TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/17 I403 2007851-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2021
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Entscheidungsdatum

17.05.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §129
StGB §241e Abs1
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I403 2007851-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Polen, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2021, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Aufgrund mehrerer strafrechtlicher Verurteilungen wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2014 über den Beschwerdeführer, einen polnischen Staatsbürger, gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt. Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtlichen Verurteilungen verwiesen. Er habe hier keine familiären Bindungen, keinen Wohnsitz und keine Beschäftigung. Seine Lebensgefährtin sei auch nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer habe keine Kontakte mehr zu seinem Heimatland, er lebe in Österreich mit seiner Freundin zusammen. Er habe aus seinen Fehlern gelernt und wolle nach der Haftentlassung wieder arbeiten.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2014, welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt fernblieb, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.01.2015, G311 2007851-1/9E abgewiesen.

Am 11.10.2016 wurde der Beschwerdeführer nach Polen abgeschoben. Er kehrte aber ins Bundesgebiet zurück und wurde am 29.08.2018 und am 28.01.2019 wegen Diebstahls angezeigt. Am 28.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zugestellt, in welchem ihm die geplante Erlassung eines weiteren Aufenthaltsverbotes mitgeteilt und ihm die Möglichkeit zu einer Stellungnahem gewährt wurde. Dem kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Am 16.01.2021 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und am 19.01.2021 über ihn Untersuchungshaft verhängt. Er wurde mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2021 neuerlich verständigt, dass die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes geplant sei. Ihm wurde die Möglichkeit gewährt, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, doch machte der Beschwerdeführer auch diesmal davon keinen Gebrauch.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 04.03.2021, XXXX , wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls, teils durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 1 Z 1, 15 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Die belangte Behörde erließ mit Bescheid vom 26.03.2021 gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von neun Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchführungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen den genannten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 28.04.2021 Beschwerde erhoben und moniert, dass angesichts des Umstandes, dass das Strafgericht bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten (bei einem Strafrahmen von bis zu 5 Jahren) im unteren Strafrahmen geblieben sei, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes von „108 Monaten“ unverhältnismäßig erscheine. Es wäre auch eine Einvernahme notwendig gewesen. Es wurde beantragt, den Bescheid und das Aufenthaltsverbot zu beheben bzw. in eventu dessen Dauer zu verkürzen.

Am 12.05.2021 wurden die Beschwerde und der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Polens. Er ist mit XXXX verheiratet. Diese war im Jahr 2018 zwei Monate obdachlos, ein Monat in einer Justizanstalt und dann ein Monat mit einem regulären Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Am 06.01.2019, am 03.09.2019, am 06.11.2019, am 25.09.2020, am 02.02.2021 und am 09.04.2021 wurde sie jeweils nach Polen abgeschoben. Gegen die Ehefrau des Beschwerdeführers besteht seit 2018 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren. Zwei volljährige Kindes des Beschwerdeführers leben in England, für ein weiteres Kind, das bei der Kindesmutter lebt, zahlt der Beschwerdeführer in unregelmäßigen Abständen Geld.

Der Beschwerdeführer war zwischen November 2011 und Oktober 2016 immer wieder – allerdings mit langen Unterbrechungen - im Bundesgebiet mit einem Hauptwohnsitz gemeldet: vom 07.11.2011 bis 01.02.2012, vom 18.10.2012 bis 15.05.2013, vom 07.01.2014 bis 09.05.2014 (in einer Justizanstalt) und vom 20.04.2016 bis 12.10.2016. Seit 18.01.2021 ist er wieder in einer Justizanstalt gemeldet. Vom 26.06.2012 bis 30.08.2012, vom 15.05.2013 bis 07.01.2014 und vom 13.03.2018 bis 23.03.2018 war er obdachlos gemeldet. Zudem hatte er vom 28.03.2012 bis 26.06.2012 und vom 10.07.2020 bis 29.09.2020 einen Nebenwohnsitz im Bundesgebiet angemeldet.

Der Beschwerdeführer war in den folgenden Zeiträumen im Bundesgebiet beschäftigt: vom 08.11.2012 bis 31.01.2012 (geringfügig), vom 26.03.2012 bis 25.05.2012, vom 03.08.2012 bis 28.02.2013, vom 12.08.2014 bis 12.09.2014, vom 31.08.2015 bis 09.09.2015, vom 24.09.2015 bis 09.10.2015, vom 22.10.2015 bis 30.10.2015, vom 20.10.2017 bis 21.12.2017, vom 25.06.2018 bis 29.06.2018, vom 29.08.2019 bis 20.09.2019 sowie in einer Arbeitsgemeinschaft für Obdachlose am 06.02.2020, am 12.02.2020, am 03.11.2020, am 12.11.2020, am 19.11.2020, am 24.11.2020, am 26.11.2020 und am 10.12.2020. Er verfügt über keine Anmeldebescheinigung.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2014 war über den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2014, welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt fernblieb, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.01.2015, G311 2007851-1/9E abgewiesen. Das Aufenthaltsverbot erwuchs in Rechtskraft. Am 17.09.2016 wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufgegriffen und nach Deutschland abgeschoben. Nach einem neuerlichen Aufgriff wurde der Beschwerdeführer am 11.10.2016 nach Polen abgeschoben, doch kehrte er, wie sich aus den Wohnsitzmeldungen und Beschäftigungsverhältnissen ergibt, trotz des aufrechten Aufenthaltsverbotes nach Österreich zurück.

Der Beschwerdeführer wurde zunächst mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 14.01.2013, Zahl XXXX , rechtskräftig am 17.01.2013, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15 iVm § 105 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Er hatte am 25.07.2012 einen anderen durch das Versetzen von Ohrfeigen und Faustschlägen gegen den Kopf und ins Gesicht in Form einer leichten Gehirnerschütterung, einer Rissquetschwunde am Hinterhaupt, einer leicht blutenden Verletzung im Bereich des Mundes sowie durch Hämatome im Gesicht und am Körper vorsätzlich am Körper verletzt und damit mit Gewalt zur Herausgabe eines Handys und Zigaretten zu nötigen versucht. Mildernd wurden die Unbescholtenheit, das Geständnis und der teilweise Versuch gewertet, erschwerend dagegen das Zusammentreffen von mehreren Vergehen. Eine Diversion wurde nicht für möglich erachtet, weil der Beschwerdeführer „die Tendenz einer unangebrachten Bagatellisierung der Tat erkennen ließ“.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 25.02.2014, Zahl XXXX , rechtskräftig am 25.02.2014, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1, 130 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach den §§ 15 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wurde ein Teil der verhängten Strafe im Umfang von 8 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Mildernd wurden das teilweise Geständnis und teilweise Tatsachengeständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung, erschwerend dagegen der rasche Rückfall, fünf einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen gewertet.

Der Beschwerdeführer hatte

I.) in XXXX fremde bewegliche Sachen teils durch versuchten Diebstahls, teils durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. versucht, wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und beging sämtliche Taten in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

1.) zwischen dem 29. September 2013 und 30. September 2013 dem C. T. H. 36 Weinflaschen im Wert von ca. EUR 600,- durch Einbruch in dessen Kellerabteil, in dem er die Metallsprossen der Kellertüre von oben mit Gewalt nach unten aufzwängte, sodass ein Überklettern ohne Öffnen des Schlosses möglich war;

2.) am 10. Dezember 2013 gemeinsam mit den beiden abgesondert verfolgten L. G. Z. und B. D. D. aus Kraftfahrzeugen unbekannter Inhaber 6 Stück portable CD-Player, 4 Stück elektrische Damenrasierer, 2 Stück Bikini Trimmer, eine originalverpackte Foto Speicherkarte im Wert von insgesamt EUR 2500,- sowie weitere werthältige Gegenstände, wobei es teilweise beim Versuch blieb, soweit die Fahrzeuge versperrt waren;

3.) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten A. M. S. am 06.08. 2013 in XXXX einem Verfügungsberechtigten der Fa. XXXX 1 Damenhemd, 1 After Shave, 1 Pkg. Fisch, 1 Herrenslip, 1 Gillette Venus Rasierspiegel, 1 Shampoo, 2 Deo, 4 Fl. Absolut Wodka und 1 AXE im Gesamtwert von € 110,10, wobei es beim Versuch blieb;

4.) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten P. S. am 23. Oktober 2013 in XXXX , einem Verfügungsberechtigten der Firma XXXX 1 Flasche Wodka im Wert von EUR 4,99, wobei es beim Versuch blieb;

II.) am 30. Juli 2013 in XXXX ein unbares Zahlungsmittel, nämlich die Bankomatkarte ausgestellt von der Sparkasse, lautend auf K. M. über die er nicht oder nicht allein verfügen darf, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt;

III.) am 16. November 2013 in XXXX , A. M. S. durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht und eines Stoßes vorsätzlich am Körper zu verletzten versucht.

Eine bedingte Zusatzstrafe in der Dauer von vier Monaten wurde über den Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.03.2014, XXXX , rechtskräftig am 27.03.2014, verhängt. Der Beschwerdeführer hatte mit drei weiteren Mittätern im Zeitraum von Oktober 2013 bis 10.12.2013 aus unversperrten Fahrzeugen in ca. 25 bis 30 Angriffen ca. 25 bis 30 Navigationsgeräte im Wert von jeweils zumindest Euro 100,-- sowie Kleingeld gewerbsmäßig im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gestohlen.

Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung wurde mit Beschluss der Staatsanwaltschaft XXXX vom 08.02.2021, Zl. XXXX eingestellt. Der Beschwerdeführer wurde allerdings mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 04.03.2021, XXXX , wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls, teils durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 1 Z 1, 15 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Mildernd wurde das teilweise reumütige Geständnis (in Bezug auf den Einbruchsdiebstahl), das teilweise nicht reumütige Tatsachengeständnis (in Bezug auf die Körperverletzung), die erhebliche Alkoholisierung (in Bezug auf den Einbruchsdiebstahl) und dass es teilweise nur beim Versuch geblieben war, berücksichtigt; erschwerend wurde das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, mehrere Fakten beim Diebstahl, fünf einschlägige Vorstrafen und der Umstand, dass sowohl in Österreich wie auch in Polen unbedingte Freiheitsstrafen verbüßt wurden, gewertet.

Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem anderen am 16.01.2021 in XXXX in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken fremde bewegliche Sachen einem anderen durch Einbruch in eine Wohnstätte mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht hatte, indem er mit seinem Mittäter vorerst das Schloss der Haustür eines Wohnhauses aufzubohren versuchte und anschließend, als dieses Vorhaben misslang, die Glasscheibe der Kellertür des Wohnhauses einschlug, dabei aber beobachtet wurde, worauf beide die Flucht ergriffen, weshalb die Tatvollendung unterblieben und die Tat letztendlich beim Versuch geblieben ist.

Der Beschwerdeführer hat zudem in XXXX fremde bewegliche Sachen, nämlich Waren mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. am 10.09.2016 Verfügungsberechtigten eines Kaufhauses zwei Flaschen Wodka im Gesamtwert vom EUR 23,98 wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

2. am 30.05.2018 einen Bargeldbetrag in Höhe von EUR 400,00 einer Frau, welchen diese im Geldausgabeschlitz eines Bankomaten vergessen hatte;

3. am 28.01.2019 Verfügungsberechtigten eines Kaufhauses Waren im Gesamtwert von EUR 24,26, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

4. am 18.10.2019 Verfügungsberechtigten eines Kaufhauses Waren im Gesamtwert von EUR 13,39.

Der Beschwerdeführer hat außerdem am 06.08.2019 einen anderen durch Versetzen von zwei Faustschlägen ins Gesicht sowie eines Fußtritts ins Gesicht, als dieser bereits am Boden lag, in Form eines Nasenbeinbruchs mit Dislokation der Bruchenden am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung, nämlich eine an sich schwere Körperverletzung in Form eines Nasenbeinbruchs mit Dislokation der Bruchenden herbeigeführt.

In Polen wurde der Beschwerdeführer ebenfalls mehrmals verurteilt. Erstmals wurde er 1996 wegen eines Eigentumsdeliktes zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten verurteilt, 2002 wegen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, 2007 wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten, im März 2015 wegen Verletzung der Unterhaltspflicht Freiheitsstrafe von 1 Jahr und im April 2015 wiederum wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 1 Jahr.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Zudem wurden, in Bezug auf den Beschwerdeführer, aber auch in Bezug auf seine Ehefrau, Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Sozialversicherungsdatenbankauszug und dem Strafregister eingeholt. Dass der Beschwerdeführer über keine Anmeldebescheinigung verfügt, ergibt sich aus dem IZR. Seine beruflichen Tätigkeiten ergeben sich aus dem Sozialversicherungsdatenbankauszug, seine Wohnsitzmeldungen aus dem ZMR.

Die Feststellungen zu seiner Ehe und seinen Kindern ergeben sich aus dem Strafurteil vom 04.03.2021, in welchem die Rede von zwei volljährigen Kindern in England und einem neunjährigen Kind unbekannten Aufenthaltes ist; diese Feststellungen sind auch im angefochtenen Bescheid enthalten und blieben in der Beschwerde unbestritten.

Die näheren Umstände seiner Verurteilungen ergeben sich aus den im Akt einliegenden Urteilen. Die Verurteilungen in Polen ergeben sich aus einem Auszug des Europäischen Strafregister-Informationssystem (ECRIS).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

§ 67 FPG lautet:

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1.         der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4.         der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

3.1.2. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA war aus den folgenden Gründen abzuweisen:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder jener, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist. Der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger Polens ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt und da die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist und der Beschwerdeführer auch kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Gegen den Beschwerdeführer als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG daher zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Der Beschwerdeführer kam erstmals im November 2011 in das österreichische Bundesgebiet. Allerdings befand er sich nicht durchgehend im Bundesgebiet, vielmehr wurde gegen ihn aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen mit Bescheid vom 25.04.2014, bestätigt durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.01.2015, ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern wurde er sowohl am 17.09.2016 wie auch am 11.10.2016 abgeschoben. Auch danach kehrte er trotz des aufrechten Aufenthaltsverbots wieder nach Österreich zurück, war er doch vom 20.10.2017 bis 21.12.2017 im Bundesgebiet beschäftigt. Dies zeigt, dass sich der Beschwerdeführer in keiner Weise um das gegen ihn 2014 verhängte – und inzwischen ausgelaufene – Aufenthaltsverbot kümmerte.

Noch deutlicher wird die Missachtung der Rechtsordnung durch den Beschwerdeführer, wenn man seine Verurteilungen betrachtet: Nachdem der Beschwerdeführer seit 1996 insgesamt fünfmal in Polen zu mehreren Freiheitsstrafen von einem bis zwei Jahren verurteilt worden war, unter anderem wegen Einbruchsdiebstahls, wegen Betrugs und wegen Verletzung der Unterhaltspflicht, war auch sein Aufenthalt in Österreich immer wieder von Straftaten geprägt: Wie den Feststellungen im Detail zu entnehmen ist, wurde er im Bundesgebiet erstmals mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 14.01.2013, Zahl XXXX , rechtskräftig am 17.01.2013, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15 iVm § 105 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Er hatte am 25.07.2012 einen anderen durch das Versetzen von Ohrfeigen und Faustschlägen gegen den Kopf und ins Gesicht in Form einer leichten Gehirnerschütterung, einer Rissquetschwunde am Hinterhaupt, einer leicht blutenden Verletzung im Bereich des Mundes sowie durch Hämatome im Gesicht und am Körper vorsätzlich am Körper verletzt und damit mit Gewalt zur Herausgabe eines Handys und von Zigaretten zu nötigen versucht. Mildernd wurden die Unbescholtenheit, das Geständnis und der teilweise Versuch gewertet, erschwerend dagegen das Zusammentreffen von mehreren Vergehen. Eine Diversion wurde nicht für möglich erachtet, weil der Beschwerdeführer „die Tendenz einer unangebrachten Bagatellisierung der Tat erkennen ließ“.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 25.02.2014, Zahl XXXX , rechtskräftig am 25.02.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1, 130 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB und wegen des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach den §§ 15 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt, verurteilt. Mildernd wurden das teilweise Geständnis und das teilweise Tatsachengeständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung, erschwerend dagegen der rasche Rückfall, fünf einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen gewertet. Der Beschwerdeführer hatte unter anderem Folgendes gestohlen: im September 2013 36 Weinflaschen im Wert von ca. EUR 600,- durch Einbruch in ein Kellerabteil; am 10. Dezember 2013 gemeinsam mit zwei anderen aus Kraftfahrzeugen unbekannter Inhaber 6 Stück portable CD-Player, 4 Stück elektrische Damenrasierer, 2 Stück Bikini Trimmer, eine originalverpackte Foto Speicherkarte im Wert von insgesamt EUR 2500,- sowie weitere werthältige Gegenstände, wobei es teilweise beim Versuch blieb, soweit die Fahrzeuge versperrt waren; in einem Supermarkt 1 Damenhemd, 1 After Shave, 1 Pkg. Fisch, 1 Herrenslip, 1 Gillette Venus Rasierspiegel, 1 Shampoo, 2 Deo, 4 Fl. Absolut Wodka und 1 AXE im Gesamtwert von € 110,10, wobei es beim Versuch blieb; daneben hat er am 30. Juli 2013 in XXXX ein unbares Zahlungsmittel, nämlich die Bankomatkarte ausgestellt von der Sparkasse, lautend auf K. M. über die er nicht oder nicht allein verfügen darf, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt und am 16. November 2013 einen anderen durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht und eines Stoßes vorsätzlich am Körper zu verletzten versucht.

Der Beschwerdeführer hatte zudem mit drei weiteren Mittätern im Zeitraum von Oktober 2013 bis 10.12.2013 aus unversperrten Fahrzeugen in ca. 25 bis 30 Angriffen ca. 25 bis 30 Navigationsgeräte im Wert von jeweils zumindest Euro 100,-- sowie Kleingeld gewerbsmäßig im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gestohlen, weswegen eine bedingte Zusatzstrafe in der Dauer von vier Monaten über den Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.03.2014, XXXX , rechtskräftig am 27.03.2014, verhängt wurde.

Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung wurde mit Beschluss der Staatsanwaltschaft XXXX vom 08.02.2021, Zl. XXXX eingestellt. Der Beschwerdeführer wurde allerdings mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 04.03.2021, XXXX , wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls, teils durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 1 Z 1, 15 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Mildernd wurde das teilweise reumütige Geständnis (in Bezug auf den Einbruchsdiebstahl), das teilweise nicht reumütige Tatsachengeständnis (in Bezug auf die Körperverletzung), die erhebliche Alkoholisierung (in Bezug auf den Einbruchsdiebstahl) und dass es teilweise nur beim Versuch geblieben ist, berücksichtigt; erschwerend wurde das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, mehrere Fakten beim Diebstahl, fünf einschlägige Vorstrafen und der Umstand, dass sowohl in Österreich wie auch in Polen unbedingte Freiheitsstrafen verbüßt wurden, gewertet. Dem Urteil lag im Wesentlichen zugrunde, dass der Beschwerdeführer in Supermärkten Waren stahl bzw. zu stehlen versuchte, dass er mit einem anderen am 16.01.2021 versuchte in ein Haus einzubrechen und dass er außerdem am 06.08.2019 einen anderen durch Versetzen von zwei Faustschlägen ins Gesicht sowie eines Fußtritts ins Gesicht, als dieser bereits am Boden lag, in Form eines Nasenbeinbruchs am Körper verletzte.

Der Beschwerdeführer zeigte durch dieses Verhalten, dass er weder Respekt vor der körperlichen Unversehrtheit anderer noch vor fremdem Eigentum kennt. Aus den Strafurteilen ergibt sich zudem, dass es sich nicht um einzelne Taten handelt, sondern dass der Beschwerdeführer grundsätzlich zu versuchen scheint, sich durch Diebstähle einen Lebensunterhalt zu sichern. Die Straftaten wurden über einen sehr langen Tatzeitraum begangen. Die in den Straftaten manifestierte kriminelle Energie und Gewaltbereitschaft rechtfertigt die Annahme der belangten Behörde, dass durch einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Von einem Gesinnungswandel kann bei dem in Haft befindlichen Beschwerdeführer (noch) nicht ausgegangen werden, hat er doch noch kein Wohlverhalten in Freiheit an den Tag gelegt.

Im Übrigen ist auch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt mit den fremdenrechtlichen Behörden kooperierte. Er blieb der für den 17.07.2014 anberaumten Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes (zur Verhängung des ersten Aufenthaltsverbotes) unentschuldigt fern und gab trotz zweimaliger Aufforderung durch die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren keine Stellungnahme ab. In der Beschwerde wurde zwar kritisiert, dass der Beschwerdeführer nicht einvernommen wurde, zugleich wurde nicht erwähnt, zu welchen anderen Feststellungen die belangte Behörde dadurch hätte gelangen können.

Der Beschwerde ist es daher nicht gelungen aufzuzeigen, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann aber ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss anhand der Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff in das und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führe, wurde in der Beschwerde ebensowenig entgegengetreten wie der Feststellung, dass kein besonders schützenswertes Privatleben vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid daher an. Gegen die polnische Ehefrau des Beschwerdeführers besteht im Übrigen ebenfalls ein Aufenthaltsverbot und wurde sie mehrfach nach Polen abgeschoben, so dass das Familienleben in Polen weitergeführt werden kann.

Der Beschwerdeführer war zwar zeitweise berufstätig, doch seit dem 20.09.2019 nur mehr an einzelnen Tagen in einer Arbeitsgemeinschaft für Obdachlose. Vor seiner Inhaftierung am 16.01.2021 war der Beschwerdeführer auch schon monatelang nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet.

Das familiäre und private Interesse des Beschwerdeführers am Aufenthalt im Bundesgebiet konnte somit im Lichte einer durch Art. 8 EMRK gebotenen Interessensabwägung das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nicht überwiegen.

Im Hinblick auf die Art seines Verhaltens und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist eine Aufenthaltsverbotsdauer in der Höhe von neun Jahren, bei einer grundsätzlich möglichen Höchstdauer von zehn Jahren, auch angemessen. In der Beschwerde wurde zwar moniert, dass die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes mit neun Jahren zu lang sei, da der Strafrahmen von bis zu 5 Jahren bei der letzten Verurteilung mit 18 Monaten nicht annähernd ausgenützt worden sei, doch ist bei der Erstellung einer Gefährdungsprognose nicht nur die letzte Verurteilung zu berücksichtigen, sondern das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers. Dabei zeigt sich, dass der Beschwerdeführer seit mehr als fünfundzwanzig Jahren regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist und sich weder durch die Erfahrung des Haftübels noch durch die Androhung bzw. Verhängung eines Aufenthaltsverbotes von der Begehung weiterer Straftaten abhalten ließ. Die belangte Behörde ging daher berechtigt davon aus, dass es eines längeren Zeitraumes bedarf, um beim Beschwerdeführer ein Umdenken herbeizuführen und dass daher nicht mit einem raschen Wegfall der von ihm ausgehenden Gefährdung zu rechnen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand seines Gesamtfehlverhaltens zeigte der Beschwerdeführer unzweifelhaft, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten ist. Insbesondere aufgrund des Umstandes, dass er immer wieder ein unbeherrschtes Verhalten an den Tag legte und andere körperlich verletzte und dass er in regelmäßigen Abständen in PKWs und Keller einbrach bzw. versuchte in Supermärkten Alkoholika zu stehlen, besteht die reale Gefahr, dass er unmittelbar nach der Haftentlassung wieder in dieses Muster zurückfällt.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG erfassten Verfahren - wie es auch das vorliegende ist - enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG eigene Regelungen, von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich „im Übrigen“ sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 08.03.2021, Ra 2020/14/0457).

Diese Kriterien treffen im gegenständlichen Fall zu:

Der Sachverhalt wurde durch die belangte Behörde vollständig erhoben. Die belangte Behörde gewährte dem Beschwerdeführer zweimal die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme, welcher der Beschwerdeführer aber nicht nachkam. Nachdem in der Beschwerde den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht widersprochen und diese auch nicht ergänzt wurden, ist der Sachverhalt als solcher auch unbestritten und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht auch den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an.

Zudem wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Angemessenheit Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot Diebstahl Durchsetzungsaufschub EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung Körperverletzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Unionsbürger Untersuchungshaft Verbrechen Verhältnismäßigkeit Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2007851.2.00

Im RIS seit

16.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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