TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/25 W154 2237212-6

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Veröffentlicht am 25.06.2021
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Entscheidungsdatum

25.06.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W154 2237212-6/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1234264710-201133028 über die weitere Anhaltung von XXXX auch XXXX alias XXXX auch XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. NIGERIA, in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Nigeria, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 18.06.2019 unter Angabe eines falschen Geburtsdatums einen Antrag auf internationalen Schutz.

Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Beschwerdeführers hatte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge „Bundesamt“) Zweifel an dem vom Beschwerdeführer angegebenen Alter und veranlasste eine sachverständige multifaktorielle medizinische Altersschätzung. Dem Sachverständigengutachten vom 16.07.2019 folgend, wurde vom Bundesamt das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit dem XXXX festgesetzt.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13.11.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. u. 2. Fall, 27 Abs. 2a 2. Fall SMG sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. u. 2 Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 07.09.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a und 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. u. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, wobei ein Teil von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.03.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.). Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

Am 18.08.2020 leitete das Bundesamt bei der nigerianischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein. Nach der Entlassung aus der Strafhaft tauchte der Beschwerdeführer unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar. Er wies im Zeitraum vom 11.09.2020 bis 13.11.2020 laut Zentralem Melderegister keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich auf.

Aufgrund eines vom Bundesamt erlassenen Festnahmeauftrages wurde der Beschwerdeführer am 15.11.2020 im Zuge einer Personenkontrolle von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Im Zuge der Amtshandlung wurde beim Beschwerdeführer erneut Suchtgift sichergestellt.

Am 16.11.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Englisch zur Anordnung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst angegeben, dass er nicht vorhabe, nach Nigeria zurückzukehren. Befragt zu seinen Familienverhältnissen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Auch über Familienangehörige verfüge er in Österreich nicht. Seine gesamte Familie lebe in Nigeria. Er habe aber in Österreich eine Freundin. Von dieser wisse er nur den Vornamen, einen Nachnamen kenne er nicht. Auch ihre Adresse könne er nicht nennen. Auf Befragung durch das Bundesamt gab der Beschwerdeführer weiters an, dass er über keine Barmittel verfüge und in Österreich keiner legalen Arbeitstätigkeit nachgegangen sei. In der Vergangenheit habe er seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Drogen finanziert. Nunmehr werde er unregelmäßig von seiner Freundin finanziell unterstützt.

Mit Mandatsbescheid vom 16.11.2020 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 16.11.2020 durch persönliche Übergabe zugestellt.

Gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes vom 16.11.2020 sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom (damals) bevollmächtigten Vertreter des BF am 24.11.2020 Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 30.11.2020, GZ W115 2237212-1/15E, als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen. Dieses Erkenntnis wurde der Vertretung des BF am 30.11.2020 zugestellt und ist dieser auch an diesem Tag zugegangen.

Am selben Tag stellte der BF sodann einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Zuge seiner niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er auf Nachfrage an, dass sein Leben in seiner Heimat wegen „Juju“ in Gefahr sei. Sein Bruder sei wegen „Juju“ gestorben. Sein Vater habe „Juju“ auf seine Kinder ausgesprochen. Seine Mutter sei Christin und sein Vater sei „Juju“- Beschwörer. Das sei sein neuer Fluchtgrund. Seine Mutter habe ihm das bei einem Telefonat vor zwei Monaten erzählt, seitdem wisse er davon. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Behörde am 07.12.2020 gab der BF des Weiteren an, dass sein Vater für den Tod seines Bruders verantwortlich sei, weil dieser sich geweigert habe, dem „Juju“ beizutreten. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass jetzt er, der BF an der Reihe sei. Er wolle dem „Juju“ auch nicht beitreten, weil er Christ sei. Er habe seiner Mutter bei ihrem letzten Telefonat vorgeschlagen, in einem anderen Dorf zu leben. Er habe jedoch seit seiner Festnahme nichts mehr von seiner Mutter gehört.

Das Bundesamt änderte mit Aktenvermerk vom 30.11.2020, dem BF zugestellt am 01.12.2020, die Rechtsgrundlage der Schubhaft auf § 76 Abs. 6 FPG ab, da das Bundesamt aufgrund der unschlüssigen und unglaubwürdigen Angaben des BF bei seiner Ersteinvernahme zu seinem Folgeantrag und seinen Angaben, dass er schon seit mehr als 6 Wochen Kenntnis von seinen nun behaupteten Fluchtgründen hatte, davon ausging, dass der Folgeantrag des BF nur zur Verzögerung der Abschiebung gestellt worden ist. Dem BF war zuvor bereits die Vorführung vor eine Delegation der nigerianischen Botschaft zur Ausstellung eines HRZ zum 03.12.2020 angekündigt worden. Die Vorführung entfiel letztlich, da eine solche vonseiten der Botschaft nur für Fremde akzeptiert wird, die nicht (mehr) Asylwerber sind oder freiwillig auf eigenen Wunsch zum Delegationstermin erscheinen.

Sechs Tage nach Zustellung des o.g. Aktenvermerk, am 07.12.2020, kontaktierte der BF – entgegen seines Folgeantrags – den Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) und äußerte den Wunsch zur freiwilligen Ausreise; er füllte auch die diesbezüglichen Formulare aus. Der VMÖ trug diesen Antrag an das Bundesamt heran, das der freiwilligen Ausreise und der Kostenübernahme für die Ausreisekosten zustimmte.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.12.2020 wurde der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.). sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dem BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Des Weiteren wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und schließlich wurde gegen den BF ein Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.). Der BF erhob durch seine ausgewiesene Vertretung gegen diesen Bescheid Beschwerde.

Das Bundesamt veranlasste, dass der BF am 17.12.2020 freiwillig und auf eigenen Wunsch bei der Delegation der nigerianischen Botschaft vorsprechen konnte, um für die freiwillige Ausreise ein Reisedokument zu erlangen, worauf ihm von der nigerianischen Botschaft am 22.12.2020 auch ein HRZ für die Ausreise nach Nigeria, gültig bis 21.01.2021, ausgestellt wurde. Ein Flug nach Lagos wurde für den BF für den 30.12.2020 organisiert. Am 23.12.2020, somit nur einen Tag nach Ausstellung des HRZ ließ der BF durch den VMÖ mitteilen, er widerrufe den Antrag auf freiwillige Ausreise und wolle jetzt in Österreich bleiben. Der Flug für den 30.12.2020 wurde hierauf storniert.

Der BF trat am 27.12.2020 in einen Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft freizupressen. Der BF beendete diesen Hungerstreik freiwillig am 07.01.2021.

Die Beschwerde des BF gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes vom 09.12.2020 wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 20.01.2021 zur GZ I405 2238142-1/3E als unbegründet abgewiesen. Gegen den BF liegt somit (erneut) eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Am 09.03.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Überprüfung der Anhaltung des BF in Schubhaft über den vierten Monat hinaus vor. In der hierzu erstatteten Stellungnahme gab das Bundesamt an, der BF sei bereits für eine Charterabschiebung am 16.03.2021 vorgesehen. Am 11.03.2021 teilte das Bundesamt mit, dass der Flug zur Charterabschiebung am 16.03.2021 von den nigerianischen Behörden derzeit keine Landeerlaubnis erhalten habe. Konkret gab die Abt. B/II des Bundesamtes an, der Flug werde aus diesem Grund verschoben. Der BF sei aber bereits für die nächste Sammelabschiebung gebucht.


Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W282 2237212-2/12E, vom 12.03.2021 wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.04.2021, W117 2237212-3/4E, wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 28.04.2021 wurde für den Beschwerdeführer seitens des BFA ein Abschiebeflug mittels Charter für den 26.05.2021 gebucht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2021, W140 2237212-4/6E, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 10.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer die Information über die bevorstehende Abschiebung für den Charter am 26.05.2021 persönlich zugestellt. Er verweigerte jedoch bei Übernahme die Unterschrift.

Am 25.05.2021 verweigerte der Beschwerdeführer den für die Einreise nach Nigeria notwendigen PCR- Test (Testung durch Nasenabstrich), weshalb die Flugbuchung für den Beschwerdeführer für den Charter am 26.05.2021 storniert werden musste.

Am 27.05.2021 wurde seitens des BFA für den Beschwerdeführer neuerlich ein Abschiebeflug mittels Charter für den 22.06.2021 gebucht.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.05.2021, W112 2237212-5/21Z, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 18.06.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt neuerlich zur amtswegigen Prüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG vor und führte dazu in seiner Stellungnahme im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer nun neuerlich für den Charter am 22.06.2021 gebucht und bereits auch für den PCR-Gurgeltest vorgemerkt worden sei, sollte er den PCR-Nasenabstrich wieder verweigern.

Nach Ausstellung des HRZ, welches kurz vor dem Charter ausgestellt werde und einer erfolgten PCR-Testung mit einem negativen Ergebnis, werde der BF am 22.06.2021 nach Nigeria abgeschoben.

Die Stellungnahme des BFA wurde der Vertretung des Beschwerdeführers am 18.06.2021 zum Parteiengehör übermittelt. Die Vertretung des Beschwerdeführers sah von der Erstattung einer Stellungnahme ab.

Mit Schriftsatz vom 22.06.2021 teilte das BFA mit, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Verweigerung des PCR-Tests für den Abschiebeflug am 22.06.2021 storniert werden musste.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Zur Person des BF:

Der Beschwerdeführer ist volljährig und verfügt über keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist Staatsangehöriger von Nigeria. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria vor. Der BF versuchte das Bundesamt über sein wahres Alter zu täuschen und gab vor, minderjährig zu sein.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit dem 18.06.2019 im österreichischen Bundesgebiet auf

Der BF verfügt in Österreich weder über einen gesicherten Wohnsitz noch über wesentliche soziale oder familiäre Beziehungen. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Der BF hat bisher seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Suchtgift finanziert. Der BF verfügt aktuell über keine nennenswerten Barmittel. Der BF verfügt über eine Freundin in Österreich, von der er weder Nachnamen noch Wohnort kennt und die ihn bis dato nicht in der Schubhaft besucht hat.

Der Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

Zur Straffälligkeit:

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13.11.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. u. 2. Fall, 27 Abs. 2a 2. Fall SMG sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. u. 2 Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 07.09.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a und 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. u. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, wobei ein Teil von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

Im Zuge einer am 15.11.2020 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Personenkontrolle wurde beim Beschwerdeführer erneut Suchtgift sichergestellt.

Zum Verfahrensgang und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

Der BF ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht Asylwerber oder subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit dem 18.06.2019 im österreichischen Bundesgebiet auf.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.03.2020 wurde der (Erst-)Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

Mit Mandatsbescheid vom 16.11.2020 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Gegen diesen Schubhaftbescheid vom 16.11.2020 sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom (damals) bevollmächtigten Vertreter des BF am 24.11.2020 Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 30.11.2020 zur GZ W115 2237212-1/15E als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

Am 30.11.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, worauf das Bundesamt dem BF einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG ausfolgte und die Schubhaft aufrechterhielt.

Am 07.12.2020 beantragte der Beschwerdeführer über den VMÖ die freiwillige Rückreise nach Nigeria und ließ er sich auf eigenen Wunsch am 17.12.2020 einer Delegation der nigerianischen Botschaft vorführen, die ihm am 22.12.2020 ein Heimreisezertifikat ausstellte. Ein Flug nach Lagos wurde für den BF für den 30.12.2020 gebucht. Nur einen Tag später, am 23.12.2020 gab der BF an, doch nicht nach Nigeria ausreisen zu wollen, sondern nun doch an seinem Asylantrag festhalten zu wollen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.12.2020 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Mit der erlassenen Rückkehrentscheidung wurde gegen den BF auch ein Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren erlassen. Der BF erhob durch seine ausgewiesene Vertretung gegen diesen Bescheid Beschwerde welche vom BVwG mit Erkenntnis vom 20.01.2021 zur GZ I405 2238142-1/3E als unbegründet abgewiesen wurde.

Gegen den BF liegt somit eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Das Bundesamt hat die Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG zeitgerecht vorgenommen.

Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit März 2020 eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Der Beschwerdeführer befand sich bis September 2020 in Strafhaft. Nach der Entlassung aus der Strafhaft tauchte der Beschwerdeführer unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar. Er wies im Zeitraum vom 11.09.2020 bis zum 13.11.2020 keinen behördlich gemeldeten Wohnsitz in Österreich auf. Aufgrund eines vom Bundesamt erlassenen Festnahmeauftrages wurde der Beschwerdeführer zufällig am 15.11.2020 im Zuge einer Personenkontrolle von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Der Beschwerdeführer ist nicht mehr Asylwerber und hat damit keinen Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung oder ein entsprechendes Quartier.

Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in höchstem Maße vertrauensunwürdig und denkbar unkooperativ und nicht ausreisewillig. Der Beschwerdeführer wird im Falle der Entlassung aus der Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit untertauchen, um sich seiner geplanten Abschiebung zu entziehen. Der Beschwerdeführer stellte seinen Folgeantrag auf internationalen Schutz aus dem Stande der Schubhaft am 30.11.2020 ausschließlich zum Zweck seine Abschiebung - in concreto seine Vorführung vor die nigerianische Delegation am 03.12.2020 - zu verhindern. Der Beschwerdeführer stellte hiernach den Antrag auf freiwillige Ausreise in rechtmissbräuchlicher Absicht mit dem Ziel aus der Schubhaft freizukommen, um erneut untertauchen zu können. Bereits einen Tag nach Ausstellung eines HRZ für den Beschwerdeführer durch die nigerianische Botschaft widerrief der Beschwerdeführer seinen Antrag auf freiwillige Ausreise, als er erkannte, auch hierdurch nicht aus der Schubhaft freizukommen.

Der Beschwerdeführer trat am 27.12.2020 in einen Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft freizupressen. Der Beschwerdeführer beendete diesen Hungerstreik freiwillig am 07.01.2021.

Das Bundesamt hat noch während der Strafhaft des Beschwerdeführers im August 2020 ein HRZ-Verfahren mit Nigeria eröffnet. Der Beschwerdeführer war nach seinem Aufgriff und der Verhängung der Schubhaft für eine Vorführung vor eine Delegation der nigerianischen Botschaft am 03.12.2020 vorgesehen. Der Beschwerdeführer vereitelte diese Vorführung erfolgreich durch Stellung seines Folgeantrags am 30.11.2020. Der BF ließ sich aber dann am 17.12.2020 aufgrund seines zwischenzeitigen Antrag auf freiwillige Ausreise einer Delegation der nigerianischen Botschaft im PAZ vorführen und wurde als nigerianischer Staatsbürger erfolgreich identifiziert. Die nigerianische Botschaft stellte hierauf am 22.12.2020 ein HRZ für den BF, gültig bis 21.01.2021 aus. Der BF widerrief aber nur einen Tag später seinen Antrag auf freiwillige Ausreise. Das noch gültige HRZ konnte nicht zu seiner Abschiebung im Wege einer Sammelabschiebung im Jänner 2021 nach Nigeria genutzt werden, da der Beschwerdeführer gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes vom 09.12.2020 Beschwerde erhoben hatte und das Bundesverwaltungsgericht zu diesem Zeitpunkt über diese noch nicht entschieden hatte.

Festgestellt wird, dass das Bundesamt angemessene Anstrengungen zur Erlangung eines HRZ für den Beschwerdeführer unternommen hat und noch immer unternimmt. Die Ausstellung eines neuen HRZ seitens Nigeria für den Beschwerdeführer ist aufgrund des bereits im Dez. 2020 erteilten HRZ im höchsten Maße wahrscheinlich. Bei zu erwartender Erneuerung dieses HRZ wird der Beschwerdeführer im Rahmen einer Charterabschiebung nach Nigeria abgeschoben werden. Erfolgreiche Charterabschiebungen nach Nigeria fanden im Oktober 2020, Dezember 2020 und Jänner 2021 statt. Die Charterabschiebung am 16.03.2021 musste aufgrund mangelnder Landeerlaubnis verschoben werden. Am 24.03.2021 wurde der Charter für 20.04.2021 schon vor der Buchung storniert. Aufgrund der bereits erfolgten erfolgreichen Sammelabschiebungen nach Nigeria in den letzten Monaten ist aber mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers zu rechnen.

Der Beschwerdeführer war für die Charter-(Abschiebe)flüge am 26.05.2021 und 22.06.2021 bereits gebucht, hat eine Abschiebung zu den genannten Terminen jedoch aus Eigenem durch Verweigerung der PCR-Testung verhindert. Da bereits mehrmals Heimreisezertifikate für den Beschwerdeführer ausgestellt wurden, ist nach den Erfahrungswerten mit einer neuerlichen Ausstellung zu rechnen. Da der Beschwerdeführer seine Abschiebung am 22.06.2021 neuerlich verhindert hat, muss die Lage seitens des Bundesamtes neu bewertet werden.

Es ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer für die nun länger dauernde Anhaltung in Schubhaft zu einem Großteil durch sein oben beschriebenes Verhalten selbst verantwortlich ist, da er bereits mehrere Möglichkeiten seiner Außerlandesbringung vereitelt hat.

Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen W115 2237212-1, W117 2237212-3/4E, W140 2237212-4, W112 2237212-5 und I405 2238142-1 sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu der in Österreich geführten Identität des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem Zentralen Fremdenregister und der Anhaltedatei des Bundesministeriums. Dass seine Identität nicht zweifelsfrei feststeht, ergibt sich daraus, dass der BF bisher keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt hat und sich bei einer (fremden)polizeilichen Kontrolle nicht ausweisen konnte. Dass der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden HRZ der nigerianischen Botschaft vom Dez. 2020.

Die Volljährigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Asylverfahren eingeholten Sachverständigengutachten und resultiert daraus auch der Täuschungsversuch über sein Alter.

Die Feststellungen zur gänzlich fehlenden sozialen und beruflichen Integration, dem fehlenden Wohnsitz ergeben sich aus seiner Einvernahme vor dem Bundesamt und den Gerichtsakten W115 2237212-1, W117 2237212-3/4E und I405 2238142-1. Die Feststellungen zu seinen finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nie berufstätig war, ergibt sich aus einem Versicherungsdatenauszug.

Die Feststellung zur Unterkunftnahme im Verborgenen ergibt sich aus dem ZMR, da für den festgestellten Zeitraum keine Meldung des Beschwerdeführers aufscheint. Es gibt keine Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer das im Erkenntnis W115 2237212-1/15E noch angenommene Asylwerberquartier noch zur Verfügung steht, da er mittlerweile nicht mehr den Status des Asylwerbers innehat.

Die Existenz der vom Beschwerdeführer im Verfahren W115 2237212-1 behaupteten Freundin, von der er aber weder den Nachnamen noch ihren Wohnort angeben konnte, kann fortgesetzt als wahr unterstellt werden. Dass diese Beziehung aber keine nennenswerte Bindung darstellt, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer trotz dieser von ihm vorgebrachten Bindung Anfang Dezember 2020 überraschend freiwillig ausreisen wollte, vor allem aber aus der Tatsache, dass aus der Anhaltedatei hervorgeht, dass der BF seit seiner Inschubhaftnahme von keiner Person (außer seinen Rechtsberatern) besucht wurde.

Zur Straffälligkeit:

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers werden aufgrund des Strafregisterauszugs sowie aufgrund der Abschriften der entsprechenden Strafurteile in den Gerichtakten W115 2237212-1 und I405 2238142-1 getroffen.

Die Feststellung, dass im Zuge einer am 15.11.2020 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Personenkontrolle, beim Beschwerdeführer Suchtgift sichergestellt wurde, ergibt sich aus der im Gerichtsakt W115 2237212-1 einliegenden Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 15.11.2020.

Zum Verfahrensgang und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, dass der BF nicht volljährig wäre, im Gegenteil kann aufgrund des im Asylverfahren eingeholten Sachverständigengutachten festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer volljährig ist und versucht hat, über sein wahres Alter zu täuschen.

Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid, der Anhaltung in Schubhaft seit 16.11.2020 und der rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, gegenteiliges wurde vom BF auch nicht vorgebracht.

Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

Dass der Beschwerdeführer nicht rückkehrwillig und im besonderen Maße unkooperativ ist, ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten im bisherigen Verfahren. So hat er bis dato klar angegeben, nicht nach Nigeria zurückkehren zu wollen. Die freiwillige Ausreise hat der Beschwerdeführer nur in der Absicht beantragt, aus der Schubhaft freizukommen, um die Gelegenheit zum Untertauchen zu erhalten, weshalb er seinen diesbezüglichen Antrag sofort widerrief als er feststellte, dass ihm dieser keine Möglichkeit des Untertauchens beschert, da auch die freiwillige Ausreise überwacht erfolgt. Weiters trat der Beschwerdeführer in einen fast zweiwöchigen Hungerstreik, mit dem er sich aus der Schubhaft freizupressen versuchte, dies ergibt sich aus den Eintragungen in der Anhaltedatei.

Der Beschwerdeführer ist in Kenntnis der gegen ihn ergangenen Rückkehrentscheidung vom März 2020 nach Ende seiner Strafhaft untergetaucht und war er laut Zentralem Melderegister bis 13.11.2020 nicht mehr gemeldet. Der Beschwerdeführer hat sich somit bewusst dem Zugriff des Bundesamtes entzogen um seine Abschiebung zu verhindern. Letztlich konnte der Beschwerdeführer nur durch Zufall am 15.11.2020 von der Polizei betreten werden. Der BF hat weiters alles in seiner Macht Stehende unternommen, um das Verfahren zu seine Außerlandesbringung zu behindern. So stellte er bewusst kurz vor der vorgesehenen Vorführung vor eine Botschaftsdelegation für 03.12.2020 am 30.11.2020 einen Folgeantrag, in dem er erneut keine nennenswerten Fluchtgründe angab, sondern nur meinte, er habe Angst vor „schwarzer Magie“ in Nigeria („Juju“). Er wisse von dieser „Bedrohung“ aber schon seit zwei Monaten. Schon allein dadurch wird sichtbar, dass der BF den Folgeantrag zu diesem Zeitpunkt nur zur Vereitelung seiner Vorführung vor die nigerianische Delegation stellte, er hätte diesen – so er tatsächlich in Furcht gewesen wäre – schon zu einem viel früheren Zeitpunkt stellen können. Dass die Folgeantragstellung missbräuchlich erfolgte, bekräftigte der BF aber de-facto unwiderlegbar mit seinem Antrag auf freiwillige Ausreise nach Nigeria nur 8 Tage nach Stellung dieses Folgeantrags. Es ist davon auszugehen, dass der BF – nachdem das Bundesamt mit Recht die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrecht erhielt – erkannte, dass ihn sein Folgeantrag nicht aus der Schubhaft befreien wird. Dass der BF auch den Antrag auf freiwillige Ausreise nur in der Absicht stellte, damit irgendwie aus der Schubhaft freizukommen, um sich erneut seiner Abschiebung entziehen zu können, ergibt sich aus der Tatsache, dass der BF nur einen Tag nach der Ausstellung eines HRZ durch die nigerianische Botschaft, den Antrag auf freiwillige Ausreise widerrufen hat. Erneut hat der BF also offenbar realisiert, dass auch die Vorspiegelung von Ausreisebereitschaft ihn nicht aus der Schubhaft befreit, und er erkannte durch die HRZ-Ausstellung auch, dass ihm eine baldige Abschiebung nach Nigeria bevorsteht. Somit widerrief der BF seinen Antrag auf freiwillige Ausreise und hielt an der Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes vom 09.12.2020 - trotz erkennbarer Aussichtslosigkeit - fest. Dieses Verhalten ist aber auch maßgeblich kausal für die nun länger andauernde Anhaltung in Schubhaft, da der BF die für ihn bereits am 30.12.2020 organisierte freiwillige überwachte Ausreise nach Nigeria verhindert hat. Er hielt auch die Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Folgeantrags mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.12.2020 trotz objektiver Aussichtslosigkeit aufrecht und verhinderte so bereits seine Abschiebung mit dem im Jänner 2021 erfolgreich durchgeführten Frontex-Charter nach Nigeria. Seine Abschiebungen am 26.05.2021 und am 22.06.2021 verhinderte er durch Verweigerung einer PCR-Testung. Er ist somit selbst dafür verantwortlich, dass er noch immer in Schubhaft angehalten wird, da er bereits drei Möglichkeiten, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden und somit aus der Schubhaft freizukommen, erfolgreich verhindert hat.

Die Feststellung zur aktuellen allgemeinen Lage hinsichtlich der Ausstellung von Heimreisezertifikaten für Nigeria ergeben sich aus der Information der Abteilung B/II des Bundesamtes (siehe dazu den Gerichtsakt). Auf diesen Informationen basieren auch die Feststellungen, dass mehrere Sammelabschiebungen nach Nigeria in den letzten Monaten erfolgreich durchgeführt wurden. Es besteht aufgrund der Tatsache, dass der BF bereits einmal erfolgreich als Nigerianer identifiziert wurde, kein Zweifel daran, dass dem BF bei Feststehen seines neuen Abschiebetermins erneut ein HRZ ausgestellt wird. Die voraussichtliche Dauer der weiteren Anhaltung in Schubhaft erscheint mit ca. 4 Wochen beschränkt. Der nächste Charter-(Abschiebe)flug nach Nigeria ist für Ende Juli 2021 geplant (siehe dazu BFA Direktion, Koordination Fremdenwesen und Asyl, Aktuelle Informationen zu Rückführungen, Stand 21.06.2021).

Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, aus den unrichtigen Angaben zu seiner Identität, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch seinem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern werde.

Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit November 2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.


Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch

§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des Beschwerdeführers kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).

Zum konkret vorliegenden Fall:

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Zu Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Es liegt beim BF fortgesetzt Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 3 FPG vor.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer wirkt weiters an den HRZ-Verfahren nicht mit, um seine Abschiebung zu verhindern bzw. hat – wie festgestellt – durch sein extrem unkooperatives Verhalten bereits mehrere Abschiebemöglichkeiten und Ausreisemöglichkeiten erfolgreich verhindert. Der BF hat einen aussichtslosen Folgeantrag gestellt, um eine Vorführung vor die Botschaftsdelegation (erfolgreich) zu verhindern, er hat diesen in Folge selbst konterkariert, in dem er wenige Tage danach die freiwillige Ausreise nach Nigeria beantragt hat und diese aber just bei Vorliegen eines HRZ und eines bereits gebuchten Fluges sofort widerrufen hat. Die freiwillige Teilnahme am Botschaftstermin im Dez. 2020 und auch der Antrag auf freiwillige Ausreise, waren niemals Zeichen der Einsicht beim BF, sondern hatten für den BF erkennbar nur den Zweck eine Möglichkeit zu finden, aus der Schubhaft freizukommen, um erneut untertauchen zu können. Zuvor war der BF - wie festgestellt - nach Ende seiner Strafhaft untergetaucht um sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist daher fortgesetzt erfüllt.

Weiter liegt auch § 76 Abs. 3 Z 5 FPG vor, da der BF aus dem Stande der Schubhaft am 30.11.2020 einen – bei objektiver Betrachtung – unbegründeten und de-facto aussichtslosen Folgeantrag gestellt hat. Dabei gab der BF auch selbst an, er wisse von den Fluchtgründen, die er seinem Antrag zugrunde lege, bereits seit zwei Monaten.

Der BF verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er hat in Österreich keinen Wohnsitz, sondern hat bisher ausschließlich im Verborgenen oder in Strafhaft gelebt. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Die vom BF behauptete Freundin hat den BF bis dato niemals in Schubhaft besucht, weshalb hier nicht von einem nennenswerten Grad an sozialer Bindung auszugehen ist, zumal der BF weder Namen noch Wohnort der Freundin angeben kann. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist daher ebenfalls fortgesetzt erfüllt.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein sehr hohes Risiko des Untertauchens sowie einen fortgesetzten Sicherungsbedarf ergeben. Der BF hat seine in diesem Fall besonders ausgeprägte Vertrauensunwürdigkeit und seine Unzuverlässigkeit durch sein unkooperatives Verhalten, mit dem er bereits mehrere Möglichkeiten der Aufenthaltsbeendigung (freiwillige Ausreise, Abschiebung im Jänner, Mai und Juni 2021) verhindert hat, unter Beweis gestellt.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 5 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Zur Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Im Hinblick auf die Straffälligkeit des BF, die gemäß § 76 Abs. 2a FPG bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist, ist festzuhalten, dass das der BF selbst angibt, seinen Unterhalt bis dato durch Suchtgiftstraftaten, also dem Verkauf von Suchtgift bestritten zu haben. Es besteht allgemein ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgifthandel weswegen fallbezogen in Zusammenhalt mit dem zuvor Gesagten einer gesicherten Aufenthaltsbeendigung iSd § 76 Abs. 2a FPG ein hohes öffentliches Interesse zukommt.

Der BF wird seit 16.11.2020 in Schubhaft angehalten. Die Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist maßgeblich auf die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und der mangelnden Mitwirkung des BF sowie allenfalls mittelbar auf die aktuell vorherrschende COVID-19 Pandemie zurückzuführen. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das Bundesamt vielmehr rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF mit Nigeria eingeleitet. Der BF wurde nach freiwilliger Teilnahme am Botschaftstermin im Dezember 2020 auch als nigerianischer StA identifiziert und ihm ein HRZ ausgestellt. Dass dieses weder für die freiwillige Ausreise noch für die Abschiebung des BF im Jänner 2021 genutzt werden konnte, ist auf das bereits erörterte Verhalten des BF selbst zurückzuführen. Der BF ist daher maßgeblich selbst dafür verantwortlich, dass er nun noch immer in Schubhaft angehalten wird.

Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten des BF vorausgesetzt - mit ca. 4 Wochen beschränkt, da aufgrund der Erfahrungswerte aus den letzten Monaten, in denen Sammelabschiebungen nach Nigeria erfolgreich durchgeführt wurden, davon auszugehen ist, dass der für Ende Juli 2021 geplante Charter-(Abschiebe)flug nach Nigeria stattfinden wird.

Eine längere Schubhaftdauer ist - aufgrund der offensichtlichen Kausalität des unkooperativen Verhaltens des BF für die nun längere Anhaltung - iSd § 80 Abs. 4 Z 4 FPG gerechtfertigt.

Eine bereits jetzt klar sichtbare bestehende faktische Unmöglichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der Abschiebung des BF ist aufgrund der oben erörterten Lageeinschätzung derzeit nicht gegeben. Die rezente Judikatur des VwGH zu dieser Frage ist hier daher nicht einschlägig, da in diesen Fällen überhaupt keine realistische Prognose einer HRZ-Erlangung durch das Bundesamt mehr gegeben werden konnte und der VwGH aussprach,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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