TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/21 W240 2242030-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W240 2242030-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Feichter, über die Beschwerde von XXXX , StA.: Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2021, Zl. 1206109010/200140379, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, stellte am 12.09.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Student“, welcher von 27.09.2018 bis 27.09.2019 gültig war. Am 16.09.2019 stellte er einen Zweckänderungsantrag/ Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus (Familiengemeinschaft)“, da er am XXXX .2019 in Wien eine namentlich genannte bosnische Staatsbürgerin geheiratet hat, welche selbst eine „Rot Weiß Rot Karte plus“, gültig bis zum 22.11.2020, besitzt.

Der Mitteilung der MA 35 gem. § 25 NAG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“) vom 05.02.2020, ist zu entnehmen, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert sei. Der Beschwerdeführer habe ein Einkommen in der Höhe von 385,00 € und seine Ehefrau ein Einkommen in der Höhe von 1.287,35 €. Selbst unter Berücksichtigung der halben Miete in der Höhe von 699,50 € (da der Sohn der Gattin seit kurzem die Hälfte aller Kosten übernehme) sei der Lebensunterhalt für ein Ehepaar mit fünf Kindern (von der Gattin) nicht entsprechend dem ASVG Richtsatz 2020 in der Höhe von 2.217,75 € (unter Berücksichtigung der freien Station in der Höhe von 299,95 € und dem Kinderabsetzbetrag für die Kinder).

Mit Schreiben vom 11.05.2020 teilte das BFA der MA 35 mit, dass ein Verfahren gem. § 52 Abs. 4 FPG zulässig und geboten erscheine.

Mit Mitteilung gem. § 35 Abs. 1 NAG vom 13.05.2020 teilte die MA 35 dem Beschwerdeführer mit, dass selbst unter Berücksichtigung der halben Miete, der Lebensunterhalt für ein Ehepaar nach dem Richtsatz des ASVG von 2020 um 427,22 € unterschritten werde. Der Kontoauszug mit dem Guthaben in der Höhe von 7.539,35 € könne nicht in Betracht gezogen werden, da eine einmalige Bareinzahlung in der Höhe von 5.606,37 € am 02.10.2019 ersichtlich sei, dessen Herkunft nicht nachvollzogen werden könne und eine vorübergehende Einzahlung zwecks Antragstellung nicht ausgeschlossen werden könne. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit gegeben binnen 14 Tagen schriftlich eine Stellungnahme abzugeben.

Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

2. Am 03.08.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Er gab hierbei an:

„(…)

Ihnen werden die Anwesenden vorgestellt und der Zweck und Ablauf der Einvernahme erläutert. Sie werden davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie nunmehr ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung geführt wird.

Zur Prüfung dieses Sachverhaltes sind Sie, auch in Ihrem Interesse einer möglichsten Vermeidung von Eingriffen in Ihre Rechte, zur mitwirkenden Klärung des Sachverhaltes verpflichtet und haben die Möglichkeit das Parteiengehör wahrzunehmen. Sie haben wahrheitsgemäße Angaben zu machen und am Verfahren mitzuwirken.

Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.

LA: Wie ist die Verständigung mit der Dolmetscherin? Haben Sie dazu Einwände?

VP: Ich verstehe die Dolmetscherin gut.

LA: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten?

VP: Ja, ich werde von Mag. Errath rechtsfreundlich vertreten.

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

VP: Mir geht es gesundheitlich gut.

LA: Können Sie der Einvernahme folgen?

VP: Ja.

Am 16.09.2019 haben Sie einen Zweckänderungsantrag/Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht. Sie besaßen von 27.09.2018 bis zum 27.09.2019 den Aufenthaltstitel Student und brachten am 16.09.2019 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus (Familieneigenschaft)“ ein, da Sie am XXXX .2019 die bosnische Staatsbürgerin, XXXX ehelichten, welche selbst eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ verfügt. Den Unterlagen nach entnahm die MA 35, dass Sie lediglich über ein Einkommen in der Höhe von 385,00 € und Ihre Ehegattin ein Einkommen von 1.287,35 € erzielt. Dies ist entsprechend dem ASVG Richtsatz 2020 selbst unter der Berücksichtigung der halben Miete in der Höhe von 699,50 € nicht ausreichend, für ein Ehepaar mit fünf Kindern.

Möchten Sie zu diesem Sachverhalt etwas angeben?

VP: Ich weiß, warum ich heute hier bin.

LA: Sind die im Betreff angeführten Personalien korrekt?

VP: Ja.

LA: Wie lange befinden Sie sich bereits im Bundesgebiet?

VP: Seit September 2018.

LA: Was war der ursprüngliche Zweck Ihrer Einreise in das Bundesgebiet?

VP: Ich habe mich für ein Masterstudium an einer Wiener Universität eingeschrieben.

LA: Gehen Sie aktuell einer Beschäftigung nach?

VP: Ja, ich gehe der Beschäftigung des Kellners nach. Ich arbeite geringfügig, ich verdiene 400 Euro netto. Ich habe die Zusage erhalten, dass ich beim gleichen Arbeitgeber auch für 30 Stunden angemeldet arbeiten kann. Dann würde ich 1155 Euro netto verdienen. Die 30 Stunden darf ich erst arbeiten, wenn ich die rot-weiß-rot-Karte plus besitze. Ich gebe an, dass ich dann jedenfalls die 30 Stunden beschäftigt sein werde.

Anmerkung: Ist im AJ-Web ersichtlich.

LA: Sind Sie im Bundesgebiet krankenversichert?

VP: Ja.

LA: Beschreiben Sie bitte all Ihre Einkommen, die Sie als Familie verfügen!

VP:

?        Ich selbst verdiene monatlich 400 Euro netto.

?        Meine Ehegattin verdient zwischen 1.320 und 1.600 netto. Ihr Lohn ist von den Überstunden und Zulagen abhängig. Der Bruttomonatslohn beträgt 1.548, 84 Euro.

?        Mein Sparguthaben in der Höhe von 8.739,31 Euro. Bezüglich meines Sparguthabens lege ich eine Bestätigung vom 10.09.2018 vor, dass ich am 10.09.2018 über ein Vermögen von 12.100 Euro verfügte. Auch lege ich einen Nachweis vor, dass ich bereits vor über zwei Jahren über ein ähnliches Vermögen auf meinem Konto verfügte.

?        Ich lege einen KSV-Nachweis vor, dass ich keinen Kredit rückzuzahlen habe. Ich bin schuldenfrei.

Anmerkung der rechtlichen Vertretung:

Ein Erklärungsnachweis wird nachgereicht, dass ein Sohn der Ehegattin die Hälfte der Miete bezahlt. Das sind 699,50 Euro monatlich.

LA: Beschreiben Sie bitte all Ihre monatlichen Fixkosten und Ausgaben, die Sie zu tätigen haben!

VP: Die von uns zu zahlende Miete beträgt 699,50 Euro. Den Betrag teilen wir durch zwei. Die andere Hälfte zahlt der älteste Sohn meiner Ehegattin.

Ein Auto besitze ich keines. Von den restlichen Ausgaben habe ich eigentlich nur mein Telefon. Das sind 14 Euro monatlich. Ich zahle auch Alimente für mein in Serbien lebendes Kind. Diese sind aber bis Ende des Jahres bereits bezahlt.

LA: Wie viele Personen leben in Ihrem Haushalt?

VP: Meine Ehefrau, ihre vier Kinder und ich. Wir leben zu 6. Der älteste Sohn ist bereits ausgezogen.

LA: Wie groß ist Ihre Wohnung?

VP: Es ist eine 5-Zimmer Wohnung mit 125 m².

LA: Wie lautet Ihr Familienstand?

VP: Verheiratet.

Anmerkung: Wie oben bereits angeführt.

LA: Wie viele Kinder haben Sie?

VP: Ich habe ein Kind, welches in Serbien lebt.

LA: Über welche Familienangehörigen verfügen Sie im Bundesgebiet?

VP: In Österreich verfüge ich über keine engen Familienangehörigen.

LA: Über welche Familienangehörigen verfügen Sie in Ihrem Heimatland?

VP: In Serbien leben meine Eltern, meine Großmutter, eine Schwester und mehre Onkel und Tanten.

LA: Wie gut gestalten sich Ihre Deutschkenntnisse? Haben Sie nachweislich Deutschkurse besucht?

VP: Ich kann Ihnen einen Nachweis über die bestandene Deutschprüfung senden. Ich habe eine Deutschprüfung mit dem Niveau A2 positiv abgeschlossen.

Anmerkung: Die VP versteht einige Fragen und antwortet teilweise auf Deutsch.

LA: Beschreiben Sie bitte Ihre Schulbildung!

VP: In Serbien ging ich zwölf Jahre lang in die Schule und habe dort maturiert. Danach ging ich vier Jahre lang in die Universität in Serbien. Den Bachelor habe ich abgeschlossen. Nun möchte ich in Österreich den Master abschließen.

LA: Welchen Beschäftigungen gingen Sie in Serbien nach?

VP: Kellner, Maler, Pädagoge etc. Auch habe ich als Zusteller und Abholer von Autos gearbeitet.

LA: Wie gestalten sich die finanziellen Verhältnisse Ihrer Familie?

VP: Meiner in Serbien lebenden Familie geht es finanziell gut. Mein Vater ist Tierarzt. Meine Mutter hat eine wirtschaftliche Schule abgeschlossen, ist aktuell aber Hausfrau. Wir haben Eigentum in Serbien. Wir haben drei Häuser.

LA: Wann waren Sie zuletzt in Serbien? Wie oft fahren Sie nach Serbien?

VP: Letztes Jahr reiste ich wegen meinem Sohn einmal monatlich nach Serbien. Heuer war ich wegen Corona nicht so oft in Serbien. Das letzte Mal befand ich mich im Jänner in Serbien.

LA: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

VP: Ich bin in XXXX .

LA: Geben Sie bitte Ihre letzte Heimatadresse in Serbien an!

VP: XXXX

LA: Sind Sie in Österreich in Vereinen oder Organisationen Mitglied?

VP: Nein.

LA: Werden Sie in Ihrem Heimatland strafrechtlich oder politisch verfolgt?

VP: Nein.

LA: Warum streben Sie einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet an?

VP: Wegen meiner Ehefrau. Wegen meinem Studium. Meiner Zukunft.

LA: Welche Argumente/Hindernisse stehen Ihrer Meinung nach einer Rückkehrentscheidung entgegen?

VP: Meine Familie ist hier. Meine Frau und meine Kinder brauchen mich. Ich habe meine Arbeit hier. All meine Pläne für die Zukunft sind mit Österreich verbunden.

LA: Wie lange befinden Sie sich mit Ihrer Ehefrau bereits in einer Lebensgemeinschaft?

VP: Seit 1 ½ Jahren.

LA: Wollen Sie noch etwas vorlegen oder sagen?

A: Nein, danke.

Anmerkung: Auch die rechtliche Vertretung hat keine weiteren Fragen oder Anmerkungen.

SV: Es wurde der Akt der MA 35 angefordert und wird dieser einer anschließenden Begutachtung unterzogen. Ihnen werden alle weiteren Verfahrensschritte schriftlich mitgeteilt werden.

Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie gemäß § 8 Zustellgesetz jede Änderung Ihrer Zustelladresse der Behörde unverzüglich mitzuteilen haben. Sollten Sie diese Mitteilung unterlassen, so ist die Zustellung weiterer Schriftstücke durch Hinterlegung bei der Behörde ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 8 Abs. 2 Zustellgesetz).

Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Schriftstücke an Sie oder Ihren Zustellbevollmächtigten zugestellt werden. Sollte dies nicht möglich sein, werden die Schriftstücke im Akt hinterlegt und gelten dadurch als ordnungsgemäß zugestellt.

LA: Haben Sie alles verstanden?

VP: Ja.“

Im Akt des Beschwerdeführers befinden sich folgende Unterlagen:

-        Infopass für Behörden vom 16.10.2019: „Dem KSV1870 liegen ausschließlich positive Einträge vor“

-        Wohnrechtsvereinbarung vom 03.08.2020

-        ÖIF Zeugnis Deutschprüfung A2 vom 14.03.2020

-        Lohn/Gehaltsabrechnung Mai und Juni 2020 (Beschwerdeführer)

-        Lohn/Gehaltsabrechnung Mai und Juni 2020 (Ehegattin)

-        Screenshot „Bezüge“ vom Juli 2020

-        Einstellungszusage für einen 30 Stunden Job ab Erhalt der Rot Weiß Rot Karte vom 30.07.2020

-        Schreiben über die Einkünfte des Beschwerdeführers

-        Grundriss der Wohnung

-        Lohnabrechnung des Sohnes der Ehegattin vom Juli 2019

-        Diplom für die erworbene Mittelschulausbildung (Schuljahr 2006/2007)

-        Diplom über die Verleihung „Diplom Pädagoge“ der philosophischen Fakultät Belgrad vom 30.01.2014

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2021, wurde gegen den Beschwerdeführer gem. § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gem. § 52 Abs.9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus“, da sein Aufenthalt im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Der Beschwerdeführer sei in Serbien geboren, aufgewachsen und habe bis zu seiner Ausreise dort gelebt. Er habe in Serbien zwölf Jahre die Schule besucht, diese mit Matura abgeschlossen, anschließend die Universität besucht und diese mit einem Bachelor- Studium abgeschlossen. In Serbien habe er bereits vielschichtige Berufserfahrungen als Kellner, Maler, Pädagoge und Zusteller gesammelt. Seine Familie sei in Serbien finanziell gut gestellt und verfüge über drei Eigentumshäuser. In der Vergangenheit sei er mindestens einmal im Monat nach Serbien gereist. Mit Ausnahme der Ehegattin verfüge der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen in Österreich. Er gehe aktuell keiner Beschäftigung nach und sei bei seiner Ehegattin mitversichert. Ein Privatleben, welches derart gestaltet sei, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht verhältnismäßig wäre, habe nicht festgestellt werden können.

4. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, die Ehegattin verdiene aus einem geringfügigen Dienstverhältnis derzeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen iHv 507,05 €. Dazu beziehe diese ein Arbeitslosengeld iHv 1.149,17 €. Die Ehegattin befinde sich seit 25.01.2021 in Ausbildung zur Heimhelferin beim Roten Kreuz und werde diese im Mai abschließen. Nach Abschluss der Ausbildung werde sie ein monatliches Nettoeinkommen iHv 1.285,56 € verdienen. Der Beschwerdeführer könne mit Erteilung eines Aufenthaltstitels umgehend bei seinem bisherigen Dienstgeber wiederum eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, wodurch künftig die gesetzlichen Unterhaltsmittel nachgewiesen werden können. Auch besitze der Beschwerdeführer über ein Sparguthaben iHv 9.169,12 €. Sparguthaben seien nach Judikatur des VwGH auf die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels zu verteilen, sofern sie nicht aus illegaler Quelle stammen.

Der Beschwerde waren folgende Unterlagen beigelegt:

-        Arbeitsrechtlicher Vorvertrag vom 19.01.2021

-        Nachweis Arbeitslosengeld betreffend die Ehegattin vom 07.10.2020

-        Einstellungszusage vom Roten Kreuz die Ehegattin betreffend vom 14.01.2021

-        Kontoauszug vom 07.12.2020

Am 02.06.2021 wurde der Dienstzettel betreffend die Ehefrau des BF vorgelegt. Es wurde im Dienstzettel festgehalten, dass die Ehefrau ab 27.05.201 in Österreich als Heimhelferin beim Roten Kreuz tätig ist, im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche und für einen Stundenlohn von EUR 12,35.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Aufenthalt:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, hält sich seit September 2018 im Bundesgebiet auf. Er hat bis zu seiner Ausreise in Serbien gelebt, dort zwölf Jahre die Schule besucht und diese mit Matura abgeschlossen. Danach besuchte er vier Jahre lang die Universität in Serbien und schloss mit dem Bachelor ab. In Serbien arbeitete er als Kenner, Maler, Pädagoge sowie als Zusteller und Abholer von Autos.

In Serbien leben seine Eltern, sein Sohn, seine Großmutter, eine Schwester sowie mehrere Onkel und Tanten. Seiner Familie geht es finanziell gut, sie haben drei Eigentumshäuser. Der Beschwerdeführer steht mit ihnen im Kontakt und reiste vor der Corona Pandemie etwa einmal im Monat nach Serbien um seinen Sohn zu besuchen.

Am 12.09.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Student“ welcher von 27.09.2018 bis 27.09.2019 gültig war.

Am XXXX .2019 ehelichte er in Österreich eine bosnische Staatsangehörige, welche eine bis zum 22.11.2020 gültige „Rot Weiß Rot Karte plus“ besitzt.

Am 16.09.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Zweckänderungsantrag/ Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus (Familiengemeinschaft)“.

Mit Mitteilung gem. § 35 Abs. 1 NAG vom 13.05.2020 teilte die MA 35 dem Beschwerdeführer mit, dass sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei und gewährte ihm eine Frist von 14 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme, wovon der Beschwerdeführer keinen Gebrauch machte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2021, wurde gegen den Beschwerdeführer gem. § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gem. § 52 Abs.9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat fünf Kinder in die Ehe gebracht. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Heimhilfe und war zuletzt von 14.10.2020 bis 31.02.2021 als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin angemeldet. Von 08.10.2020 bis 11.05.2021 bekam sie Arbeitslosengeld. Seit 12.05.2021 ist sie als Arbeiter nach dem ASVG angemeldet. Ab 27.05.201 ist die Ehefrau in Österreich als Heimhelferin beim Roten Kreuz tätig, im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche und für einen Stundenlohn von EUR 12,35. Der BF ist als Ehegatte bei seiner Ehefrau mitversichert.

Der Beschwerdeführer und die Ehefrau wohnen im gemeinsamen Haushalt.

Der Beschwerdeführer beherrscht die deutsche Sprache auf dem Niveau A2 und ist nicht Mitglied eines Vereins oder einer Organisation.

Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt.

1.2. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Serbien:

Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr nach Serbien weder asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) noch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Serbien:

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.5.2019): Briefing Notes (BN) 13. Mai 2019, Serbien, Proteste halten an, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010672/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_13.05.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 20.9.2019

- Der Standard (9.9.2019): International Europa, Kroatien, Gedenkfeier, Neue Spannungen zwischen Kroatien und Serbien, https://www.derstandard.at/story/2000108422227/neue-spannungen-zwischen-kroatien-und-serbien; Zugriff 24.9.2019

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Grundversorgung / Wirtschaft

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2% gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.5.2019c): Serbien: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/wirtschaft/207504, Zugriff 3.10.2019

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.10.2019

- Statista - deutsches Online-Portal für Statistik (24.4.2020): Serbien, Arbeitslosenquote in Serbien bis 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/368629/umfrage/bruttoinlandsprodukt-bip-pro-kopf-in-serbien/, Zugriff 5.6.2020

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen bezüglich des Verfahrens hinsichtlich seiner Aufenthaltsbewilligung „Student“ gründen sich auf den unzweifelhaften Akteninhalt des Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Die Feststellungen hinsichtlich der familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Serbien sowie zu seinem Lebenslauf, der finanziellen Situation seiner Familie in Serbien und seiner dortigen Berufserfahrung, erfolgen anhand seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 03.08.2020. Die Feststellungen zu seiner Ehe beruhen auf seinen Angaben in Zusammenschau mit den im Akt aufliegenden Dokumenten, insb. dem Auszug aus dem zentralen Melderegister und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, lässt sich ebenso aus der Einvernahme gewinnen. Die Feststellung zu seinen Deutsch-Kenntnissen beruhen auf dem vorgelegten Zeugnis zur Integrationsprüfung. Dass der Beschwerdeführer weder Mitglied in einem Verein noch in einer Organisation ist, lässt sich seinen Angaben in der Einvernahm entnehmen.

Die Feststellungen zur beruflichen Tätigkeit bzw. des fehlenden Einkommens des Beschwerdeführers sowie seiner Ehegattin, beruhen auf seinen Angaben in der Einvernahme sowie dem AJ-WEB Auskunftsverfahren- Auszug betreffend den Beschwerdeführer und seine Ehefrau.

Dass nicht festgestellt werden kann, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt, beruht auf folgenden Überlegungen:

Wie von der belangten Behörde zu Recht festgestellt geht der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach und ist bei seiner Ehegattin mitversichert. In der Beschwerde wurde behauptet, die Ehegattin gehe einer geringfügigen Tätigkeit nach und verdiene ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 507,5 €. Zudem beziehe sie ein Arbeitslosengeld in der Höhe von 1.149,17 €. Ab 27.05.201 ist die Ehefrau in Österreich als Heimhelferin beim Roten Kreuz tätig, im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche und für einen Stundenlohn von EUR 12,35.

Der Beschwerdeführer verfügt momentan über kein geregeltes Einkommen, auch das Einkommen der Ehefrau in Höhe von EUR 12,35 für 30 Wochenstunden ist eher gering, um auch den BF mitzuversorgen. Vor allem, weil vier der fünf Kinder der Ehegattin gemeinsam mit ihrer Mutter und dem Beschwerdeführer in der Wohnung leben, dass diese selbsterhaltungsfähig sind, wurde nicht vorgebracht. Das fünfte Kind ist, wie vom Beschwerdeführer angeben, bereits ausgezogen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass es trotz vorliegender Wohnrechtsvereinbarung nicht nachvollziehbar ist, warum das Kind, das nicht mehr in der Wohnung lebt, die Hälfte der Mietkosten in der Höhe von 695, -- € (laut Wohnrechtsvereinbarung bzw. 699,50 – € laut Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme) übernehmen soll. Zu den Unterhaltskosten der Ehefrau für zumindest vier Kinder kommen zudem die Unterhaltskosten des Kindes Beschwerdeführers in Serbien. Auch wenn er vorbrachte, dass diese bis Ende des Jahres bereits beglichen worden seien, legte er diesbezüglich keine Bestätigung vor, wäre diese jedoch auch insofern nicht tragfähig, als dass der Unterhalt zumindest danach weiter zu bezahlen wäre.

Der Beschwerdeführer legte eine Einstellungszusage, einen ab Ende Mai 2021 gültigen Dienstvertrag für seine Ehefrau und einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag ihn betreffend vor. Der arbeitsrechtliche Vorvertrag des Beschwerdeführers ist unter der Bedingung der Erteilung der fremdenrechtlichen Bewilligung geschlossen. Nicht schlüssig ist, warum dem Beschwerdeführer ein Arbeitsvertrag für 30 Stunden wöchentlich in Aussicht gestellt wurde, er dort aber nicht mehr geringfügig (weiter) arbeitet.

Da nicht nachvollzogen werden kann woher das Sparguthaben des Beschwerdeführers stammt, ist dieses in die Überlegungen nicht einzubeziehen, zumal der Beschwerdeführer insbesondere in seiner Beschwerde keine Angaben bezüglich des Zustandekommens tätigte.

2.2. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Serbien:

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Serbien weder asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) noch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK droht, erfolgt einerseits anhand seiner eigenen Angaben im Zuge des Verfahrens, andererseits aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Serbien sowie dem Umstand, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) angesehen wird.

Zudem sind anhand des Länderinformationsblattes keine Anzeichen erkennbar, dass die Grundversorgung bzw. medizinische Versorgung im Serbien generell nicht gegeben wäre oder sich der Beschwerdeführer in einer schlechteren Situation als die übrige Bevölkerung befindet. Der Beschwerdeführer hat bis zu seiner Ausreise in Serbien gelebt, hat dort die Schule und die Universität besucht. Seine Familie, insbesondere seine Eltern und sein Sohn leben dort und geht es der Familie, die drei Eigentumshäuser besitzt, finanziell gut. Deshalb kann es ihm jedenfalls zugemutet werden, wieder in diesem Staat zu leben, zumal sich der Beschwerdeführer seines nicht dauerhaften Aufenthaltsstatus als Student bewusst sein musste, als er die Ehe einging.

Andere Hinweise die auf eine Verfolgung im Sinne der GFK oder eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK hindeuten würden sind nicht hervorgekommen und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ betitelte §41a Abs. 10 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz lautete wie folgt:

„(10) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 bis 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn es sich um einen unbegleiteten minderjährigen Fremden handelt und sich der Minderjährige auf Grund eines Gerichtsbeschlusses, kraft Gesetzes oder einer Vereinbarung der leiblichen Eltern mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger zum Schutz des Kindeswohles nicht bloß vorübergehend in Obhut von Pflegeeltern oder des Kinder- und Jugendhilfeträgers befindet. Die Pflegeeltern gelten diesfalls als gesetzliche Vertreter im Sinne des § 19. Dieser Aufenthaltstitel ist gebührenfrei zu erteilen.“

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Einkommen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat fünf Kinder in die Ehe gebracht. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Heimhilfe und war zuletzt von 14.10.2020 bis 31.02.2021 als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin angemeldet. Von 08.10.2020 bis 11.05.2021 bekam sie Arbeitslosengeld. Seit 12.05.2021 ist sie als Arbeiter nach dem ASVG angemeldet. Ab 27.05.201 ist die Ehefrau in Österreich als Heimhelferin beim Roten Kreuz tätig, im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche und für einen Stundenlohn von EUR 12,35. Der BF ist als Ehegatte bei seiner Ehefrau mitversichert. Zudem kommen die Unterhaltspflichten der Ehegattin von zumindest vier Kindern sowie die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers für seinen Sohn in Serbien hinzu. Der Unterhalt des Beschwerdeführers ist somit nicht gesichert.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten umfasst, sondern auch entfernte verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die deutlich über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich lediglich über seine Ehefrau. Bei der Einvernahme am 03.08.2020 gab er zu Protokoll, dass er sich mit seiner Ehefrau seit 1 ½ Jahren in einer Lebensgemeinschaft befinde, geheiratet wurde am XXXX .2019 und somit ein halbes Jahr nach eingehen der Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer war sich bei eingehen der Lebensgemeinschaft bzw. Ehe seines unsicheren Status bewusst, zumal er sich leidglich mit einem ein Jahr (27.09.2018 bis 27.09.2019) gültigen Aufenthaltstitel „Student“ in Österreich aufhielt. Zwar lebt der Beschwerdeführer mit den Kindern seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt und betitelte er diese in der Einvernahme als „seine Kinder“ (vgl.: LA: Welche Argumente/Hindernisse stehen Ihrer Meinung nach einer Rückkehrentscheidung entgegen? VP: Meine Familie ist hier. Meine Frau und meine Kinder brauchen mich. Ich habe meine Arbeit hier. All meine Pläne für die Zukunft sind mit Österreich verbunden.), dass diese Bindung jedoch derart intensiv ist, dass der Beschwerdeführer untrennbar in das Familienleben seiner Ehegattin und seiner Kinder verbunden ist, kann gegenständlich nicht festgestellt werden. Es ist dem Beschwerdeführe jedenfalls zumutbar, den Kontakt zu seiner Ehefrau telefonisch oder via Internet aufrecht zu erhalten. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte hat der Beschwerdeführer in Österreich nicht. In Serbien hingegen leben seine Eltern, sein Sohn sowie eine Schwester und Tanten und Onkel. Seinen Sohn besuchte der Beschwerdeführer vor Corona einmal im Monat, ein intensives Verhältnis ist somit gegeben.

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60.654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff.).

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die folgenden Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423): Erstens die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, zweitens das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, drittens die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, viertens der Grad der Integration, fünftens die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, sechstens die strafgerichtliche Unbescholtenheit, siebentens Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, achtens die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und schließlich neuntens die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Zur Aufenthaltsdauer ist festzuhalten, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187). Der Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt etwas weniger als drei Jahre im Bundesgebiet aufhältig, wodurch die Aufenthaltsdauer nicht berücksichtigungswürdig ist. Weiters ist zur Aufenthaltsdauer maßgeblich relativierend zu berücksichtigen, dass der BF niemals auf einen dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet vertrauen durfte. Die ihm ausgestellte Aufenthaltsbewilligung „Student“ nach § 64 NAG war von Anfang an befristet und an das Bestehen eines Studienerfolgs geknüpft. Es musste dem BF daher immer klar sein, dass er bei Ausbleiben eines Studienerfolgs bzw. bei Ablauf der Aufenthaltsbewilligung in sein Heimatland zurückkehren muss. Ausdrücklich nicht dienen derartige Aufenthaltsbewilligungen der Niederlassung im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 3 NAG).

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Arbeit nach und er ist nicht Mitglied eines Vereins oder einer Organisation. Er beherrscht die deutsche Sprache auf dem Niveau A2, hierzu ist aber auch festzuhalten, dass diese Sprachkenntnisse auch darauf zurückzuführen sind, dass sie Teil der Zulassungsvorrausetzung für das Studium sind, sonstige Integrationsmerkmale brachte er nicht vor.

Durch die Rückkehrentscheidung wird, wie bereits zuvor aufgezeigt, in das Familien- bzw. Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Der Beschwerdeführer ist jedoch gesund und erwerbsfähig, weshalb ihm eine Rückkehr nach Serbien und die neuerliche Schaffung einer Existenz zuzumuten sind. Der Beschwerdeführer wurde in Serbien sozialisiert und spricht die Landessprache. Er hat dort seine Schulpflicht absolviert, hat die Universität besucht und war auch bereits längerfristig in Serbien berufstätig. Weiters sind die Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat ausreichend vorhanden, da sich seine Eltern, sein Sohn, seine Schwester und mehrere Tanten und Onkel in Serbien aufhalten und er mit diesen regelmäßigen Kontakt pflegt. Der Familie des Beschwerdeführers geht es finanziell gut, sie besitzen drei Häuser, weshalb feststeht, dass er mit Unterstützung der Familie in Serbien nicht in eine ausweglose Situation geraten wird.

Nach Maßgabe der Interessensabwägung iSd § 9 BFA-VG ist das Bundesamt somit zu Recht davon ausgegangen, dass das ggst. gewichtige öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt, der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels abzuweisen ist und durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre bzw. der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen wäre. Die Trennung von seiner Ehefrau ist daher im öffentlichen Interesse hinzunehmen. Der Kontakt kann weiters im Wege von Besuchen oder auch über Fernkommunikationsmittel aufrechterhalten werden.

Die Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels iSd § 55 AsylG 2005 erfolgte daher zu Recht und stellt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG2005 iVm § 52 Abs. 3 FPG zusammengefasst keine Verletzung des Rechts des BF auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien ist gegeben, da nach den Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Dem Beschwerdeführer droht bei Rückkehr nach Serbien keine reale Gefahr in den Rechtsgütern der Art. 2 und 3 EMRK, zumal es sich bei Serbien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt. Ein gegenteiliges Vorbringen wurde auch vom Beschwerdeführer nicht erstattet.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis ebenfalls gem. § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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