BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, in der jeweils geltenden Fassung, festgestellt, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) seit dem 01.11.2014 bis laufend in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) pflichtversichert sei (Spruchpunkt I.).

Für die Beitragsbemessung seien folgende Beitragsgrundlagen zugrunde zu legen (Spruchpunkt II.):

Pensionsversicherung

vom

bis

monatliche Beitragsgrundlage EUR

Monatsbeitrag EUR

01.11.2014

31.12.2014

462,90

76,38

01.01.2015

31.12.2015

475,40

80,82

01.01.2016

31.12.2016

486,81

82,76

01.01.2017

31.12.2017

498,50

84,75

01.01.2018

31.03.2018

512,95

87,20

01.04.2018

31.07.2018

493,22

83,85

01.08.2018

31.12.2018

493,22

41,92

01.01.2019

laufend

503,09

42,76

Unfallversicherung

vom

bis

monatliche Beitragsgrundlage EUR

Monatsbeitrag EUR

01.11.2014

31.12.2014

729,47

13,86

01.01.2015

31.12.2015

749,17

14,23

01.01.2016

31.12.2016

767,15

14,58

01.01.2017

31.12.2017

785,56

14,93

01.01.2018

31.12.2018

808,34

15,36

01.01.2019

laufend

824,51

15,67

Krankenversicherung

vom

bis

monatliche Beitragsgrundlage EUR

Monatsbeitrag EUR

01.11.2014

31.12.2014

729,47

55,80

01.01.2015

31.12.2015

749,17

57,31

01.01.2016

31.12.2016

767,15

58,69

01.01.2017

31.12.2017

785,56

60,10

01.01.2018

31.12.2018

808,34

61,84

01.01.2019

laufend

824,51

63,08

Weiters sprach die SVB aus, dass der BF für die Zeit von 01.11.2014 bis 19.12.2018 für die nachzuzahlenden Beiträge zur Kranken-/Unfall- und Pensionsversicherung einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 482,94 zu entrichten habe (Spruchpunkt III.).

Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen führte die SVB begründend aus, der BF sei Eigentümer von 1,0637 ha landwirtschaftlich genutzten Flächen und 17,6553 ha forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Diese seien im Einheitswertaktenzeichen XXXX bewertet. Mit Schreiben vom 21.11.2018 sei der BF zu den Bewirtschaftungsverhältnissen betreffend diese Flächen befragt worden und dieser habe folgendes bekannt gegeben:

-        Die landwirtschaftlich bewertete Fläche am Grundstück XXXX in der KG XXXX sei mit Gestrüpp, Gras und Stauden bewachsen. Es erfolgen keinerlei Arbeiten wie Mähen, Mulchen, Düngen etc. und auch in Zukunft sei für diese Parzelle keine Nutzung vorgesehen bzw. sinnvoll.

-        Die forstwirtschaftlich bewerteten Flächen würdenn aus 40 bis 50 Jahre alten Fichten und Tannen bestehen. Im November und Dezember 2014 seien Durchforstungen und Schadholzbeseitigungen erfolgt. Es seien in Summe 401,46 Festmeter Holz gewonnen worden. Die Holzarbeiten seien durch das Holzschlägerungsunternehmen XXXX durchgeführt worden. Als Bringungsmöglichkeit sei eine Forststraße vorhanden. Eine Aufforstung sei aufgrund des Überbestandes von Rotwild nicht möglich.

Aufgrund dieser Angaben sei für die landwirtschaftlich bewertete Fläche eine Brache angenommen worden. Der darauf entfallende Einheitswert sei nicht zu berücksichtigen gewesen. Das für Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende verbleibende Flächenausmaß sei 17,6553 ha und der daraus resultierende Einheitswert betrage von 10/2014 bis 03/2018 EUR 2.634,94 sowie von 04/2018 bis laufend EUR 2.536,18.

In rechtlicher Hinsicht führte die SVB aus, dass nach der Rechtsprechung des VwGH die Durchforstung des Waldbestandes und die damit einhergehende Schlägerung des Dünnholzes und kranker (bzw. toter) Bäume bereits eine forstwirtschaftliche Tätigkeit darstelle. Es wäre daher ab den im November und Dezember 2014 durchgeführten Durchforstungsarbeiten von einer (erneuten) Bewirtschaftung des Waldbestandes auszugehen. Da der Einheitswert der bewirtschafteten Flächen die Pflichtversicherungsgrenzen in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung übersteige, bestehe für den BF ab 01.11.2014 Pflichtversicherung in allen drei Zweigen der BSVG. Aus dem bewirtschafteten Einheitswert würden sich unter Anwendung der im jeweiligen Zeitraum wirksamen Einkommensfaktoren des § 23 Abs. 2 BSVG die genannten Versicherungswerte als Beitragsgrundlagen ergeben. In der Kranken- und Unfallversicherung sei die Mindestbeitragsgrundlage heranzuziehen gewesen. Die monatlich von diesen Beitragsgrundlagen zu entrichtenden Beiträge würden durch Multiplikation der Beitragsgrundlage mit dem für den jeweiligen Versicherungszweig geltenden Beitragsprozentsatz ermittelt werden. Im Falle des BF habe sich ergeben, dass die Voraussetzungen für die Halbierung des Beitragssatzes in der Pensionsversicherung ab dem 01.08.2018 vorliegen würden, weshalb ab diesem Zeitpunkt der Beitragsprozentsatz auf 8,5 % zu reduzieren gewesen sei.

Der Beitragszuschlag sei aufgrund der verspäteten Anmeldung zur Pflichtversicherung nach den Zinstagen vom Zeitpunkt der Fälligkeit, der bei ordnungsgemäßer Meldung entstanden wäre, bis zum Tag vor dem Meldedatum zu berechnen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und brachte vor, die Ursache für die im Dezember 2014 durchgeführte Schadholzbeseitigung sei Käferbefall und die Entfernung von totem Holz gewesen. Die erforderlichen Holzarbeiten habe der BF durch ein Holzschlägerungsunternehmen durchführen lassen. Sie hätten eine einmalige Maßnahme dargestellt und könnten nicht als erneute Bewirtschaftung des Waldbestandes angesehen werden. Hinzu komme, dass diese Holzarbeiten auch Sicherungsmaßnahmen gewesen seien, da die Schlägerungen auf einem Areal vorgenommen worden seien, welches durch eine Gemeinde- und eine Forststraße begrenzt werde und daher auf den Fahrzeugverkehr und auch auf Erholungssuchende bzw. Wanderer, welche die öffentliche Gemeindestraße oder Forststraße benutzen, Rücksicht zu nehmen sei, sodass diese nicht durch unvermutetes Umstürzen der geschädigten Bäume zu Schaden kommen würden. Diese einmalige Maßnahme habe daher gemäß §§ 44,45 Forstgesetz vorgenommen werden müssen. Es sei von der BH Wiener Neustadt gemäß § 100 Jagdgesetz Waldverwüstung festgestellt worden. Aus diesem Grund sei die rechtliche Würdigung der bescheiderlassenden Behörde aufgrund des von ihr nur unvollständig zugrundeliegenden Sachverhaltes verfehlt.

Ferner werde darauf hingewiesen, dass seitens der SVB in einem Schreiben vom 16.08.2019 mitgeteilt worden sei, dass der Rückstand aus früheren Vorschreibungen EUR 483,44 betrage. Dieser Betrag stehe in krassem Widerspruch zu dem mit Schreiben vom 08.08.2019 vorgeschriebenen Betrag von EUR 8.855,62. Der BF habe aufgrund des Schreibens vom 16.08.2019 den aushaftenden Betrag von EUR 484,44 fristgerecht einbezahlt und sei damit der Meinung gewesen, dass damit kein Betrag mehr aushaften würde.

Weiters wies der BF darauf hin, dass er als pensioniertes Mitglied des XXXX bei der Beamtenversicherung kranken-, unfall- und pensionsversichert und zudem bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft kranken-, unfall- und pensionsversichert sei. Der gegenständliche Bescheid verstoße in eklatanter Weise gegen das Grundrecht auf Eigentum („wieso soll man dreimal Versicherungsbeiträge bezahlen müssen, obwohl man nur einmal die Kranken- bzw. Unfallversicherung in Anspruch nehmen kann“). Es liege daher ein erheblicher Eingriff gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit des Eigentums vor und werde dadurch auch gegen EU-Recht verstoßen.

Es werde beantragt, den bekämpften Bescheid zu beheben.

Die SVB legte diese Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor. Mit einem Begleitschreiben vom 30.10.2019 brachte die SVB ergänzend vor, dieim angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, betreffend Schadholzbeseitigungen und Durchforstungen würden sich auf die Angaben des BF laut Erhebungsbogen vom 19.12.2018 gründen. Die Arbeiten seien nicht durch die Forstbehörde angeordnet worden. Maßnahmen der Durchforstung seien aufgrund der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs als forstwirtschaftliche Erwerbstätigkeit zu qualifizieren. Dem Vorbringen des BF, dass es sich um eine einmalige Maßnahme gehandelt habe, sei das Judikat des VwGH vom 23.04.2003, 2000/08/0135, entgegenzuhalten, wonach eine forstwirtschaftliche Tätigkeit bei Waldbesitz auch dann anzunehmen sei, wen sie zeitweise kaum in Erscheinung tritt.

Zum sonstigen Vorbringen des BF betreffend die Mehrfachversicherung und die behaupteten Eingriffe in das Grundrecht des Eigentums werde auf die Judikatur des VfGH (z.B. VfGH vom 30.06.2004, GZ B869/03) verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Eigentümer der Parzellen XXXX und XXXX der Katastralgemeinde XXXX sowie der Parzellen XXXX und XXXX der Katastralgemeinde XXXX Das Flächenausmaß der landwirtschaftlichen Fläche beträgt 1,0637 ha und hat einen Einheitswert von EUR 63,82. Das Flächenausmaß der forstwirtschaftlichen Fläche beträgt insgesamt 17,6553 ha und hat einen Einheitswert von EUR 2.536,18.

Das Grundstück XXXX ist landwirtschaftlich bewertet und es befinden sich darauf Gestrüpp, Gras und Sträucher. Es werden keine Arbeiten verrichtet. Das Grundstück wird unstrittig als Brache behandelt und ist im angefochtenen Bescheid nicht in die Pflichtversicherung nach dem BSVG einbezogen worden.

Die Grundstücke XXXX sind forstwirtschaftlich bewertet. Die forstwirtschaftlich bewertete Parzelle XXXX im Ausmaß von 13,9025 ha hat der BF am 03.09.2009 durch Kaufvertrag erworben. Mit 28.07.2010 hatte der BF eine Meldung über die Nichtbewirtschaftung dieser Fläche erstattet. Aufgrund dieser Meldung wurde die genannte Fläche von der belangten Behörde ab 28.06.2010 als Waldbrache behandelt und nicht in die Pflichtversicherung nach dem BSVG einbezogen.

Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt, Fachgebiet Forstwesen, hat mit 25.01.2011, GZ XXXX , eine Gutachten zur genannten Parzelle XXXX erstattet und dabei nach einer örtlichen Besichtigung vom 24.01.2011 festgestellt, dass weder Nutzungen noch Pflegemaßnahmen oder Aufforstung- bzw. Wegebaumaßnahmen erfolgt seien. Für die genannte Waldparzelle seien keine forstbehördlichen Aufträge erteilt und keine forstlichen Förderungen beantragt oder ausbezahlt worden. Die auf dem Grundstück vorhandene Forststraße sei vom Vorbesitzer vor etwa 12 Jahren angelegt worden. Der auf der Parzelle zu erwartende jährliche Holzzuwachs betrage 5 Vorratsmeter pro Hektar und Jahr. Beim Bestand handle es sich um einen Schutzwald in Ertrag.

Mit Einlangensdatum 19.12.2018 beantwortete der BF einen Fragebogen der belangten Behörde schriftlich wie folgt:

Auf dem Grundstück, Parzelle 113/2 würden sich ca. 40-50 Jahre alte Tannen und Fichten befinden. Die Frage, welche Arbeiten innerhalb der letzten fünf Jahre auf dem angeführten Grundstück verrichtet wurden, beantwortete der BF mit „Durchforstungen Ende Dez 2014, Schadholzbeseitigung Nov, Dez 2014“. Die Frage, ob die Arbeiten auf ausdrückliche Anordnung der Forstbehörde durchgeführt wurden, verneinte der BF; die Frage, ob Förderungen beantragt wurden, verneinte der BF und führte aus, dass er sich zwar telefonisch bei der Forstbehörde bezüglich einer Förderung erkundigt habe, jedoch die Auskunft erhalten habe, dass keine Förderung gewährt werde und daher keine Förderung beantragt habe. Die Frage, wie viele Festmeter aus dem genannten Grundstück zuletzt gewonnen wurden, beantwortete der BF mit „401,46 fm Schleifholz, gute Klasse Faserholz, von Familie XXXX geerntet, 27€/m³; Verwaltungsbeitrag 1/m³“ und weiteren nicht entzifferbaren Handschriftzeichen. Die Frage „Wenn nicht von schlagfähigem Wald gesprochen werden kann, warum nicht“ beantwortete der BF mit „weil die Bäume noch zu jung sind“. Die Frage nach Bringungsmöglichkeiten beantwortete der BF damit, dass er an einer gemeinsam genutzten Forststraße beteiligt sei. Die Frage nach dem zukünftigen Nutzen des Waldbesitzes beantwortete der BF damit, dass eine Aufforstung wegen des Überbestandes an Rotwild und Waldverwüstung nicht möglich sei. Setzlinge würden nicht aufkommen. Das Problem sei seit Jahren bekannt.

Auf der Grundlage dieses Fragebogens erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit dem die Pflichtversicherung in der Kranken- Pensions- und Unfallversicherung sowie Beitragsnachverrechnung bezogen auf sämtliche im Eigentum des BF stehende forstwirtschaftlich bewertete Flächen, somit insgesamt 17,6553ha festgestellt wurde. Die belangte Behörde stützte sich auf VwGH 2000/08/0135 vom 23.04.2003, wonach die Durchforstung von Waldbestand und damit einhergehende Schlägerung des Dünnholzes sowie kranker/toter Bäume bereits eine forstwirtschaftliche Tätigkeit darstelle.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Sie sind soweit hier wesentlich unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 ASVG nicht anzuwenden ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Dabei wird vermutet, dass Grundstücke, die als forstwirtschaftliches Vermögen nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, bewertet sind oder Teil einer als solches bewerteten wirtschaftlichen Einheit sind, in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf Rechnung und Gefahr der dazu im eigenen Namen Berechtigten bewirtschaftet werden. Der Gegenbeweis ist für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung (§ 16 BSVG) des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig.

Diese Pflichtversicherung besteht zufolge § 2 Abs. 2 BSVG nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955 festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von 1 500 Euro erreicht oder übersteigt.

Der vorletzte und letzte Satz des § 2 Abs 1 Z 1 BSVG wurde durch die 16. BSVG-Novelle im Jahr 1991 angefügt, dies gestützt auf Judikate des Verwaltungsgerichtshofes (81/08/0175 u.a.) mit denen festgestellt worden war, dass die Bewirtschaftung eines Waldes zur Erzielung landwirtschaftlicher Nutzwirkung während seines Wuchses oft lange Zeit nicht über Maßnahmen der Durchforstung und Beseitigung von Schadholz hinausgehen würde und somit kaum nachweisbar wäre. Da gemäß § 12 lit b Forstgesetz1975 Wald so zu behandeln sei, dass seine forstwirtschaftliche Nutzung nachhaltig gesichert bleibe, ferner, da der ständige Wachstums- bzw. Alterungsprozess des Waldes einen Stillstand ausschließe, sei der Waldbesitzer in der Regel zu einer Bewirtschaftung verpflichtet, die zwangsläufig zu einer forstwirtschaftlichen Nutzbarkeit führen würde. Der Verzicht auf eine forstwirtschaftliche Nutzung und die Beschränkung auf die anderen Wirkungen des Waldes (Erholungswirkung, Schutzwirkung) würden daher Ausnahmefälle darstellen. Wald werde somit in der Regel in der einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne des BSVG entsprechenden Weise genutzt. Eine Beschränkung auf die anderen Wirkungen des Waldes bilde die Ausnahme.

In seinem Erkenntnis 2000/08/0135 vom 23.04.2003 hat der Verwaltungsgerichtshof diese Judikatur erneut in der Weise zusammengefasst, dass eine forstwirtschaftliche Tätigkeit bei einem Waldbesitz auch dann anzunehmen sei, wenn sie zeitweise kaum in Erscheinung trete, da naturgemäß der Zeitraum zwischen Aussaat (Aufforstung) und Ernte (Schlägerung) ein verhältnismäßig langer sei und sich die Tätigkeit dazwischen auf die Betreuung des Wuchses und die Einhaltung forstwirtschaftlicher Maßnahmen beschränken müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im selben Erkenntnis fortgesetzt ausgesprochen, dass damit noch keine Aussage darüber getroffen sei, ob ein bestimmter Waldbesitz überhaupt ein Betrieb im Sinne des Sozialversicherungsrechts sei: Es müsse zunächst geklärte werden, welche Zwecke der Waldbesitzer mit seinem Wald anstrebt und auch tatsächlich verfolgt. Zulässige Zwecke können nicht nur die forstwirtschaftliche Nutzung sondern auch die Verfolgung anderer Zielsetzungen, wie etwa die selbstgewählte Beschränkung auf die Erholungswirkung und die gesetzlich vorgesehene Beschränkung auf die Schutzwirkung des Waldes sein.

Bei einer betrieblichen Tätigkeit müsse es sich um eine grundsätzlich dem selbständigen Erwerb dienende, nachhaltig betriebene Betätigung, somit um eine organisierte Erwerbsgelegenheit handeln. Dabei komme es im besonderen Maß auf das äußerere Erscheinungsbild der mit Hilfe von technischen und immateriellen Mittelnerfolgten nachhaltigen Tätigkeit zum Zweck der Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse land(forst)wirtschaftlicher Produktion an. Ob im Einzelfall die Absicht oder auch nur die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, gegeben sei, ist eine Frage der Ermittlung des konkreten Sachverhalts. Entscheidend sei, ob die Person, um deren Versicherungspflicht es geht, tatsächlich bereits Handlungen gesetzt hat, die sich als eine forstwirtschaftliche Nutzung eines Waldes darstellen oder zumindest eine Prognose rechtfertigen, dass sie aus Erträgen ihres Waldes künftig wirtschaftlichen Nutzen ziehen werde. Es komme also auf die vollzogene tatsächliche Nutzung oder zumindest auf die im Hinblick auf künftige Erträge tatsächlich gesetzten Bewirtschaftungshandlungen an.

Das bloße Eigentum an für die Nutzung geeigneten forstwirtschaftlichen Flächen genüge nicht für die Annahme einer betrieblichen Nutzung, auch nicht die forstrechtlich gebotene Beseitigung von Windwurf(Scheebruch)- und Käferholz, die sich auf die Beseitigung und Verwertung des Windwurf(Schneebruch)- und Käferholzes beschränken und nicht mit Bewirtschaftungsmaßnahmen (z.B. Aufforstung) verbunden waren. Eine solche bloße Schadholzbeseitigung erlaube keine schlüssige Prognose für eine künftige Nutzung des Waldes.

Den diesem Erkenntnis 2000/08/0135 vom 23.04.2003 zu Grunde liegenden Sachverhalt, nämlich eine Durchforstung und Schlägerung des Dünnholzes, sowie kranker und toter Bäume nach Beitritt zur Forststraßengenossenschaft, um die Waldfläche verkehrsmäßig zu erschließen und das Dünnholz ausbringen zu können, beurteilte der Verwaltungsgerichtshof als forstwirtschaftliche Tätigkeit.

Im vorliegenden Fall hatte der BF mit seiner Meldung vom 28.07.2010 für das in seinem Eigentum stehende Waldgrundstück Nr. XXXX Gemeinde XXXX , Waldbrache vorgebracht, also den Gegenbeweis iSd § 2 Abs 1 Z 1, letzter Satz angetreten. Seine diesbezügliche Meldung wurde für die Zeit ab 28.06.2010 anerkannt.

Am 25.01.2011 hat die Bezirkshauptmannschaft XXXX , Fachgebiet Forstwesen, nach einer örtlichen Besichtigung vom 24.01.2011 gutachterlich bestätigt, dass auf der betreffenden Waldfläche auf Grundstück XXXX in der KG XXXX weder Nutzungen noch Pflegemaßnahmen oder Aufforstungen- bzw. Wegebaumaßnahmen festgestellt worden seien. Die auf dem Grundstück vorhandene Forststraße sei vor etwa 12 Jahren vom Vorbesitzer angelegt worden. Es handle sich um Schutzwald im Ertrag.

Auf Basis dieses Gutachtens hat die belangte Behörde das betreffende Waldgrundstück weiterhin als Waldbrache geführt.

Mit dem nun gegenständlichen Erhebungsbogen vom 19.12.2018 hat der BF über eine Ende 2014 durchgeführte Durchforstung und Schadholzbeseitigung berichtet - ohne den konkreten Anlass dieser Arbeiten zu nennen; im selben Erhebungsbogen hat der BF ausgeführt, dass nach wie vor keine Aufforstung betrieben werde und wegen des Überbestandes an Rotwild gar nicht möglich wäre. Eine ergänzende Befragung des BF zu diesen Auskünften ist nicht erfolgt.

Die belangte Behörde hat sich daher insbesondere mit dem letztgenannten Vorbringen des BF laut Erhebungsbogen vom 19.12.2018 nicht auseinandergesetzt. Sie hat dem BF auch keine Gelegenheit gegeben, die von ihm angegebenen Forstarbeiten näher darzulegen. Zumindest dies wäre im vorliegenden Fall aber geboten gewesen, denn die laut Fragebogen vom 19.12.2018 aktenkundigen Auskünfte des BF führten nicht etwa zu dem Ergebnis, dass die bisher geltende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung in unbedenklicher Weise hätte beibehalten werden können, sondern indizierten eine mögliche Änderung des bisher angenommenen Sachverhaltes. Die Angaben des BF laut dem genannten Erhebungsbogen lassen andererseits nicht ohne weiteres auf ein gesichertes Beweisergebnis im Sinne einer forstwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit, also einer Änderung des bisher angenommenen Sachverhalts schließen, sondern wären näher zu hinterfragen bzw. zu überprüfen gewesen. Allein den Umstand, dass die vom BF angegebenen Durchforstungs- und Schadholzbeseitigungsarbeiten nicht auf ausdrückliche Anordnung der Forstbehörde getätigt wurde, hätte die belangte Behörde nicht zum Anlass nehmen dürfen, von einem ausreichend geklärten Sachverhalt auszugehen: Wie sich aus § 44 Forstgesetz ergibt, ist der Waldbesitzer in den dort genannten Fällen zu Durchforstungen verpflichtet, ohne dass es dazu einer behördlichen Anordnung bedarf. Nach dem Forstgesetz gebotene Arbeiten allein müssen andererseits die Pflichtversicherung noch nicht zwingend auslösen.

Die belangte Behörde hätte im vorliegenden Fall die vom BF laut Erhebungsbogen angeführten Forstarbeiten daher nicht ohne weiteres zum Anlass dürfen, die verfahrensgegenständliche Pflichtversicherung und Beitragspflicht festzustellen.

Zur Zurückverweisung:

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2015/04/0019 vom 24.06.2015 ausgesprochen hat, stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Das mit § 28 VwGVG insgesamt normierte System verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im vorliegenden Fall ist nicht geklärt, ob die vom BF gemäß § 2 Abs 1 Z 1 letzter Satz BSVG gemeldete Waldbrache am Grundstück XXXX KG XXXX seit Beginn des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes nicht mehr gegeben ist und er als Folge dessen in die Pflichtversicherung aller drei Versicherungszweige des BSVG einzubeziehen wäre. Die belangte Behörde hat Ermittlungen, die notwendig - und möglicherweise aufwendig - gewesen wären, um den diesbezüglichen Sachverhalt zu klären, unterlassen. Daraus muss für den vorliegenden Fall abgeleitet werden, dass die SVB aufwendige Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 24.06.2015, 2015/04/0019).

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde mit der Frage zu befassen haben, ob die vom BF 2014 veranlassten Forstarbeiten nur dem Zweck der Erhaltung der Schutzwirkung bzw. Erholungswirkung des Waldes gedient haben oder ob seither von einer Änderung des bisher angenommenen Sachverhalts bezüglich Waldbrache auszugehen ist. Dabei wird sich die Behörde unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit den oben aufgezeigten offenen Fragen und überdies mit den vom BF in seiner Beschwerde geäußerten Argument wonach die genannten Arbeiten ihren Grund im Käferbefall hatten, auseinanderzusetzen haben. Im Zweifel wird ein erneutes Rechtshilfeersuchen an die Forstbehörde zu richten sein.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die SVB zurückzuverweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (s. die oben angeführten Judikaturnachweise); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragspflicht Ermittlungspflicht Kassation landwirtschaftliche Tätigkeit mangelnde Sachverhaltsfeststellung Pflichtversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W164.2225092.1.00

Im RIS seit

30.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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