TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/15 W116 2235697-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.04.2021

Norm

BDG 1979 §118 Abs1 Z3
BDG 1979 §123
BDG 1979 §43
BDG 1979 §91
BDG 1979 §94 Abs1 Z1
BDG 1979 §94 Abs2 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
VwGVG §7 Abs4
ZustG §17
ZustG §7

Spruch


W116 2235697-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES, Senat 3, vom 17.08.2020, GZ: 44194/3-DK/3/20, in betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG teilweise insofern stattgegeben, als hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 2. und 3. (er habe es am 05. März 2018 unterlassen, den Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Mag. G, über seine bereits am 19.02.2018 durch den Bundespräsidenten erfolgte und dem BMI seit 28.02.2018 bekannte weitere Bestellung für fünf Jahre in Kenntnis zu setzen und er habe am 29.01.2018 im Zuge einer Besprechung mit Mag. G ohne sachlichen Grund gefragt, wo im Bereich des Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt seien, obwohl diese Information für eine zeitnahe Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats nicht relevant war) ein Disziplinarverfahren nicht durchgeführt und das Verfahren gemäß § 118 Abs. 1 Z 3 iVm § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 wegen Verjährung eingestellt wird.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich Anschuldigungspunkt 1. bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer ist Bediensteter der Landespolizeidirektion Wien und seit 07. Mai 2020 als Fachexperte dem XXXX zugewiesen. Vom XXXX war er Generalsekretär im Bundesministerium für Inneres.

2.       Mit Schriftsatz vom 31.07.2020 übermittelte die Dienstbehörde gegen den Beschwerdeführer eine Disziplinaranzeige vom 28.07.2020 an die Disziplinarkommission beim BMI.
In der Disziplinaranzeige wurde nach Angaben zur Person des Beschwerdeführers zunächst ausgeführt, dass das BMI den gegenständlichen Verdacht von Pflichtverletzungen einlangend am 23.07.2020 dargelegt habe. Nachdem die StA Korneuburg in diesem Zusammenhang zunächst ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren unter der GZ 11 St 32/18k geführt habe, habe das BMI als zum damaligen Zeitpunkt zuständige Dienstbehörde am 27.02.2020 von der Einstellung des Verfahrens Kenntnis erlangt.
Der Beschwerdeführer sei verdächtig, (im Original, anonymisiert):

a)       „am 19.01.2018 nach einer Vorbesprechung am 18.01.2018 bei der WKStA ein Konvolut in der Causa „BVT“ eingebracht zu haben, mit dem Ziel der Verfolgung der darin enthaltenen Vorwürfe. Dabei habe er es unterlassen darauf hinzuweisen, dass es bereits mit den späteren Zeugen, nämlich am 31.01.2018 und 12.02.2018 mit Grlnsp. H (BVT), am 02.02.2018 und 09.02.2018 mit MMag. W (BVT), am 13.02.2018, 16.02.2018 und 20.02.2018 mit Mag. P (BVT) Kontakte bzw. Vorbesprechungen gegeben hatte, bzw. diese Personen befragt worden waren. Auch wurden diese durchgeführten Gespräche nicht dokumentiert. Diesbezüglich werden Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs. 1 und 43 Abs. 2 BDG 1979 erblickt.

b)       Mag. G bezüglich der bereits am 19.02.2018 durch den Herrn Bundespräsidenten unterzeichneten „Bestallungsurkunde“ am 05.03.2018 in einem Gespräch über die Wiederbestellung vorsätzlich unkorrekt informiert zu haben, indem er diesen glauben ließ, dass der BM a.D. K die Weiterbestellung von Mag. G nicht unterfertigen würde. Diesbezüglich werden Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs. 1, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1 BDG 1979 erblickt.

c)       am 29.01.2018 im Zuge einer Besprechung im Zusammenhang mit dem Nationalen Sicherheitsrat an den Direktor des BVT Mag. G die Frage gerichtet zu haben, wo im Bereich des Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt werden, obwohl Rechtsextremismus laut Angabe von Dr. Peter P im BVT-Untersuchungsausschuss kein Thema des Nationalen Sicherheitsrats war. Es werden Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs. 1, 43 Abs. 2 BDG 1979 erblickt.“

Nach Ausführungen zum Sachverhalt wird unter dem Titel „Verantwortung des Beschwerdeführers“ und „Verfahren“ Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„(Der Beschwerdeführer) wurde im Hinblick auf die vorliegende Disziplinaranzeige nicht befragt, seine derzeitige Verantwortung ergibt sich aus den Kommuniques aus den Veröffentlichungen der wörtlichen Protokolle über die öffentliche Befragung des Beamten.

Ad ll.a)

Der Beamte sieht sich betreffend seine Anzeigeerstattung bei der WKStA nicht als Anzeiger. Er sei in seiner Funktion als oberster Beamter des BMI im Hinblick auf eine „wirtschaftliche, zweckmäßige und sparsame Verwaltungsführung" selbst zur WKStA gegangen.

Ad ll.b)

Im Zuge seiner öffentlichen Befragung am 15.01.2019 gab (der Beschwerdeführer) an, dass er glaublich am 28.02.2018 von Mag. K über die Ernennung oder die Wiederbestellung von Mag. G informiert worden wäre. Bezüglich der Aussage von Mag. G, dass (der Beschwerdeführer) ihn zu einem Planstellenwechsel „überreden“ wollte, hielt sich (der Beschwerdeführer) bei der Befragung auf rechtlicher Ebene (man müsse alle Möglichkeiten prüfen; Einberufung einer Weiterbestellungskommission; gesichtswahrende Möglichkeiten).

Ad ll.c)

Bei seiner Befragung gab es seitens des Beamten Erinnerungslücken. Im Hinblick auf die exakte Frage, ob er an Mag. G die Frage gestellt habe, wo im Bereich des Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt werden, beantwortete (der Beschwerdeführer) dieses mit „nein!" Auf Nachfrage antwortete (der Beschwerdeführer): „Dass er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sicher sei, keine Fragen nach Ermittlern, jedenfalls nicht welche Ermittler da in irgendeiner Form eingesetzt werden, weil das nicht in seiner...." (Anmerkung: Antwort endet hier)

V.       Verfahren:

Die gegenständlichen Vorwürfe wurden seitens der Staatsanwaltschaft Korneuburg in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geprüft. Mit Schreiben vom 21.02.2020 teilte die Staatsanwaltschaft Korneuburg gemäß § 76 Abs. 5 StPO zur GZ: 10 St 32/i8k mit, dass das Strafverfahren weg. Verdachts nach §§ 302 Abs. 1 u.a. gegen (den Beschwerdeführer) eingestellt wurde.“

3.       Als Beilage zur Disziplinaranzeige findet sich unter anderem auch ein Aktenvermerk eines Referatsleiters der Personalabteilung des BMI vom 30.07.2020 (AS 37 -39).

Darin wird zunächst berichtet, dass der Beschwerdeführer den Gefertigten am 30.07.2020 um 14:15 Uhr angerufen und vorgebracht habe, dass die im Rahmen der Verständigung über die Erstattung der Disziplinaranzeige skizzierten Vorwürfe bereits verjährt sein müssten, da sich diese auf ins Jahr 2018 zurückliegende Zeitpunkte beziehen würden und nicht Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen gewesen seien. Der damals ihm vorgesetzte Innenminister – und damit zuständige Dienstbehörde – sei über den Sachverhalt bereits zum damaligen Zeitpunkt in Kenntnis gewesen.

Demgegenüber habe der namentlich genannte Sachbearbeiter des Schreibens vom 17.07.2020, BMI I/1/f, dem Gefertigten berichtet, dass am 02.03.2020 Akteneinsicht bei der StA Korneuburg in das Bezug habende Verfahren genommen und hierbei festgestellt worden sei, dass sämtliche Kommuniques über die Befragung von Auskunftspersonen bzw. der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses „BVT“ in den Ermittlungsakt einbezogen worden waren. Dem folgend müssten die darin behandelten Sachverhaltsthemen auch Gegenstand der Beurteilung im strafrechtlichen Verfahren gewesen sein. Im diesem Lichte sei von einer Identität des Sachverhalts im strafprozessualen und disziplinarrechtlichen Verfahren und sohin von einer Hemmung der Verjährung gemäß § 94 Abs. 2 Z 3 bis zum Einlagen der Einstellungsverfügung am 27.02.2020 auszugehen.

4.       Der Disziplinaranzeige ist eine umfassende schriftliche Mitteilung des BMI vom 17.07.2020 (65 Seiten, siehe AS 49 – 187) über den Verdacht der gegenständlichen Verletzung von Dienstplichten samt Beilagen angeschlossen. Nach Darstellung der Personaldaten des Beschwerdeführers und der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen wird unter dem Titel „III: Beweismittel“ zunächst Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Am 28. Februar 2018 erfolgte durch die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) gemeinsam mit Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Inneres in den Räumlichkeiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie in privaten Räumlichkeiten von Bediensteten des BVT aufgrund einer richterlichen Anordnung Durchsuchungen von Räumlichkeiten statt.

In Folge dieser Hausdurchsuchung leitete die WKStA gegen mehrere Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres ein Ermittlungsverfahren ein.

Daneben wurden durch namentlich bekannte Personen bzw. durch anonyme Anzeiger auch gegen Führungskräfte des Bundesministeriums für Justiz bzw. des Bundesministeriums für Inneres, unter anderem auch gegen den (Beschwerdeführer) wegen des Verdachtes gerichtlich strafbarer Handlungen gern. §§ 288, 302, 146, 147 und 297 StGB, Anzeigen bei unterschiedlichsten Strafverfolgungsbehörden eingebracht.

Diese Anzeigen wurden im Bundesministerium für Justiz zur weiteren Bearbeitung bzw. Veranlassung der Staatsanwaltschaft Korneuburg übertragen.

Im Zusammenhang mit den „Hausdurchsuchungen im BVT" wurde vom Nationalrat am 20. April 2020 der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) eingesetzt, welcher am 25. September 2019 beendet wurde.

Am 25. September 2019 wurde dem Nationalrat der sogenannte „Strauss-Bericht“ des Verfahrensrichters Dr. Eduard STRAUSS zur Kenntnis gebracht (ANLAGE -1-).

Durch das Bundesministerium für Inneres, Abteilung 1/1, wurde nach Bekanntwerden der gerichtlich strafbaren Vorwürfe in regelmäßigen Abständen Akteneinsicht in dem bei der StA Korneuburg bzw. beim LG Korneuburg aufliegenden Akt genommen, weshalb in Erfahrung gebracht werden konnte, dass dieser Bericht auch Aufnahme in dem Ermittlungsverfahren der StA Korneuburg fand.

Mit Verständigung der StA Korneuburg vom 21.02.2020, eingelangt am 27.02.2020 im BMI, erlangte die Dienstbehörde von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen (den Beschwerdeführer) Kenntnis. Dem folgte eine Akteneinsicht bei der StA Korneuburg am 02.03.2020, wobei in wesentliche Aktenteile Einsicht genommen werden konnte (ANLAGE -2). 

Nach Bekanntwerden der Einstellung des Ermittlungsverfahrens wurden die im Rahmen der Akteneinsicht eingesehenen Aktenteile, so auch die veröffentlichten Kommuniques - unter anderem auch der Endbericht zum Untersuchungsausschuss des Verfahrensrichters Dr. Eduard STRAUSS, der sogenannte „Strauss-Bericht“, welcher sämtliche Aussagen im Zuge des Untersuchungsausschusses-BVT berücksichtigte - einer dienstrechtlichen Prüfung zu folgenden Themenbereichen unterzogen:

1.       Vorbesprechung mit Zeugen vor deren Einvernahmen bei der WKStA

2.       Wiederbestellung von Mag. G als Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung

3.       Auswirkungen der Hausdurchsuchungen nach außen und nach innen

4.       Aufträge des (Bescherdeführers) an den BVT-Direktor Mag. G betreffend verdeckte Ermittler im Bereich des Rechtsextremismus“

In der Folge wurden zu den einzelnen Vorwürfen entsprechende Passagen aus nachstehenden (und als Anhang beigefügten) Unterlagen zitiert:

- aus dem als „Strauss-Bericht“ bezeichneten „Bericht des Untersuchungsausschusses betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT- Untersuchungsausschuss) (3/US) (695 d.B.)“ vom 18.09.2019 (Anlage 1),

- aus den Komuniques des Untersuchungsausschusses über politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT- Untersuchungsausschuss), Veröffentlichung der wörtlichen Protokolle über die öffentliche Befragung nachstehender Auskunftspersonen

- Mag. S in der 9. Sitzung vom 02.10.2018 (Anlage 3),
- Mag. G in der 15. Sitzung vom 07.11.2018 (Anlage4),

- Mag. Dr. R. P. (BVT) in der 12. Sitzung vom 16.10.2018 (Anlage 5),

- Dr. L in der 14. Sitzung 06.11.2018 (Anlage 6),

- A. H. (BVT) in der 13.Sitzung vom 17.10.2018 (Anlage 7),

- M. W. (BVT) in der 12. Sitzung vom 16.10.2018 (Anlage 8),

allesamt veröffentlicht am 13.03.2019

- gegenständlicher Beschwerdeführer in der 14. Sitzung vom 06.11.2018 (Anlage 10) und in der 23. Sitzung vom 15.02.2019 (Anlage 11), veröffentlicht am 11.04.2019

- aus der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 09.05.2018 unter der Zahl 780/J betreffend „Umgang von BMI-MitarbeiterInnen mit ZeugInnen in der Causa BVT“ durch den Bundesminister für Inneres vom 07.07.2018 (Anlage 9).

5.       Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 17.08.2020 hat die Disziplinarkommission beim BMI beschlossen, gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten nach § 91 BDG 1979 gemäß § 123 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der Beschwerdeführer sei verdächtig (im Original, anonymisiert):

„1.      Er habe - in seiner Funktion als Generalsekretär im Bundesministerium für Inneres - am 19. Jänner 2018, in der Zeit von ca. 11:00 bis 12:30 Uhr, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein ihm wenige Tage zuvor von der Rechtsanwaltskanzlei „L“ übergebenes, anonym verfasstes 40-seitiges Aktenkonvolut betreffend strafrechtlich relevanter Vorwürfe gegen Mitarbeiter des BMI und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT), mit dem Ziel der Verfolgung der darin enthaltenen Vorwürfe persönlich übergeben und es in weiterer Folge - neben der unterbliebenen Dokumentation dieser Gespräche - bis 28.02.2018 unterlassen, die Strafverfolgungsbehörde darüber zu informieren, dass er mit zwei von insgesamt vier Zeugen, bzw. mit seinem Wissen sein Mitarbeiter Dr. L mit drei von insgesamt vier Zeugen vor ihrer Einvernahme durch die zuständige Staatsanwältin, bzw. vor Anordnung einer Hausdurchsuchung im BVT (28.02.2018), mehrfach Gespräche geführt hatte und zwar:

a.       am 31.01. und 12.02.2018 mit Grlnsp H, Mitarbeiter im BVT, der am 23.02.2020 von der WKStA einvernommen wurde,

b.       am 02.02. und 09.02.2018 mit MMag. W, Mitarbeiter im BVT, welcher am 22.02.2018 von der WKStA einvernommen wurde (in Anwesenheit von Dr. L als Vertrauensperson),

c.       am 13.02, 16.02. und 20.02.2018 mit Dr. P, Mitarbeiterin im BVT, welche am 21.02.2018 von der WKStA einvernommen wurde (in Anwesenheit von Dr. L als Vertrauensperson).

2.       Er habe es am 05. März 2018 unterlassen, den Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Mag. G, über seine bereits am 19.02.2018 durch den Bundespräsidenten erfolgte und dem BMI seit 28.02.2018 bekannte weitere Bestellung für fünf Jahre in Kenntnis zu setzen, sondern ihn wider besseren Wissens und tatsachenwidrig gesagt, dass

a.       der Bundesminister für Inneres seine Wiederbestellung nicht beantragen,

b.       man eine Wiederbestellungskommission einrichten werde und

c.       es „andere gesichtswahrende Möglichkeiten“ gäbe,

wodurch der Beamte - in der Absicht ihn zur Demission zu bewegen - über die wahren Verhältnisse getäuscht wurde.

3.       Er habe am 29.01.2018 im Zuge einer Besprechung mit Mag. G ohne sachlichen Grund gefragt, wo im Bereich des Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt seien, obwohl diese Information für eine zeitnahe Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats nicht relevant war.

Der Beamte ist verdächtig, seine Dienstpflichten nach

•        § 43 Abs. 1 BDG, nämlich seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung aus eigenem zu besorgen,

•        § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt und

•        § 43a BDG, nämlich als Vorgesetzter seinen Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen,

gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Strafverfahren mit Entscheidung der StA Korneuburg nach § 302 Abs. 1 StGB eingestellt worden sei (10 St 31/18k, vom 21.02.2020). Der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen ergebe sich aus der Disziplinaranzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 31.07.2020, Zahl PAD/20/1.309.100, (eingelangt am 04.08.2020), samt Beilagen, insbesondere dem Bericht des Untersuchungsausschusses betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss (3US) (695 d.B.), sowie den Kommuniques des Ausschusses (Protokolle über die Befragungen der geladenen Zeugen).
Zum Sachverhalt wurde Nachstehendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):


„zu Punkt 1.

Ca. Mitte Jänner 2018 fand - über Vermittlung des Stadthauptmannes des 1. Wiener Gemeindebezirkes - zwischen dem Disziplinarbeschuldigten (DB) und Rechtsanwalt Dr. L ein Treffen in dessen Kanzlei in Wien statt. Bei diesem Treffen übergab RA Dr. L ein ca. 40-seitiges Aktenkonvolut, betreffend Vorwürfe (im Wesentlichen Amtsmissbrauch, bzw. Korruption) gegen Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT), bzw. des BMI. Der DB informierte in der Folge den Bundesminister für Inneres über den Erhalt dieses Schriftsatzes (It. dem Bericht des U-Ausschusses hatte K bereits seit Spätsommer 2017 eine Version dieses Konvoluts). Der Bundesminister für Inneres beauftragte daraufhin den DB, die übergebenen Akten inhaltlich zu beurteilen und die notwendigen Schritte einzuleiten (130/Komm XXVI.GP, 23f, 16: Aussage K). Über Vermittlung von RA Dr. L kam es am 18. Jänner 2018 zu einem Telefonat zwischen dem DB und der zuständigen Staatsanwältin in der WKStA Mag S und am 19. Jänner 2018 zu einem Treffen in der WKStA, bei der er das Aktenkonvolut, mit dem Ersuchen die Vorwürfe zu verfolgen, übergab. Der DB wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass die WKStA inhaltlich über den Sachverhalt bereits seit Frühjahr 2017 informiert war und bereits ein Verfahren dazu führte (Tagebuch der WKStA zu 6St 2/18f, S. 26; 111/Komm XXVI. GP, 14: Aussage S); dies wurde ihm von der Staatsanwältin auch nicht mitgeteilt. Ein weiterer Gegenstand der Besprechung war auch die Frage, welche Ermittlungsbehörde innerhalb des BMI beauftragt werden könnte, weil sowohl das BAK, als auch das BVT und der Leiter des LKA Wien im Aktenkonvolut erwähnt seien, weshalb man von einer Anscheinsbefangenheit ausging. Der DB vereinbarte mit der WKStA jedenfalls in Kontakt zu bleiben, rief am 20.02.2018 die Staatsanwältin S an und teilte ihr mit, dass nunmehr eine Akademikerin bereit sei, auszusagen. Vor der Hausdurchsuchung im BVT am 28.02.2018 wurden die nachfolgenden Personen von der WKStA als Zeugen einvernommen;

21.02.2018  Dr. P (in Anwesenheit von Dr. L als Vertrauensperson)

22.02.2018  MMag. W (in Anwesenheit von Dr. L als Vertrauensperson)

23.02.2018 GrInsp H

26.02.2018  Mag. M

Mit Ausnahme von Mag. M hatten alle Zeugen vor ihrer Einvernahme Kontakt mit dem DB, bzw. Dr. L, damals Mitarbeiter im Kabinett bzw. im Generalsekretariat (zumal das Amt des Generalsekretärs erst am 01.01.2018 eingeführt wurde, gab es bis April 2018 eine organisatorische Vermischung zwischen Kabinett und Generalsekretariat im BMI). Diese stellen sich wie folgt dar:

Am 02.02.2018 gab es ein Gespräch zwischen Mag. W und Dr. L.

Am 09.02.2018 gab es ein Gespräch zwischen Mag. W und dem DB, sowie Dr. L in einem Gasthaus am Stadtrand von Wien. Am Ende des ca. 2 % Stunden dauernden Gesprächs soll der DB darauf hingewiesen haben, dass Mag. W als Zeuge bei der WKStA aussagen werde müssen.

Am 31.01.2018 und 12.02.2018 gab es ein Treffen zwischen Grlnsp H und Dr. L wobei ebenfalls das BVT Gesprächsthema war.

Am 20.02.2018 (zuvor bereits am 13. und 16.02.), dem Tag vor der Einvernahme von Dr. P fand ein Gespräch zwischen ihr, dem Bundesminister für Inneres (nur kurz anwesend), (dem Beschwerdeführer) und Dr. L in den Büroräumlichkeiten der FPÖ in Wien statt.

Die WKStA hatte keine Kenntnis davon, dass sich der DB, bzw. sein Mitarbeiter Dr. L als Vertreter des Bundesministeriums für Inneres mit drei Zeugen vor deren Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft an Orten außerhalb des Innenministeriums trafen und Vorgespräche führten. Die verantwortliche Staatsanwältin Mag. S erlangte davon erst durch eine parlamentarische Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Inneres vom 07. Juli 2018 (782/AB vom 09.07.2018 zu 780/J (XXVI.GP)) Kenntnis.

Über die Gespräche mit den Zeugen wurden weder vom DB, noch von dessen Mitarbeiter Aktenvermerke, oder sonstige Gesprächsnotizen angefertigt, bzw. der WKStA vorgelegt.

Die zuständige Staatsanwältin legte nach der Besprechung, am 19.01.2018 Aktenvermerke an; im Tagebuch wurde wörtlich festgehalten:

•        „(Der Beschwerdeführer): Er habe vom Minister den Auftrag, das BMI aufzuräumen (OStA Wien, Tagebuch WKStA zu 6 St 2/18f,S 26; 126/KOMM XXVI. GP, 11f. Aussage: (der Beschwerdeführer))“

•        „Er ist der Meinung, das BMI ist derzeit so korrupt wie noch nie, und die Hauptprotagonisten der kriminellen Organisation im BMI hätten es verstanden, die internen Strukturen so zu gestalten, dass sich die Macht in den Händen einiger weniger konzentriere“ (OStA Wien, Tagebuch WKStA zu 6 St 2/18f,S 26; 126/KOMM XXVI. GP, 11f. Aussage: (der Beschwerdeführer)).

Angaben von Zeugen:

Mag. W sagte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus, er sei vom DB gefragt worden, ob er das Konvolut geschrieben habe. Er habe dies verneint; über Inhalte des Konvoluts sei jedoch nicht gesprochen worden. Der DB habe ihm dann gesagt, dass er als Zeuge vor der WKStA aussagen müsse.

Dr. L sagte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus, dass er die Personen, mit denen er Gespräche geführt hatte, zu diesem Zeitpunkt nicht als Zeugen angesehen habe. Seiner Erinnerung nach habe er der Staatsanwältin am 20.02.2018 gesagt, dass sich drei Personen mit Angaben zum BVT gemeldet hätten, aber eine Person, konkret Frau P auch aussagen wolle. Bezüglich der parlamentarischen Anfragebeantwortung habe er die entsprechenden Informationen an jene Kollegin im Kabinett übergeben, die die Beantwortung redaktionell zu finalisieren hatte.

Zu Punkt 2.

Die 5-jährige Amtsperiode des Direktors des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Mag. G, endete am 20.03.2018. Bereits am 24.01.2018 beantragte der Bundesminister für Inneres beim Bundespräsidenten die Weiterbestellung von G als Leiter des BVT. Am 19.02.2018 bestätigte Bundespräsident Alexander van der BELLEN die Weiterbestellung von Mag. G für weitere fünf Jahre. Die Entschließung des Bundespräsidenten wurde dem BMI am 28.02.2018 - am selben Tag, als auch bekannt wurde, dass er als Beschuldigter in der Causa BVT geführt wurde - bekannt.

Am 05.03.2018 führte der DB - in Kenntnis der bereits erfolgten Weiterbestellung zum Direktor des BVT (Mitteilung durch SC Mag. K an den DB am 28.02.2020) - mit Mag. G ein Gespräch, in welchem der Direktor des BVT auch die gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe erklären wollte. Der DB zeigte sich daran nicht interessiert und soll dem Beamten gesagt haben, dass der Bundesminister für Inneres eine Weiterbestellung von ihm als Direktor des BVT nicht unterschreiben werde und man sich überlege, eine Weiterbestellungskommission einzurichten. Weiters soll er angedeutet haben, dass es auch „gesichtswahrende Möglichkeiten“ gäbe. Mag. G teilte dem DB mit, dass er dessen Rechtsansicht nicht teile und beendete das Gespräch. Die Tatsache, dass die Weiterbestellung bereits vom Bundespräsidenten unterschrieben worden war, wurde vom DB verschwiegen.

Erst nachdem der Verfassungsjurist Prof. Dr. Bernd-Christian FUNK in einem TV-lnterview massive rechtliche Bedenken (§ 302 StGB) gegen die Unterlassung der Übergabe der Bestallungsurkunde äußerte, erfuhr Mag. G von seiner bereits erfolgten Weiterbestellung. Am 13.03.2018 wurde ihm das Dekret des Bundespräsidenten, zugleich mit dem Bescheid über seine vorläufige Suspendierung, übergeben.

Angaben von Zeugen:

Mag. G gab bei seiner Befragung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss an:

„Aufgrund der Komplexität der Sachverhalte und des Umstands, dass diese teilweise weit zurückliegende Vorgänge betrafen, habe ich auch am 5. März dieses Jahres versucht, (dem Beschwerdeführer) dies zu erklären. Dieser Versuch wurde mit den Worten: Passen Sie auf, was Sie zu mir sagen, nicht, dass ich als Zeuge gegen Sie aussagen muss, was ich tun würde, quittiert.

Gleichzeitig gab er mir zu verstehen, dass der Herr Bundesminister meine Weiterbestellung als Direktor des BVT nicht unterschreiben würde. Man überlege, eine Wiederbestellungskommission einzuberufen, aber man wisse noch nicht genau, wie man damit umgehen soll. (Der Beschwerdeführer) machte mich darauf aufmerksam, dass eine Entscheidung dieser Kommission definitiv sei und ich gegen eine solche Entscheidung keine Rechtsmittelmöglichkeit hätte. Es seien aber auch gesichtswahrende Alternativen, zum Beispiel als Fachexperte in der Generaldirektion, denkbar. (Der Beschwerdeführer) führte seine dienstrechtlichen Erfahrungen in der LPD Wien ins Treffen und legte mir seine Rechtsmeinung dar. Ich wies darauf hin, dass ich diese Meinung keinesfalls teile und beendete das Gespräch.

Wenige Tage später erfuhr ich aus den Medien, dass der Herr Bundespräsident meine Weiterbestellung bereits vor der Hausdurchsuchung genehmigt hatte und dass der Verfassungsexperte Dr. Funk in einem ORF-Interview darauf hinwies, dass die Nichtaushändigung der Verlängerung einen Amtsmissbrauch darstellen könnte. Eine Weiterbestellungskommission hätte zu diesem Zeitpunkt jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt.

Wohl aufgrund dieses Umstands wurde ich am 13.3 zur Frau Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit bestellt, wo mir meine Weiterbestellungsurkunde ausgehändigt und gleichzeitig der Bescheid über die vorläufige Suspendierung übermittelt wurde.

In einem Interview am selben Tag bestätigte Dr. Funk die Rechtskonformität der gewählten Vorgangsweise, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass dies früher hätte erfolgen müssen und die Nichtausfolgung für den Zeitraum von 1.3 bis 12.3 wohl rechtlich mangelhaft sei...“

Zu Punkt 3.

Vorbemerkungen:

Kurz nach der Einrichtung des Generalsekretariats im BMI gab der DB an das BVT die Weisung aus, er wolle über Einzelheiten operativer Maßnahmen nicht vorab informiert werden. Der Sinn dieser Anordnung habe darin bestanden, jeglichen Eindruck einer politischen Beeinflussung vermeiden zu wollen.

Zur Sache:

Am 29.01.2018 fand zwischen dem DB und dem Leiter des BVT, Mag. G, eine Besprechung zur Vorbereitung auf eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (am 30.01.2018) zum Thema Rechtsextremismus und Burschenschaften statt, in welcher der Generalsekretär fünf Fragen formulierte. Unter anderem soll er Mag. G die Frage gestellt haben, wo im Bereich des Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt seien. Trotz des ausdrücklichen Hinweises einer möglichen Gefährdung von Ermittlern, soll die Frage wiederholt und auf Beantwortung bestanden worden sein. Unmittelbar nach der Besprechung teilte Mag. G dem zuständigen Leiter der Abteilung II im BVT telefonisch mit, dass vom Generalsekretär Fragen an das BVT gestellt worden seien. Über den Inhalt dieses Telefonats legte der Abteilungsleiter einen AV an, der wiederum am 02.10.2018 in der Zeitung „Falter“ veröffentlicht wurde. Dieser AV stellt sich wie folgt dar:

29.01.2018 Gespräch G mit HGS:

Welche Burschenschaften waren zwischen 2012-2017 Gegenstand von Ermittlungen?

Gab es in dieser Zeit Ermittlungen gegen Personen, die Mitglieder einer Burschenschaft sind? Wenn ja - gibt es bezughabende Anzeigen (strafrechtliche Anzeigen/verwaltungsrechtliche Anzeigen)?

Welche Maßnahmen im Zusammenhang mit Vereinsauflösungen - Untersagungen wurden in der letzten Regierungsperiode seitens REX-Referat gesetzt?

Wo wurden im Bereich REX verdeckte Ermittler eingesetzt?

In der Folge kam man im BVT überein, die gestellte Frage in dieser Form nicht zu beantworten, sondern eine allgemeine Antwort zu geben. Dies wurde dann auch so praktiziert.

Zeugen:

Der Direktor des BVT, Mag. G, gab bei seiner Befragung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss an, dass es am 29.01.2018 eine Besprechung gegeben habe. Dabei seien vom DB mehrere Fragen formuliert worden, darunter auch, wo im Bereich Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt seien (128/KOMM XXVI.GP-Ausschuss NR - Kommunique, vom 07.11.2018, S 34 f). Er habe den Generalsekretär darauf aufmerksam gemacht, dass die Beantwortung dieser Frage eine Gefährdung der Ermittler nach sich ziehen könnte. Diese Warnung sei jedoch ignoriert und die Frage wiederholt worden. Die Frage sei letztlich nicht beantwortet worden, um eine mögliche Gefährdung der Ermittler und ihrer Angehörigen zu verhindern.

Angaben des Disziplinarbeschuldigten:

Der DB gab bei einer telefonischen Befragung durch die Dienstbehörde zu allen Punkt an, dass sein damaliger Vorgesetzter, Innenminister a.D. K über die Vorwürfe informiert gewesen wäre. Deswegen sei Verjährung eingetreten.

Zu Punkt 1. gab er bei seiner Befragung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss an, er habe mit Dr. P und Mag. W gesprochen. Beim Gespräch mit Mag. W in einem Gasthaus sei es vor allem um dessen persönliche Situation nach einem Dienstunfall gegangen und am Rande sei auch das „Konvolut“ Thema gewesen. Zu dem Zeitpunkt, als die Gespräche geführt worden seien, seien sie keine Zeugen gewesen. Dass sich auch sein Mitarbeiter Dr. L am 02. Februar mit Mag. W über das „Konvolut“ unterhalten hat, sei ihm bekannt gewesen. Über welche Teile des Konvoluts gesprochen worden sei, konnte der DB wegen Erinnerungslücken nicht mehr sagen.

Zu Punkt 2. gab er vor dem Untersuchungsausschuss an, er habe am 28.02.2018 vom SC erfahren, dass Mag. Peter G als Direktor des BVT weiterbestellt worden sei. Er habe mit dem Beamten lediglich die unterschiedlichen rechtlichen Möglichkeiten besprochen, weder sei ein Druck aufgebaut, noch gedroht worden. Es sei insgesamt ein amikales Gespräch gewesen.

Zu Punkt 3. gab der DB vor dem Untersuchungsausschuss an, dass es ein Beratungsgespräch zwischen ihm und dem Leiter des BVT gegeben habe. Dies habe der Vorbereitung auf eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates gedient. Auf die konkrete Frage des Abgeordneten Dr. P, ob er gefragt habe, wo im Bereich Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt seien, verweigerte der DB - unter Hinweis auf ein anhängiges Strafverfahren gegen ihn - die Aussage (vor dem Untersuchungsausschuss).“
Zur Frage der Verjährung wurde im Bescheid Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Aus der vorliegenden Aktenlage ergibt sich, dass die den Gegenstand des parlamentarischen Untersuchungsausschusses bildenden Fragen auch im Strafverfahren behandelt wurden (Disziplinaranzeige - Seite 6; AV der LPD Wien GZ PAD/20/1.309.100 vom 30.07.2020). Die DK hat ergänzend mit Schreiben vom 10. August 2020 die StA Korneuburg um Bekanntgabe des Gegenstandes des Ermittlungsverfahrens gegen (den Beschwerdeführer) ersucht. Eine Antwort der StA stand zum Zeitpunkt der Beschlussfassung dieses EB noch aus. Insoweit sich der DB darauf beruft, der Bundesminister für Inneres hatte von Anfang an von den Dienstpflichtverletzungen Kenntnis, ist dies der Aktenlage nicht zu entnehmen. Der Bundesminister für Inneres war wohl über (einzelne) Besprechungen mit den Zeugen informiert; dass er aber wusste, oder allenfalls angeordnet hätte, die WKStA darüber nicht zu informieren, lässt sich der Aktenlage nicht entnehmen. Beim Gespräch zwischen dem DB und Mag. G am 29.01.2018 war der Innenminister nicht anwesend; ob er die Frage angeordnet hatte, lässt sich der Aktenlage nicht entnehmen und wird allenfalls im weiteren Disziplinarverfahren zu klären sein. Sollte der Bundesminister für Inneres dem DB angeordnet haben, diese Frage zu stellen, wäre er - freilich nur politisch verantwortlicher - „Mittäter“, weshalb ein Beginn des Laufes der Verjährungsfrist auszuschließen ist. Gleiches gilt für den im Punkt 2. dargestellten Sachverhalt. Die Berechnung der Verjährung stellt sich daher wie folgt dar:

Beendigung des Strafverfahrens:     21.02.2020

Kenntnis der Dienstbehörde (BMI):     27.02.2020

Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 94 Abs. 2 Zif. 3-5   28.02.2020

Verjährung gemäß § 94 Abs. 1, Zif. 1     28.08.2020

Die Dienstpflichtverletzungen sind nicht verjährt.“


Im Zuge der rechtlichen Würdigung wurde unter anderem Nachstehendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Punkt 1.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen. Er muss also während der Ausübung seines Dienstes zunächst die Gesetze beachten (Beachtung der geltenden Rechtsordnung; VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) wozu auch die Bestimmungen der Strafprozessordnung und das BDG gehören und die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft), sowie alles unterlassen, was die Interessen des Dienstgebers schädigen könnte. Er muss sich selbst stets so verhalten, dass er nicht Gesetzen zuwiderhandelt. Aus der Wortbedeutung „treu“ ergibt sich wiederum, dass jeder Beamte im Interesse seines Dienstgebers und damit der Republik Österreich besonnen und überlegt handelt, sowie alles unterlässt, was geeignet ist seine Objektivität, Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Frage zu stellen.

Der erkennende Senat der DK teilt zunächst die Ansicht der WKStA, dass es sich bei der Aktenvorlage am 19. Jänner 2018 um die Anzeige des Verdachtes der Begehung von strafbaren Handlungen handelte und der DB als Anzeiger aufgetreten ist. Im gegenständlichen Aktenkonvolut, welches dem DB von einer Rechtsanwaltskanzlei übergeben worden war, werden Mitarbeiter unterschiedlicher Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Inneres massiver strafrechtlicher Verbrechen/Vergehen beschuldigt. Wesentlich ist dabei, dass durch die Behauptungen in dem anonymen Schreiben (Konvolut) hohe Repräsentanten wichtiger Organisationen des BMI (BVT, BAK, LKA) belastet wurden und sich für die Strafverfolgungsbehörde daher das Problem eröffnete, welche polizeiliche Einheit überhaupt mit Ermittlungen betraut werden könne, ohne die Aufklärung zu verhindern, bzw. behindern. Die durch den DB in seiner Funktion als Generalsekretär im Bundesministerium für Inneres erfolgte direkte Weitergabe an die zuständige WKStA kann daher nichts anderes als eine Anzeige im Sinne des § 78 Abs. 1 StPO sein, zumal der DB ja auch - wie er selbst ausführte - vom Bundesminister für Inneres den Auftrag hatte, den Inhalt zu prüfen und erforderliche Maßnahmen zu treffen. Wie sich aus den Protokollen des Untersuchungsausschusses und insbesondere auch aus dem Abschlussbericht ergibt, vereinbarte der DB mit der zuständigen Staatsanwältin Mag. S auch in Kontakt zu bleiben. Verbunden mit seiner vor der Staatsanwältin gemachten Aussage über die „korrupten Machtstrukturen“ im BMI und seinem Auftrag „aufzuräumen“, der ebenfalls erfolgten Erörterung, welche Organisationseinheit der Polizei/des BMI in der Folge überhaupt mit Erhebungen betraut werden kann, hat sich der DB persönlich, bzw. auch durch seinen Mitarbeiter Dr. L in dieser „causa BVT“ de facto als „Bindeglied“ zwischen der WKStA und der Polizei präsentiert. Damit trafen ihn aber auch unmittelbare Pflichten in seinem Verhältnis zur WKStA, welche sich - soweit für den konkreten Fall relevant - vor allem aus §§ 3 Abs. 2, 100 StPO ergeben, die einerseits die Verpflichtung umfassen, jeden Anschein einer Befangenheit zu vermeiden und anderseits auch umfassende Informationspflichten, betreffend bedeutender Vorgänge im Verfahren, umfassen. Dass sich der höchste beamtete Repräsentant des Innenressorts, bzw. sein (engster) Mitarbeiter unmittelbar, oder kurz vor der Einvernahme von Zeugen durch die StA mit diesen trifft und zumindest Teile des Akteninhaltes bespricht, stellt nach Meinung des erkennenden Senates - vor dem Hintergrund der, nicht zuletzt politischen, Bedeutung dieser causa - jedenfalls einen bedeutenden Vorgang dar, über den die fallführende Staatsanwältin informiert hätte werden müssen. Insoweit der DB in diesem Zusammenhang behauptet, zum Zeitpunkt des Gesprächs sei ihm die Zeugenstellung nicht bekannt/bewusst gewesen, widerspricht er sich im Hinblick auf Mag. W insofern selbst, als er diesen auf eine notwendige Aussage vor der WKStA ausdrücklich hingewiesen hatte und es ihm auch hinsichtlich der anderen Zeugen, schon aufgrund seines Kenntnisstandes des Akteninhaltes, hätte klar sein müssen, dass diese als Zeugen gehört werden würden. Es wird im weiteren Disziplinarverfahren zu ermitteln sein, aus welchen Gründen der DB dies unterlassen hat. Bei entsprechender Sensibilität, die von einer so hohen Führungskraft in einer derart sensiblen Position schlicht erwartet werden muss, hätte ihm die Notwendigkeit einer Verständigung der WKStA - wie auch die Anlage von Aktenvermerken über die jeweiligen Gesprächsinhalte - jedenfalls bewusst sein müssen.

Verdacht der Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist der Beamte verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig Vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002,2000/09/0176); insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte 'in seinem gesamten Verhalten' den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29.6.1989, ZI. 86/09/0164, sowie vom 31.5.1990, ZI. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A). Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z.B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das dienstliche oder außerdienstliche Verhalten des Disziplinarbeschuldigten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle.

Der Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 2 BDG ergibt sich in mehrfacher Hinsicht.

zu 1.

Ausgehend von § 3 StPO haben alle mit der Strafverfolgung betrauten Organe darauf zu achten, dass sie ihr Amt objektiv und unvoreingenommen ausüben und jeglichen Anschein unsachlicher, eigener/politischer Interessen vermeiden. Das Verhalten des DB ist - nach derzeitiger Verdachtslage - geeignet, Bedenken an seiner sachlichen Amtsführung hervorzurufen. Aus der gesamten vorliegenden Aktenlage, insbesondere dem Bericht des Untersuchungsausschusses lässt sich nämlich ableiten, dass der DB, sei es aus eigenem Antrieb oder über Weisung, ein massives Interesse an einer Einflussnahme auf die Ermittlungen der WKStA hatte. Darauf weist vor allem die Tatsache hin, dass es mit den genannten Zeugen vor ihrer Einvernahme durch die WKStA Vorbesprechungen mit ihm, bzw. seinem Mitarbeiter gab, diese weder dokumentiert noch gemeldet wurden und die Zeugen auch nicht unmittelbar von der Strafverfolgungsbehörde zu ihrer Einvernahme geladen, sondern de facto durch das Generalsekretariat bzw. das Kabinett „vermittelt“ wurden (20.02.2018: Anruf des DB bei Staatsanwältin S und Bekanntgabe, dass eine Akademikern aussagen wolle; 22.02.2018: Organisation der Einvernahme von Mag W durch Dr. L). Bedenkt man nun noch, dass Dr. Udo L bei zwei Einvernahmen (bei der WKStA) als Vertrauensperson anwesend war, was der DB auch wusste und setzt es in Verbindung mit seinen am 19.01.2018 vor der Staatsanwältin S gemachten Aussagen, bezüglich „Aufräumens“ im BMI, so lässt dies jegliche sachlich gebotene Distanz zum Fall vermissen. Der Verdacht eines politischen/persönlichen Interesses - auch wenn ein solches tatsächlich möglicherweise gar nicht vorgelegen haben mag - drängt sich für einen außenstehenden Beobachter geradezu auf und es ergibt sich in der Allgemeinheit zwangsläufig der Eindruck, der DB habe sein Amt nicht sachlich wahrgenommen, sondern versucht Einfluss auf Zeugen zu nehmen und auch die StA in ihrem Handeln zu beeinflussen, indem er verfahrensrelevante Informationen (Vorgespräche mit Zeugen) verschwieg. Verstärkt wird dieser Eindruck dann letztlich noch durch die Tatsache, dass jene Einheit, welche schließlich die Hausdurchsuchung im BVT durchführte, von einem FPÖ-nahen (FPÖ-Gemeinderat) Beamten geleitet wurde.

Dabei ist es gemäß § 43 Abs. 2 BDG nicht maßgebend, ob eine solche aktive/intensive Einflussnahme tatsächlich gewollt, oder erfolgreich war, sondern nur, dass vor dem Hintergrund der jeweiligen Handlungen der Eindruck entstehen kann, der Beamte agiere aus unsachlichen Motiven. Oberster Maßstab muss dabei immer sein, dass die Allgemeinheit Vertrauen in die Polizei, sowie die Rechtstreue und Objektivität ihrer Organe und damit den Staat selbst hat, aber auch die Exekutivbeamten ihrem „höchsten Vorgesetzten“ vertrauen. Nur dadurch kann nämlich gewährleistet werden, dass die Polizei als Organisation akzeptiert und ihre schwierige Aufgabe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auch erfolgreich umsetzen kann. Wenn nun aber - wie im konkreten Fall - höchste Repräsentanten der Polizei ein Verhalten zeigen, welches zu massiven Bedenken an ihrer sachlichen, objektiven Amtsführung führt, so wird darunter auch das Ansehen der Polizei insgesamt leiden. Der Durchschnittsbürger leitet daraus nämlich ab, dass man der Polizei insgesamt nicht ausreichend vertrauen kann und sie - was der DB ja eigentlich bekämpfen wollte (Stichwort: „aufräumen im BMI“) - von Korruption durchsetzt ist.

All das hätte der DB, der zum damaligen Zeitpunkt Spitzenführungskraft war, bei entsprechender Sensibilität erkennen und danach handeln müssen. Eine Offenlegung der vorab erfolgten Kontakte mit den Zeugen, ein höheres Maß an persönlicher Distanz zum Fall, wie auch ein grundsätzlich ehrlicher, offener Umgang mit der zuständigen Staatsanwältin wäre - auch wenn der DB möglicherweise tatsächlich geglaubt haben mag, er müsse so rasch wie möglich vermeintliche „kriminelle Strukturen“ im Bundesministerium für Inneres aufbrechen - vor diesem Hintergrund zwingend notwendig und der Sache dienlich gewesen. Dies unterlassen zu haben, ist dem DB derzeit als Versagen anzulasten und begründet den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG. …

… Ein Einstellungsgrund nach § 118 BDG ist aufgrund der Schwere des Verdachtes nicht gegeben. Mangelnde Strafwürdigkeit nach § 118 Abs. 1 Ziffer 4 BDG wäre darüber hinaus nur dann anzunehmen, wenn kumulativ sowohl die disziplinäre Schuld des Disziplinarbeschuldigten als gering einzuschätzen ist, eine Disziplinierung zur Wahrung des dienstlichen, durch das Disziplinarrecht geschützten Interesses nicht notwendig erscheint, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und eine Bestrafung auch unter dem Gesichtspunkt der Spezial- und Generalprävention nicht geboten ist (vgl. Berufungskommission 4.4.2003, 130/10-BK/03; 2.2.2006, 160/12-BK/05 u.a.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Ob der Disziplinarbeschuldigte seine Dienstpflichten tatsächlich verletzt hat, wird im weiteren Disziplinarverfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, zu der auch Zeugen geladen werden, zu klären sein.“

6.       Im Akt befindet sich ein blauer Rückschein, auf dem lediglich die Geschäftszahl des beschwerdegegenständlichen Bescheides und als Rücksendeanschrift jene der Disziplinarkommission angeführt ist. Der Name des Empfängers sowie eine Zustelladresse sind diesem Rückschein nicht zu entnehmen. Vom Organ der Post wurde darauf vermerkt, dass es am 18.08.2020 zu einem Zustellversuch gekommen, eine Verständigung der Hinterlegung an der Abgabestelle hinterlassen und es am 18.08.2020 zu einer Hinterlegung bei 2100 gekommen sei. Darüber hinaus befindet sich im Akt ein Zustellschein des BMI vom 17.08.2020 worin der Beschwerdeführer an seiner Dienstadresse als Adressat des beschwerdegegenständlichen Bescheides angegeben ist und dieser die Übernahme dieses Bescheides am 24.08.2020 mit seiner Unterschrift bestätigt.

7.       Gegen den vorliegenden Einleitungsbeschluss brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 17.09.2020 eine Beschwerde ein (Datum der Postaufgabe 17.09.2020). Zur Rechtzeitigkeit wird zunächst ausgeführt, dass am 18.08.2020 versucht worden sei, das Schriftstück an der Wohnadresse des Beschwerdeführers zuzustellen. Der Beschwerdeführer sei jedoch urlaubsbedingt abwesend gewesen, weshalb eine Zustellung nicht erfolgte. Am frühen Vormittag des 21.08.2020 habe es einen weiteren Zustellversuch gegeben, der Beschwerdeführer sei jedoch bis zum Abend des 21.08.2020 nach wie vor urlaubsbedingt abwesend gewesen. Am 24.08.2020 sei ihm der Einleitungsbeschluss von einem Mitarbeiter der belangten Behörde direkt zugestellt worden. Die Beschwerde sei daher rechtzeitig.
Zur Beschwerde wird ausgeführt, dass der damalige Bundesminister für Inneres über sämtliche Schritte, die dem Beschwerdeführer im angefochtenen Einleitungsbeschluss vorgeworfen würden, in Kenntnis gewesen sei und diese auch gebilligt habe. Der Bundesminister für Inneres sei der Disziplinarvorgesetzte des Beschwerdeführers und für ihn Dienstbehörde gewesen. Durch die         Billigung der Vorgangsweise durch den Disziplinarvorgesetzten sei die weitere Behandlung der nunmehr vorgeworfenen Handlungen aufgrund entschiedener Rechtssache der weiteren Entscheidung durch die Disziplinarkommission entzogen. Hinzu komme, dass die dem Beschwerdeführer angelasteten Disziplinardelikte bereits verjährt seien. Dem Beschwerdeführer werde im Punkt 1. des angefochtenen Einleitungsbeschlusses vorgeworfen, er hätte es unterlassen die Staatsanwaltschaft über mehrfache Gespräche mit zwei von insgesamt vier Zeugen bzw. mit seinem Wissen Dr. L mit drei von insgesamt vier Zeugen vor ihrer Einvernahme durch die zuständige Staatsanwältin bzw. vor Anordnung einer Hausdurchsuchung im BVT (28.02.2018) zu informieren und die Gespräche zu dokumentieren. Diese Vorwürfe seien dem damaligen Bundesminister für Inneres unmittelbar bekannt gewesen, da die Gespräche zum Teil im Beisein des Ministers erfolgten zum Teil von ihm ausdrücklich gebilligt worden seien. Es wäre am Bundesminister gelegen, entweder eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder eine Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission einzubringen. Die Vorwürfe seien auch bereits im Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT Untersuchungsausschuss) ausgiebig thematisiert worden.  So sei der unmittelbare Dienstvorgesetzte und Disziplinarvorgesetzte des Beschwerdeführers, der damalige Bundesminister für Inneres, genau zu diesen Vorwürfen befragt worden. Er habe in seiner Befragung vom 18.11.2018 angegeben (Seite 18), dass der Beschwerdeführer seiner Meinung nach richtig gehandelt habe. Am 2.10.2018 sei auch die Staatsanwältin der WKStA, Frau Dr. S einvernommen worden, die auch auf diese Thematik ausdrücklich angesprochen worden sei. In der Einvernahme sei auch eine parlamentarische Anfragebeantwortung durch den Bundesminister für Inneres vom Sommer 2018 thematisiert worden. In dieser Anfragebeantwortung sei auch bereits die Frage der Dokumentation der Gespräche mit den Zeugen und die Information der Staatsanwaltschaft über die Gespräche ausführlich dargelegt worden. Spätestens mit der Veröffentlichung der Einvernahmeprotokolle jeweils am 13.3.2019 seien die Vorwürfe im Detail öffentlich bekannt gewesen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Bundesminister nicht der Disziplinarvorgesetzte gewesen sein sollte, seien dem BMI die Vorwürfe insgesamt am 13.3.2019 spätestens bekannt gewesen.
Die Vorwürfe betreffend Mag. G (Punkt 2 und 3 des Einleitungsbeschlusses) würden sich aus der Zeugenaussage des Mag. G vor dem BVT Untersuchungsausschuss vom 07.11.2018 ergeben. Diese Aussage sei im Kommunique am 13.03.2019, 128/Komm XXVLGP, veröffentlicht worden. Diese Vorwürfe seien jedenfalls nicht Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer gewesen. Die Dienstbehörde des Beschwerdeführers, Bundesminister K, sei bei seiner Einvernahme vor dem BVT Untersuchungsausschuss am 18.11.2018 auf diese Vorwürfe konkret angesprochen worden. Er habe daher spätestens zu diesem Zeitpunkt über die Vorwürfe Bescheid gewusst. Der Inhalt der Einvernahme und damit die nunmehr im Einleitungsbeschluss beinhalteten Vorwürfe seien spätestens mit Veröffentlichung der Einvernahmeprotokolle von Mag. G und des damaligen Bundesministers für Inneres am 13.03.2019 öffentlich und auch der belangten Behörde bekannt gewesen. Das Disziplinarverfahren hätte daher bis spätestens 13.09.2019 eingeleitet werden müssen. Da die hier erhobenen Vorwürfe insgesamt nicht Gegenstand des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer gewesen seien, habe die Verjährung durch ein anhängiges Strafverfahren auch nicht unterbrochen werden können. Der Bundesminister für Inneres sei über alle Schritte des Beschwerdeführers umgehend in Kenntnis gesetzt worden und hätten die Schritte, die ihm hier unter Punkt 1. - 3. als Disziplinarvergehen vorgeworfen würden mit Kenntnis des Bundesministers erfolgt. Der Bundesminister für Inneres habe als Disziplinarvorgesetzter und Dienstbehörde die Schritte des Beschwerdeführers auch ausdrücklich gebilligt.

Gegen den Beschwerdeführer sei zu 10 St 32/18k der STA Korneuburg wegen der Vorwürfe des Verdachtes des Missbrauches der Amtsgewalt als Beteiligter, der Bestechung, der falschen Beweisaussage und der Verleumdung ein Ermittlungsverfahren am 14.11.2018 eingeleitet worden. Hinsichtlich der angeblichen falschen Zeugenaussage vor dem BVT Untersuchungsausschuss sei ein Ermittlungsverfahren mangels Anfangsverdachtes nicht durchgeführt (Mitteilung vom 4.3.2019) und hinsichtlich der übrigen Anschuldigungen das Ermittlungsverfahren am 21.2.2020 eingestellt worden. Selbst wenn man von einer Unterbrechung der Verjährungsfrist aufgrund des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens ausginge, wären die Vorwürfe verjährt, da der Einleitungsbeschluss spätestens am 21.8.2020 dem Beschwerdeführer zugestellt hätte werden müssen, was aber nachweislich erstmals am 24.8.2020 der Fall gewesen sei. Sohin erweisen sich sämtliche Vorwürfe aus welchem Rechtsgrund auch immer als verjährt, weshalb der Einleitungsbeschluss aus diesem Grunde rechtswidrig sei.

Zum Beweis für sein Vorbringen beantragte der Beschwerdeführer Einsichtnahme in die Benachrichtigung der STA Korneuburg vom 14.11.2018 (Beilage ,/A), Einsichtnahme in die Benachrichtigung der STA Korneuburg vom 4.3.2019 (Beilage ./B), Einsichtnahme in die Benachrichtigung der STA Korneuburg vom 21.2.2020 (Beilage ./C), die Einvernahme von Bundesminister aD K und die Einvernahme des Beschwerdeführers.

Der Beschwerde sind folgende Urkunden in Kopie beigeschlossen:

- Eine Information der StA Korneuburg vom 14.11.2018, 10 St 32/18k, worin dem Beschwerdeführer gemäß § 50 StPO mitgeteilt wurde, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt, teilweise als Beteiligter gemäß §§ 302 Abs. 1, 12 zweiter Fall StGB, der Bestechung gemäß § 307 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB, der falschen Beweisaussage, teils als Beteiligter, gemäß §§ 12 zweiter Fall, 288 Abs. 1 und 4, 288 Abs. 1 und 3 StGB und der Verleumdung als Beteiligter gemäß §§ 12 zweiter Fall, 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB eingeleitet wurde. Das Ermittlungsverfahren werde gegen ihn als Verdächtiger geführt. Nach dem Akteninhalt sei er verdächtig, im Verfahren AZ 6 St 2/18f der WKStA vernommene Zeugen zu falschen Beweisaussagen und Verleumdung bestimmt, amtsmissbräuchlich und teils durch Bestechung Einfluss auf das genannte Verfahren genommen sowie vor dem BVT- Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt zu haben.

- Die Mitteilung der StA Korneuburg vom 04.03.2019, 10 St 32/18k, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage vor dem BVT-Untersuchungsausschuss gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB gemäß § 35 StAG abgesehen worden sei.

- Die Benachrichtigung der StA Korneuburg vom 21.02.2020, 10 St 32/18k – 1, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer in der Strafsache wegen § 12 2. Fall StGB §§ 288 (1), 288 (4), 297 (1) 2.Fall StGB; § 302 (1) StGB, §12 2.Fall StGB; §§ 307 (1), 307 (2) 1. Fall StGB; §§ 288 (1), 288 (3) StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden ist, weil kein tatsächlicher Grund zur Verfolgung besteht.

8.       Mit Fax vom 01.09.2020 legte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter den Postaufgabeschein der eingebrachten Beschwerde vor.

9.       Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt am 05.10.2020 vorgelegt.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Bediensteter der Landespolizeidirektion Wien und seit 07. Mai 2020 als Fachexperte dem XXXX zugewiesen. Vom XXXX war er Generalsekretär im Bundesministerium für Inneres.

Zu Vorwurf 1:
Hier wird der Beschwerdeführer beschuldigt, er habe - in seiner Funktion als Generalsekretär im Bundesministerium für Inneres - am 19. Jänner 2018, in der Zeit von ca. 11:00 bis 12:30 Uhr, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein ihm wenige Tage zuvor von der Rechtsanwaltskanzlei „L“ übergebenes, anonym verfasstes 40-seitiges Aktenkonvolut betreffend strafrechtlich relevanter Vorwürfe gegen Mitarbeiter des BMI und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT), mit dem Ziel der Verfolgung der darin enthaltenen Vorwürfe persönlich übergeben und es in weiterer Folge - neben der unterbliebenen Dokumentation dieser Gespräche - bis 28.02.2018 unterlassen, die Strafverfolgungsbehörde darüber zu informieren, dass er mit zwei von insgesamt vier Zeugen, bzw. mit seinem Wissen sein Mitarbeiter Dr. L mit drei von insgesamt vier Zeugen vor ihrer Einvernahme durch die zuständige Staatsanwältin, bzw. vor Anordnung einer Hausdurchsuchung im BVT (28.02.2018), mehrfach Gespräche geführt hatte.
Der Umstand, dass die WKStA vom Beschwerdeführer nicht über diese Gespräche mit konkreten Zeugen informiert wurde, wurde der Öffentlichkeit und damit auch Dienstbehörde am 13.03.2019 mit Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Mag. S in der 9. Sitzung vom 02.10.2018 bekannt.
Gegen den Beschwerdeführer war im Zusammenhang mit den vorwurfsrelevanten Gesprächen mit Zeugen der WKStA zu diesem Zeitpunkt (spätestens seit 14.11.2018) jedoch bereits ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren anhängig. Mit Benachrichtigung vom 21.02.2020 wurden der Beschwerdeführer und die Dienstbehörde von der Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens informiert. Die Benachrichtigung langte sowohl beim damaligen rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers, als auch bei der Dienstbehörde am 27.02.2020 ein.
Der beschwerdegegenständliche Einleitungsbeschluss wurde dem Beschwerdeführer am 24.08.2020 durch persönliche Übergabe an der Dienststelle nachweislich zugestellt.

Es liegen hinreichend konkrete und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer im Verdacht steht, die ihm im Spruch des angefochtenen Bescheides unter Punkt 1 vorgeworfenen Handlungen begangen und damit schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 verstoßen zu haben. Der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht auch unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden und es haben sich keine offenkundigen Gründe für die Einstellung nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben.

Zu den Vorwürfen 2 und 3:

Hier wird dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht, er habe es am 05. März 2018 unterlassen, den Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Mag. G, über seine bereits am 19.02.2018 durch den Bundespräsidenten erfolgte und dem BMI seit 28.02.2018 bekannte weitere Bestellung für fünf Jahre in Kenntnis zu setzen, sondern ihn wider besseren Wissens und tatsachenwidrig gesagt, dass der Bundesminister für Inneres seine Wiederbestellung nicht beantragen, man eine Wiederbestellungskommission einrichten werde und es „andere gesichtswahrende Möglichkeiten“ gäbe, wodurch der Beamte - in der Absicht ihn zur Demission zu bewegen - über die wahren Verhältnisse getäuscht wurde.

Darüber hinaus habe er am 29.01.2018 im Zuge einer Besprechung mit Mag. G ohne sachlichen Grund gefragt, wo im Bereich des Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt seien, obwohl diese Information für eine zeitnahe Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats nicht relevant war.

Diese Sachverhalte wurden der Öffentlichkeit un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten