TE OGH 2021/5/4 5Ob63/21g

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Veröffentlicht am 04.05.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 405.188,80 EUR sA und Feststellung (Streitwert 35.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Februar 2021, GZ 11 R 8/21h-28, mit dem die Berufung der beklagten Partei gegen das Versäumungsurteil des Landesgerichts
für Zivilrechtssachen Wien vom 11. August 2020, GZ 17 Cg 55/20p-4, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen deren mit 3.184,38 EUR (darin 530,73 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1]       Der Kläger nimmt den Beklagten in dessen Eigenschaft als Verkäufer einer Liegenschaft an die Rechtsvorgängerin des Klägers auf Ersatz von Sanierungskosten in Anspruch, die aufgrund von vom Beklagten verschwiegenen Konstruktionsschäden an Dachaufbau und Dachgeschoss des Hauses entstanden sind und künftig entstehen werden.

[2]       Die Zustellung der Klage und des Auftrags zur Klagebeantwortung an den Beklagten erfolgte durch Hinterlegung unter der in der Klage genannten Adresse des Beklagten, an der dieser seit Jahren hauptgemeldet ist, obwohl er sich in den letzten Jahren und so auch im Hinterlegungszeitpunkt dort nicht mehr aufhält. Nach Ablauf der Hinterlegungsfrist wurde die Sendung als nicht behoben an das Erstgericht retourniert.

[3]       Über Antrag des Klägers erging ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil. Nach dem Zustellschein wurde dieses am 6. 9. 2020 durch Hinterlegung zugestellt. Der an der Hauptmeldeadresse des Beklagten tatsächlich wohnhafte und aufhältige Stiefsohn des Beklagten übernahm es bei der Postgeschäftsstelle am 21. 9. 2020 und bestätigte die Übernahme mit seiner eigenhändigen Unterschrift.

[4]       Der Beklagte erhob am 7. 12. 2020 Berufung gegen das Versäumungsurteil wegen Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, weil ihm durch Unterlassung der ordnungsgemäßen Zustellung sein Parteiengehör genommen worden sei. Eine rechtswirksame Zustellung des Versäumungsurteils an ihn sei nie erfolgt, er habe erst durch Zustellung einer auf Basis des Versäumungsurteils erteilten Exekutionsbewilligung am 4. 12. 2020 Kenntnis davon erlangt.

[5]       Hilfsweise beantragte der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand „gegen die Versäumung der vorbereitenden Tagsatzung“ und erhob Widerspruch gegen das Versäumungsurteil.

[6]       Das Berufungsgericht wies die Nichtigkeitsberufung als verspätet zurück. Aufgrund der vom Erstgericht veranlassten Erhebungen zur Zustellung des Versäumungsurteils durch Vernehmung des Beklagten, seiner Ehegattin und seines Stiefsohns sowie der vorgelegten Urkunden ging es davon aus, der Beklagte habe sich im Zeitraum vom 1. 6. bis 1. 9. 2020 nicht in Wien an der Zustellanschrift (und Hauptmeldeadresse) aufgehalten. Ab 1. 9. 2020 habe er an einer anderen Adresse in Wien gewohnt, wo er sich seit ca 2001 immer dann aufhält, wenn er in Wien ist, obwohl er dort nur einen Nebenwohnsitz hat. An der in der Klage genannten Zustelladresse des Beklagten wohnt sein Stiefsohn, der Beklagte ist dort noch hauptgemeldet, weil er die Gemeindewohnung „nicht verlieren will“. In den letzten zehn Jahren war der Beklagte dort nicht aufhältig. Üblicherweise verständigt der Stiefsohn den Beklagten darüber, dass eine behördliche Postsendung für ihn eingelangt ist oder hinterlegt wurde. Nach Weisung holt der Stiefsohn das Schriftstück bei der Post ab und informiert den Beklagten dann darüber, indem er es fotografiert und an ihn schickt. Bevor der Stiefsohn des Beklagten das Versäumungsurteil abholte, setzte er ihn über die Hinterlegung in Kenntnis, der Beklagte wies ihn an, das hinterlegte Schriftstück für ihn abzuholen, das ihm am 21. 9. 2020 bei der Post ausgefolgt wurde.

[7]       Rechtlich meinte das Berufungsgericht, die Hinterlegung des Versäumungsurteils sei zwar nicht zulässig gewesen, weil es sich dabei nicht (mehr) um eine Abgabestelle des Beklagten gehandelt habe. Allerdings könne gemäß § 13 Abs 2 ZustG an einen Bevollmächtigten des Empfängers rechtswirksam auch außerhalb dessen Abgabestelle zugestellt werden, der Übernahmsberechtigte sei dem Empfänger gleichgestellt. Die Bestimmung erfasse nicht nur die förmliche Postvollmacht, sondern auch jede andere
– auch schlüssige – Bevollmächtigung, die lediglich gegenüber dem Zustelldienst bestehen, nicht aber auch diesem gegenüber erklärt sein müsse. Es reiche aus, dass der Empfänger als Vertretener diese Befugnisse einen Bevollmächtigten als Vertreter erklärt. Diesfalls komme es auf die Anwesenheit des Postvollmachtgebers an der Abgabestelle oder auf die regelmäßige Benützung einer solchen Abgabestelle durch ihn nicht an. Dass an der Abgabestelle des Machtgebers für diesen die Ersatzzustellung ohne Hinterlegung unzulässig wäre, mache die Zustellung an den Postbevollmächtigten nicht unzulässig, diese Zustellung erfolge durch Ausfolgung des Schriftstücks, die dem Empfänger und Machtgeber gegenüber selbst dann wirksam sei, wenn der ursprüngliche Hinterlegungsvorgang bei ihm fehlerhaft gewesen sei. Ein derartiger Fall liege hier vor. Die Ausfolgung der hinterlegten Sendung an den bevollmächtigten Stiefsohn des Beklagten sei der Ausfolgung an den Empfänger gleichzuhalten und bewirke die Zustellung. Diese habe die vierwöchige Berufungsfrist ausgelöst, sodass die am 7. 12. 2020 eingebrachte Nichtigkeitsberufung als verspätet zurückzuweisen sei.

[8]       Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und seiner Berufung stattzugeben, hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

[9]       Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung, den Rekurs als absolut unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[10]     Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

[11]     1. Gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist ein Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem es die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, immer mit Vollrekurs anfechtbar (RIS-Justiz RS0098745). Auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage kommt es nicht an (RS0098745 [T16]). Seit der ZVN 2009 ist das Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof zweiseitig (RS0128487). Entgegen den Ausführungen in der Rekursbeantwortung hat sich das Berufungsgericht mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund, der sich auf die Zustellung der Klage und des Auftrags zur Klagebeantwortung bezog, gar nicht befasst. Dass es die Nichtigkeitsberufung (inhaltlich) verworfen hätte, widerspricht der Aktenlage. Der Rekurs ist zulässig.

[12]     2. Der Beklagte meint, das Berufungsgericht habe die Bevollmächtigung seines Stiefsohns zur Übernahme des hinterlegten Versäumungsurteils nicht ausreichend geprüft. Dieser habe mittlerweile der Familie seine psychischen Probleme im Sommer und Herbst 2020 gestanden. Sein psychischer Zustand habe es ihm nicht erlaubt, als rechtlich wirksam Postbevollmächtigter des Beklagten aufzutreten. Zur Bescheinigung dieses Vorbringens legte er einen fachärztlichen Befund einer psychiatrischen Sachverständigen und einer Fachärztin vor.

[13]     3.1. Gemäß § 13 Abs 2 ZustG darf bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes oder der Gemeinde auch an eine gegenüber dem Zustelldienst oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist. Die auf ständige Rechtsprechung (RS0106117) gestützte Beurteilung des Berufungsgerichts, die Bestimmung erfasse nicht nur die förmliche Postvollmacht, eine Bevollmächtigung könne auch auf andere Weise erfolgen, sodass es ausreiche, dass der Empfänger als Vertretener die Befugnis seinem Bevollmächtigten als Vertreter erklärt (so Gitschthaler in Rechberger/Klicka ZPO5 § 87 [§ 13 ZustG] Rz 2 mwN; krit Stumvoll in Fasching/Konecny3 II/2 § 13 ZustG Rz 12 f), zieht der Beklagte ebenso wenig in Zweifel wie dass es im Fall der Ausfolgung der Sendung an den solcherart Bevollmächtigten auf die Anwesenheit des Machtgebers an der Abgabestelle nicht ankommt. Insoweit kann sich der erkennende Senat mit einem Verweis auf die Richtigkeit der Ausführungen des Berufungsgerichts begnügen (vgl § 510 Abs 3 ZPO).

[14]     3.2. Der Versuch des Beklagten, unter Hinweis auf die Übernahmebestätigung seines Stiefsohns die vom Berufungsgericht auf Basis der Erhebungsergebnisse festgestellte Bevollmächtigung in Zweifel zu ziehen, ist zum Scheitern verurteilt. Die Übernahmebestätigung weist die eigenhändige Unterschrift des Stiefsohns und die Paraphe des Zustellers auf. Dass der Stiefsohn des Beklagten dort als „Empfänger“ bezeichnet wird, mag dem Umstand geschuldet sein, dass eine (förmliche) Postvollmacht an der Poststelle nicht auflag. Daraus ist aber weder zu schließen, dass das Zustellorgan die Identität des Stiefsohns nicht geprüft noch dass der Beklagte eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung für die Entgegennahme dieses Schriftstücks (ganz im Gegensatz zu den bisherigen Gepflogenheiten) nicht erteilt hätte. Im Übrigen wird der Begriff „Empfänger“ bei einer Bevollmächtigung nach § 13 Abs 2 ZustG in der Literatur durchaus kontroversiell diskutiert (vgl Stumvoll aaO Rz 3 mwN). Wenn auch der (Post-)Bevollmächtigte nach der – nur den Regelfall betreffenden – Begriffsdefinition in § 2 Z 1 ZustG nicht Empfänger wäre, ist doch § 13 ZustG mit „Zustellung an den Empfänger“ überschrieben und nach der Rechtsprechung (RS0079244 [T1]; RS0071456) die Ausfolgung der hinterlegten Sendung an den Postbevollmächtigten der Ausfolgung an den Empfänger gleichzuhalten, weil der postordnungsgemäße Übernahmsberechtigte dem Empfänger gleichgestellt ist. Angesichts dieser Begrifflichkeiten ist aus dem bloßen Umstand, dass das Zustellorgan im Übernahmeschein
den – nach Inhalt der Urkunde vorgedruckten – Begriff „Empfänger“ nicht durch „Postbevollmächtigter“ ersetzte, nicht der Schluss zu ziehen, eine Vollmacht des Stiefsohns des Beklagten zur Entgegennahme dieser Postsendung sei nicht vorgelegen.

[15]     4.1. In einem weiteren Schritt ist auf die erstmals im Rekurs bestrittene Wirksamkeit der Vollmachtserteilung einzugehen. Selbst bei einem – wie hier – unbedenklichen Zustellnachweis steht dem Empfänger nach herrschender Auffassung der „Gegenbeweis“ nach § 292 ZPO offen (vgl RS0040471). Dazu bedarf es konkreter Darlegungen über den Zustellmangel und ein entsprechendes Bescheinigungsanbot. Zustellmängel müssen vom Adressaten zumindest glaubhaft gemacht werden (RS0040471 [T9]). Solche Darlegungen im (Revisions-)Rekurs über die Rechtzeitigkeit eines als verspätet zurückgewiesenen Schriftsatzes sind zulässige Neuerungen (2 Ob 163/07w; 1 Ob 126/19i; RS0041923), zumal aufgrund Amtswegigkeit der Zustellung allfällige Unrichtigkeiten von Amts wegen zu erheben und zu beachten sind (RS0036440). Das Neuerungsverbot steht daher hier den Behauptungen zur Unwirksamkeit der Vollmachtserteilung zwecks Entgegennahme des Versäumungsurteils nicht entgegen.

[16]     4.2. Zum Ersatzempfänger nach § 16 Abs 2 ZustG geht die Rechtsprechung davon aus, dass an ihn dann zugestellt werden darf, wenn er nach dem äußeren Eindruck des Zustellers in der Lage ist, den Ernst und die Tragweite einer gerichtlichen Zustellung zu erkennen, und dem Anschein nach über ein genügendes Verantwortungsbewusstsein verfügt, dem Empfänger das zuzustellende Schriftstück auszufolgen oder ihm unverzüglich von der erfolgten Zustellung genügend klare und verständliche Mitteilung zu machen. Es ist Sache des Empfängers darzutun, dass der Ersatzempfänger diese Voraussetzungen nicht erfüllt und dies dem Zusteller bekannt sein musste (RS0111008). Daran ist auch im Fall der Ausfolgung an den nach § 13 Abs 2 ZustG Bevollmächtigten anzuknüpfen. Dem Empfänger steht daher der Beweis offen, dass der Bevollmächtigte bei der Zustellung deren Ernst und Tragweite aufgrund seiner psychischen Verfassung nicht erfassen konnte und/oder dass es zu einer wirksamen Vollmachtserteilung aufgrund psychischer Beeinträchtigung gar nicht gekommen war.

[17]     4.3. Im Hinblick auf das in diese Richtung weisende Vorbringen im Rekurs hat der Oberste Gerichtshof, der in Bezug auf die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels auch „Tatsacheninstanz“ mit Erhebungspflichten sein kann (RS0006965 [T13, T16]; RS0036430 [T3]), Einsicht in die vorgelegten psychiatrischen Befunde und die Protokolle des Erstgerichts über die Vernehmung des Beklagten, seiner Ehegattin und seines Stiefsohns genommen. Aufgrund dieser Erhebungsergebnisse, insbesondere des Befundberichts der psychiatrischen Sachverständigen steht – ohne dass es ergänzender Vernehmungen bedürfte – fest, dass der Stiefsohn des Beklagten im Sommer und Herbst 2020 durch eine Erkrankung und einen Spitalaufenthalt seiner Mutter sowie die Coronapandemie psychisch belastet war und unter Schlafstörungen litt, weshalb er sich von seinem Hausarzt das Medikament „Trittico“, ein Antidepressivum, verordnen ließ, das er nach Bedarf einnahm. Er befand sich aufgrund der schwierigen Lebensumstände zwar in einem emotional belasteten Zustand, ein psychiatrisches Krankheitsbild, das es erklären würde, dass der Stiefsohn des Beklagten sich nicht mehr an die Abholung des RSb-Briefes am 21. 9. 2020 und/oder an die Weisung des Beklagten erinnert, dieses Schriftstück für ihn abzuholen, lag aber nicht vor. Das Medikament Trittico kann eine solche Wirkung nicht auslösen. Dass der Stiefsohn des Beklagten aufgrund seiner psychischen Verfassung im September 2020 nicht in der Lage gewesen wäre, die Bedeutung einer ihm vom Beklagten erteilten Vollmacht zur Abholung eines Behördenbriefes und/oder die Tragweite der Übernahme dieses Briefes durch ihn zu verstehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln, steht nicht fest. Als wahrscheinlichste Ursache für das „Vergessen“ der Übernahme des Versäumungsurteils am 21. 9. 2020 nennt die Sachverständige Gedankenverlorenheit oder Zerstreutheit.

[18]     4.4. Aufgrund dieser Feststellungen ist dem Beklagten der Beweis dafür, aufgrund mangelnder Entscheidungs- und Prozessfähigkeit seines Stiefsohns zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung und/oder der Abholung des Versäumungsurteils sei eine wirksame Zustellung an ihn nicht erfolgt, nicht gelungen. Eine Person ist nämlich insoweit prozessfähig, als sie selbst gültige Verpflichtungen eingehen kann, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn sie Wesen und Tragweite eines konkreten Rechtsgeschäfts erkennen kann (RS0009075 [T5]). Bei der Beurteilung der Geschäfts-(nunmehr Entscheidungs-)Fähigkeit ist darauf abzustellen, ob eine Person die Tragweite eines konkreten Geschäfts und die Auswirkungen ihre Handelns abschätzen und dieser Einsicht gemäß disponieren kann (RS0009075 [T8, T12]). Davon ist hier auszugehen. Auch wenn dem Stiefsohn des Beklagten eine psychische Belastungsreaktion zuzugestehen ist, die zu Gedankenverlorenheit und Zerstreutheit führte, gibt es doch keine ausreichenden Hinweise darauf, dass er deshalb nicht verstanden hätte, was eine Weisung zur Abholung eines behördlichen Schriftstücks seines Stiefvaters bedeutet, und dass mit der Abholung dieses Schriftstücks rechtliche Wirkungen verbunden sein werden. All dies waren ihm seit Jahren vertraute Vorgänge, die nur die faktische Übernahme des Poststücks, dessen Fotografie und Übermittlung an den Beklagten und somit keine besonderen intellektuellen Fähigkeiten erforderten. Eine Entscheidungsunfähigkeit des Stiefsohns, die allenfalls zur Rechtsunwirksamkeit der Bevollmächtigung und/oder Zustellung führen hätte können, ist daher nicht zu erkennen.

[19]     5. Damit hat das Berufungsgericht die Nichtigkeitsberufung zutreffend als verspätet zurückgewiesen, weil die vierwöchige Berufungsfrist bereits durch wirksame Zustellung an den Bevollmächtigten des Beklagten am 21. 9. 2020 ausgelöst wurde. Die erst am 7. 12. 2020 erhobene Berufung war verspätet. Über die hilfsweise erhobenen Rechtsbehelfe wird das Erstgericht zu entscheiden haben.

[20]     6. Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat der Beklagte dem Kläger die im Zwischenstreit über die Rechtzeitigkeit der Berufung aufgelaufenen, tarifgemäß verzeichneten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Textnummer

E131896

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00063.21G.0504.000

Im RIS seit

17.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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