TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/19 W220 2238378-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2021
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Entscheidungsdatum

19.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch


W220 2238378-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Guinea, vertreten durch Dr. Malena STÜRZENBECHER, Rechtsanwalt in 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020, Zl.: 1002794000/200364935, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehörigen von Guinea, ehelichte am XXXX .2013 in Österreich eine polnische Staatsangehörige; in weiterer Folge wurde ihm über seinen Antrag eine „Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers“, gültig von 03.06.2014 bis 03.06.2019, ausgestellt.

Am XXXX wurde der Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in Österreich geboren, welcher polnischer Staatsbürger ist.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.2016, rechtskräftig seit 03.10.2016, wurde die Ehe des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau geschieden. Am 09.05.2016 hatten der Beschwerdeführer und seine Ehefrau im Zusammenhang mit dem Verfahren über ihre Ehescheidung gerichtlich die gemeinsame Obsorge für ihren Sohn und dessen hauptsächlichen Aufenthalt im Haushalt der Mutter vereinbart.

Der Beschwerdeführer setzte am 07.09.2018 den Landeshauptmann von Wien gemäß § 54 Abs. 6 NAG von der seit 03.10.2016 rechtskräftigen Scheidung der Ehe in Kenntnis.

Mit Schreiben vom 27.04.2020 erstattete der Landeshauptmann von Wien Mitteilung gemäß § 55 Abs. 3 NAG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung und führte aus, dass die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers weggefallen seien, da die Ehe des Beschwerdeführers bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens weniger als drei Jahre bestanden habe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verständigte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.05.2020 vom Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der Prüfung etwaiger aufenthaltsbeendender Maßnahmen und forderte den Beschwerdeführer auf, näher angeführte Fragen (insbesondere zu seinem Privat- und Familienleben) unter Vorlage entsprechender Beweismittel innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens zu beantworten.

Zu dieser Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme erstattete der Beschwerdeführer zunächst mit Schreiben vom 08.06.2020 und in weiterer Folge mit E-Mail vom 14.09.2020 Stellungnahme und brachte zusammengefasst vor, dass er seit elf Jahren überwiegend rechtmäßig in Österreich aufhältig sei, bis zur „coronabedingten“ Kündigung mit Wirksamkeit vom 13.06.2020 gearbeitet habe und sich regelmäßig persönlich um sein Kind kümmere, mit dem er sich einmal wöchentlich treffe und für das er 200,00 Euro pro Monat Unterhalt zahle. Der Beschwerdeführer erhalte private Zuwendungen von Freunden, sei krankenversichert, nicht beim Arbeitsmarktservice gemeldet und beziehe derzeit keine Förderungen oder Sozialhilfeleistungen. Er habe Guinea zuletzt im Jahr 2016 besucht; dort würden derzeit seine Kinder und seine Mutter leben.

Am 07.09.2020 wurde eine Niederschrift in einer Regionalstelle der Wiener Kinder- und Jugendgerichtshilfe aufgenommen, in welcher der Beschwerdeführer und die Mutter seines minderjährigen Sohnes vor einer Sozialarbeiterin angaben, sich auf eine näher ausgeführte Kontaktregelung geeinigt zu haben.

Mit oben genanntem, gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.12.2020 wurde in weiterer Folge unter Bezug auf § 54 Abs. 5 Z 5 NAG und die Befassung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit einer möglichen Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, das Kontaktrecht zu seinem minderjährigen Sohn ausschließlich im Inland auszuüben, da es im Hinblick auf das Alter des Kindes nicht dem Kindeswohl entspreche, dass das Kontaktrecht des Vaters aus dem bzw. im Ausland ausgeübt würde.

Gegen oben genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020 erhob der Beschwerdeführer am 22.12.2020 (durch seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin) fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang an das Bundesverwaltungsgericht und führte begründend im Wesentlichen aus, dass das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers gemäß § 54 Abs. 5 Z 5 NAG erhalten bleibe. Mit gerichtlicher Vereinbarung vom 09.05.2016 sei die gemeinsame Obsorge des Beschwerdeführers und der Mutter seines Sohnes, mit hauptsächlichem Aufenthalt im Haushalt der Mutter, festgelegt worden; am 07.09.2020 sei vor der Wiener Kinder- und Jugendgerichtshilfe eine näher beschriebene Kontaktregelung getroffen worden, wobei die vereinbarten Besuchsrechte vom Beschwerdeführer auch tatsächlich ausgeübt würden. Der Beschwerdeführer habe somit ein Recht auf persönlichen Umgang mit seinem Sohn und sei es gemäß dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 18.12.2020 erforderlich, dass dieser ausschließlich im Bundesgebiet erfolge.

Am 28.12.2020 erhob der Beschwerdeführer (durch einen weiteren bevollmächtigten Rechtsvertreter) gegen den oben genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020 eine weitere „Beschwerde“ an das Bundesverwaltungsgericht in vollem Umfang, welche als Beschwerdeergänzung gewertet wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX ; seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Mai 2013 durchgehend in Österreich auf. Am XXXX .11.2013 schloss er in Österreich die Ehe mit der in Österreich lebenden polnischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX . In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer über seinen Antrag eine „Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers“, gültig von 03.06.2014 bis 03.06.2019, ausgestellt; zuletzt beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht vor Ablauf dieser Karte eine „Daueraufenthaltskarte“.

Am XXXX wurde der Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, der minderjährige XXXX , in Österreich geboren, welcher polnischer Staatsbürger ist und in Österreich lebt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.2016, XXXX , rechtskräftig seit 03.10.2016, wurde die Ehe des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau geschieden. Am 09.05.2016 hatten der Beschwerdeführer und seine Ehefrau im Scheidungsverfahren ( XXXX ) gerichtlich die gemeinsame Obsorge für ihren Sohn und dessen hauptsächlichen Aufenthalt im Haushalt der Mutter vereinbart. Die persönlichen Kontakte zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Kind regelten bzw. regeln der Beschwerdeführer und seine Exfrau einvernehmlich.

Der Beschwerdeführer setzte am 07.09.2018 den Landeshauptmann von Wien gemäß § 54 Abs. 6 NAG von der seit 03.10.2016 rechtskräftigen Scheidung der Ehe in Kenntnis.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.12.2020, XXXX , wurde in weiterer Folge unter Bezug auf § 54 Abs. 5 Z 5 NAG und eine mögliche Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, das Kontaktrecht zu seinem minderjährigen Sohn ausschließlich im Inland auszuüben, da es im Hinblick auf das Alter des Kindes nicht dem Kindeswohl entspreche, dass das Kontaktrecht des Vaters aus dem bzw. im Ausland ausgeübt würde.

Der Beschwerdeführer lebte von 29.05.2013 bis 05.11.2016 mit seiner (nunmehrigen Ex-)Ehefrau und seit dessen Geburt bis zum 05.11.2016 mit dem gemeinsamen minderjährigen Sohn im selben Haushalt. Seit der Scheidung seiner Eltern lebt der Sohn des Beschwerdeführers bei seiner Mutter; der Beschwerdeführer hat ein- bis zweimal pro Woche regelmäßigen persönlichen Kontakt mit seinem Sohn und leistet für seinen Sohn finanziellen Unterhalt von bis zu 200,00 Euro monatlich. Zuletzt wurde zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Exfrau im September 2020 schriftlich vereinbart, dass der Beschwerdeführer seinen Sohn jede Woche am Donnerstag um 11.30 Uhr vom Kindergarten abholt und um 18.00 Uhr zur Mutter zurückbringt (ausgenommen an Tagen, an welchen der Beschwerdeführer einen Deutsch- oder AMS-Kurs hat und ihm eine Abholung zeitlich nicht möglich ist) sowie jede Woche Samstag um 10.00 Uhr von der Mutter abholt und um 18.00 Uhr zurückbringt. Eine enge persönliche Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Exfrau besteht ebenso wenig wie ein Abhängigkeitsverhältnis in irgendeine Richtung.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Mai 2013 in Österreich auf, verfügt über ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A1 und hat soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundeskreises, wobei das Bestehen besonders enger Bindungen nicht hervorgekommen ist. Er war in Österreich von 01.06.2015 bis 18.12.2015 als Arbeiter beschäftigt, von 17.10.2016 bis 31.12.2016 als Arbeiter geringfügig beschäftigt und von 01.01.2017 bis 02.02.2018 sowie 05.02.2018 bis 12.06.2020 wieder als Arbeiter beschäftigt. Er verfügt über eine Wiedereinstellungsbestätigung seines letzten Arbeitgebers, „sobald es, aufgrund der aktuellen Situation, nicht zu einer Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage kommen sollte“ für eine Anstellung auf Vollzeitbasis mit einem Bruttomonatsgehalt von 1.735,13 Euro. Der Beschwerdeführer verfügt derzeit in Österreich über keinen Krankenversicherungsschutz. Er bezieht keine Sozialleistungen und wird durch Freunde mit 150,00 Euro monatlich finanziell unterstützt.

In Guinea ist der Beschwerdeführer bei seiner Mutter aufgewachsen und hat dort die Hauptschule abgeschlossen. Er besuchte Guinea, wo sich seine weiteren Kinder und seine Mutter aufhalten, zuletzt im Jahr 2016.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen bisherigen Angaben in seinen Verfahren sowie einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, bei welchem der Beschwerdeführer seinen bis 16.05.2017 gültigen guineischen Reisepass mit der Nummer XXXX vorlegte und wurden bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt.

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers ergibt sich aus Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister. Für die in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 08.06.2020 ohne nähere Ausführungen getätigte Behauptung, der Beschwerdeführer halte sich seit elf Jahren in Österreich auf, sind, wie bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beweiswürdigend nachvollziehbar ausgeführt, keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. unten zur Eheschließung des Beschwerdeführers im Jahr 2013, den im Verwaltungsakt einliegenden Auszug aus dem AJ-Web vom 23.11.2020 auf AS 119ff und Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister) und wurden auch in der Beschwerde vom 22.12.2020 nicht substantiiert dargetan. Sofern in der Beschwerdeergänzung vom 28.12.2020 vorgebracht wurde, dass aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.05.2014, GZ.: W153 1413208-1/10E, hervorgehe, dass der Beschwerdeführer am 16.07.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und gegen den abweisenden Bescheid der Behörde vom 07.04.2010 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben habe, ist auszuführen, dass die in diesem Asylverfahren geführten Identitätsdaten nicht mit jenen des Beschwerdeführers übereinstimmen und überdies dieses Asylverfahren zunächst mit dem genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.05.2014 gemäß § 24 AsylG 2005 wegen unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers eingestellt wurde und nach Fortsetzung mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.2014, GZ.: W153 1413208-1/14Z, schließlich mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2015, GZ.: W121 1413208-1/25E, neuerlich gemäß § 24 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wegen unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers bzw. Entziehung seines Verfahrens eingestellt und nicht mehr fortgesetzt wurde.

Die Feststellungen zur Eheschließung des Beschwerdeführers und Ausstellung einer Aufenthaltskarte bzw. Beantragung einer Daueraufenthaltskarte ergeben sich aus der Mitteilung des Landeshauptmannes von Wien vom 27.04.2020 (AS 3ff), der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 08.06.2020 (AS 33f), dem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.2016, XXXX (AS 105f), und einer Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister und wurden bereits seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid getroffen.

Die Feststellungen zum minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Personenstandsregisters (AS 101) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellungen zur Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers und der getroffenen Obsorgevereinbarung ergeben sich aus dem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.2016, XXXX (AS 105f) und der Vereinbarung des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.05.2016, XXXX (AS 107f). Die Feststellung zur Regelung der Kontakte zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn ergibt sich aus dem Umstand, dass eine diesbezügliche gerichtliche Entscheidung nicht vorgelegt wurde, der in einer Regionalstelle der Wiener Kinder- und Jugendhilfe aufgenommenen Niederschrift vom 07.09.2020 (AS 161) und dem Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.12.2020, XXXX (AS 167ff).

Die Feststellungen zum Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.12.2020 XXXX , ergeben sich aus dem Beschluss selbst (AS 167ff).

Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen, den Unterhaltszahlungen und dem Kontakt des Beschwerdeführers zu seinem minderjährigen Sohn ergeben sich aus Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister zu den Identitätsdaten des Beschwerdeführers, seiner Exfrau und seines minderjährigen Sohnes, der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 08.06.2020 (AS 33f), dem Quittungsdruck vom 05.04.2020 und 02.05.2020 (AS 56), dem E-Mail des Beschwerdeführers vom 14.09.2020 (AS 49f) und der in einer Regionalstelle der Wiener Kinder- und Jugendhilfe aufgenommenen Niederschrift vom 07.09.2020 (AS 161). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bezüglich der Unterhaltszahlungen im angefochtenen Bescheid schlüssig begründet, dass der Beschwerdeführer derzeit als „Einkünfte“ lediglich Unterstützungszahlungen von Privatpersonen in Höhe von insgesamt 150,00 Euro monatlich nachweisen könne (siehe unten), weshalb nicht davon auszugehen sei, dass derzeit Zahlungen an seinen minderjährigen Sohn erfolgen könnten. Dass die Exfrau des Beschwerdeführers von diesem abhängig wäre oder sonst eine enge Bindung bestehen würde, ist nicht hervorgekommen und wurde auch in der Beschwerde bzw. Beschwerdeergänzung nicht behauptet; bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verneinte dies unter Verweis auf die Beantwortung der dem Beschwerdeführer mit Parteiengehör übermittelten Fragen (AS 16) mit E-Mail vom 14.09.2020 (AS 49) nachvollziehbar.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich (zu seinem Aufenthalt seit 2013 siehe bereits oben) ergeben sich aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 08.06.2020 (AS 33f), dem im Verwaltungsakt einliegenden Auszug aus dem AJ-Web vom 23.11.2020 (AS 119ff), der Auskunft des Beschwerdeführers mit E-Mail vom 13.10.2020 (AS 69), dem Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2020 (AS 79), der Wiedereinstellungsbestätigung vom 29.05.2020 (AS 55), der Lohnabrechnung für April 2020 (AS 57) und der „Anerkennungen“ für monatliche Zahlungen an den Beschwerdeführer (AS 76f) und wurden bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt. Ein darüberhinausgehendes, integrationsrelevantes Vorbringen wurde weder in der Beschwerde vom 22.12.2020 noch in der Beschwerdeergänzung vom 28.12.2020 erstattet.

Die Feststellungen zu den Bezugspunkten des Beschwerdeführers zu Guinea ergeben sich aus der Beantwortung der mit Parteiengehör an ihn gerichteten Fragen (AS 15ff) mit E-Mail vom 14.09.2020 (AS 49f).

Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seiner diesbezüglichen Angabe im E-Mail vom 14.09.2020 (AS 49) in Verbindung mit seinen in Österreich verrichteten Tätigketen; Anhaltspunkte für das Vorliegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bzw. Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sind nicht hervorgekommen.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung):

3.2.1.1. Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet:

,,§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der mit „Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“ betitelte § 54 NAG lautet:

"§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt."

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet auszugsweise:

,,§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

[…]“

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Als begünstigter Drittstaatsangehöriger gilt gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, bleibt selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig. Der Aufenthalt ist allein schon wegen des Vorhandenseins einer (noch gültigen) Dokumentation als rechtmäßig anzusehen (vgl. VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005).

War der Beschwerdeführer auf Grund einer für ihn nach dem NAG ausgestellten Dokumentation rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig (vgl. VwGH 24.11.2009, Zl.: 2007/21/0011), stellt sich die Erlassung einer auf § 52 Abs. 1 FPG gestützten Rückkehrentscheidung und eines damit nach § 53 FPG verbundenen Einreiseverbotes als nicht zulässig dar. Zudem geht aus § 55 Abs. 4 NAG infolge des darin enthaltenen - wie den zitierten Erläuterungen zu entnehmen ist: bewusst gesetzten - Verweises klar hervor, dass in den davon erfassten Konstellationen die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand des § 66 FPG zu prüfen ist. Diesfalls kommt es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG nicht an (VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005).

Zwar wurde § 55 Abs. 4 NAG mit BGBl. I Nr. 87/2012 insofern geändert, als nun nicht mehr auf § 66 FPG, sondern auf § 9 BFA-VG (bzw. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt Fremdenpolizeibehörde) verwiesen wird. Den Materialien ist jedoch zu entnehmen, dass diese Adaptierungen in § 55 Abs. 4 NAG lediglich eine Verweisanpassung und eine terminologische Anpassung aufgrund der geänderten Gesetzessystematik durch die Einrichtung eines Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl darstellen (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP 79).

Es ist demnach weiterhin die oben wiedergegebene, vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18.06.2013, 2012/18/0005, vertretene Auffassung maßgeblich, sodass im konkreten Fall des Beschwerdeführers, der über eine für ihn nach dem NAG ausgestellte Dokumentation („Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers“, gültig von 03.06.2014 bis 03.06.2019, sowie vor Ablauf dieser fristgerechte Beantragung einer „Daueraufenthaltskarte“) im Bundesgebiet aufhältig ist, die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand des § 66 FPG zu prüfen ist und es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG nicht ankommt. Trotz zwischenzeitlich erfolgter Auflösung der Ehe mit einer EWR-Bürgerin und somit gegenständlich Nichtvorliegens der formalen Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG (mangels Unterhaltszahlungen an den Beschwerdeführer durch seinen minderjährigen Sohn keine Eigenschaft des Beschwerdeführers als begünstigter Drittstaatsangehöriger über seinen minderjährigen Sohn) hat in concreto zur Beurteilung der Rechtsmäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Hinblick auf den Beschwerdeführer § 66 FPG zur Anwendung zu gelangen.

Der Beschwerdeführer schloss am XXXX .11.2013 in Österreich die Ehe mit einer in Österreich lebenden polnischen Staatsangehörigen; diese Ehe wurde mit seit 03.10.2016 rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.2016, XXXX geschieden.

Mangels Bestehens der Ehe für mindestens drei Jahre bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens oder Übertragung der alleinigen Obsorge für seinen minderjährigen Sohn blieb das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers bei der Scheidung jedenfalls nicht gemäß § 54 Abs. 5 Z 1 oder 3 NAG erhalten. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Abs. 5 Z 4 NAG sind nicht hervorgekommen.

Zu prüfen bleibt, ob das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers bei der Scheidung gemäß § 54 Abs. 5 Z 5 NAG erhalten blieb. Dies ist der Fall, wenn (neben dem Nachweis der Erfüllung der für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG) dem Drittstaatsangehörigen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

Im vorliegenden Fall ist dieser Tatbestand nicht erfüllt: Die Ehe des Beschwerdeführers wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.07.2016, XXXX , geschieden; im selben Verfahren vereinbarten der Beschwerdeführer und seine Exfrau am 09.05.2016 gerichtlich die gemeinsame Obsorge für ihren Sohn und dessen hauptsächlichen Aufenthalt im Haushalt der Mutter. Weitere Vereinbarungen über die Obsorge, die persönlichen Kontakte sowie die Betreuung des minderjährigen Sohnes des Beschwerdeführers wurden nicht geschlossen; auch eine gerichtliche Anordnung wurde zunächst nicht getroffen. Insbesondere wurde das Recht auf persönliche Kontakte nicht gerichtlich, sondern einvernehmlich geregelt (siehe oben; vgl. § 187 Abs. 1 ABGB); dem Beschwerdeführer wurde insofern das (ihm gemäß § 187 Abs. 1 1. Satz ABGB zukommende) Recht auf regelmäßige und den Bedürfnissen des Kindes entsprechende persönliche Kontakte (vgl. § 54 Abs. 5 Z 5 NAG: „Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind“) nicht „zugesprochen“ (§ 54 Abs. 5 Z 5 NAG; vgl. § 187 Abs. 1 3. Satz ABGB). Damit ist der Tatbestand des § 54 Abs. 5 Z 5 NAG nicht erfüllt, woran auch der Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.12.2020, XXXX , nichts ändert, in welchem ebenfalls kein derartiger „Zuspruch“ bzw. keine Kontaktregelung erfolgte – der Beschluss verweist im Gegenteil auf die am 07.09.2020 vor der Wiener Kinder- und Jugendhilfe zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Exfrau getroffene Kontaktrechtsvereinbarung – und ausschließlich unter Bezug auf § 54 Abs. 5 Z 5 NAG sowie eine mögliche Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers, somit die Beurteilung durch das mit der Aufenthaltsbeendigung befasste Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorwegnehmend, ausgesprochen wurde, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, das Kontaktrecht zu seinem minderjährigen Sohn ausschließlich im Inland auszuüben und dass die Ausübung des Kontaktrechtes des Vaters aus dem bzw. im Ausland nicht dem Kindeswohl entspreche.

Mangels Erfüllung eines der Tatbestände des § 54 Abs. 5 NAG ist das abgeleitete, unionsrechtliche Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers als Angehöriger einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin mit seit 03.10.2016 rechtskräftiger Scheidung von dieser erloschen. Der Beschwerdeführer verfügte sohin lediglich während aufrechter Ehe von XXXX .11.2013 bis 02.10.2016 über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht gemäß § 54 NAG (vgl. ErläutRV 952 BlgNr. 22. GP 142, wonach das Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate in einem anderen EWR-Staat nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG neben EWR-Bürgern und ihren Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind, auch bestimmten Angehörigen von EWR-Bürgern, die Drittstaatsangehörige sind und den EWR-Bürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, zusteht und dieses Recht durch die Bestimmung des § 54 ins innerstaatliche Recht umgesetzt wird); dies ungeachtet seines aufgrund der Ausstellung einer Dokumentation seines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßigen Aufenthaltes (siehe oben).

In seinem Erkenntnis vom 22.01.2014, 2013/21/0135, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Bestimmungen der § 67 Abs. 1 und 2 FPG und § 66 Abs. 1 FPG vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG (FreizügigkeitsRL), deren Umsetzung sie dienen würden, zu verstehen seien. Nichts Anderes kann auch für den – wenngleich nicht explizit erwähnten – § 66 Abs. 3 FPG gelten, dessen Wortlaut jenem des § 67 Abs. 1 4. Satz FPG entspricht (die Bestimmungen unterscheiden sich nur insofern, als § 66 Abs. 3 FPG die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Erlassung einer Ausweisung normiert, während § 67 Abs. 1 4. Satz FPG die Voraussetzungen hinsichtlich der Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes enthält). Auch § 66 Abs. 3 FPG ist sohin vor dem Hintergrund des Art. 28 Abs. 3 lit. a FreizügigkeitsRL sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu lesen (vgl. auch AB 1160 BlgNR 24. GP 9).

In seiner Entscheidung vom 02.05.2018, K. gegen Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie (C?331/16) und H. F. gegen Belgische Staat (C?366/16) erkannte der Europäische Gerichtshof, dass Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38 (FreizügigkeitsRL), wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17.04.2018, B und Vomero (C?316/16 und C?424/16, Rn. 61), entschieden habe, dahin auszulegen sei, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Schutz vor einer Ausweisung davon abhänge, dass der Betroffene über ein Recht auf Daueraufenthalt im Sinne von Art. 16 und Art. 28 Abs. 2 der FreizügigkeitsRL verfüge. Aus Art. 16 Abs. 1 der FreizügigkeitsRL gehe hervor, dass dieses Recht nur erworben werden könne, wenn sich der Betroffene rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten habe, im Einklang mit den Voraussetzungen nach der FreizügigkeitsRL, insbesondere ihres Art. 7 Abs. 1 (mit Hinweis auf EuGH vom 21.12.2011, Ziolkowski und Szeja, C?424/10 und C?425/10, Rn. 46), oder eines Unionsrechtsakts, der vor dem 30.04.2006 gegolten habe, an dem die Frist für die Umsetzung der FreizügigkeitsRL gegolten habe. Ein im Einklang mit dem Recht eines Mitgliedstaats stehender Aufenthalt, der jedoch nicht die Voraussetzungen des Unionsrechts erfülle, könne dagegen nicht als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne von Art. 16 Abs. 1 der FreizügigkeitsRL angesehen werden, so dass bei einem Unionsbürger, der sich im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats allein auf der Grundlage des nationalen Rechts dieses Staates mehr als fünf Jahre lang aufgehalten habe, nicht davon ausgegangen werden könne, dass er nach dieser Bestimmung das Recht auf Daueraufenthalt erworben habe, wenn er während seines Aufenthalts die genannten Voraussetzungen nicht erfülle. Art. 28 Abs. 3 lit. a der FreizügigkeitsRL sei daher dahin auszulegen, dass er nicht für einen Unionsbürger gelte, der nicht über ein Recht auf Daueraufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat im Sinne von Art. 16 und Art. 28 Abs. 2 der FreizügigkeitsRL verfüge.

Der Verwaltungsgerichtshof erkannte in seinem Erkenntnis vom 12.03.2013, 2012/18/0228, dass sich anhand der Systematik des Art. 28 der FreizügigkeitsRL insofern ein abgestuftes System der dort enthaltenen Gefährdungsmaßstäbe zeige, als ein strengerer Maßstab dann zur Anwendung gelangen solle, wenn der Unionsbürger – bzw. sein Familienangehöriger – bereits über das Recht auf Daueraufenthalt verfüge. Dieses könne nach Art. 16 FreizügigkeitsRL grundsätzlich nach einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren erlangt werden. Daraus erhelle, dass der demgegenüber nochmals erhöhte Schutz nach Art. 28 Abs. 3 FreizügigkeitsRL, der auf einen zehnjährigen Aufenthalt abstelle, (nur) jenen Personen zukommen solle, die sich ebenfalls auf einen rechtmäßigen Aufenthalt berufen könnten, zumal der Unionsgesetzgeber offenkundig davon ausgegangen sei, dass diese regelmäßig die dem Abs. 3 vorgelagerte Schutzstufe des Abs. 2 bereits erreicht hätten. Im Hinblick darauf, dass die Bestimmungen des § 67 Abs. 1 FPG der Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben dienen würden und es keinen Hinweis dafür gebe, dass der (österreichische) Gesetzgeber den Schutz gegenüber diesen Vorgaben noch weiter erhöhen hätte wollen, sei, ungeachtet dessen, dass der Wortlaut des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG lediglich auf den Aufenthalt, nicht aber ausdrücklich auf den rechtmäßigen Aufenthalt abstelle, davon auszugehen, dass lediglich Letzterer dazu führen könne, dass die in § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG enthaltene Privilegierung hinsichtlich des im FPG enthaltenen „strengsten“ Gefährdungsmaßstabes zur Anwendung kommen könne.

Im Ergebnis kommt daher dem Beschwerdeführer ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Bundesgebiet bereits seit 03.10.2016 nicht mehr zu und hat der Beschwerdeführer mangels fünf Jahre dauerndem, rechtmäßigem Aufenthalt als Angehöriger einer unionsrechtliche aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin, nicht das unionsrechtliche Daueraufenthaltsrecht gemäß § 54a NAG erworben, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den Ausweisungstatbestand des § 66 Abs. 1 erster Satzteil herangezogen hat. Eine Ausweisung des Beschwerdeführers ist demnach – vorbehaltlich der durchzuführenden Interessenabwägung – grundsätzlich möglich.

3.2.1.2. Gemäß § 9 BFA-VG ist unter anderem eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben ist nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Auch eine aufrechte Lebensgemeinschaft fällt unter das von Art. 8 EMRK geschützte Familienleben (VwGH 09.09.2013, 2013/22/0220 mit Hinweis auf E vom 19.03.2013, 2012/21/0178, E vom 30.08.2011, 2009/21/0197, und E vom 21.04.2011, 2011/01/0131). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Ein Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder (z.B. EGMR, L. gegen die Niederlande, 01.06.2004, Nr. 45582/99) und unabhängig von einem gemeinsamen Wohnsitz der Eltern (EGMR, Berrehab gegen die Niederlande, 21.06.1988, Nr. 10730/84); daher reichen regelmäßige Wochenendbesuche aus (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13). Dies gilt für die Beziehung zu beiden Elternteilen, wenn diese verheiratet sind oder in einer sonstigen, in den Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK fallenden stabilen Partnerschaft leben. Anderenfalls besteht jedenfalls zwischen Mutter und Kind ohne Weiteres ein Familienleben, während beim Vater zusätzliche Faktoren zur biologischen Abstammung hinzutreten müssen (Philipp Czech, Das Recht auf Familienzusammenführung nach Art. 8 EMRK in der Rechtsprechung des EGMR in EuGRZ 2017, 229 bis 240). Der EGMR stellt etwa auf die gemeinsame Entscheidung für ein Kind, die Unterstützung der Schwangeren, Bemühungen um eine Anerkennung nach der Geburt sowie regelmäßigen Kontakt, Beiträge zu Betreuung und Erziehung oder Unterhaltszahlungen ab (EGMR, Keegan gegen Irland, 26.05.1994, Nr. 16969/90).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die konkreten Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung für ein Elternteil auf das Wohl eines Kindes zu ermitteln und bei der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, es sei lebensfremd, davon auszugehen, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden könne (vgl dazu etwa VfGH 26.2.2019, E3079/2018, mwN).

Der Beschwerdeführer verfügt als Vater seines im Bundesgebiet lebenden, minderjährigen Sohnes, bezüglich dessen er und seine Exfrau gemeinsam obsorgeberechtigt sind und für den er Unterhaltszahlungen leistet bzw. zu dem er regelmäßig Kontakt hat, jedenfalls über ein schützenswertes Familienleben in Österreich. Weiters ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Mai 2013, sohin seit rund acht Jahren, im Sinne oben zitierter Judikatur als sehr lang zu werten. Es ist demnach auch von einem von Art. 8 EMRK geschützten Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen.

In weiterer Folge ist daher die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sowohl in das Privat- als auch das Familienleben des Beschwerdeführers zu prüfen:

Zum Privatleben des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in Österreich soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundeskreises hat, das Bestehen besonders enger Bindungen ist jedoch nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer verfügt zudem ungeachtet seines langjährigen Aufenthaltes lediglich über ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A1. Zwar war der Beschwerdeführer in der Vergangenheit erwerbstätig und bezieht keine Sozialleistungen, was zu seinen Gunsten berücksichtigt wird; er geht jedoch derzeit keiner Beschäftigung nach, verfügt über keinen Krankenversicherungsschutz und wird lediglich durch Freunde mit 150,00 Euro monatlich finanziell unterstützt. Bezüglich der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ist überdies darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer während seines rund achtjährigen Aufenthaltes in Österreich insgesamt lediglich rund vier Jahre Beschäftigungen nachgegangen ist. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer keine Integrationsschritte gesetzt; so nimmt er etwa keine Fortbildungsmöglichkeiten in Anspruch und geht weder kulturellen noch sportlichen Aktivitäten nach, er ist auch nicht Mitglied in einem Verein. Mangels Erkrankung des Beschwerdeführers oder Hervorkommens sonstiger entsprechend beachtenswerter Umstände sind keine zusätzlichen, für die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens sprechenden Aspekte hervorgekommen. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich sind daher schwach ausgeprägt, zumal zu seinen Gunsten nur insbesondere seine langjährige Aufenthaltsdauer und seine lediglich zeitweise Erwerbstätigkeit sprechen. Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Zum Familienleben des Beschwerdeführers ist weiters auszuführen, dass die familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stark ausgeprägt sind: Der Beschwerdeführer lebte mit seinem minderjährigen Sohn, bezüglich dessen ihm und seiner Exfrau das gemeinsame Sorgerecht zukommt, seit dessen Geburt am XXXX bis zum 05.11.2016 etwa eineinhalb Jahre im gemeinsamen Haushalt. Seit der Trennung des Beschwerdeführers von seiner Ehefrau bzw. dem Auszug aus dem gemeinsamen Haushalt mit seinem minderjährigen Sohn hat der Beschwerdeführer ein- bis zweimal pro Woche regelmäßigen persönlichen Kontakt mit seinem Sohn und leistet für diesen finanziellen Unterhalt von bis zu 200,00 Euro monatlich. Zuletzt wurde zwischen dem Beschwerdeführer und seine Exfrau im September 2020 schriftlich vereinbart, dass der Beschwerdeführer seinen Sohn jede Woche am Donnerstag um 11.30 Uhr vom Kindergarten abholt (ausgenommen bei Stattfinden von Deutsch- oder AMS-Kursen und dadurch bedingter zeitlicher Verhinderung des Beschwerdeführers) und um 18.00 Uhr zur Mutter zurückbringt sowie jede Woche Samstag um 10.00 Uhr von der Mutter abholt und um 18.00 Uhr zurückbringt.

Der mit einer Ausweisung verbundene Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers wiegt demnach – auch unter Berücksichtigung des Alters seines minderjährigen Sohnes von sechs Jahren – naturgemäß schwer.

Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer lediglich von 15.11.2013 bis 03.10.2016 über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügte. Zwar war sein darüberhinausgehender Aufenthalt gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG aufgrund der für ihn ausgestellten Aufenthaltskarte rechtmäßig, der Beschwerdeführer kam jedoch seiner Verpflichtung gemäß § 54 Abs. 6 NAG, wonach Umstände, wie etwa die Scheidung, der Behörde unverzüglich bekannt zu geben sind, erst etwa zwei Jahre nach rechtskräftiger Scheidung nach, wodurch eine Befassung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung verzögert wurde.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Der Beschwerdeführer verfügt derzeit über kein Aufenthaltsrecht in Österreich; es steht ihm jedoch frei, sich unter Einhaltung der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften neuerlich in Österreich niederzulassen, zumal der Beschwerdeführer bereits über berufliche und soziale Anknüpfungspunkte in Österreich sowie Deutschkenntnisse, welche er auch außerhalb Österreichs intensivieren kann, verfügt. Dem Beschwerdeführer wäre es dabei möglich und (wiederum auch unter Beachtung des Alters seines Sohnes) zumutbar, den Kontakt zu seinem minderjährigen Sohn mittels elektronischer Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten. Unterhaltszahlungen können – allenfalls in vermindertem Umfang – auch vom Ausland aus erbracht werden (vgl. VwGH vom 16.01.2007, Zahl 2006/18/0482). Der Sohn des Beschwerdeführers lebt in Österreich im Haushalt seiner Mutter; seine Betreuung und Versorgung ist demnach durch diese sichergestellt. Dass die Exfrau des Beschwerdeführers von diesem in irgendeiner Form abhängig wäre, ist nicht hervorgekommen. Die konkreten Auswirkungen der Aufenthaltsbeendigung auf das Kindeswohl erweisen sich demnach im gegenständlichen Fall zwar als schwerwiegend, was den direkten, persönlichen Kontakt des Beschwerdeführers zu seinem Sohn betrifft; in Anbetracht des Alters des Sohnes des Beschwerdeführers ist jedoch der lediglich virtuelle Kontakt via elektronsicher Kommunikationsmittel möglich und zumutbar, zumal es am Beschwerdeführer liegt, diesen Verlust des persönlichen Kontaktes nur vorübergehend und so kurz als möglich zu gestalten und unter Einhaltung der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften wieder in das Bundesgebiet einzureisen.

In die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.4.2015, Ra 2014/18/0146; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0199) auch die Rückkehrsituation des Fremden (insbesondere Gesundheitszustand, Existenzgrundlage, Lage im Herkunftsstaat). Wie zur Person des Beschwerdeführers festgestellt, ist dieser gesund und ergaben sich im gesamten Verfahren keinerlei Hinweise auf allfällige medizinische Probleme, die sich im Fall einer Rückkehr ergeben könnten. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dem arbeitsfähigen Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Schaffung einer Existenzgrundlage nicht möglich wäre.

Der Beschwerdeführer verfügt nach wie vor über eine starke Bindung zu seinem Herkunftsstaat: Der Beschwerdeführer, der im Alter von dreiundzwanzig Jahren nach Österreich reiste, ist in Guinea bei seiner Mutter aufgewachsen, hat dort die Hauptschule abgeschlossen und besuchte Guinea, wo sich nach wie vor seine weiteren Kinder und seine Mutter aufhalten, zuletzt im Jahr 2016. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern und Fuß fassen können wird. Die Rückkehrsituation erschwert das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich somit nicht.

Den privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber, denen ein hoher Stellenwert zukommt. In einer Gesamtabwägung wiegen die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers (zumal dem Beschwerdeführer bereits seit 03.10.2016 kein Aufenthaltsrecht mehr zukommt), die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremden- und aufenthaltsrechtlicher Vorschriften manifestieren, im vorliegenden Fall schwerer als die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 1 erster Satzteil iVm § 55 Abs. 3 NAG und § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG zulässig ist.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Durchsetzungsaufschub):

Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

In Ermangelung einer im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gelegenen notwendigen sofortigen Ausreise des Beschwerdeführers hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer zu Recht einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.3. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) – folgend: GRC – hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg. cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, u.a. zum

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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