TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/22 W116 2238822-1

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Veröffentlicht am 22.04.2021
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Entscheidungsdatum

22.04.2021

Norm

BDG 1979 §118
BDG 1979 §123
BDG 1979 §43
BDG 1979 §91
BDG 1979 §94
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W116 2238822-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Einleitungsbeschluss der Bundesdisziplinarbehörde vom 21.12.2020, GZ: 2020-0726-634, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin ist Bedienstete der Landespolizeidirektion Steiermark und in der Verkehrsinspektion Graz II eingesetzt.

2.       Mit Schreiben vom der Landespolizeidirektion Steiermark vom 16.09.2020 wurde der Dienststelle der Beschwerdeführerin der Auftrag erteilt, gegen diese eine Disziplinaranzeige zu erstatten.

Die Beschwerdeführerin habe am 16.09.2020 in der Hauptverhandlung gegen den suspendierten Kollegen GrInsp SCH und die Kollegin GrInsp R als Zeugin ausgesagt. Dabei habe sie angegeben, ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten ChefInsp S ohne dessen Zustimmung aufgezeichnet zu haben. Sie habe ihr Verhalten damit begründet, dass sie bereits einmal von einem Vorgesetzten sexuell belästigt und ihr nicht geglaubt worden sei. Deshalb habe sie das Gespräch als Gedächtnisprotokoll aufgezeichnet.
Außerdem sei sie vom Verteidiger des Erstangeklagten damit konfrontiert worden, dass sie bei ihrer ersten Zeugenvernehmung am 06.07.2020 angegeben habe, dass sie den Akt nicht kennen würde. Diese Aussage sei jedoch falsch, was mit einer Handyauswertung belegt worden sei, weil auf dem Handy der Beschwerdeführerin Aktenteile aufgefunden worden seien. Zunächst habe die Beschwerdeführerin diese Anschuldigung bestritten, schließlich habe sie jedoch zugegeben, dass sie Aktenteile, welche die Zweitangeklagte im Sozialraum liegen habe lassen, abfotografiert habe, als diese auf die Toilette gegangen sei. Die Beschwerdeführerin sei verdächtig mit diesen Handlungen Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen zu haben. Als Beilage wurde das Verhandlungsprotokoll des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16.09.2020, 9 Hv 46/20s, in Kopie angeschlossen.

3.       Mit Schriftsatz vom 19.10.2020 erstattete das Stadtpolizeikommando Graz in der Sache eine Disziplinaranzeige gegen die Beschwerdeführerin an die Dienstbehörde, welche diese mit Schreiben vom 03.11.2020 an die Bundesdisziplinarbehörde weiterleitete.

4.       Mit Schriftsatz vom 19.11.2020 gab der rechtliche Vertreter der Beschwerdeführerin die ihm in der Sache erteilte Vertretungsvollmacht bekannt und brachte vor, dass in der Disziplinaranzeige tatsachenwidrig angeführt sei, dass die Beschwerdeführerin geständig wäre. Tatsächlich sei diese vor Erhalt der Disziplinaranzeige in der Sache nicht gehört worden, weshalb es auch kein Geständnis geben könne. Die Beschwerdeführerin vertrete die Rechtsauffassung, keine Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, und stelle den Antrag auf Einstellung des gegenständlichen Disziplinarverfahrens.

5.       Mit Schreiben vom 07.12.2020 beauftragte die Bundesdisziplinarbehörde die Dienstbehörde in der Sache mit weitere Erhebungen. Konkret sei der Dienststellenleiter der Beschwerdeführerin, ChefInsp S, niederschriftlich zu befragen, wann das ohne sein Wissen aufgezeichnete Gespräch zwischen ihm und der Beschwerdeführerin stattgefunden habe, weiters die laut Verhandlungsprotokoll vorhandene Audiodatei zu besorgen, das aufgezeichnete Gespräch reinzuschreiben und das Transkript vorzulegen und eine entsprechende Auswertung der Dienstpläne vorzunehmen, damit die Tatzeit möglichst eingegrenzt werden könne.

6.       Mit Schreiben vom 11.12.2020 teilte die Dienstbehörde der Bundesdisziplinarbehörde mit, dass nach Rücksprache mit dem LG für Strafsachen Graz in Erfahrung gebracht werden konnte, dass der Gerichtakt samt Beilagen und Audiodatei am 19.11.2020 dem OGH vorgelegt worden sei. Hierzu werde angemerkt, dass es dem Sachverständigen nicht möglich gewesen sei, anhand der Audiodatei den exakten Tatzeitpunkt zu ermitteln. Als Beilagen wurden das Sachverständigengutachten von DI Dr. Peter M vom 30.07.2020, die Zeugeneinvernahme des ChefInsp S vom 11.12.2020 und eine Kopie des Dienstplanes der Dienststelle der Beschwerdeführerin von März 2018 übermittelt.

7.       Mit Schriftsatz vom 18.12.2020 übermittelte die Beschwerdeführerin über ihren rechtlichen Vertreter eine Stellungnahme an die Bundesdisziplinarbehörde. Darin werden die zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen in Abrede gestellt und vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin offenkundig keine falsche Beweisaussage getätigt habe, zumal auch die dafür zuständige Staatsanwaltschaft keinen Grund für eine Verfolgung gesehen habe. Betreffend den Vorwurf der Anfertigung einer Tonaufnahme werde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Judikatur zum Beweisnotstand berechtigt gewesen sei, eine solche Aufnahme anzufertigen, zumal sie in der Vergangenheit damit konfrontiert gewesen sei, dass ihr nicht geglaubt worden sei, was Inhalt von auch dienstlich relevanten Gesprächen gewesen sei. Dabei sei es grundsätzlich nicht ihre Intention gewesen, die Aufnahme zu verwenden, sondern sie hätte sich im notwendigen Fall primär mit einem Transkript begnügt, um die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen (vgl. OGH 29.01.2008, 1 Ob 172/07m). Das gesamte Verhalten der Einschreiterin in Bezug auf den Gesprächsmitschnitt bestätige ihre lauteren Absichten, zumal sie dem im Strafverfahren gegen ihre Kollegen bestellten Sachverständigen, der es nicht einmal geschafft hätte, die maßgebliche passwortgeschützte Datei zu finden und zu öffnen, den Zugriff durch ihre Unterstützung erst ermöglicht habe. Ohne ihre Mitwirkung hätte der Sachverständige überhaupt nichts gefunden. Entsprechend ihrer beamteten Position habe sich die Beschwerdeführerin allerdings gehalten gesehen, dem Sachverständigen des Gerichts entsprechende Unterstützung zukommen zu lassen. Es würden daher keine Gründe für eine Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorliegen.

8.       Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 21.12.2020 hat die Bundesdisziplinarbehörde beschlossen, gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten nach § 91 BDG 1979 gemäß § 123 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

Die Beschwerdeführerin sei verdächtig (im Original, anonymisiert):

„Sie habe im März 2018, im Dienst, ein ca. ½ stündiges dienstliches Gespräch zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten Chefinspektor S ohne dessen Wissen und Zustimmung mit ihrem privaten Mobiltelefon Apple iPhone aufgezeichnet.

Die Beamtin ist verdächtig Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG, nämlich ihre dienstlichen Aufgaben treu und gewissenhaft zu erfüllen, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.“

Hingegen wurde gegen die Beschwerdeführerin zum Vorwurf, am 06.07.2020 vor dem LG Graz bei ihrer Vernehmung falsch ausgesagt zu haben, gemäß §§ 118 Abs. 1 und 123 BDG 1979 kein Disziplinarverfahren eingeleitet.

In der Begründung wurde zur Einleitung Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen ergibt sich aus der Disziplinaranzeige der LPD Steiermark, PAD/20/01750436/0AA, vom 03.11.2020, einschließlich Beilagen. Daraus ist folgender Sachverhalt zu entnehmen: …

… Vermutlich am 07. März 2018, aber jedenfalls im Zeitraum von 05. bis 15. März 2018 kam es zwischen dem Kommandanten der VI Graz II und seiner Mitarbeiterin (der Beschwerdeführerin) zu einem ca. ½ stündigen Gespräch, unter anderem wegen verschiedener strafrechtlich relevanter Aussagen eines anderen Beamten. Die DB zeichnete dieses Gespräch ohne Zustimmung und Wissen ihres Vorgesetzten mit ihrem Mobiltelefon auf.

Im Zuge eines gegen einen Mitarbeiter der VI Graz II durchgeführten Strafverfahrens nach § 3g Verbotsgesetz (LG Graz 9 Hv 46/20s) wurde das Mobiltelefon der DB von einem Sachverständigen im Hinblick auf für die Aufklärung maßgebliche Gesprächs- und andere Notizen ausgewertet und sie selbst am 16. September 2020 als Zeugin zur ihren Wahrnehmungen im Hinblick auf nationalsozialistisch bedenkliche Aussagen einvernommen. Bei der Auswertung ihres Mobiltelefons wurde auch bekannt, dass sie das Gespräch zwischen mit ihrem Vorgesetzten aufgezeichnet hatte.

Das aufgezeichnete Gespräch wurde am 15. März 2018 automatisiert auf die i-cloud geladen. Eine Veröffentlichung des Gesprächs, oder eine Weitergabe an andere Personen erfolgte nach derzeitigem Wissensstand nicht.

Zeugen:

Chefinspektor S gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 11. Dezember 2020 an, dass er vom 26.09.2017 bis 02.03.2018 im Krankenstand, bzw. im Urlaub war. Das Gespräch mit (der Beschwerdeführerin) könne nur ab seinem Dienstantritt am 05.03.2018 stattgefunden haben, weil die Thematik mit Grlnsp SCH. (Anmerkung: Strafverfahren 9 Hv 46/20s) zuvor nicht bekannt gewesen sei. Erstmals habe sich (die Beschwerdeführerin) am 07. März 2018 über Grlnsp SCH. beschwert, weil dieser angeblich versucht haben soll, sie gegen ihren Willen zu küssen. Das Gespräch, welches von (der Beschwerdeführerin) ohne sein Wissen aufgezeichnet worden war, könne daher nur nach Beendigung seiner Abwesenheit im Zeitraum ab 05. März 2018 stattgefunden haben.

Audiodatei

Die Audiodatei wird als Beweismittel im Strafverfahren 9 Hv 46/20s verwendet und befindet sich derzeit beim OGH (Anmerkung: Der nach § 3g verurteilte Beamte hat gegen das Urteil Rechtsmittel erhoben). Die BDB verfügt derzeit weder über die Audiodatei, noch über eine Transkription.

Angaben der Disziplinarbeschuldigten

Die Beamtin gab bei ihrer Einvernahme vor dem LG Graz bzw. in ihrer Stellungnahme vom 18. Dezember 2020 an, dass sie die Aufzeichnung gemacht habe, um sich abzusichern, weil sie schon einmal von einem Vorgesetzten sexuell belästigt worden sei. Sie habe ihrem Vorgesetzten nicht gefragt, ob er mit der Aufzeichnung des Gesprächs einverstanden sei. Sie habe sich im Beweisnotstand befunden und sei berechtigt gewesen eine solche Aufnahme anzufertigen. Ihre Intention sei gewesen, sie nur im notwendigen Fall zu gebrauchen. Ohne ihre Mitwirkung hätte der Sachverständige die Datei gar nicht gefunden. …

… Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH reicht es für die Einleitung des Verfahrens aus, wenn genügend Verdachtsgründe gegen dem Beamten vorhanden sind, welche die Annahme des Vorliegens einer oder mehrerer Dienstpflichtverletzungen rechtfertigen. Ein solcher Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen, wobei „Verdacht“ mehr als eine bloße Vermutung ist. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen - nach der Lebenserfahrung - auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Dies ist im konkreten Fall zum Teil gegeben.

Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen. Er muss also während der Ausübung seines Dienstes zunächst die Gesetze beachten (Beachtung der geltenden Rechtsordnung; VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) und die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft), sowie alles unterlassen, was die Interessen des Dienstgebers schädigen könnte. Unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung ist auch zu verstehen, dass ein Beamter in Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben nicht gegen verfassungs- und zivilrechtliche Bestimmungen verstoßen darf (vgl. dazu Kucsko-Stadlmayer; Das Disziplinarrecht der Bundesbeamten, 4. Auflage, Seite 133 ff). Im Sinne der Wortbedeutung „treu“ besteht für Beamte im Verhältnis gegenüber Behörden, sowie Personen mit denen sie im Zusammenhang mit der Amtsführung Kontakt haben, aber auch Vorgesetzten eine umfassende Wahrheitspflicht. So hat ein Beamter gegenüber seinem Vorgesetzten - auch im Hinblick auf seine innere Einstellung zu ihm - ehrlich und offen aufzutreten. Zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter muss also ein grundsätzliches Vertrauensverhältnis bestehen.

Im konkreten Fall hat die DB mit ihrem Vorgesetzten über relevante dienstliche Ereignisse, insbesondere den Verdacht der Begehung von Straftaten eines anderen Mitarbeiters dieser PI gesprochen, bzw. Meldung im Sinne des § 53 Abs. 1 BDG erstattet. Sie hat also, was die Meldung über den Verdacht einer Straftat durch den Mitarbeiter Grlnsp S. betrifft, in Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben gehandelt. Dabei hat sie es unterlassen, ihren Vorgesetzten darauf hinzuweisen, dass sie das Gespräch aufzeichnete. Der Vorgesetzte hatte keine Möglichkeit dies selbständig zu erkennen. Die DB hat dadurch zunächst innerhalb des Schutzzwecks des § 16 ABGB rechtswidrig gehandelt. Diese Norm verankert bestimmte Persönlichkeitsrechte, die jedem zukommen und die DB hätte sie bei der ihr im § 43 Abs. 1 BDG vorgeschriebenen Beachtung der geltenden Rechtsordnung berücksichtigen und den Vorgesetzten auf die Gesprächsaufzeichnung - dessen „Recht am eigenen Wort“ dadurch berührt wurde - hinweisen müssen. Der Schutzbereich von § 16 ABGB geht insofern über § 120 StGB hinaus, weshalb es zur disziplinarrechtlichen Beurteilung des Verhaltens der DB nicht relevant ist, dass gegen sie kein Strafverfahren eingeleitet wurde. Auch der OGH hat in mehreren zivilrechtlichen Entscheidungen festgestellt, dass eine Tonbandaufnahme während einer Besprechung unter vier Augen ohne Zustimmung des Gesprächspartners rechtswidrig ist und im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Angestellten Vertrauensunwürdigkeit begründet (OGH 21.10.1902, RS 0031784, zu 0 ObA 215/92, 3 Ob 131/00m, 4 Ob 160/11z); er stellt insofern auf die Treuepflicht ab. Dieses in der Privatwirtschaft verlangte Vertrauensverhältnis gilt umso mehr in einem hoheitlichen Dienstverhältnis, welches noch dazu in einem besonders sensiblen Bereich der öffentlichen Sicherheit besteht. Gerade im Polizeibereich, wo es oftmals zu kritischen, gefährlichen Einsätzen kommt und wo sich die Polizisten aufeinander verlassen können müssen, ist es notwendig untereinander einen ehrlichen und offenen Umgang zu haben.

Das Verhalten der DB ist daher in höchstem Maße geeignet, ein Klima des Misstrauens zu erzeugen, welches sich negativ auf den Betriebsfrieden der Dienststelle auswirken kann. Negative Auswirkungen auf das Miteinander in einer Dienststelle (Betriebsfrieden) können sich auch nachteilig auf die Erfüllung der sicherheitspolizeilichen Aufgaben auswirken, weshalb der Dienstgeber ein unbedingtes Interesse daran hat, dass in einer Dienststelle ein Klima des Vertrauens zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, sowie Mitarbeitern untereinander besteht.

Ihre Rechtfertigung, sie habe das Gespräch aufgezeichnet, weil sie schon einmal von einem Vorgesetzten sexuell belästigt worden sein soll, ist nicht geeignet ihre rechtswidrige Handlung in Bezug auf ihren Vorgesetzten, im Sinne der Judikatur des OGH zu rechtfertigen (vgl. dazu insbesondere 6 Ob 190/01 m). Ein subjektives Interesse hätte nur dann bestanden, wenn sie von diesem Vorgesetzten sexuell belästigt worden wäre, oder aufgrund konkreter Hinweise eine Belästigung durch ihn zu befürchten gehabt hätte. Dies ist der Aktenlage allerdings nicht zu entnehmen und wird von ihr auch gar nicht behauptet.

Ein Einstellungsgrund nach § 118 BDG ist aufgrund der Schwere des Verdachts nicht gegeben. Mangelnde Strafwürdigkeit nach § 118 Abs. 1 Ziffer 4 BDG wäre darüber hinaus nur dann anzunehmen, wenn kumulativ sehr wohl die disziplinäre Schuld der Disziplinarbeschuldigten als gering einzuschätzen ist, eine Disziplinierung zur Wahrung des dienstlichen, durch das Disziplinarrecht geschützten Interesses nicht notwendig erscheint, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und eine Bestrafung auch unter dem Gesichtspunkt der Spezial- und Generalprävention nicht geboten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. …“

Der Bescheid wurde dem rechtlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 22.12.2020 nachweislich zugestellt.

9.       Gegen den vorliegenden Einleitungsbeschluss brachte die Beschwerdeführerin über ihren rechtlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 13.01.2021 binnen offener Frist eine Beschwerde bei der Bundesdisziplinarbehörde ein. Nach einer Zusammenfassung des Inhalts des bekämpften Bescheides wird Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Eine schuldhafte Verletzung ihrer Dienstpflichten durch die Beschwerdeführerin liegt nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat ein dienstliches Gespräch mit ihrem Vorgesetzten, Chefinspektor S, aufgezeichnet, zumal sie sich bereits in der Vergangenheit mit der Situation konfrontiert sah, dass man ihr nicht geglaubt hatte oder aber Sachverhalte in weiterer Folge abgeschwächt wurden - die Beschwerdeführerin wurde in der Vergangenheit von einem Vorgesetzten sexuell belästigt. Sie sah keine andere Möglichkeit, als zu Beweissicherungszwecken ihr Gespräch mit ihrem Vorgesetzten aufzuzeichnen.

Dabei war es grundsätzlich nicht die Intention der Beschwerdeführerin, die Aufnahme zu verwenden, sondern hätte sich die Beschwerdeführerin im notwendigen Fall primär mit einem Transkript begnügt, um die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen (vgl. OGH 29.01.2008, 1 Ob 172/07m). Die Beschwerdeführerin wollte das aufgezeichnete Gespräch niemals veröffentlichen. Das aufgezeichnete Gespräch sollte als Gedächtnisprotokoll fungieren. Dies ergibt sich aus ihrer Zeugenaussage zu 9 Hv 46/20s, LGS Graz, Protokoll der mündlichen Hauptverhandlung vom 16.09.2020. Selbst ein technischer Sachverständiger hat die Aufzeichnung erst durch die Hilfe der Beschwerdeführerin auf ihrem Telefon finden können.

Die Beschwerdeführerin befand sich - wie bereits erwähnt - im potentiellen Beweisnotstand. Zur Frage des Beweisnotstandes ist eine Güterabwägung vorzunehmen. Verfahren nach dem Verbotsgesetz sind in hohem Maße von öffentlichem Interesse, welches ohne Zweifel das subjektive Interesse eines Einzelnen auf Privatsphäre übersteigt. Zu diesem subjektiven Recht auf Privatsphäre ist jedenfalls auch das Recht am eigenen Wort (§16 ABGB) zu subsumieren. Die Beschwerdeführerin hat nach bestem Wissen und Gewissen versucht, den Unrechtsgehalt der Aussagen ihres Kollegen sowie ihre Bemühungen, einer weiteren Verbreitung dieser Aussagen (verwiesen wird auf die Strafverhandlung zu 9 Hv 46/20s) Einhalt zu bieten, für sich zu dokumentieren. Sie wollte, für den Fall, dass Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitet werden würden, ein Beweismittel zur Hand haben, dass sie nicht nur nichts mit den Übertretungen nach § 3g VerbotsG zu tun hatte, sondern auch versucht hatte, die inkriminierenden Tathandlungen zu dokumentieren.

Die Aufnahme des dienstlichen Gesprächs zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Vorgesetzten war daher gerechtfertigt. Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass auf der Dienststelle, der die Beschwerdeführerin zugeteilt ist, ein ausgesprochen schlechtes Betriebsklima herrscht, das für die Beschwerdeführerin so belastend war, dass sie mehrfach die Gleichbehandlungsbeauftragte, Hofrätin Mag. A, konsultieren musste. Betrachtet man in diesem Zusammenhang den Inhalt des Gesprächs der Beschwerdeführerin mit CI S, wonach Zudringlichkeiten von Gl SCH, aber auch dessen Umgangston und Verhalten thematisiert wurden, ist es nur allzu verständlich, dass die Beschwerdeführerin eine interne Absicherung in Form eines Gesprächsmittschnitts anfertigte.

In diesem Zusammenhang stellt die Beschwerdeführerin den Antrag auf Einvernahme von Hofrätin Mag. A und CI S, beide per Adresse LPD Steiermark, als Zeugen. Hätte die belangte Behörde all dies entsprechend gewürdigt, hätte sie kein Disziplinarverfahren gegen die Beschwerdeführerin eingeleitet.“

Schließich wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass auch hinsichtlich des Verdachts, sie habe im März 2018, im Dienst, ein dienstliches Gespräch zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten ohne dessen Wissen und Zustimmung mit ihrem privaten Mobiltelefon aufgezeichnet, ein Nichteinleitungsbeschluss gefasst werde, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren zwecks Ergänzung an die Bundesdisziplinarbehörde zurückzuverweisen.

10.      Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt am 21.01.2021 vorgelegt.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist Bedienstete der Landespolizeidirektion Steiermark und in der Verkehrsinspektion Graz II eingesetzt.
Sie wird beschuldigt, sie habe im März 2018, im Dienst, ein ca. ½ stündiges dienstliches Gespräch zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten Chefinspektor S ohne dessen Wissen und Zustimmung mit ihrem privaten Mobiltelefon Apple iPhone aufgezeichnet und sei damit verdächtig ihre Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.
Der dem Vorwurf zugrundeliegende Sachverhalt wurde der Dienstbehörde am 16.09.2020 bekannt.         Der Einleitungsbeschluss wurde dem rechtlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 22.12.2020 nachweislich zugestellt.

Es liegen hinreichend konkrete und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschwerdeführerin im Verdacht steht, die ihr im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfene Handlung begangen und damit schuldhaft gegen ihre Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen zu haben. Der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht auch unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden und es haben sich keine offenkundigen Gründe für die Einstellung nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben.

2.       Beweiswürdigung:

Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der vorgelegten lückenlosen und ausreichend dokumentierten Aktenlage, insbesondere aus der Disziplinaranzeige vom 19.10.2020, dem beigelegten Verhandlungsprotokoll des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16.09.2020, 9 Hv 46/20s, dem Sachverständigengutachten von DI Dr. Peter M vom 30.07.2020 betreffend Auswertung der Handydaten der Beschwerdeführerin, die Zeugeneinvernahme des ChefInsp S vom 11.12.2020, der Kopie des Dienstplanes der Dienststelle der Beschwerdeführerin von März 2018, den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Zuge der schriftlichen Stellungnahme vom 18.12.2020 und in der Beschwerdeschrift.

Dass der dem Vorwurf zugrundeliegende Sachverhalt der Dienstbehörde am 16.09.2020 bekannt wurde, ergibt sich aus dem Verhandlungsprotokoll des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16.09.2020, 9 Hv 46/20s.  Dass der Einleitungsbeschluss dem rechtlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 22.12.2020 nachweislich zugestellt wurde, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Rückschein.

Dass hinreichend konkrete und begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beschwerdeführerin im Verdacht steht, die ihr im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfene Handlung begangen zu haben, ergibt sich aus dem Verhandlungsprotokoll des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16.09.2020, 9 Hv 46/20s, wonach die Beschwerdeführer selbst angegeben hat, das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten ohne dessen Kenntnis und Zustimmung mit ihrem Handy aufgezeichnet zu haben, sowie aus den Ausführungen des Gutachters im Sachverständigengutachten vom 30.07.2020. Dass dieses Gespräch im März 2018 stattgefunden hat, ergibt sich aus der schlüssigen Zeugenaussage des Vorgesetzten vom 11.12.2020. Der Sachverhalt wurde zudem auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Er ist daher für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt.

Auf die Feststellung, dass dieser Sachverhalt den Verdacht einer schuldhaft begangenen Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 begründet und keine offenkundigen Gründe für die Einstellung des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, wird in weiterer Folge unter Punkt 3.3.4. noch näher einzugehen sein.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl 1930/1 (WV) idF. BGBl I 2012/51 (Verwaltungsgerichts-Novelle 2012) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid einer Bundesbehörde in einer Angelegenheit der unmittelbaren Bundesverwaltung. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Die vorliegende Beschwerde wurde innerhalb dieser Frist rechtzeitig eingebracht und ist damit zulässig.

3.2.    Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 1 und 3 Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019 hat das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden, wenn gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung oder der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde oder wenn die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt in näher definierten Fällen gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Da hier keine dieser Voraussetzungen zutrifft, ist im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, zu deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde. Darüber hinaus liegen im Hinblick auf den Spruchinhalt auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Gegenstand dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen könnten. So hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 21.04.2015, Zl. 2014/09/0042, im Zusammenhang mit Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG 1979 folgendes ausgeführt:

„Mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art. 6 Abs. 1 MRK getroffen (vgl. E 9. September 2014, Ro 2014/09/0049; E 14. Oktober 2011, 2008/09/0125). Bei der Entscheidung über einen Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG 1979 wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis jedoch noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der den Eintritt der Verjährung verhindert, und eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen.“

Es konnte daher von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.3.    Zu Spruchteil A):

3.3.1.  Zu der in der Beschwerde geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Bescheides:

Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Beschwerde im Wesentlichen geltend, dass die Disziplinarkommission zu Unrecht ein Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet hätte, weil sie sich aufgrund näher ausgeführter Umstände im Zuge des sachverhaltsrelevanten Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten in einem potentiellen Beweisnotstand befunden hätte, weshalb dessen heimliche Aufnahme gerechtfertigt gewesen sei und die Tat daher keine Pflichtverletzung darstellen könne.

3.3.2.  Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979 idF. BGBl. I Nr. 98/2020 lauten:

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

(3) Der Beamte hat die Parteien, soweit es mit den Interessen des Dienstes und dem Gebot der Unparteilichkeit der Amtsführung vereinbar ist, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zu unterstützen und zu informieren.

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. (1) Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Verjährung

§ 94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht
1.         innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder
2.         innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Bundesdisziplinarbehörde notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist gehemmt
1.         für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,
2.         für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,
3.         für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

4.       für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und
5.         für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung
a)         über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,
b)         der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder
c)         der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens

bei der Dienstbehörde.

(3) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird weiters gehemmt in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,
1.         für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Organ der Personalvertretung,
2.         für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.

Im Verfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde im PTA-Bereich und in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung ist Z 1 anzuwenden.

(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 2 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,
3.         Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
4.         die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

(3) Die Dienstbehörde ist von der Einstellung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu verständigen.

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Bundesdisziplinarbehörde die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Bundesdisziplinarbehörde, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein.

3.3.3.  Zur Auslegung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

In seiner Entscheidung vom 17.02.2015, Zl. 2014/09/0007, hat der VwGH zum Einleitungsbeschluss weiter Folgendes ausgeführt: Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist aber jedenfalls zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind (§ 118 Abs. 1 BDG 1979). Stellt sich nämlich nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2011 heraus, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahren nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, so darf das Disziplinarverfahren nicht mehr gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 eingestellt werden, in einem solchen Fall ist der Beschuldigte hingegen von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen (vor der Dienstrechts-Novelle 2011 trat diese Wirkung erst nach dem Verhandlungsbeschluss ein: vgl. E 18. Februar 1998, 95/09/0112; E 18. Dezember 2012, 2010/09/0180, dessen Funktion nunmehr vom Einleitungsbeschluss übernommen wird).

Da es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt, muss die darin enthaltene rechtliche Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens noch keine abschließende sein (VwGH vom 31.01.2001, Zl. 2000/09/0144).

Die Begründung des Einleitungsbeschlusses ist auf die Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Darlegung der für die getroffene Entscheidung im jeweiligen Gegenstand maßgeblichen Gründe beschränkt; beim Einleitungsbeschluss geht es um die Frage, ob in Bezug auf einen konkret umschriebenen Sachverhalt ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung gegeben ist, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für die sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (VwGH vom 01.07.1998, Zl. 97/09/0095 mit Hinweis auf E 25.6.1992, 91/09/0190).

Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).

3.3.4.  Zur Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt:
Für die Entscheidung, ob wegen einem konkreten Tatverdacht ein Disziplinarerfahren einzuleiten ist, ist nach der oben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls zu klären, ob allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind (§ 118 Abs. 1 BDG 1979). Im gegenständlichen Fall wird von Beschwerdeführerin eingewendet, dass sie sich aufgrund näher ausgeführter Umstände im Zuge des sachverhaltsrelevanten Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten in einem potentiellen Beweisnotstand befunden hätte, weshalb dessen heimliche Aufnahme gerechtfertigt gewesen sei und die Tat daher keine Pflichtverletzung darstellen könne, was bei Zutreffen einen Einstellungsgrund nach § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 darstellen würde.
Dazu ist Folgendes auszuführen:

Die Bundesdisziplinarbehörde hat im Zuge der rechtlichen Würdigung des vorliegenden Sachverhalts vor dem Hintergrund der dabei zitierten Judikatur und Lehre zunächst richtig ausgeführt, dass die in § 43 Abs. 1 BDG 1979 normierte Pflicht des Beamten, die dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der Rechtsordnung zu erfüllen, diesem auch verbietet, dabei gegen verfassungs- und zivilrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. In weiterer Folge hat sie – wieder auf Grundlage einschlägiger höchstgerichtlicher Judikatur -schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die heimliche Aufzeichnung eines dienstlichen Gesprächs mit einem Vorgesetzten grundsätzlich als rechtswidriger Eingriff in ein aus § 16 ABGB abzuleitendes Persönlichkeitsrecht des Vorgesetzten zu qualifizieren ist, „auch wenn die Aufnahme selbst noch nicht den Tatbestand des § 120 Abs. 2 StGB herstellt, der die Weitergabe des Gesprächsinhalt verlangt“ (siehe dazu OGH 27.09.2001, 6 Ob 190/01m). Der OGH habe bereits in mehreren zivilrechtlichen Entscheidungen festgestellt, dass eine Tonbandaufnahme während einer Besprechung unter vier Augen ohne Zustimmung des Gesprächspartners rechtswidrig ist und im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Angestellten Vertrauensunwürdigkeit begründet (OGH 21.10.1902, RS 0031784, zu 0 ObA 215/92, 3 Ob 131/00m, 4 Ob 160/11z). Die Beschwerdeführerin hätte dies daher in „Beachtung der geltenden Rechtsordnung“ jedenfalls berücksichtigen und den Vorgesetzten auf die Gesprächsaufzeichnung hinweisen müssen. Indem sie das nicht gemacht habe, habe sie gegen den Schutzzweck des § 16 ABGB verstoßen und damit objektiv rechtswidrig gehandelt. Darüber hinaus kann in einem solchen Vorgehen zu Recht auch ein Verstoß gegen die in § 43 Abs. 1 BDG 1979 normiert Treuepflicht, woraus sich auch eine Verpflichtung der Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber dem Amt und den Vorgesetzten ergibt, erkannt werden.

Dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe das Gespräch deshalb aufgezeichnet, weil sie schon einmal von einem Vorgesetzten sexuell belästigt worden sein soll, hat die Bundesdisziplinarbehörde zu Recht entgegengehalten, dass dies vor dem Hintergrund der Judikatur des OGH nicht geeignet erscheint, um ihre rechtswidrige Handlung gegenüber diesen Vorgesetzten zu rechtfertigen.

Siehe dazu insbesondere den Rechtsatz RS0103010 zu den Entscheidungen BGH 20.05.1958 VIZR 104/57, OGH 27.09.2001 6 Ob 190/01m und OGH 20.01.2020 1 Ob 1/20h:

„a) Wer ein Gespräch ohne Zustimmung des Gesprächspartners durch Anwendung eines Tonbandes (Tonträgers) festlegt, verletzt in der Regel das durch Art 1, 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die Person in ihrer persönlichkeitsrechtlichen Eigensphäre schützt.

b) Nur in besonderen Ausnahmefällen (Notwehr, Verfolgung überwiegender berechtigter Interessen) kann die Widerrechtlichkeit eines solchen Eingriffs entfallen.

c) Angesichts der Bedeutung, die dem Schutz der Eigensphäre der Persönlichkeit zukommt, reicht das private Interesse an einer Beweismittelbeschaffung allein in der Regel nicht aus, eine heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs zu rechtfertigen.“
Laut OGH 27.09.2001 6 Ob 190/01m obliegt zudem dem Beweisführer der Beweis, dass er die Tonaufzeichnung bei sonstiger Undurchsetzbarkeit seines Anspruchs benötigt und dass sein verfolgter Anspruch und seine subjektiven Interessen höherwertig sind, als die bei der Erlangung des Beweismittels verletzte Privatsphäre des Prozessgegners (mit umfassender Darstellung der bisherigen Literatur und Judikatur).
Ein solch besonderer Ausnahmefall (Notwehr, Verfolgung überwiegender berechtigter Interessen) bzw. ein mit der Tat verfolgter höherwertiger Anspruch der Beschwerdeführerin im Sinne eines Beweisnotstandes, kann aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht abgeleitet werden.

Dem Vorbringen, dass sie schon einmal von einem Vorgesetzten sexuell belästigt und ihr in der Folge nicht geglaubt worden sei, hat bereits die Bundesdisziplinarbehörde zu Recht entgegengehalten, dass weder von ihr behauptet wurde noch irgendwelche Hinweise dafür vorgelegen hätten, dass sie von diesem Vorgesetzten sexuell belästigt worden wäre oder eine derartige Belästigung zu befürchten gehabt hätte, was allenfalls zu einem höherwertigen rechtlichen Interesse der Beschwerdeführerin an der heimlich Aufnahme dieses Gesprächs führen hätte können.

Und auch das Beschwerdevorbringen, sie habe lediglich nach bestem Wissen und Gewissen versucht, den Unrechtsgehalt der Aussagen ihres Kollegen sowie ihre Bemühungen, einer weiteren Verbreitung dieser Aussagen (verwiesen wird auf die Strafverhandlung zu 9 Hv 46/20s) Einhalt zu bieten, für sich zu dokumentieren, um für den Fall, dass Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitet werden würden, ein Beweismittel zur Hand haben, dass sie nicht nur nichts mit den Übertretungen nach § 3g VerbotsG zu tun hatte, sondern auch versucht hatte, die inkriminierenden Tathandlungen zu dokumentieren, erscheint nicht geeignet, einen höherwertigen Anspruch der Beschwerdeführerin an der heimlichen Aufnahme des Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten plausibel zu machen. Denn zum einen ist nicht nachvollziehbar, in welcher Form eine solche Aufnahme ein taugliches Beweismittel dafür darstellen sollte, dass sie selbst nichts mit den einem anderen Kollegen angelasteten Übertretungen nach § 3g VerbotsG zu tun hatte, und zum anderen ist eine solche Aufnahme des Vorgesetzten auch nicht geeignet, Tathandlungen eines anderen Kollegen zu dokumentieren.

Und schließlich vermag auch das Vorbringen, dass an der Dienststelle ein ausgesprochen schlechtes Betriebsklima herrsche, das für die Beschwerdeführerin so belastend gewesen sei, dass sie mehrfach die Gleichbehandlungsbeauftragte konsultieren habe müssen, nicht derart zu überzeugen, dass dies bereits für sich alleine oder in Verbindung mit den anderen vorgebrachten Umständen ein höherwertiges rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an der heimlichen Aufnahme eines dienstlichen Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten nahelegen würde. Es ist jedenfalls nicht vom offenkundigen Vorliegen eines Einstellungsgrundes nach § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 (wenn die zur Last gelegte Tat … keine Dienstpflichtverletzung darstellt) auszugehen.

Der Vollständigkeit halber ist hier auch noch festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall auch keine Verjährung nach § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 eingetreten ist. Der konkrete Verdacht der hier zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzung wurde der zuständigen Dienstbehörde am 16.09.2020 bekannt. Der gegenständliche Einleitungsbeschluss wurde durch nachweisliche Zustellung am 22.12.2020 innerhalb der Sechsmonatsfrist rechtswirksam erlassen. Ein Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 94 abs. 1 Z 2 BDG 1979 kommt hier ebenfalls nicht in Betracht, weshalb hier auch kein Einstellungsgrund der Verfolgungsverjährung gemäß § 118 Abs. 1 Z 3 BDG vorliegt.

Das Beschwerdevorbringen war insgesamt nicht geeignet, den gegen die Beschwerdeführerin im Einleitungsbeschluss erhobenen Vorwurf bereits in diesem Verfahrensstadium restlos auszuräumen. Die Behörde hat in ihrer Entscheidung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, auf welche Beweismittel sie den von ihr festgestellten Sachverhalt gründet und worin sie den Verdacht einer schuldhaften Verletzung der Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 erblickt. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Umstände, welche allenfalls eine Rechtfertigung ihres Verhaltens darstellen könnten, werden von der Disziplinarbehörde im Rahmen des noch weiter zu führenden Disziplinarverfahrens entsprechend zu erheben und zu würdigen sein (vgl. VwGH vom 05.07.1993, 91/10/0130 und vom 21.06.2000, 97/09/0143). Dabei wird die Beschwerdeführerin auch ausreichend Gelegenheit haben, ihren Standpunkt vorzutragen und entsprechende Beweisanträge, wie zum Beispiel auf Einvernahme von Zeugen, zu stellen. Es sind im Beschwerdeverfahren auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Einstellungsgründe nach § 118 BDG 1979 hervorgekommen. Der von der belangten Behörde erlassene Einleitungsbeschluss ist daher zu Recht erfolgt, weshalb die Beschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4.    Zu Spruchteil B):
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen würde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben umfassend dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich zudem auf den konkreten Fall.

Schlagworte

Beweismittel Dienstpflichtverletzung Einleitung Disziplinarverfahren Tonaufnahme Verjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2238822.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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