TE Bvwg Beschluss 2021/7/16 W228 2192299-2

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Veröffentlicht am 16.07.2021
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Entscheidungsdatum

16.07.2021

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §92 Abs3
FPG §94 Abs5
VwGVG §17

Spruch


W228 2192299-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX 1998, Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2021, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt und Verfahrensgang):

Der Beschwerdeführer hat am 05.11.2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte gemäß § 94 Abs. 1 FPG gestellt.

Mit angefochtenem Bescheid vom 16.04.2021 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Z 3 FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall Versagungsgründe des § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG vorliegen würden.

Mit Beschwerde datierend auf 11.05.2021, eingelangt bei der belangten Behörde am 14.05.2021, wurde der Bescheid vom 16.04.2021 bekämpft. Die Beschwerde wurde weder mit Bürgerkarten-/Handysignatur noch mit handschriftlicher Unterschrift unterfertigt. Sie wurde von der Mailadresse XXXX @gmail.com von einer XXXX (mit anderer Mailadresse in der Signatur) eingebracht. Überdies ist die Beschwerde einmal in "Ich"-Form und einmal mit "BF" und "er" gestaltet.

Inhaltlich wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Zuerkennung von Asyl ein Konventionspass zustehe und die Abweisung seines Antrags eine massive Einschränkung seines Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK bedeute. Seine Kinder seien EU-Angehörige und er habe nunmehr keine Möglichkeit seine in Ungarn lebende Familie zu besuchen. Im konkreten Fall wäre eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer in Belgien eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe, erforderlich gewesen. Eine solche Einzelfallprüfung sei im gegenständlichen Fall jedoch unterlassen worden.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 25.05.2021 zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben datierend auf 15.06.2021 erteilte das Bundesverwaltungsgericht einen Verbesserungsauftrag an den Beschwerdeführer. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, die Beschwerde zu unterfertigen und eine vom Beschwerdeführer unterfertigte Vollmacht für Frau XXXX vorzulegen, da diese das Schreiben eingebracht hat und somit eine Verfahrenshandlung für den Beschwerdeführer gesetzt hat.

Am 23.06.2021 langte ein E-Mail des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt daher Einzelrichterzuständigkeit vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.


Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Zum E-Mail vom 23.06.2021:

Gemäß § 13 Abs. 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden.

Es ist zu beachten, dass die Subsidiaritätsklausel des § 13 Abs. 1 erster Satz AVG "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist" nach Ansicht des VwGH nicht nur die verschiedenen Anbringenstypen, sondern auch die verschiedenen Anbringensübermittlungsarten betrifft. Es haben die in den Verwaltungsvorschriften normierten Regelungen Priorität; die in § 13 AVG enthaltenen Bestimmungen kommen (subsidiär) nur soweit zum Tragen, als in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen getroffen werden (vgl. VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156).

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV) können Schriftsätze und Beilagen zu Schriftsätzen nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auf folgende Weise elektronisch eingebracht werden:

1. im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs;

2. über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982;

3. im Wege des elektronischen Aktes;

4. im Wege einer standardisierten Schnittstellenfunktion;

5. mit auf der Website www.bvwg.gv.at abrufbaren elektronischen Formblättern;

6. mit Telefax.

E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung.

Mit dem gegenständlichen E-Mail vom 23.06.2021 wurden Ausführungen gemacht. E- Mail ist jedoch eine gemäß § 1 Abs. 1 BVwG-EVV unzulässige Einbringungsform, zumal eine Einbringung von Anbringen unter Verwendung von E-Mails in der BVwG-EVV nicht vorgesehen ist. Anbringen, für die die Verwaltungsvorschriften eine bestimmte Art der Einbringung vorsehen, sind unwirksam, wenn die Einbringung in einer anderen als der gesetzlich bestimmten Art erfolgt (vgl. nochmals VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156).

Da ein auf einem rechtlich nicht zugelassenen Weg eingebrachtes Anbringen als nicht eingebracht gilt (vgl. dazu das zur BAO ergangene, insoweit aber einschlägige E vom 28. Mai 2009, 2009/16/0031, mwH, sowie das E vom 22. Juli 1999, 99/12/0061), ist die Behörde auch nicht gehalten, im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, weil auch für die Einleitung eines Mängelbehebungsverfahrens das Vorliegen einer an sich wirksam erhobenen (wenn auch mit einem Mangel behafteten) Eingabe erforderlich ist (vgl. dazu den ebenfalls zur BAO ergangenen, insoweit einschlägigen B vom 28. Juni 2007, 2005/16/0186).

Wird ein Anbringen auf einem nicht zugelassenen Weg zugeleitet, so gilt es als nicht eingebracht. Im gegenständlichen Fall wurde ein E-Mail eingebracht. Daraus folgt, dass dieses beim Bundesverwaltungsgericht nicht rechtswirksam eingebracht worden ist. Daher brauchte auf die Ausführungen in diesem E-Mail vom 23.06.2021 nicht eingegangen werden.

Abschließend sei zu diesem Thema noch angemerkt, dass alle Personen die zulässigen Einbringungswege zwecks formgerechter Einbringung leicht über die Homepage des Bundesverwaltungsgerichtes ermitteln hätten können.

Zur Zurückweisung:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 13 Abs. 4 AVG gilt bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerde weder mit Bürgerkarten-/Handysignatur noch mit handschriftlicher Unterschrift unterfertigt. Sie wurde von der Mailadresse XXXX @gmail.com von einer XXXX (mit anderer Mailadresse in der Signatur) eingebracht. Überdies ist die Beschwerde einmal in "Ich"-Form und einmal mit "BF" und "er" gestaltet, und war ist in der Beschwerde vom „BF in Belgien“ die Rede.

Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerde von einer XXXX eingebracht wurde, jedoch keine Vollmacht vorliegt, liegen daher Zweifel über die Identität des Einschreiters vor. Überdies liegen aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerde einmal in "Ich"-Form, und einmal vom "BF" und "er" geschrieben wurde, und weiters in der Beschwerde vom „BF in Belgien“ die Rede war, Zweifel über die Authentizität der Beschwerde vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat daher mit Schreiben vom 15.06.2021 einen Verbesserungsauftrag an den Beschwerdeführer erteilt. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, die Beschwerde zu unterfertigen und eine vom Beschwerdeführer unterfertigte Vollmacht für Frau XXXX vorzulegen, da diese das Schreiben eingebracht hat und somit eine Verfahrenshandlung für den Beschwerdeführer gesetzt hat.

Schriftliche Anbringen bedürfen nicht notwendig einer Unterschrift des Einschreiters; das folgt aus § 13 Abs. 4 AVG, wonach bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters und der Authentizität des Anbringens § 13 Abs. 3 AVG mit der Maßgabe sinngemäß gilt, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt (vgl. E 26. April 2013, 2012/07/0236). Selbst dann, wenn man einen Zweifelsfall erblickt und eine Verpflichtung annimmt, sich in Bezug auf eine bestimmte Person in sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG Klarheit darüber zu verschaffen, ob auch sie Rechtsmittelwerberin ist, steht es im Ermessen der Behörde, entweder förmlich eine Bestätigung aufzutragen oder aber auf andere Weise den Nachweis der Authentizität zu veranlassen (vgl. VwGH vom 31.03.2016, 2013/07/0023).

Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters kann eine Berufung durch die innerhalb der Verbesserungsfrist erfolgte eigenhändige Unterfertigung durch den Berufungswerber verbessert werden (vgl. VwGH vom 26.04.2013, 2012/07/0236). Eine solche Verbesserung ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht erfolgt, zumal der Beschwerdeführer dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen ist.

Die Beschwerde war daher mangels Erfüllung des Verbesserungsauftrages zurückzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

E - Mail Einbringung elektronische Zustellung mangelnder Anknüpfungspunkt Stellungnahme Verbesserungsauftrag Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2192299.2.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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