TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/8 W115 2237405-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2021
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Entscheidungsdatum

08.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W115 2237405-3/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Indien, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Indien, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.    Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

1.2.    Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen.

1.3.    Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet (Asylfolgeantrag).

1.4.    Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX wurde dieser zweite Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs am XXXX in Rechtskraft.

1.5.    Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

1.6.    Im Zeitraum vom XXXX bis XXXX wies der Beschwerdeführer laut Zentralem Melderegister keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich auf. Er tauchte unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar.

1.7.    Am XXXX wurde der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und am XXXX in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

1.8.    Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 1. und 2. Fall, 27 Abs. 2 und §§ 28a Abs. 1 5. Fall, 28a Abs. 2 Z 3 SMG sowie §§ 223 Abs. 2, 224 und § 229 Abs. 1 StGB wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden sowie wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

1.9.    Mit Bescheid vom XXXX erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig ist. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, dem Beschwerdeführer keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1.10.   Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen.

1.11.   Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen.

1.12.   Mit Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Seit diesem Tag wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

1.13.   Am XXXX stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft seinen nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag).

1.14.   Am XXXX wurde seitens des Bundesamtes ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufgenommen und damit begründet, dass davon auszugehen sei, dass der nunmehrige Asylfolgeantrag mit Verzögerungsabsicht gestellt worden sei.

1.15.   Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom XXXX sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

1.16.   Die vom Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid vom XXXX erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

1.17.   Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX als unbegründet abgewiesen.

1.18.   Am XXXX legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

1.19.   Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig war.

2.       Am XXXX legte das Bundesamt den Verwaltungsakt neuerlich gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne nicht das Auslangen gefunden werden. Zum aktuellen Stand des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Vorführung des Beschwerdeführers vor die indische Botschaft XXXX geplant gewesen sei. Dieser Termin habe aber abgesagt werden müssen, da die Räumlichkeiten in der Botschaft nicht kompatibel mit der derzeitigen COVID-Lage seien. Der nächste Vorführtermin werde in jenem Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten werde, stattfinden. Als Termin sei Anfang März 2021 in Aussicht genommen. Dass eine Vorführung des Fremden vor die indische Botschaft bisher noch nicht möglich gewesen sei, liege nicht am Verschulden der Behörde, sondern an der derzeitigen nationalen und internationalen Situation im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie.

2.1.    Am XXXX wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht die vom Bundesamt im Rahmen der Aktenvorlage erstattete Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer nicht erstattet.

2.2.    Der Beschwerdeführer befindet sich seit XXXX in Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

2.3.    Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes nach dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wurde am XXXX von der Landespolizeidirektion XXXX , Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA), unter Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom XXXX mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer weiterhin haftfähig ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Indiens. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 1. und 2. Fall, 27 Abs. 2 und §§ 28a Abs. 1 5. Fall, 28a Abs. 2 Z 3 SMG sowie §§ 223 Abs. 2, 224 und § 229 Abs. 1 StGB wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden sowie wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen.

Der Beschwerdeführer wird seit XXXX in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer hat in seinen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren unterschiedliche Identitätsdaten angegeben. Durch die Angabe falscher Identitätsdaten hat der Beschwerdeführer die Erlangung eines Heimreisezertifikates und in weiterer Folge seine Abschiebung erschwert.

Der Beschwerdeführer stellte wiederholt unbegründete Anträge auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid XXXX erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig ist. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, dem Beschwerdeführer keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX als unbegründet abgewiesen.

Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am XXXX seinen nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag). Am XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein begründeter Aktenvermerk - warum der Folgeantrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde - zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG persönlich ausgefolgt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom XXXX sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Es besteht somit eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer kam seiner Meldeverpflichtung in Österreich im Zeitraum vom XXXX nicht nach. Er war während dieses Zeitraumes untergetaucht und für die österreichischen Behörden nicht greifbar. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und am XXXX in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Seit diesem Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren verfügt.

Der Beschwerdeführer will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitwirken. Er ist nicht ausreisewillig.

Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich bereits zweimal strafrechtlich verurteilt. Zuletzt wurde er im Jahr XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer hat seine Ausreiseverpflichtung missachtet und wiederholt - teils unter Angabe unterschiedlicher Identitäten - unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Weiters wurde über ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt. Zudem kam der Beschwerdeführer in dem Zeitraum vom XXXX seiner Meldeverpflichtung in Österreich nicht nach. Er war während dieses Zeitraumes untergetaucht und für die österreichischen Behörden nicht greifbar. Erst am XXXX konnte der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und am XXXX in die Justizanstalt XXXX eingeliefert werden. Seit diesem Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren verfügt. Zudem befindet sich der Beschwerdeführer seit XXXX in Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Diesbezüglich wird XXXX ein Verfahren mit der Vertretungsbehörde von Indien geführt. Das Verfahren wird vom Bundesamt fortwährend mit geeigneten Maßnahmen und der gebotenen Sorgfalt verfolgt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer innerhalb der Schubhafthöchstdauer erscheint nach wie vor möglich und ist hinreichend wahrscheinlich. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates ist von einer baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auszugehen, da damit zu rechnen ist, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind. Es ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer auch selbst für die weitere Anhaltung in Schubhaft verantwortlich ist, da er nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren will, in seinen bisherigen Verfahren unterschiedliche Identitäten angegeben hat und zuletzt am XXXX aus dem Stand der Schubhaft einen weiteren unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, um die Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verzögern.

Eine (relevante) Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seit der letzten gerichtlichen Überprüfung am XXXX nicht ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in den Akt des Asylgerichtshofes sowie in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahlen XXXX ), in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers (Geschäftszahlen XXXX ), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Aus dem vorliegenden Akteninhalt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Die Feststellung, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen Indiens handelt, beruht auf den vom Bundesamt sowie vom Bundesverwaltungsgericht in den vorangegangenen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren bisher ergangenen Entscheidungen getroffenen Feststellungen zur Person und der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Auch in seiner zuletzt erfolgten Einvernahme vor dem Bundesamt im Folgeantragsverfahren am XXXX hat der Beschwerdeführer angegeben, Staatsangehöriger Indiens zu sein. Es liegt auch eine rechtskräftige durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf diesen Staat vor.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen sowie der Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft.

Dass der Beschwerdeführer seit XXXX in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Zum anderen hat die Landespolizeidirektion XXXX , Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA) auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes am XXXX unter Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom selben Tag mitgeteilt, dass beim Beschwerdeführer auch aktuell keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Dass der Beschwerdeführer in seinen Verfahren unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht hat, ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Akteninhalt seiner vorangegangenen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren und den in diesen Verfahren ergangenen Entscheidungen.

Das Bestehen einer rechtskräftigen durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen aus dem Stande der Schubhaft am XXXX gestellten dritten Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag) zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt hat, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden begründeten Aktenvermerk des Bundesamtes vom XXXX gemäß § 76 Abs. 6 FPG.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom XXXX bis zu seiner Festnahme am XXXX und Einlieferung in eine Justizanstalt untergetaucht und nicht aufrecht gemeldet gewesen ist, ergibt sich eindeutig aus dem Akteninhalt, insbesondere aus einem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters. Somit war auch die Feststellung zu treffen, dass sich der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum dem Zugriff der Behörden entzogen hat. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit XXXX über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren verfügt hat, ergibt sich ebenfalls aus dem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig ist, ergeben sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus seinen beiden strafrechtlichen Verurteilungen, seinem Untertauchen und Aufenthalt im Verborgenen, der Stellung mehrerer unbegründeter Anträge auf internationalen Schutz (zuletzt am XXXX aus dem Stande der Schubhaft in Absicht der Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sowie seinem Verhalten während der Schubhaft (seit XXXX aufrechter Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen).

Dass sich der Beschwerdeführer seit XXXX in Hungerstreik befindet, ergibt sich unzweifelhaft aus der diesbezüglichen Eintragung in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung ausreichend mitzuwirken, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt - zuletzt im Rahmen seiner neuerlichen Asylantragstellung aus dem Stande der Schubhaft - angegeben, nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen. Zudem hat er in seinen bisherigen Verfahren unterschiedliche Identitäten angegeben, um die Erlangung eines Heimreisezertifikates und in weiterer Folge seine Abschiebung zu erschweren.

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiter davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte sowie über keine gesicherte Unterkunft in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage und den bisherigen Ausführungen des Beschwerdeführers in seinen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren. Dieser Sachverhalt wurde auch bereits den vorangegangenen Entscheidungen betreffend die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zugrunde gelegt. Eine diesbezügliche Änderung des Sachverhaltes ist nicht eingetreten. Auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung im Jahr XXXX bis zu seiner Entlassung am XXXX in Strafhaft befunden hat und zumindest seit XXXX über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren verfügt, spricht gegen das Vorliegen eines aufrechten, gefestigten Familienlebens in Österreich. Ebenso ist aufgrund dieser Umstände die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen substanziell erschwert worden und geht der Beschwerdeführer aktuell keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erzielt auch kein Einkommen, womit er seine Existenz in Österreich sichern kann.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass das Bundesamt um die rasche Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bemüht ist. Diesbezüglich wird ein Verfahren mit der indischen Vertretungsbehörde geführt. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer in seinen bisherigen Verfahren unterschiedliche Identitäten angegeben hat und zuletzt am XXXX aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, um die Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verzögern, wird das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates vom Bundesamt zügig geführt. Im Verfahren sind keinerlei Hinweise dafür aufgetreten, dass es im vorliegenden Fall zu einer durch das Bundesamt zu vertretenden Verzögerung gekommen ist. Zuletzt musste eine für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates notwendige und bereits geplante Einvernahme des Beschwerdeführers vor der indischen Vertretungsbehörde am XXXX aufgrund der aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie wieder abgesagt werden. Im Rahmen der im Zuge der Aktenvorlage erstatteten Stellungnahme wurde vom Bundesamt angegeben, dass nunmehr für Anfang März 2021 eine Vorführung des Beschwerdeführers vor eine indische Delegation, in jenem Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, geplant sei. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates innerhalb der Schubhafthöchstdauer möglich und hinreichend wahrscheinlich ist.

Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat kommt, steht für das Bundesverwaltungsgericht außer Streit. Aus derzeitiger Sicht ist aber damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Einschränkungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie - auch in Hinblick auf die nunmehr weltweit einsetzenden Impfkampagnen - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der Schubhafthöchstdauer erfolgen kann. Zudem werden nach dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes Heimreisezertifikate auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgestellt und die Zusammenarbeit mit der indischen Vertretungsbehörde funktioniert. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes somit nicht ersichtlich.

Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung am XXXX ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben - es gibt auch in dieser Hinsicht keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3.  Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer wird seit XXXX in Schubhaft angehalten. Zuletzt wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig war. Der Haftprüfungstermin für die weitere Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ist somit der XXXX . Die Vorlage der Verwaltungsakten durch das Bundesamt hat (mindestens) sieben Tage zuvor zu erfolgen. Die am XXXX erfolgte Aktenvorlage durch das Bundesamt ist somit fristgerecht erfolgt. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat innerhalb einer Woche vor dem Haftprüfungstermin („einwöchiger Entscheidungsspielraum“) zu erfolgen.

3.1.4.  Gemessen an § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 2“ - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird. Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft anordnete (insbesondere die Ziffern 1, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Schubhaftbescheid erhobene Beschwerde wurde auch mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Darüber hinaus wurde zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall überdies auch das Kriterium der Ziffer 5 des § 76 Abs. 3 FPG, wonach bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen ist, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand, erfüllt ist. Durch die Stellung des weiteren Antrages auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag) aus dem Stande der Schubhaft ist das Kriterium der Z 5 somit in qualifizierter Form erfüllt und hat sich durch das Verhalten des Beschwerdeführers seit Anordnung der Schubhaft die Fluchtgefahr sogar noch erhöht.

Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann, wie bereits ausgeführt, weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit kommen diese schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der laufenden Schubhaft sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte. Für eine substanzielle Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in jüngster Zeit (insbesondere seit der letzten gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung) gibt es keinen Hinweis.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer sowohl in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens (zwei strafrechtliche Verurteilungen, Verwendung unterschiedlicher Identitätsdaten, Stellung unbegründeter Anträge auf internationalen Schutz sowie Untertauchen und Aufenthalt im Verborgenen) als auch seines Verhaltens während der Schubhaft (Stellung eines weiteren unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz in Absicht der Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie aufrechter Hungerstreik, um die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen) das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Wie bereits ausgeführt, weist der Beschwerdeführer insgesamt zwei rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen in Österreich auf. Zuletzt wurde er im Jahr XXXX wegen der Begehung von Suchtgiftdelikten und der Fälschung besonders geschützter Urkunden sowie wegen Urkundenunterdrückung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

Auch unter Berücksichtigung dieser Straftaten überwiegt das öffentliche Interesse an einer baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers - vor allem im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten - den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat mehrfach Strafrechtsdelikte begangen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Es wurde auch ein Einreiseverbot für die Dauer von acht Jahren verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bekundet. Demgegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der über keine Familienangehörigen sowie über keine substanziellen sozialen Beziehungen in Österreich verfügt, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Da aufgrund der getroffenen Feststellungen der Beschwerdeführer von der indischen Vertretungsbehörde noch nicht als indischer Staatsangehöriger identifiziert werden konnte und daher für ihn noch kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden konnte, sind fallgegenständlich die Tatbestände des § 80 Abs. 4 Z 1 und Z 2 FPG erfüllt, weshalb die Schubhaft „wegen desselben Sachverhalts“ höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden kann.

Der Beschwerdeführer wird seit XXXX und somit seit rund fünf Monaten in Schubhaft angehalten. Unter Berücksichtigung der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft gemäß den Bestimmungen des § 80 Abs. 4 FPG erscheint die aufrechte Schubhaft deswegen nicht nur allein in zeitlic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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