TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/15 W159 2243059-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.2021
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Entscheidungsdatum

15.07.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W159 2243059-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehöriger von Serbien, gegen Spruchpunkt I. bis III. sowie V. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. sowie V. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 2 FPG auf zwei Jahre herabgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ehelichte am 31.01.2015 in Rumänien die rumänische Staatsangehörige XXXX , geboren XXXX . Am 28.08.2015 beantragte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte unter Berufung auf die geschlossene Ehe mit einer EU-Bürgerin. Diesem Antrag wurde von der MA 35 entsprochen.

Am 28.12.2017 wurde die genannte Ehe geschieden. Aufgrund des Antrags des Beschwerdeführers vom 04.08.2018 wurde ihm am 03.05.2018 der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ erteilt.

In weiterer Folge ergab sich der Verdacht, dass es sich bei der geschlossenen Ehe um eine Aufenthaltsehe handle und es erging ein Ersuchen um Überprüfung durch die Landespolizeidirektion XXXX . Mit Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 10.01.2019 wurde zusammenfassend ausgeführt, dass sich der Verdacht der Aufenthaltsehe eindeutig erhärtet habe, da insbesondere die Angabe zu dem gemeinsamen Wohnsitz nicht glaubwürdig gewirkt hätten und auch sonst es Widersprüche in den Aussagen der (ehemaligen) Ehepartner gegeben habe. Mit Bescheid der MA 35 vom 02.10.2019, Zahl XXXX wurde das Verfahren zur Ersterteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ von Amts wegen mit der Wirkung wiederaufgenommen, sodass das Verfahren in den Stand, in dem es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels vom 04.05.2018 befunden habe, zurücktrete. Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde wurde dies mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27.02.2020, Zl XXXX im Wesentlichen bestätigt und als erwiesener Sachverhalt festgestellt, dass die Ehe mit Frau XXXX einvernehmlich ausschließlich zu dem Zweck eingegangen worden sei, um ein Aufenthaltsrecht für den Beschwerdeführer in Österreich zu vermitteln.

In der Folge wurde seitens der belangten Behörde ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet und der nunmehr bereits durch den Rechtsanwalt XXXX vertretene Beschwerdeführer einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Dem Beschwerdeführer wurde der Verfahrensgang, insbesondere der Umstand, dass es sich um eine Aufenthaltsehe gehandelt haben solle, vorgehalten, wobei er ausführte, dass er auch nicht wisse, wie man sagen könne, dass es sich um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, zumal die Ehe in zwei Staaten anerkannt worden sei. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er seit dem 07.11.2018 als Arbeiter bei der XXXX beschäftigt sei und in XXXX wohne. Er sei geschieden und wohne dort allein. Er habe einen Sohn aus erster Ehe namens XXXX , geboren am XXXX . Dieser Sohn lebe bei seinen Eltern in Serbien. Er habe ihn allerdings schon eineinhalb Jahre nicht mehr gesehen. Mit seiner früheren Gattin XXXX habe er auch keinen Kontakt mehr. Wegen Corona sei er schon länger nicht mehr in Serbien gewesen. Er habe in Serbien acht Jahre lang die Grundschule und sechs Jahre lang eine Höhere Schule für Informatik besucht. Zunächst habe er in Serbien als Informatiker gearbeitet, später als LKW-Fahrer. Derzeit desinfiziere er die Straßenbahnen der Wiener Linien. Er habe eine Wohnadresse in Serbien in der Gemeinde XXXX . Dort habe er ein Haus und würden dort seine Eltern und sein Sohn lebe. Sonst habe er keine Verwandte mehr in Serbien, höchstens sehr weitschichtige, mit den er kaum Kontakt habe. In Österreich habe er wenige Kontakte. Er arbeite meistens. Er unterstütze seinen Sohn in Serbien. Er werde in Serbien weder politisch noch strafrechtlich verfolgt. Über Vorhalt des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Serbien gab er an, dass, wenn ihn Serbien interessieren würde, wäre er nicht hier, sondern in Serbien. Der Vertreter führte dazu aus, dass der Beschwerdeführer in Serbien keine Probleme habe. Auch er gab an, dass nichts gegen eine Rückkehr nach Serbien sprechen würde. Über Vorhalt, dass er wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes angezeigt werde und ein Verwaltungsstrafverfahren wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes geführt werde, gab der Beschwerdeführer an „nach 6 Jahren arbeiten und ordentlichem Lebenswandel das alles.“

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 29.04.2021, Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchpunkt II. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt III. festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei, unter Spruchpunkt IV. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, unter Spruchpunkt V. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und unter Spruchpunkt VI. ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahme dargestellt und sämtliche Beweismittel aufgelistet. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer serbischer Staatsangehöriger sei, geschieden sei und einen in Serbien lebenden Sohn habe. Er sei gesund und arbeitsfähig und gehöre keiner Risikogruppe im Sinne der COVID-19-Risikogruppen-Verordnung an. Die am 31.01.2015 mit der rumänischen Staatsangehörigen XXXX geschlossene Ehe sei am 28.12.2017 geschieden worden und sei festgestellt worden, dass es sich dabei um eine Aufenthaltsehe handle. Der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet wohl nicht straffällig geworden, behördlich gemeldet und als Arbeiter bei der XXXX sozialversichert, aber er verfüge in Österreich über keine Aufenthaltsberechtigung oder Niederlassungsbewilligung und habe auch kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich. Er sei auch nicht in Österreich integriert, da er die deutsche Sprache kaum spreche. In der Folge wurden auszugsweise Feststellungen zur Situation in Serbien getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass sich die Feststellungen zur Identität, zur Staatsangehörigkeit und zur Familienstand aus dem sichergestellten serbischen Reisepass sowie den durchgeführten Abfragen und Angaben ergeben werden. Der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, gesund und arbeitsfähig zu sein und ergebe sich daraus auch konkludent, dass er keiner Risikogruppe im Sine der COVID-19-Risikogruppen-Verordnung angehöre. Die Feststellungen zu dem Aufenthalt in Österreich, der Eheschließung und Scheidung sowie der Erteilung einer Aufenthaltskarte bzw. „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ würden sich aus den diesbezüglichen Berichten des LPD, des XXXX sowie dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes XXXX und weiteren Abfragen ergeben. Festzuhalten sei, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel verfüge und die sichtvermerksfreie legale Aufenthaltsdauer überschritten habe. Die Feststellung, dass er im Bundesgebiet nicht straffällig geworden sei, ergebe sich aus dem Strafregister. Der Umstand, dass er behördlich gemeldet und sozialversichert sei, aus den diesbezüglichen Anfragen und den Angaben des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer habe keine Angaben hinsichtlich eines Privat- und Familienlebens in Österreich gemacht und habe hingegen angegeben, dass er über ein dichtes soziales Netzwerk in seiner Heimat verfüge, wo er auch ein Haus besitze und dort zusammen mit seinen Eltern und seinem Sohn leben könnte.

Rechtlich wurde zu Spruchteil I. insbesondere ausgeführt, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten, welche die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Zu Spruchpunkt II. wurde zunächst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel nur aufgrund des Eingehens einer Aufenthaltsehe erwirkt habe und derzeit über keinen Aufenthaltstitel verfügen würde. Er führt auch kein Familienleben in Österreich, sondern würden seine Familienangehörigen sich im Herkunftsstaat befinden. Er habe in Österreich auch wenige Freunde und bestünde kein schützenswertes Privatleben. Er gehe zwar in Österreich einer Erwerbstätigkeit nach, diese sei jedoch nur das Eingehen einer strafbaren Aufenthaltsehe ermöglicht worden. Er würde auch nach mehreren Jahren Aufenthalt nur unzureichend Deutsch sprechen. Er sei hingegen in Serbien geboren, spreche die dortige Landessprache, sei dort aufgewachsen, zur Schule gegangen, habe dort gearbeitet, weiterhin eine Unterkunft und auch Familienangehörige. Es deute nichts darauf hin, dass es ihm im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft neu zu intergieren. Er sei strafrechtlich unbescholten, halte sich wohl etwas mehr als fünf Jahre in Österreich auf, sei jedoch hier nicht legal aufhältig und habe fremden- und aufenthaltsrechtliche Vorschriften übertreten. Es sei daher kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen gewesen und eine Rückkehrentscheidung zulässig. Zu Spruchpunkt III. wurde hervorgehoben, dass sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen eine Gefährdung ergeben würde und auch einer Abschiebung nach Serbien keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe. Er habe auch keine Gründe vorgebracht, die eine Abschiebung in das Herkunftsland als unzulässig erschienen würden, zumal er dort auch weder strafrechtlich noch politisch verfolgt werde und sei daher die Abschiebung nach Serbien für zulässig zu erklären.

Zu den Spruchpunkten IV. und V. wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei (§ 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG), zumal er eine Aufenthaltsehe geschlossen habe, sich nunmehr rechtswidrig in Österreich aufhalte und Arbeitsmarktzugang lediglich erschlichen habe. Durch sein Verhalten gefährde er die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes. Im vorliegenden Fall habe die Behörde von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, da der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei. Zu Spruchteil VI. wurde insbesondere ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Ziffer 8 des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt sei (Ehe geschlossen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, aber mit dem Ehegatten kein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK geführt). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beeinträchtige eine solche Aufenthaltsehe die öffentliche Ordnung erheblich. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage und des bisherigen Verhaltens könne eine erneute Rückfälligkeit nicht ausgeschlossen werden und sei die Verhängung eines Einreiseverbotes als notwendiges Mittel zur Begegnung der Missachtung der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu betrachten. Als mildernd sei die Unbescholtenheit und das Vorhandensein weitschichtiger Angehöriger in Österreich, als erschwerend jedoch die bewusste Setzung des Verstoßes sowie des Leugnen der Aufenthaltsehe und das Fortsetzen des unrechtmäßigen Aufenthaltes anzusehen. Es sei jedoch der Höchstrahmen von fünf Jahren nicht vollausgeschöpft worden, da die genannten Milderungsgründe zu berücksichtigen gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Adressat vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , Beschwerde unter Anregung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Kritisiert wurde, dass beweiswürdigende Überlegungen, dem Bescheid nicht zu entnehmen seien und dem Bescheid keine zwingenden Nachweise für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe zu entnehmen wären. Außerdem sei der Beschwerdeführer zumindest bis zum 04.09.2020 rechtmäßig in Österreich aufhältig gewesen. Selbst unter der Annahme, dass es sich tatsächlich um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, sei die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht erforderlich bzw. die Dauer überschießend. Der Beschwerdeführer werde sich auch selbstverständlich hinkünftig an österreichische Rechtsvorschriften halten und liege keine Gefährdung durch seine Person vor. Für den Fall, dass das Gericht einer gänzlichen Aufhebung des Einreiseverbotes nicht beitreten könne, sei dieses angemessen zu reduzieren. Der Verwaltungsgerichtshof habe früher judiziert, dass wenn die Eheschließung bereits mehr als fünf Jahre zurückgelegen sei, die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die Scheinehe als weggefallen zu betrachten sei. Diese Rechtsprechung sei jedoch in Ansehung der Fremdenrechtsnovelle 2006 nicht mehr aufrechterhalten worden. Gegenständlich liege die Eheschließung bereits mehr als fünf Jahre zurück und hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Würdigung von der Aberkennung einer aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen gehabt und sei jedenfalls die verhängte Dauer des Einreiseverbotes von drei Jahren überschießend.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2021, XXXX wurde „in teilweiser Erledigung der Beschwerde“ dieser gemäß § 18 BFA-VG keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

In der Folge wurde der Verfahrensakt mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 28.04.2021 der seinerzeit zuständigen Richterin abgenommen und am 01.07.2021 den nunmehr zuständigen Einzelrichter zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staastbürger von Serbien und wurde am XXXX in XXXX /Serbien geboren. Er ist seit 18.08.2015 ununterbrochen in XXXX gemeldet. Aufgrund der am 31.01.2015 in Rumänien mit der rumänischen Staatsangehörigen XXXX geschlossenen Ehe hat der Beschwerdeführer eine Aufenthaltskarte am 04.09.2015 erhalten. Die Ehe wurde am 28.12.2017 geschieden. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer über Antrag am 03.05.2018 eine Rot-Weiß-Rot-Karte ausgestellt. Sowohl nach den Erhebungen der Landespolizeidirektion XXXX als auch aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes XXXX vom 27.02.2020 wurde festgestellt, dass die Ehe einvernehmlich ausschließlich zu dem Zweck eingegangen wurde, um dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu vermitteln. Der Beschwerdeführer ist seit 07.11. 2018 als Arbeiter bei der XXXX gemeldet ( XXXX ). Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über keinen Aufenthaltstitel mehr in Österreich und führt hier auch kein Familienleben, seine privaten Bindungen und seine Deutschkenntnisse sind gering. Er verfügt jedoch über ein Haus in seiner Heimatstadt XXXX , wo auch seine Eltern und sein Sohn, mit denen er Kontakt hat, leben. Der Beschwerdeführer hat keinerlei Verfolgungsgefahr oder Bedrohung in Serbien behauptet und auch keine Gründe, die gegen eine Rückkehr sprechen würden, vorgebracht. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.

2. Beweiswürdigung:

Die serbische Staatsangehörigkeit und das Geburtsdatum sind dem in Kopie im Akt einliegenden serbischen Reisepass des Beschwerdeführers zu entnehmen. Die Umstände im Zusammenhang mit der Eheschließung, Ehescheidung und der Qualifikation der Ehe als Aufenthaltsehe dem Verfahrensakt der belangten Behörde zur Zahl XXXX , insbesondere dem Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 10.01.2019 zur Zahl XXXX sowie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27.02.2020, Zahl XXXX . Hinsichtlich der Meldungen des Beschwerdeführers ist auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister Bezug genommen worden, die Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in den aktuellen Strafregisterauszug. Der Beschwerdeführer selbst konnte den Feststellungen über das Vorliegen einer Aufenthaltsehe keine stichhaltigen Argumente entgegensetzen.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers beruhen auf seinen diesbezüglichen Angaben, insbesondere der Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 20.10.2020, ebenso die Feststellungen über die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorausgeschickt wird, dass über Spruchpunkt IV. bereits mit (Teil-)Erkenntnis des BVwG vom 12.06.2021 XXXX entschieden wurde.

Zu I.)

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, (…)

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt mit Bescheid gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       Nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).

Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Unter Volljährigen reicht das rechtliche Band der Blutsverwandtschaft allein nicht, um ein Familienleben iSd. Art 8 MRK zu begründen. Hier wird auf das tatsächliche Bestehen eines effektiven Familienlebens abgestellt, darüber hinaus müssen zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit gegeben sein, die über die sonst üblichen Beziehungen hinausgehen. Vgl. ua. EGMR 30.11.1999 (Baghli gegen Frankreich) Ziff 35; EGMR Ezzouhdi (FN 9) Ziff 34; EGMR 10.07.2003 (Benhebba gegen Frankreich); EGMR 17.01.2006 (Aoulmi gegen Frankreich).

Dazu ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer kein Familienleben in Österreich behauptet hat, sondern angegeben hat, geschieden zu sein und allein zu leben. Seine nächsten Familienangehörigen (Eltern, Sohn) leben im Herkunftsstaat Serbien und steht der Beschwerdeführer auch mit diesen in Kontakt.

Der Begriff des Privatlebens iSd Art. 8 EMRK ist weit zu verstehen und umfasst das persönliche und berufliche Umfeld eines Menschen, in dem er mit anderen interagiert. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ist die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen einem ansässigen Migranten und der Gemeinschaft, in der er lebt, integraler Bestandteil des Begriffs des Privatlebens (EGMR 13.10.2011, 41548/06, Trabelsi/DE; EGMR [GK] 23.06.2008, 1638/03, Maslov/AT). Dazu zählen auch berufliche und geschäftliche Beziehungen. Wie stark das Privatleben ausgeprägt ist, hängt in erster Linie von der Dauer des Aufenthalts ab. Für die Annahme eines in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallenden Privatlebens ist keine konkrete Mindestaufenthaltsdauer erforderlich. Die bereits in Österreich verbrachte Zeit und die dabei erfolgte Integration ist erst bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten (vgl. Peyerl/Czech in Abermann ua. (Hrsg), NAG § 11 Rz 38).

Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat nach der Judikatrur des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sicht aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. VwGH 18.11.2020, Ra 2020/14/0013, mwN).

Der Beschwerdeführer ist seit 18.08.2015 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Wenn der Beschwerdeführervertreter behauptet, dass der Beschwerdeführer zumindest bis 04.09.2020 in Österreich rechtmäßig aufhältig war, ändert dies auch nichts an dem Umstand des derzeitigen illegalen Aufenthaltes. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, dass er seit 07.11.2018 als Arbeiter bei der XXXX beschäftigt ist und daher gegenwärtig von einer Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen ist. Intensivere Kontakte mit Österreichern oder eine sonstige Integration in Österreich konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen. Er hat auch keine Deutschdiplome vorgelegt und ist von geringen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers auszugehen. Vielmehr ist ein starkes Überwiegen der Bindungen zu dem Herkunftsstaat Serbien, wo der Beschwerdeführer über ein Haus und nähere Familienangehörige verfügt, zu denen er auch Kontakt hat, wobei er auch den Großteil seines Lebens in Serbien verbracht hat, festzustellen.

Der Beschwerdeführer ist wohl strafrechtlich unbescholten, er ist jedoch eine Ehe nur zum Zwecke der Erteilung eines Aufenthaltstitels eingegangen und fehlen ihm aktuell auch für seine Beschäftigung die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen. Irgendeine Form von Verfolgung oder Bedrohung in seinem Herkunftsstaat hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Aufgrund der Ausbildung des Beschwerdeführers als Informatikers, seiner Praxis als LKW-Fahrer und in Österreich bei der Desinfektion von Straßenbahngarnituren ist in Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer gesund ist, davon auszugehen, dass er auch in der Lage ist, in seinem Herkunftsstaat durch Erwerbsarbeit sein Überleben zu sichern.

Bei einer Abwägung der Interessen ist daher ein Überwiegen des öffentlichen Interesses, insbesondere der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber den privaten Interessen an einem weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich festzustellen.

Die Verhängung der Rückkehrentscheidung war daher nicht zu beanstanden und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Es ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall kein Bedrohungsszenario iSd § 50 FPG vorliegt.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG zulässig, solange ihr keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Serbien nicht. Vielmehr handelt es sich bei Serbien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien ist daher zulässig.

Infolge Bestätigung von Spruchteil IV. war auch Spruchteil V. gemäß § 55 Abs. 4 FPG zu bestätigen.

Zu II.)

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Bei der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose – gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot – ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Erst jüngst hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass für die Dauer des Einreiseverbotes die Integration, das Privat- und Familienleben besonders zu berücksichtigen ist (VwGH vom 06.04.2021, Ra 2020/21/0453).

Im vorliegenden Fall spricht vor allem der Umstand der nicht widerlegten Aufenthaltsehe und die daraus resultierenden Konsequenzen, nämlich der Verlust jeglichen Aufenthaltsrechtes in Österreich gegen den Beschwerdeführer, weiters ist keinerlei Familienleben und nur ein sehr rudimentäres Privatleben in Österreich festzustellen, während die Bindungen zu seinem Herkunftsstaat doch als sehr stark zu bezeichnen sind. Für den Beschwerdeführer spricht hingegen seine Selbsterhaltungsfähigkeit und die Meldung in Österreich für mehr als fünf Jahre, wobei doch der überwiegende Teil legaler Aufenthalt war. Schließlich ist auch die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu konstatieren.

In Anbetracht der Erfüllung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG konnte jedoch von einem Einreiseverbot nicht Abstand genommen werden. Durch die Berufung auf eine auch vom Beschwerdeführervertreter als überholt angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann für diesen nichts gewonnen werden, wenn auch der Umstand, dass der Abschluss der Ehe mehr als fünf Jahre zurückliegt, ein unbestrittenes Faktum ist.

In Anbetracht der Selbsterhaltungsfähigkeit, der unselbständigen Tätigkeit des Beschwerdeführers in einem notwendigen, aber unangenehmen Beruf und des doch schon längeren Aufenthaltes des Beschwerdeführers, war die Dauer des Einreiseverbotes jedoch spruchgemäß herabzusetzen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018 9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungs-gerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Es sind im vorliegenden Fall die Feststellungen der belangten Behörde und deren Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Es war daher der Sachverhalt ausreichend geklärt, zumal auch von dem Beschwerdeführervertreter kein hinreichend konkretes Beweisanbot erstattet wurde.

Es ist daher festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer derartigen Rechtsprechung und ist auch die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen, auch liegen keine sonstigen Hinweise auf die grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich vielmehr an allen erheblichen Rechtsfragen und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese, soweit erforderlich, auch zitiert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Einreiseverbot Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Pandemie Privat- und Familienleben Resozialisierung Rückkehrentscheidung strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2243059.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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