TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/30 W136 2134466-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.07.2021

Norm

ÄrzteG 1998 §27
ÄrzteG 1998 §27 Abs4
ÄrzteG 1998 §4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W136 2134466-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Georg MORENT, gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 13.07.2016, Zl. BÄL42/2015/13072016-Mag.Sch, betreffend Eintragung in die Ärzteliste nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Die belangte Behörde hat XXXX nach Vorlage eines aktuellen, seine gesundheitliche Eignung bescheinigenden ärztlichen Zeugnisses im Sinne des § 27 Abs. 4 ÄrzteG 1998, gemäß § 27 ÄrzteG 1998 in die Ärzteliste einzutragen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand und Gang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens:

Verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob die durch den im Spruch bezeichneten Bescheid erfolgte Feststellung, dass XXXX die für die Berufsausübung erforderliche Voraussetzung der Vertrauenswürdigkeit nicht erfüllt und eine Eintragung in die Ärzteliste nicht erfolgen kann, rechtmäßig ist oder nicht.

Mit Schreiben des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 31.08.2016 wurden die Beschwerde des XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer) und die bezugnehmenden Verwaltungsakte am 08.09.2016 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Mit Beschluss vom 01.12.2016, GZ W136 2134466-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit zurück und leitete nach Rechtskraft die Beschwerde samt Verwaltungsakt an das Landesverwaltungsgericht XXXX weiter. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 13.06.2019 ebenfalls wegen Unzuständigkeit zurück. Mit Erkenntnis vom 05.06.2020, Ko 2020/03/0001, hob der Verwaltungsgerichtshof in Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes den oa. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes auf und sprach aus, dass dieses zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig ist.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen betreffend verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen bei der LPD XXXX und beim Magistrat der Stadt XXXX wurde am 28.07.2021 eine mündliche Verhandlung im Beisein der Parteien des Verfahrens durchgeführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, geboren XXXX , schloss 1979 sein Medizinstudium ab und absolvierte in weiterer Folge eine Ausbildung zum Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und zum Arzt für Allgemeinmedizin. Der Beschwerdeführer war über Jahrzehnte als Facharzt in mehreren Spitälern, zuletzt als Primarius, tätig. Seit 1989/90 führte der Beschwerdeführer auch eine Ordination als praktischer Arzt und war als praktischer Arzt in einem Pensionistenwohnheim tätig.

1.2.1. Aufgrund einer am 06.02.2012 durchgeführten Überprüfung der Ordination des Beschwerdeführers durch die Magistratsabteilung 40 (MA 40) und der dabei festgestellten Verstöße wurde dieser mit Mandatsbescheid vom 08.02.2012 aus der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärztinnen und Ärzte gemäß § 7 Abs 1 Weiterbildungsverordnung orale Substitution gestrichen. Weiters wurde dem Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid der MA 40 vom 17.02.2012 gemäß § 62 Abs 1 Z 3 ÄrzteG 1998 in Anwendung des § 57 Abs 1 AVG wegen Gefahr in Verzug in Wahrung des öffentlichen Wohls bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Magistratischen Bezirksamt für den 18. Bezirk (MBA 18) wegen des Verdachts der mehrfachen Übertretung des ÄrzteG 1998 eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens die Ausübung des ärztlichen Berufes untersagt.

1.2.2. Mit Disziplinarerkenntnis zu Dk 13/2012-W vom 09.05.2012 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, keine patientenunabhängige Suchtgiftdokumentation und kein Suchtgiftbuch entsprechend den Vorgaben des Suchtgiftgesetzes geführt zu haben, Substitutionsmedikamente, die großteils abgelaufen waren, sowie 1214 Blankorezepte für Suchtgiftverschreibungen und 780 Suchtgiftvignetten unversperrt in seiner Ordination verwahrt zu haben sowie sich im Zeitraum von 29.09.2011 bis 30.01.2012 von Dr. XXXX vertreten haben zu lassen, ohne dass dieser in die Ärzteliste eingetragen war und damit gegen Bestimmungen des SMG sowie der Suchtgiftverordnung verstoßen zu haben, und dadurch das Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs 1 Z 1 und 2 ÄrzteG 1998 begangen zu haben. Eine Geldstrafe von € 2000,- wurde verhängt.

1.2.3. Mit Straferkenntnis des MBA 18 zu MBA 18-S 6851/12 vom 10.08.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 49 Abs 1 iVm § 199 Abs 3 ÄrzteG 1998 idgF und § 49 Abs 2 iVm § 199 Abs 3 ÄrzteG 1998, gemäß § 49 Abs 1 iVm § 199 Abs 3 ÄrzteG 1998 sowie gemäß § 56 Abs 1 Z 1 iVm § 199 Abs 3 ÄrzteG 1998 schuldig erkannt und eine Geldstrafe verhängt.

Mit Straferkenntnis des MBA 18 zu MBA 18-S 24161/12 vom 10.08.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 199 Abs 3 iVm § 56 Abs 1 Z 2 ÄrzteG 1998, iVm §§ 4 Abs 2, 5 Abs 4, 8 Abs 1 bis 4, 9 Abs 1 bis 4 und 5 Abs 1 Qualitätssicherungsverordnung 2012 - QS-VO 2012 der VO des Bundesministers für Gesundheit, BGBl. II Nr. 452/2011, § 199 Abs 3 iVm §49 Abs 1 ÄrzteG 1998 i iVm § 12 der Verordnung über ärztliche Fortbildung, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr. 3/2010 vom 30.06.2012, § 199 Abs iVm § 56 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998, § 199 Abs 3 iVm § 56 1 Z 2 und § 62 Abs 1 Z 2 ÄrzteG 1998 schuldig erkannt und eine Geldstrafe verhängt.

Gegen diese beiden Straferkenntnisse erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Berufungsbescheid vom 10.06.2013 zur GZ UVS-06/50/13391/2012-6 gab der Unabhängige Verwaltungssenat der Berufung gegen das Straferkenntnis zu MBA 18-S 6851/12 insofern Folge, als dass das Straferkenntnis zu zwei Punkten behoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt wurde. Weiters wurden die Strafhöhe zu drei Punkten auf je € 150, -- herabgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass hier kein Verstoß gegen das Ärztegesetz vorliege, da sich die vorgeworfenen Tathandlungen nicht unter die Bestimmung des § 49 Abs 1 ÄrzteG 1998 subsumieren ließen. Ebenso handele es sich hierbei um keine Behandlung irgendeiner Art, weshalb auch kein Verstoß gegen § 49 Abs 3 ÄrzteG 1998 vorläge. Mit Berufungsbescheid vom 11.06.2013 zur GZ UVS-06/50/13392/2012-8 gab der Unabhängige Verwaltungssenat der Berufung gegen das Straferkenntnis zu MBA 18- S 24161/12 zu zwei Punkten Folge, behob das angefochtene Straferkenntnis und stellte das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Der Berufung zu den weiteren Punkten, welches im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkt wurde, wurde insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen herabgesetzt wurden.

1.3. Mit Schreiben der Österreichischen Ärztekammer vom 15.10.2013 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 59 Abs 3 ÄrzteG 1998 davon verständigt, dass dieser aufgrund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung mit Datum der Verständigung aus der Österreichischen Ärzteliste gestrichen wurde. Begründet wurde dies damit, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Amtes der Landesregierung vom 17.01.2013 die Ausübung des ärztlichen Berufes vorläufig untersagt und die einstweilige Maßnahme in der darüber ergangenen Berufungsentscheidung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 22.08.2013 bestätigt worden sei, weshalb eine mehr als 6-monatige Einstellung der Berufsausübung vorläge.

1.4. Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Bezirk vom 31.10.2013 wurde der Beschwerdeführer auf Grundlage einer Überprüfung seiner Ordination am 06.02.2012 wegen mehrfachen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz, die Suchtgiftverordnung, die Weiterbildungsverordnung orale Substitution (Verstoß gegen die Dokumentationspflichten, Verstoß gegen die Pflicht, den Suchtmittelvorrat durch geeignete, Maßnahmen gegen unbefugte Entnahme zu sichern, Anstiftung zur Vornahme von Substitutionsbehandiungen durch einen wissentlich nicht qualifizierten Vertreter, Verstoß gegen das Verbot, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, deren Verfalldatum überschritten ist, Ausstellen von Substitutionsverschreibung nach Streichung aus der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärztinnen, etc. ) schuldig erkannt und Geldstrafen in der Höhe von € 1400,-- verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung (nunmehr Beschwerde). Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes XXXX vom 23.02.2015 wurde über diese Beschwerde, der Beschluss gefasst, dass das Verfahren gemäß § 43 Abs 1 VwGVG einzustellen, da seit Einlangen der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde bei der Behörde 15 Monate vergangen waren.

1.5. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 25.08.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 20 Monaten, verurteilt, weil der Beschwerdeführer im Zeitraum Jänner 2000 bis Dezember 2011 in XXXX in wiederholten und zahlreichen Angriffen und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig (§ 70 StGB) Verfügungsberechtigte der Gebietskrankenkasse, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Verrechnung von nicht bzw. nicht in der verrechneten Höhe erbrachten medizinischen Leistungen, zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von Honoraren verleitet hat, welche die Gebietskrankenkasse in einem nicht mehr feststellbaren, jedenfalls aber € 50.000,-- übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte, wobei er bei mehreren Patienten einen jeweils € 3.000,-- übersteigenden Schaden herbeiführte.

Von dem ebenfalls erhobenen Vorwurf, der Beschwerdeführer hätte zumindest seit 11.06.2010 vorschriftswidrig gewerbsmäßig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) überschreitende Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, wurde der Beschwerdeführer mangels Schuldbeweises freigesprochen.

Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 17.11.2014 wurde die mit Urteil vom 25.08.2014 verhängte Freiheitsstrafe nachträglich auf 18 Monate herabgesetzt. Als mildernd wurden der bisherige ordentliche Lebenswandel, das Geständnis und die lange Verfahrensdauer gewertet. Die gänzliche Schadensbereinigung durch den Beschwerdeführer wurde ebenfalls mildernd in Betracht gezogen.

1.6. Der Beschwerdeführer stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiedereintragung in die Ärzteliste am 16.07.2015. Zusätzlich wurde vermerkt, dass der Beschwerdeführer eine Tätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin ohne Behandlung von Substitutionspatienten anstrebe.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde nach Einbindung des Ehrenrates der belangten Behörde dieser Antrag wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit unter Hinweis auf oa. (verwaltungs)strafrechtliche Delinquenz des Beschwerdeführers, die im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Tätigkeit stehe, näher begründet abgewiesen.

1.7. Gegen den Beschwerdeführer ist kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig. Es bestehen keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen.

1.8. Der Beschwerdeführer ist auch phasenweise als praktischer Arzt in XXXX tätig, wobei er diese Tätigkeit seit Ausbruch der Corona-Pandemie unterbrochen hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage sowie den glaubhaften und von der belangten Behörde nicht bestrittenen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die anzuwendenden Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 50/2021 lauten (auszugsweise):

„Erfordernisse zur Berufsausübung

§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.

(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
1.         die Handlungsfähigkeit in allen Belangen im Hinblick auf die Berufsausübung,
2.         die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,
3.         die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung,
4.         ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, sowie
5.         ein rechtmäßiger Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet, mit dem das Recht auf Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist.

…..

Ärzteliste und Eintragungsverfahren

§ 27. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat die Anmeldungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes entgegenzunehmen und eine elektronische Liste der zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Gruppenpraxen (Ärzteliste) jedenfalls mit folgenden Daten zu führen:
1….
….

(2) Personen, die den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt oder Turnusarzt auszuüben beabsichtigen, haben sich vor Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Ärztekammer zur Eintragung in die Ärzteliste anzumelden und im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht alle erforderlichen Unterlagen (Personal- und Ausbildungsnachweise sowie sonstige Urkunden) zum Nachweis der entsprechenden allgemeinen und besonderen Erfordernisse für die selbständige oder unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 4 vorzulegen. Erforderlichenfalls haben diese Personen auf Verlangen der Österreichischen Ärztekammer den Ausbildungsnachweisen eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates, aus der hervorgeht, dass die vorgelegten Ausbildungsnachweise den in der Richtlinie 2005/36/EG vorgeschriebenen Nachweisen entsprechen, sowie eine Bescheinigung des Herkunftsstaats, dass die Berufsausübung nicht vorübergehend oder endgültig untersagt wurde, vorzulegen. Für Verfahren zur Anerkennung von EWR-Berufsqualifikationen ist § 28 anzuwenden. Die für die Eintragung in die Ärzteliste erforderlichen Unterlagen sind im Original oder in beglaubigter Abschrift und fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorzulegen. Im Übrigen ist die Anmeldung zur Eintragung in die Ärzteliste in deutscher Sprache einzubringen. Vor Aufnahme einer unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes ist vom Dienstgeber auf dieses Erfordernis hinzuweisen.

(3) ……

(4) Der Nachweis der gesundheitlichen Eignung ist vom Eintragungswerber durch ein ärztliches Zeugnis zu erbringen, aus dem hervorgeht, dass er an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, die die Erfüllung der Berufspflichten nicht erwarten lassen. Das ärztliche Zeugnis darf zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.

(5) Der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist vom Eintragungswerber durch
1.         eine Strafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis des Heimat- oder Herkunftsstaates und
2.         sofern dies die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Heimat- oder Herkunftsstaates vorsehen, durch eine Disziplinarstrafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis

zu erbringen. In der Bescheinigung (den Bescheinigungen) darf keine Verurteilung enthalten sein, die eine verlässliche Berufsausübung nicht erwarten lässt. Die Bescheinigung (Bescheinigungen) darf (dürfen) zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.

(6) …

[….]

(9) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse, so hat ihn die Österreichische Ärztekammer in die Ärzteliste einzutragen und ihm einen mit seinem Lichtbild versehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen. Wenn die Erfüllung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung zeitlich befristet ist, hat auch die Eintragung in die Ärzteliste entsprechend zeitlich befristet zu erfolgen. Dies ist der Person anlässlich der Eintragung in die Ärzteliste unter dem Hinweis, dass ihre ärztliche Berufsberechtigung nach Fristablauf von Gesetzes wegen erlischt, schriftlich mitzuteilen. In diesem Fall kann von der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 59 Abs. 3 abgesehen werden.

(10) Erfüllt die Eintragungswerberin/der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse nicht, so hat die Präsidentin/der Präsident der Österreichischen Ärztekammer dies mit Bescheid festzustellen.

[….]“

3.2. Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die im Strafregister aufscheinende, oben unter Punkt II.1.5. angeführte strafgerichtliche Verurteilung und die oben festgestellten verwaltungsstrafrechtlichen Erkenntnisse bzw. den diesen Verurteilungen zugrundeliegenden Taten nicht die für die Ausübung des ärztlichen Berufes notwendige Vertrauenswürdigkeit aufweist, da sich daraus nach Geisteshaltung und Sinnesart des Beschwerdeführers ein Persönlichkeitsbild ergäbe, das ein in ihn gesetztes Vertrauen nicht zu rechtfertigen vermag. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Straftaten in Ausübung des ärztlichen Berufes begangen worden seien und daher entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers in einem Zusammenhang mit den ärztlichen Berufspflichten stünden.

3.3. Das ÄrzteG enthält – wie auch weitere Gesetze, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Vertrauenswürdigkeit normieren (vgl. etwa § 5 Abs 2 RAO hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit; § 34 Abs 2 FSG 1997 hinsichtlich der Tätigkeit als Sachverständiger zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; § 57a Abs 2 KFG 1967 hinsichtlich der Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen; §2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG hinsichtlich der Tätigkeit als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger; § 11 Z 4 PsychotherapieG hinsichtlich der Tätigkeit als Psychotherapeut) – keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Hiezu hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass Vertrauenswürdigkeit im Sinne des ÄrzteG bedeutet, dass sich Patienten darauf verlassen können, dass ein Arzt bei Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspricht. Es sind demnach insbesondere strafbare Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes, aber auch sonstige Straftaten geeignet, die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes zu erschüttern, sofern sich darin ein Charakter manifestiert, der auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes befürchten lässt (VwGH 20.07.2006, 2004/11/0202; VwGH 24.07.2013, 2010/11/0075; VwGH 15.12.2016, Ra 2016/11/0111).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem. genannten Erkenntnis vom 15.12.2016, Ra 2016/11/0111, ausgesprochen, dass im Verfahren entscheidend ist, ob die Vertrauenswürdigkeit iSd. § 4 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG 1998 zum Zeitpunkt der behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gegeben ist oder nicht (RZ 43). Weiters hat der VwGH ausgesprochen, dass zwecks Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen das Gewicht eines Fehlverhaltens unter Bedachtnahme auf die seither verstrichene Zeit zu beurteilen ist, wobei ein bereits länger zurückliegendes Verhalten im Hinblick auf zwischenzeitiges Wohlverhalten weniger schwer wiegt als "aktuelle" Verstöße (RZ 44).

3.4. Im vorliegenden Fall endete der Tatzeitraum des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, dass der BF zum Nachteil der Gebietskrankenkasse durch Verrechnung von nicht bzw nicht in der verrechneten Höhe erbrachten medizinischen Leistungen begangen hat, im Dezember 2011. Die Straftaten, die der Beschwerdeführer im Wesentlichen in Ausübung seiner Tätigkeit als zur Substitutionsbehandlung qualifizierter Arzt begangen hat und für die er rechtskräftig verwaltungsstrafrechtlich bestraft wurde, wurden bis zur behördlichen Untersagung der Ausübung des ärztlichen Berufes im Jahr 2012 begangen und liegen somit etwa neun Jahre zurück.

3.5. Dem Beschwerdevorbringen, wonach allein der Vorwurf der vor langer Zeit aufgetretenen Verfehlungen des Beschwerdeführers für sich allein betrachtet keinesfalls geeignet sei, die Vertrauenswürdigkeit desselben für seine zukünftige Tätigkeit als Arzt absprechen, zumal bereits die Hälfte der Probezeit verstrichen sei, kann –bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde im Juli 2016 - nicht gefolgt werden. Denn der belangten Behörde ist zu folgen, dass sich in den vom Beschwerdeführer in Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes verübten Straftaten eine Geisteshaltung und Sinnesart zeigt, die geeignet ist, seine Vertrauenswürdigkeit als Arzt zu beeinträchtigen.

3.6. Im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung gezeigte Wohlverhalten über einen Zeitraum von beinahe zehn Jahren, ist das Bundesverwaltungsreicht, insbesondere nachdem es sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft hat, nicht der Ansicht, dass der Beschwerdeführer nach wie vor aufgrund der der gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Straftat eine Geisteshaltung und Sinnesart hat, nach der ihm die für die Ausübung des ärztlichen Berufes notwendige Vertrauenswürdigkeit fehlt. Daran vermag auch der Umstand, dass diese Verurteilung (noch) nicht getilgt ist (Anm. BVwG: Die Tilgung wird voraussichtlich im November 2024 eintreten) nichts zu ändern.

3.7. Nachdem auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, aufgrund derer sich ein Hinweis auf eine Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers ergeben würde, ist seinem Antrag auf Eintragung in die Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer stattzugeben, da er gemäß § 27 Abs. 9 ÄrzteG 1998 einen Rechtsanspruch auf Eintragung bei Erfüllung der vorgeschriebenen Erfordernisse hat.

Nach dem Gesagten erweist sich der bekämpfte Bescheid als rechtswidrig und war aufzuheben. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer nach Vorlage eines aktuellen, seine gesundheitliche Eignung bescheinigenden ärztlichen Zeugnisses im Sinne des § 27 Abs. 4 ÄrzteG 1998, gemäß § 27 ÄrzteG 1998 in die Ärzteliste einzutragen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; Auf das Erkenntnis Verwaltungsgerichtshofes vom 15.12.2016, Ra 2016/11/0111, wird verwiesen.

Schlagworte

Arzt Ärztekammer Ärzteliste Berufsausübung Bescheidbehebung gesundheitliche Eignung Rechtswidrigkeit strafrechtliche Verurteilung Streichung von der Liste Vertrauenswürdigkeit Verwaltungsübertretung Wohlverhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2134466.1.00

Im RIS seit

22.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten