TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/22 W171 2237311-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2021
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Entscheidungsdatum

22.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W171 2237311-5/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste um den 27.10.2015 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tage einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA, oder Behörde) vom 13.11.2016 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen, wogegen er Beschwerde erhob. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 03.04.2017 wurde seiner Beschwerde teilweise stattgegeben, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 03.04.2018 erteilt.

2. Am 06.12.2016 wurde der BF von Exekutivbeamten einer Landespolizeidirektion auf frischer Tat im Besitz von circa 2 Gramm Cannabis betreten. Er gab niederschriftlich hierzu befragt an, seit ca. zwei Wochen Cannabis zum Zweck des persönlichen Gebrauches zu erwerben und zu besitzen. Der BF wurde in Folge mit Urteil eines Landesgerichtes vom 20.11.2017 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z, Abs. 2a und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bedingt auf drei Jahre nachgesehen verurteilt.

3. Die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde nach einem entsprechenden Antrag des BF vom 27.02.2018 vom Bundesamt mit Bescheid vom 11.09.2018 bis zum 03.04.2020 verlängert.

4. Der BF wurde am 17.04.2019 von Beamten der LPD erneut festgenommen, da er im Verdacht stand, Suchtmittel an Dritte weitergegeben zu haben. In Folge wurde der BF ab 18.04.2019 in Untersuchungshaft angehalten. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.07.2019 wurden er erneut wegen des (teils versuchten) Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z 1, Abs. 2a, Abs. 3 SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Es wurde vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes vom 20.11.2017 gewährten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit hierzu auf fünf Jahre verlängert. Der BF wurde in Folge am 04.07.2019 von Untersuchungshaft in Strafhaft übernommen.

5. Am 23.07.2019 wurde vom Bundesamt betreffend den BF ein Aberkennungsverfahren eingeleitet. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.), sowie ausgesprochen die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis des BVwG vom 13.12.2019 wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen, der Spruchpunkt über die Zulässigkeit der Abschiebung modifiziert und ausgesprochen, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise für 14 Tage ab dem Zeitpunkt der Enthaftung des BF festgesetzt. Dieses Erkenntnis blieb unbekämpft.

6. Der BF wurde am 17.12.2019 aus der Strafhaft entlassen. Ab 19.12.2019 war der BF in Wien beim Verein Neustart als obdachlos gemeldet, einen festen Wohnsitz hatte er nicht. Der BF war somit ab 17.12.2019 untergetaucht und für das Bundesamt nicht greifbar. Die Frist für die freiwillige Ausreise ließ der BF ungenutzt verstreichen. Am 21.01.2020 wurde aufgrund des unbekannten Aufenthalts des BF vom Bundesamt ein Festnahmeauftrag nach § 40 BFA-VG erlassen. Am 05.03.2020 erließ das Bundesamt einen Durchsuchungsauftrag gemäß § 35 BFA-VG hinsichtlich eines früheren Hauptwohnsitzes des BF in Wien, da angenommen wurde, dass sich der BF dort aufhielte. Dieser wurde von der LPD Wien vollzogen, wobei der BF nicht angetroffen werden konnte und die dort aufhältigen Personen angaben, den BF schon lange nicht mehr gesehen zu haben.

7. Am 06.08.2020 kam der BF aus eigenem Antrieb zu einer Polizeidienststelle in Wien und stellte dort einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, zu dem er am selben Tag erstbefragt wurde. Auf die Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, brachte der Beschwerdeführer sinngemäß vor, dass er es verabsäumt habe, eine „Beschwerde“ gegen das Erkenntnis des BVwG über die Aberkennung des subsidiären Schutzes fristgerecht einzubringen, da ihn seine Rechtsberater nicht informiert hätten. Er habe sechs Monate lang ohne Dokumente in Österreich gelebt. Es sei ihm gesagt worden, dass er das Land verlassen müsse. Der BF wurde gleichzeitig am 06.08.2020 von der LPD Wien nach seiner Erstbefragung zu seinem Folgeantrag aufgrund der beabsichtigten Schubhaftverhängung festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum (PAZ) gebracht.

8. Der BF wurde im PAZ zur Verhängung der Schubhaft am 06.08.2020 einvernommen. Dabei gab er zuerst an, er habe ab Dezember 2019 im XXXX Bezirk in Wien bei einer Hilfsorganisation gewohnt. Dort sei er auch sicher gemeldet gewesen. Er habe weiters auch legal gearbeitet. In weiterer Folge gab er jedoch an, doch obdachlos gewesen zu sein. Im weiteren Verlauf der Einvernahme gab er wiederum an, er habe bei Freunden übernachtet, wisse aber deren Adresse nicht bzw. kenne deren genauen Namen nicht. Er habe keine Familie oder sonstigen maßgeblichen sozialen Kontakte in Österreich. Seine Halbschwester sei in Afghanistan, seine Mutter sei bereits verstorben. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2020 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den BF die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verhängt.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.09.2020 wurde der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.); eine neuerliche Rückkehrentscheidung wurde aufgrund der noch bestehenden Rückkehrentscheidung vom 23.07.2019 nicht erlassen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 12.10.2020 keine Folge gegeben und die Zurückweisung bestätigt.

10. Am 27.11.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der fortgesetzten Anhaltung des BF in Schubhaft ab dem vierten Monat der Anhaltung vor und erstatte eine Stellungnahme. Darin brachte das Bundesamt vor, es bestehe unverändert Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Mit Aktenvermerk vom 27.11.2020 wurde dem BF vom Bundesamt das geplante Abschiebedatum am 15.12.2020 zur Kenntnis gebracht.

11. Die Abschiebung des BF auf dem Luftweg im Wege einer Sammelabschiebung („Frontex-Charter“) am 15.12.2020 scheiterte, da der BF aus von der afghanischen Botschaft zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig vor dem Tag der Abschiebung der Botschaft vorgeführt werden konnte.

12. Am 16.12.2020 teilte der BF dem Bundesamt mit, an einer freiwilligen Rückkehr interessiert zu sein. Das Bundesamt leitete die Information an den Verein Menschenrechte Österreich, zur Durchführung einer Rückkehrberatung weiter.

13. Mit Erkenntnissen vom 03.12.2020, vom 30.12.2020, vom 25.01.2021 und vom 22.02.2021 stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG jeweils fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig gewesen sei.

14. Am 15.03.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit der fortgesetzten Anhaltung des BF in Schubhaft für weitere vier Wochen vor und erstatte eine Stellungnahme. Darin brachte das Bundesamt vor, es bestehe unverändert Fluchtgefahr und sein eine weitere Schubhaft auch verhältnismäßig. Weiters wurde wie folgt ausgeführt:

„Am 02.03.2021 wurde der BF für den Charter am 30.03.2021 gebucht.

Am 05.03.2021 wurde der BF der afghanischen Delegation vorgeführt. Er wurde als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und gab der BF gegenüber der Delegation an, dass er Rechtsmittel einlegen wird, dazu bekam er 3 Wochen Zeit.

Am 12.03.2021 wurde ihm die Information über die bevorstehende Abschiebung persönlich zugestellt.

Der Sicherungsbedarf ist noch immer gegeben, denn der BF ist der afghanischen Delegation bereits vorgeführt worden und wurde er als afghanischer Staatsbürger identifiziert. Der BF ist für den Charter am 30.03.2021 gebucht. Nach Ausstellung eines HRZ wird der BF an diesem Tag nach Afghanistan abgeschoben werden.

Der Charter am 15.12.2020 sowie am 23.02.2021 hat stattgefunden und sind somit wieder Abschiebungen nach Afghanistan per Charter möglich. Der nächste Charter findet am 30.03.2021 statt. Einzelrückführungen finden derzeit nicht statt.

Der BF war nach seiner Entscheidung des Aberkennungsverfahren obdachlos gemeldet und somit für die Behörde nicht greifbar. Er ist selbst für einen Folgeantrag bei der Behörde erschienen und hat nun auch beim Vorführtermin bei der afghanischen Delegation wieder mitgeteilt, dass er ein Rechtsmittel einbringen will. Er zeigt somit, dass er nicht ausreisewillig ist.

Die Regionaldirektion Wien ersucht das Bundesverwaltungsgericht um Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.“

15. Am 16.03.2021 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht die vom Bundesamt im Rahmen der Aktenvorlage erstattete Stellungnahme zum Parteiengehör übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer nicht erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF ist afghanischer Staatsbürger, er ist volljährig und gesund. Der BF ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht Asylwerber oder subsidiär Schutzberechtigter. Er wird derzeit in einem Polizeianhaltezentrum in Schubhaft angehalten ist in Österreich zweifach strafgerichtlich vorbestraft.

1.2. Zum sozialen Umfeld:

Der BF ist in Österreich in keiner nennenswerten Form integriert, er verfügt über keine substanziellen sozialen, beruflichen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft und er ist obdachlos. Weiters verfügt er nicht über Geldmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und über keinen gesicherten Wohnsitz. Er war im Bundesgebiet nur einmalig, und zwar vom 23.01.2020 bis 03.02.2020 erwerbstätig.

1.3. Zu den Vorverfahren und zur Schubhaftverhängung:

Mit Erkenntnis des BVwG vom 03.04.2017 wurde dem BF im Beschwerdeweg der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 03.04.2018 erteilt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde nach einem entsprechenden Antrag des BF vom Bundesamt mit Bescheid vom 11.09.2018 bis zum 03.04.2020 verlängert.

Der BF befand sich aufgrund seiner letzten strafgerichtlichen Verurteilung seit 17.04.2019 in Untersuchungs- und ab 04.07.2019 in Strafhaft.

Aufgrund seiner Straffälligkeit und geänderter Umstände im Herkunftsstaat wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.08.2019 dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt, die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen, ein Aufenthaltstitel nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, sowie ausgesprochen, die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Mit Erkenntnis des BVwG vom 13.12.2019 wurde eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde inhaltlich als unbegründet abgewiesen, zwei Spruchpunkte wurden geringfügig modifiziert.

Der BF wurde am 17.12.2019 aus der Strafhaft entlassen und ließ die ihm gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen.

Am 06.08.2020 kam der BF zu einer Polizeidienststelle und stellte dort einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.09.2020 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde; eine neuerliche Rückkehrentscheidung wurde aufgrund der noch bestehenden Rückkehrentscheidung vom 23.07.2019 nicht erlassen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 12.10.2020 keine Folge gegeben und die Zurückweisung bestätigt.

Der BF wurde im PAZ zur Verhängung der Schubhaft am 06.08.2020 einvernommen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2020 wurde gemäß
§ 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den BF die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verhängt.

Das Bundesamt hat im Dezember 2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats mit der afghanischen Botschaft begonnen, dieses jedoch vorerst nicht weiterführt, da der BF untergetaucht war. Eine für den 06.11.2020 geplante Vorführung vor eine Delegation der afghanischen Botschaft musste kurzfristig aufgrund der Erkrankung eines Konsulatsmitarbeiters abgesagt werden. Weitere Vorführungen wurden von der afghanischen Botschaft aufgrund des Inkrafttretens der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung („2. Lockdown“) abgesagt und mitgeteilt, dass für die Dauer der Ausgangsbeschränkungen keine Vorführungen erfolgen können. Die ganztägigen Ausgangsbeschränkungen sind am 06.12.2020 wegfallen, jedoch konnte in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit keine Vorführung bis zu geplanten Abschiebung am 15.12.2020 erreicht werden. Mit 26.12.2020 traten durch die 2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (und in der Folge durch die 3. und 4. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, „3. Lockdown“) erneut ganztägige Ausgangsbeschränkungen in Kraft, die bis zum 07.02.2021 weiter verlängert wurden.

Der Charter am 15.12.2020 sowie am 23.02.2021 hat stattgefunden und sind somit wieder Abschiebungen nach Afghanistan per Charter möglich. Der nächste Charter findet am 30.03.2021 statt.

Am 05.03.2021 wurde der BF der afghanischen Delegation vorgeführt. Er wurde als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und gab der BF gegenüber der Delegation an, dass er Rechtsmittel einlegen wird, dazu bekam er 3 Wochen Zeit.

Es wird festgestellt, dass Abschiebungen nach Afghanistan nach längerer Unterbrechung durch die COVID-19 Pandemie wieder möglich sind. Festgestellt wird daher, dass eine Abschiebung des BF innerhalb der gesetzlichen bzw. im gegenständlichen Fall anzuwendenden Schubhafthöchstdauer realistisch und wahrscheinlich ist.

1.4 Zur Straffälligkeit:

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 20.11.2017 wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z 1 neunter Fall, Abs. 2a und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.07.2019 wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a, Abs. 3 SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Es wurde vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes vom 20.11.2017 gewährten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der BF mit einer Mittäterin in Wien dritten Personen mehrere „Baggies“ Marihuana überließ, wobei es sich um verdeckte Ermittler der Polizei handelte. Weiters hatte er einer weiteren Person 7 Gramm loses Marihuana überlassen und in nicht mehr feststellbarem Umfang Suchtgift für den Eigengebrauch erworben und besessen.

1.5 Zum fortgesetzten Bestehen von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Der BF hat bis dato nicht am Verfahren zur Durchsetzung seiner Ausreise mitgewirkt. Er hat kein Reisedokument oder andere Dokumente seine Herkunft betreffend vorgelegt. Der BF hat sich schon zuvor seinem Verfahren durch Untertauchen entzogen, indem er nach seiner Haftentlassung im Dezember 2019 dem Bundesamt keine Wohnanschrift bekanntgab und seit 19.12.2019 beim einem Verein als obdachlos gemeldet war. Der BF ließ die ihm gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise verstreichen und konnte auch aufgrund eines Festnahmeauftrags des Bundesamtes vom 20.01.2020 nicht festgenommen werden, da er untergetaucht war. Eine Überprüfung durch die LPD Wien an seiner ehemaligen Wohnadresse verlief negativ. Der BF konnte erst festgenommen werden, als er am 06.08.2020 zur Stellung eines Folgeantrags auf eine Polizeidienststelle kam.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang, die Vorverfahrenshistorie sowie die getroffenen Feststellungen zur Straffälligkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts zu den bestehenden Vorverfahren gemäß § 22a BFA-VG.

Die Negativ-Feststellungen zu familiären Beziehungen, zum Wohnsitz und den Barmitteln basieren auf dem Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2020, den Angaben des BF bei seiner Einvernahme zur Schubhaft am 06.08.2020 ( XXXX ) und den Daten der Anhaltedatei des BMI. Die Angaben zur mangelnden sozialen und familiären Verankerung decken sich dabei mit den Angaben des BF bei der mündlichen Verhandlung im Verfahren XXXX (dort: OZ6). Jener Bescheid des Bundesamtes, mit dem letztmalig gegen den BF eine (durchsetzbare) aufenthaltsbeende Maßnahme erlassen wurde, liegt im Verwaltungsakt ein ( XXXX , OZ 8-10, „ABE Verfahren“ AS 29f). Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des BVwG zur GZ. XXXX inhaltlich bestätigt, dieses Erkenntnis blieb unbekämpft. Dass der BF gesund ist, ergibt sich aus den Daten in der Anhaltedatei sowie aus seinen Angaben bei seiner Einvernahme am 06.08.2020.

Die Feststellungen zum Untertauchen des BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft ergeben sich aus dem Verwaltungsakt ( XXXX , OZ 1 u 2, Fremdenakt AS 1f) und dem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Soweit der BF bei seiner Einvernahme zur Schubhaft am 06.08.2020 dazu angibt, er sei sicher in Wien XXXX behördlich gemeldet gewesen, da er dort auch Post bekommen habe, stehen dieser Behauptung die klaren und zweifelsfreien Daten des Zentralen Melderegisters entgegen. Dort ist zum BF mit 19.12.2019 lediglich eine Obdachlosmeldung beim einem Verein gespeichert, bis zu seiner Inschubhaftnahme am 06.08.2020 sind keine weiteren Wohnsitzmeldungen ersichtlich. Auch ist der BF nicht glaubwürdig, wenn er sich im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt mehrfach selbst widerspricht: Zuerst gab er an, in Wien XXXX gemeldet gewesen zu sein, dann habe er doch bei Freunden anderswo übernachtet und schließlich gab er an, doch obdachlos gewesen zu sein. Generell konnte sich der BF behaupteter Weise an keine einzige Adresse, an der seit Dezember 2019 übernachtet hatte, mehr genau erinnern. Ungeachtet dessen steht fest, dass der BF von 17.12.2019 bis 06.08.2020 unbekannten Aufenthalts und für das Bundesamt nicht greifbar war. Ebenso wenig kann verifiziert werden, dass der BF länger als ein paar Tage legal erwerbstätig war, da im eingeholten Auszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger nur eine kurzfristige Beschäftigung von 23.01.2020 bis 03.02.2020 aufscheint. Auch erscheint es zweifelhaft, wie der BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft ohne Aufenthaltstitel, die auch Voraussetzung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG ist, legal arbeiten konnte.

Die Folgeantragstellung des BF am 06.08.2020, die Zurückweisung dieses Antrags wegen entschiedener Sache durch das Bundesamt und die Erfolglosigkeit der hiergegen erhobenen Beschwerde ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Gerichtsakt des BVwG zur GZ. XXXX . Festzuhalten ist hierzu, dass hierbei keine neue Rückkehrentscheidung erlassen wurde, da eine solche in Form des Bescheides des Bundesamtes vom 23.07.2019 idF des Erkenntnisses des BVwG zur GZ. XXXX nach wie vor besteht.

Die Straffälligkeit des BF ergibt sich zum einen aus dem Strafregisterauszug sowie aus den Feststellungen des Erkenntnis des BVwG zur GZ. XXXX und aus den im Verwaltungsakt einliegenden Urteilsabschriften ( XXXX , OZ 8). 

Im Besonderen ist hervorzuheben, dass das Bundesamt in seinen Stellungnahmen vom 20.01.2021, vom 15.02.2021 und 16.03.2021 glaubwürdig darlegt hat, dass es sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) nach Kräften bemüht hat und eine Vorführung schließlich am 05.03.2021 stattfinden konnte. Es ist glaubwürdig, dass die Zeit nach Ende des „2. Lockdowns“ am 06.12.2020 und der geplanten (und letztlich auch durchgeführten) Sammelabschiebung am 15.12.2020 zu kurz war, um für den BF eine Vorführung vor die afghanische Botschaft zu erreichen. Im direkten Anschluss an die Weihnachtsfeiertage trat jedoch der „3. Lockdown“ in Kraft, der erneut ganztägige Ausgangsbeschränkungen vorsah. Nach Beendigung des 3. Lockdowns Anfang Februar wurden für diesen Monat geplante Vorführtermine jedoch von der afghanischen Botschaft wegen COVID-19-Fällen in der Botschaft abgesagt. Wie sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 16.03.2021 ergibt, ist es aber als wahrscheinlich anzusehen, dass der BF nunmehr Ende März in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden kann. Dass im Dezember 2020 und im Februar 2021 Charterrückführungen nach Afghanistan durchgeführt wurden, ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes und deckt sich mit dem Amtswissen des BVwG; das trifft auch darauf zu, dass der BF für die kommende Abschiebung am 30.03 2021 bereits gebucht wurde. Vor diesem Hintergrund war die Feststellung zu treffen, dass eine Abschiebung des BF innerhalb der Schubhafthöchstdauer realistisch und wahrscheinlich ist.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A):

3.1 Gesetzliche Bestimmungen und Judikatur:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

§§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 22a Abs. 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Dauer der Schubhaft (§ 80 FPG)

„(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint, kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

„§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt – ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG – einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.2. Zum konkret vorliegen Fall:

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakten rechtzeitig zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist hinausgehen soll, vorzulegen. Diese Überprüfung hat nach Überschreiten der Viermonatsfrist in vierwöchigen Intervallen zu erfolgen. Die letzte Überprüfung erging mit Erkenntnis vom 22.02.2021; die ggst. vierwöchige Frist ist ab diesem Zeitpunkt zu berechnen (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0163, Rz. 11) und endet daher am 22.03.2021. Gleichzeitig verbleibt dem BVwG ein Spielraum zur Entscheidung von einer Woche vor diesem Termin (VwGH 16.7.2020, Ra 2020/21/0099).

Unter einem hat das Bundesamt darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG liegt beim BF fortgesetzt Fluchtgefahr vor und ist auch fortgesetzt Sicherungsbedarf gegeben:

Es ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere durch sein Untertauchen von Dezember 2019 bis August 2020 und aufgrund der letztlich grundlosen Folgeantragstellung mit höchster Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt (§ 76 Abs. 3 Z 1 leg. cit.).

Weiters besteht gegen den BF eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (§ 76 Abs. 3 Z 3 leg. cit.), was für sich allein genommen noch keine Fluchtgefahr begründet. In Zusammenhang damit, dass sich der BF aber bereits seinem Verfahren zur Durchsetzung seiner Abschiebung entzogen hat, in dem er untergetaucht ist und für das Bundesamt von Dezember 2019 bis August 2020 nicht greifbar war, begründet auch dieser Umstand fortgesetzt Fluchtgefahr. Auch hat der BF die ihm eingeräumte Frist für die freiwillige Ausreise nach seiner Haftentlassung ungenutzt verstreichen lassen und ist nicht glaubhaft davon auszugehen, dass sich der BF im August 2020 „freiwillig gestellt“ hat. Aus seinen Angaben bei seiner Folgeantragstellung geht vielmehr hervor, er habe eine „Frist für die Beschwerde gegen das BVwG Erkenntnis“ (gemeint wohl die Beschwerde- und Revisionsfrist gegen das Erkenntnis XXXX ) verpasst und wolle er deswegen ein neues Verfahren beantragen. Ohne diesen (letztlich erfolglosen) Antrieb ist nicht davon auszugehen, dass sich der BF freiwillig den Behörden gestellt hätte. Dem BF dürfte nun die Erfolglosigkeit dieses Ansinnens ebenso wie die Tatsache klar sein, dass diese Vorgangsweise (aus seiner Sicht gesehen) nicht zielführend war. Es ist – bei Entlassung aus der Schubhaft – jedenfalls nicht davon auszugehen, dass der BF diesen (aus seiner Sicht) Fehler erneut wiederholt.

Schließlich ist noch festzuhalten, dass der BF im Bundesgebiet weiterhin auf keine Weise sozial oder beruflich verankert ist, da er keine Familienangehörigen und keinen festen Wohnsitz hat, weiters im Bundesgebiet nur wenige Tage legal erwerbstätig war und er über keine Mittel zur Sicherung seines Unterhalts verfügt (§ 76 Abs. 3 Z 9 FPG).

Zur gegenständlich anzuwendenden Schubhafthöchstdauer:

Der BF befindet sich derzeit seit 7 Monaten und ca. 2 Wochen in Schubhaft. Mit dem Vorerkenntnis vom 25.01.2021, GZ XXXX , wurde erstmals ein Schubhafttitel für die Anhaltung des BF über die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich für volljährige Fremde vorgesehenen sechs Monate geschaffen. Das BVwG gelangte im Vorerkenntnis vom 25.01.2021 in Auseinandersetzung mit der jüngsten Judikatur des VwGH (Erk. vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404) zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 1 und Z 2 FPG erfüllt ist.

Diese Beurteilung wird vom in der gegenständlichen Schubhaftüberprüfung erkennenden Richter im Hinblick darauf, dass noch kein Heimreisezertifikat vorliegt (Zi. 2 leg.cit), weiterhin geteilt.

Wie im Vorerkenntnis vom 25.01.2021 ist daher festzuhalten, dass aufgrund der Erfüllung des Tatbestandes des § 80 Abs. 4 Z 2 FPG die anzuwendende maximale Schubhaftdauer im gegenständlichen Fall achtzehn Monate beträgt und die Abschiebung bereits für Ende des Monates angesetzt ist.

Zur Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft:

Gegenständlich ist, wie festgestellt von der Erlangung eines HRZ und einer baldigen Abschiebung des BF zu rechnen. Es ist gerichtsnotorisch, dass die Ausstellung von Heimreisezertifikaten durch die afghanische Botschaft - bei positiver Identifizierung - recht kurzfristig erfolgt. Nach der Stellungnahme des Bundesamtes ist eine für Ende März 2021 terminisierte Charterrückführung des BF nach Afghanistan wahrscheinlich und ergibt sich aus den dargelegten Umständen und ergibt sich für den BF keine Unverhältnismäßigkeit der zu erwartenden nur noch kurzen weiteren Anhaltedauer.

Bezüglich der Frage in wessen Sphäre die Gründe für diese Verzögerungen gelegen sind, ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht keinesfalls verkennt, dass weder das Bundesamt aber auch nicht der Beschwerdeführer für die aufgetretenen Verzögerungen verantwortlich sind, sondern diese mehr oder weniger auf einer Art höherer Gewalt durch die volatile Pandemiesituation in Zusammenhang mit COVID-19 basieren. In einer Gesamtbetrachtung führt dies dennoch – zum gegenwärtigen Zeitpunkt dieser Überprüfung – noch nicht zur Unverhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF:

Der Beschwerdeführer hat fortgesetzt keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung zum gegenwärtigen Zeitpunkt überwiegen würde. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit – insbesondere, dass er sich bereits einmal seinem Verfahren durch Untertauchen entzogen hat – schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel fortgesetzt aus. Weiters ist auf Basis des § 76 Abs. 2a FPG auch die Straffälligkeit des BF im Bundesgebiet in die Abwägung der Verhältnismäßigkeit miteinzubeziehen. Der BF wurde zwei Mal strafrechtlich wegen Suchtmitteldelikten verurteilt, wobei er nicht nur selbst Suchtmittel besseren und konsumiert hat, sondern diese auch Dritten gewinnbringend überlassen bzw. verschafft hat. Es besteht daher im vorliegenden Fall ein besonders hohes öffentliches Interesse an der Außerlandesbringung des BF.

Es erscheint daher trotz der Tatsache, dass weder der BF noch das Bundesamt die Verzögerungen bei der Beschaffung eines HRZ und der Effektuierung der Abschiebung des BF zu vertreten haben, derzeit noch verhältnismäßig die Schubhaft auch über einen sechsmonatigen Zeitraum hinaus aufrechtzuerhalten, zumal eine zeitnahe Abschiebung im Rahmen von geplanten Sammelabschiebungen nach Afghanistan realistisch erscheint und immer näher rückt.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und diese im Entscheidungszeitpunk verhältnismäßig ist.

3.3. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2237311.5.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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