TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/23 W192 2200361-1

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Veröffentlicht am 23.03.2021
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Entscheidungsdatum

23.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs11 Z2
AsylG-DV 2005 §4 Abs1
BFA-VG §21 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W192 2200361-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2018, Zahl: 13-412947002/171085855, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 10 Abs. 3, 57 und 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA VG i.d.g.F., §§ 46, 52, 55 FPG i.d.g.F. und § 4 Abs. 1 AsylG-DV als unbegründet abgewiesen.

In Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird das Wort „Russische Föderation“ durch „Georgien“ ersetzt.

Gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG i.d.g.F. wird festgestellt, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Georgien, der sich unter Vortäuschung einer anderen Identität und einer russischen Staatsangehörigkeit seit 2007 im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten hat, stellte am 18.09.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005. Er wurde von der Behörde in einem Verbesserungsantrag vom 29.11.2017 zur Vorlage eines gültigen Reisepasses im Original, einer Geburtsurkunde sowie eines Nachweises über den gesicherten Lebensunterhalt aufgefordert. Mit schriftlicher Erklärung vom 18.01.2018 teilte er der Behörde unter Verwendung seiner falschen Identität mit, dass er keine Ausweispapiere aus dem Herkunftsland oder eine Geburtsurkunde besitze. Er brachte diese Erklärung und weitere Unterlagen vom 27.02.2018 bei der Behörde ein.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Mängelheilung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 AsylG-DV abgewiesen (Spruchpunkt I.) sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 11 Z 2AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), gem. § 10 Abs. 3 AsylG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt III.) sowie festgestellt, dass dessen Abschiebung gem. § 46 FPG „nach“ Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.).

Die Behörde betrachtete die schriftliche Erklärung vom 28.01.2018, wonach der Beschwerdeführer keine Ausweispapiere und keine Geburtsurkunde besitze, als Antrag auf Mängelheilung und wies diesen mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer den ihm zumutbaren Versuch, bei einer russischen Vertretungsbehörde ein Dokument zu beantragen, nicht unternommen habe. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei wegen der durch Unterlassung der Vorlage von Dokumenten erfolgter Verletzung der Mitwirkungspflicht zurückzuweisen. Die Rückkehrentscheidung sei zulässig.

3. Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz einer Rechtsberatungsorganisation vom 03.07.2018 eingebrachte Beschwerde. Darin wurde vorgebracht, dass die Abweisung des Antrages auf Mängelheilung angesichts eines sehr ausgeprägten Privat-und Familienlebens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht zurecht erfolgt sei und dem Beschwerdeführer aufgrund der Voraussetzungen des §§ 4 Abs. 1 Z 2 der Asylgesetz-Durchführungsverordnung die Aufenthaltsberechtigung im Sinne von § 55 Abs. 2 AsylG 2005 zu erteilen sei. Es wurde auf die lange Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers sowie eine seit 2013 bestehende Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen hingewiesen, der zwei gemeinsame Kinder entstammten.

4. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.05.2019 wurde das gegenständliche Verfahren der bis dahin zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer hat unter Vortäuschung einer falschen Identität als Staatsangehöriger der Russischen Föderation am 22.05.2007 einen Asylantrag gestellt, der mit Rechtskraft vom 02.02.2008 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen wurde, wobei gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung verfügt wurde.

Der Beschwerdeführer ist nicht ausgereist und hat nicht an der Feststellung seiner Identität bzw. Beschaffung eines Heimreisezertifikates mitgewirkt.

Der Beschwerdeführer wurde zwischen 2008 und 2019 sieben Mal von österreichischen Strafgerichten wegen Vermögensdelikten zu Freiheitsstrafen und Geldstrafen verurteilt.

Gegen ihn bestand mit Rechtskraft vom 05.07.2008 ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und besteht mit Rechtskraft vom 15.03.2008 ein aufrechtes Waffenverbot. Der Beschwerdeführer führte von 2013 bis 2020 eine Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen, der zwei Kinder entstammten. Gegen Beginn des Jahres 2020 trennte er sich von ihr und führte kein aufrechtes Familienleben mehr mit ihr und den gemeinsamen Kindern.

Der Beschwerdeführer war seit 2012 nicht erwerbstätig, verfügt über kein Vermögen, wohnte zuletzt in einer Unterkunft einer wohltätigen Einrichtung und war auf öffentliche Gelder angewiesen.

Der Beschwerdeführer hat keine belegten Kenntnisse der deutschen Sprache.

Dem Beschwerdeführer wurde am 26.09.2016 unter seiner falschen Identität als Staatsangehöriger der Russischen Föderation eine bis 25.09.2017 gültige Karte für Geduldete ausgestellt.

Erst im April 2020 wurde den österreichischen Behörden die wahre Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bekannt. Er selbst gab erstmals im September 2020 seine wahre Identität an und wurde am 11.12.2020 von der georgischen Botschaft identifiziert.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 2, 3 und Abs. 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.). Diese Entscheidung ist mit 19.02. 2021 in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer wurde am 28.01.2021 in den Herkunftsstaat abgeschoben.

Er hat nicht vorgebracht, dass er dort einer Bedrohung ausgesetzt sei und es ergibt sich dies auch nicht aus der Situation im Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1.Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu dessen persönlichen und familiären Verhältnissen ergeben sich aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei vor dem BFA. Aufgrund der zuletzt durch die georgischen Behörden erfolgte Identifizierung wird die Identität der beschwerdeführenden Partei (gemäß den im Spruch erstangeführten Personalien) als feststehend erachtet.

Die Feststellung zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister und den vorliegenden Urteilsausfertigungen.

Die Feststellungen über das vom Beschwerdeführer geführte Asylverfahren in Österreich sowie über die gegen ihn getroffene rechtskräftige Entscheidung zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ergeben sich aus den entsprechenden Verwaltungsakten und Entscheidungsausfertigungen.

Der Beschwerdeführer hat keine Belege über den Besuch von Sprachkursen oder den Erwerb von Sprachdiplome vorgelegt.

Der erstmalige Hinweis auf die tatsächliche Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Bericht der zuständigen Landespolizeidirektion vom 13.04.2020, dessen Inhalt in weiterer Folge nach Überprüfung von Seiten der georgischen Behörden bestätigt worden ist. Der Beschwerdeführer selbst hat - offenkundig nachdem ihm die entsprechende Überprüfung bei den georgischen Behörden bekannt geworden ist - erst mit Eingabe vom 22.09.2020 seine tatsächlichen Identitätsdaten bekannt gegeben.

Das seinerzeit bestehende Aufenthaltsverbot und das bestehende Waffenverbot sind im Verwaltungsakt dokumentiert. Die Feststellung der Trennung des Beschwerdeführers von seiner früheren Lebensgefährtin beruht auf seinen Angaben in der Einvernahme vor der zuständigen Bundesdienststelle am 20.01.2021.

Die 2016 erfolgte Ausstellung einer Karte für Geduldete an den Beschwerdeführer unter seiner falschen russischen Identität ist im Verwaltungsakt dokumentiert.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat am 01.02.2021 lässt sich einem aktuellen Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister entnehmen.

Die Feststellung des Fehlens einer Bedrohung für den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat ergibt sich aus dem Bescheid des Bundesamts vom 21.01.2021, mit dem eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde. Weiters ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Georgien um einen Staat handelt, der zwar etwa im Hinblick auf Korruption Defizite aufweist, darüber hinaus aber weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, Ukraine u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098). Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass Georgien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 12 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. § 46a FPG lautet auszugsweise:

㤠46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange ...

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

...

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er 1. seine Identität verschleiert, 2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder 3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen ‚Republik Österreich‘ und ‚Karte für Geduldete‘, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht

mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen

lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.“

§ 57 Abs. 1 AsylG 2005 idF des FrÄG 2015 lautet auszugsweise:

„§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. ...“

27 § 58 Abs. 11 AsylG 2005 lautet:

„§ 58 (11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.“

Die maßgeblichen Bestimmungen der AsylG-DV 2005 lauten:

„§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.“

„§ 8. (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

(2) ...

(3) Ein Nachweis über die Duldung ist zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 anzuschließen.

(4) ...“

3.3.1. Zunächst ist festzuhalten (VwGH 31.08.2017, Ro 2016/21/0019), dass bei Aufenthaltstiteln nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Voraussetzungen für die verfahrensrechtliche Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005 mit den materiellen Voraussetzungen für die Titelerteilung zusammenfallen können (ähnlich wie im Fall von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005 im Verhältnis zum Heilungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 - vgl. dazu VwGH, 26.01.2017, Ra 2016/21/0168, Rz 29). § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verlangt nämlich unter anderem, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG weiterhin vor - ist also die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich -, so wird einem Heilungsantrag im Hinblick auf die Nichtvorlage von Identitätsnachweisen immer dann gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005 stattzugeben sein, wenn die vom Fremden nicht zu vertretenden Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung darin liegen, dass die Beschaffung der notwendigen Urkunden oder Nachweise für den Fremden (im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005) nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war. Das bedeutet, dass ein (mit einem Heilungsantrag verbundener) Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in aller Regel nicht gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 wegen der Nichtvorlage von Identitätsdokumenten zurückgewiesen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG weiterhin vorliegen; das Feststehen der Verfahrensidentität des Antragstellers ist in einem solchen Fall als ausreichend anzusehen. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer allerdings die Behörde seit seiner illegalen Einreise über seine wahre Identität getäuscht. Diese ist sowohl bei der seinerzeitigen Ausstellung einer Karte für Geduldete als auch bei der Erlassung des angefochtenen Bescheids von der vom Beschwerdeführer behaupteten falschen Identität als russischer Staatsangehöriger ausgegangen. Die Beschaffung der erforderlichen Urkunden war für den Beschwerdeführer bei den georgischen Behörden immer möglich und zumutbar, wie dessen 2020 erfolgte Identifizierung durch die georgischen Behörden gezeigt hat. Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall weder aktiv zur Klärung seiner Staatsangehörigkeit beigetragen noch von sich aus irgendwelche Bemühungen zur Erlangung von Identitäts- bzw. Heimreisedokumenten gezeigt, sondern mit der Behauptung der falschen Identität und Staatsangehörigkeit das Erlangen dieser Dokumente selbst verhindert. Es war dem Beschwerdeführer die Beschaffung der benötigten Identitätsdokumente möglich und zumutbar. Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass weder eine Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005 in Betracht kam noch die Voraussetzungen für die Duldung nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG weiterhin vorlagen.

Damit stand fest, dass auch die materiellen Bedingungen für die Erteilung eines Titels nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht erfüllt waren.

3.3.2.1. Nach dem Heilungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z 2 der AsylGDV 2005 "kann" laut der Rechtsprechung des VwGH (15.09.2016, Ra 2016/21/0187) die Behörde die Heilung eines Mangels (ua) nach § 8 der AsylGDV 2005 (unterbliebene Vorlage der dort genannten Urkunden) "auf begründeten Antrag" des Drittstaatsangehörigen zulassen, wenn das (gemeint: die Erteilung des Aufenthaltstitels) zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 MRK erforderlich ist. Letzteres ist freilich in jenen Konstellationen, in denen von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist, schon voraussetzungsgemäß der Fall. Dann kann es aber weder auf das Vorliegen eines "begründeten Antrags" ankommen, noch stehen dem BFA andere Alternativen zur Verfügung als die an die Erteilung anschließende Ausfolgung des Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Vor diesem Hintergrund erwiese sich die Stellung eines Heilungsantrages als reiner Formalismus, was es nahelegt, die "Heilung" dann auch ohne einen solchen Antrag eintreten zu lassen (Hinweis VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/0077). Das - durch § 8 AsylGDV 2005 näher konkretisierte - Erfordernis der Klärung der Identität des Fremden wäre gegebenenfalls schon dann als erfüllt anzusehen, wenn (bloß) eine eindeutige "Verfahrensidentität" dergestalt besteht, dass es sich bei jener Person, der der Aufenthaltstitel erteilt bzw. ausgefolgt wird, mit Sicherheit um jene handelt, in Bezug auf die die dauerhafte Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung ausgesprochen wurde.

Die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 ist schon bei Prüfung des Heilungstatbestandes nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylGDV 2005 und damit im Zusammenhang mit der Frage der Erfüllung des Zurückweisungstatbestandes nach § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 vorzunehmen (VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0103; 26.1.2017, Ra 2016/21/0168).

3.3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (siehe etwa VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253, mwN).

Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365). Der Beschwerdeführer war nicht erwerbstätig, verfügte über keine Beschäftigungsbewilligung und keine Einstellungszusage, sondern hat Leistungen des Grundversorgungssystems in Anspruch genommen. Er hat keine belegten Deutschkenntnisse, keine Vereinsaktivitäten oder freiwillige Hilfstätigkeiten und keine Ausbildungsinitiativen gesetzt, er hat nicht dargetan, einen umfassenden Freundeskreis zu haben. Er hat die etwa sechs Jahre mit einer deutschen Staatsangehörigen geführte Lebensgemeinschaft beendet und lebte zuletzt nicht mehr mit dieser und den beiden gemeinsamen Kindern im Gemeinsamen Haushalt. Eine Integration war daher nur in geringem Maße gegeben und es wurde diese mit der Trennung des Beschwerdeführers von seiner Lebensgefährtin und den Kindern von diesem selbst gemindert.

Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 10. November 2015, Ro 2015/19/0001; B 3. September 2015, Ra 2015/21/0121; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (zB AuslBG, E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. B 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. E 31. Jänner 2013, 2012/23/0006). Derartige Gegebenheiten, die trotz des vierzehnjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers eine Aufenthaltsbeendigung gerechtfertigt erscheinen lassen, liegen vor. Dieser war wiederholt wegen Vermögensdelikten straffällig und er hat durch seine über 13 Jahre betriebene Täuschung der Behörde über seine Identität und Staatsangehörigkeit seine beträchtliche Aufenthaltsdauer erzwungen.

Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung familiärer und privater Kontakte in Österreich ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei seinem Aufenthalt im Bundesgebiet seit Abschluss des Asylverfahrens 2008 seines unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein musste: Er durfte sich hier nur zunächst aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, welcher als unbegründet abzuweisen war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347, 26.02.2004, 2004/21/0027, 27.04.2004, 2000/18/0257; vgl. auch EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Danach ist der Beschwerdeführer entgegen dem mit 10 Jahren befristeten Aufenthaltsverbot unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben.

Den Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten. Somit ist auch der Heilungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z 2 der AsylGDV 2005 nicht erfüllt und es wurde der Antrag auf Mängelheilung zu Recht abgewiesen.

3.3.3. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde daher ebenso zu Recht gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 wegen der Nichtvorlage von Identitätsdokumenten zurückgewiesen

3.4. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 zurückgewiesen wurde und § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 nicht vorliegen, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

§ 10 Abs. 3 iVm § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 setzt voraus, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Zusammenhang gegeben.

3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234). Dazu ist auf die an den Beschwerdeführer ergangene rechtskräftige Entscheidung des BFA vom 21.01.2021 zu verweisen, in der die Zulässigkeit der Abschiebung in dessen tatsächlichen Herkunftsstaat, die Republik Georgien, festgestellt wurde. Der angefochtene Bescheid war lediglich dahingehend abzuändern, dass sich der Abspruch auf diesen tatsächlichen Herkunftsstaat bezieht.

3.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg.cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 leg.cit. 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, jene Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist zur freiwilligen Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden (§ 55 Abs. 3 leg.cit.).

Da derartige Umstände vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

3.7. § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-VG lautet:

„Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.“

Da die beschwerdeführende Partei zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt bereits abgeschoben wurde, war gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-VG festzustellen, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers auf dessen zuletzt zutreffenden eigene Angaben in der Eingabe vom22.09.2020 und auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar beantragt aber es nicht konkret aufzuzeigen unternommen, dass eine solche Notwendigkeit im vorliegenden Fall bestehen würde (vgl. zuletzt etwa VwGH 4.12.2017, Ra 2017/19/0316-14). Rückkehrbefürchtungen hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens des Beschwerdeführers getätigten Äußerungen zu seinen Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für den Beschwerdeführer günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung unterzogen, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltsdauer Aufenthaltstitel Heilung illegaler Aufenthalt Interessenabwägung öffentliches Interesse Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung Straffälligkeit Vermögensdelikt Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W192.2200361.1.00

Im RIS seit

25.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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