TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/22 W171 2207570-9

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2021
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Entscheidungsdatum

22.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W171 2207570-9/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX (und weiteren Alias-Vor- und Familiennamen), geb. XXXX alias XXXX (und weiteren Aliasgeburtsdaten), StA. Marokko, alias Algerien, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (BF) gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 21.03.2005 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Antragstellung gab er als Identitätsdaten Jamal XXXX , geb. XXXX , an. Dokumente zum Nachweis seiner Identität legte er nicht vor. Im Zuge der Einvernahme durch das Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer an, XXXX zu heißen und im Jahr 1990 geboren worden zu sein.

1.1.    Am 05.06.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen Abgängigkeit von seiner Wohnadresse abgemeldet und das Asylverfahren mit Aktenvermerk vom 23.06.2006 eingestellt. Nachdem über den Beschwerdeführer nach seiner Festnahme am 20.07.2006 die Untersuchungshaft angeordnet wurde, konnte das Asylverfahren fortgesetzt werden.

1.2.    Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.09.2006 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 21.03.2005 abgewiesen, festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

2.       Am 18.06.2008 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag). Bei der durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, den Namen XXXX zu führen und am XXXX geboren worden zu sein.

2.1.    Am 08.07.2008 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und tauchte unter. Das Asylverfahren wurde mit Aktenvermerk vom 18.07.2008 eingestellt.

2.2.    Am 06.08.2009 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und am 07.08.2009 vom Bundesasylamt einvernommen. Dabei gab er wiederum an, XXXX zu heißen, jedoch am XXXX geboren worden zu sein.

2.3.    Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2009 wurde der Asylfolgeantrag vom 18.06.2008 zurückgewiesen und der Beschwerdeführer nach Marokko ausgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte durch Hinterlegung im Akt, da sich der Beschwerdeführer an seiner Zustelladresse nicht mehr aufhielt. Dieser Bescheid erwuchs ebenfalls in Rechtskraft.

3.       Am 23.02.2010 teilten die spanischen Behörden mit, dass der Beschwerdeführer in Spanien die Identitätsdaten XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, angegeben habe.

4.       Am 24.05.2012 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag).

4.1.    Am 01.06.2012 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen, da er durch Hungerstreik seine Haftunfähigkeit herbeigeführt hat. Nach seiner Entlassung tauchte er abermals unter und war für die Behörden nicht greifbar. Das Asylverfahren wurde daraufhin mit Aktenvermerk am 14.06.2012 eingestellt.

4.2.    Nachdem der Beschwerdeführer am 14.07.2012 festgenommen wurde, wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.07.2012 der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 25.07.2012 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig war.

4.3.    Mit Bescheid vom 07.01.2013 wies das Bundesasylamt den Asylfolgeantrag des Beschwerdeführers vom 24.05.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies ihn neuerlich nach Marokko aus. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 08.07.2013 statt und behob den bekämpften Bescheid.

4.4.    Nachdem der Beschwerdeführer am 13.09.2013 aus der Strafhaft entlassen wurde, tauchte er abermals unter, sodass das Asylverfahren neuerlich mit Aktenvermerk vom 25.09.2013 eingestellt wurde. Am 26.09.2013 wurde der Beschwerdeführer wiederum festgenommen und gab in seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 27.09.2013 an, dass er bisher oft falsche Namen angegeben habe, sein richtiger Name XXXX lauten würde und er am XXXX geboren worden sei.

4.5.    Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.12.2013 wurde der Asylfolgeantrag vom 24.05.2012 neuerlich gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer nach Marokko ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.11.2015 statt und behob abermals den bekämpften Bescheid.

4.6.    Am 05.04.2017 wurde der Beschwerdeführer im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er unter anderem an, dass er XXXX heiße und am XXXX geboren worden sei. Bei einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesamt am 15.10.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass er bisher falsche Namen angegeben habe, da er immer in Schubhaft genommen werde.

4.7.    Am 02.11.2018 wurde bei der marokkanischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beantragt.

4.8.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.11.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.); gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.) und einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.).

Gegen die Spruchpunkte II. bis VIII. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5.       Mit Schreiben vom 10.01.2019 teilte das Bundeskriminalamt dem Bundesamt mit, dass der Beschwerdeführer von Interpol Rabat unter der Identität XXXX , geb. XXXX , identifiziert worden sei.

6.       Ein am 31.01.2020 stattgefundenes Interview bei der algerischen Botschaft bestätigte die marokkanische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Die Daten wurden jedoch trotzdem zwecks Abgleich nach Algier übermittelt. Ein endgültiges Ergebnis in diesem Verfahren ist noch nicht ergangen.

7.       Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.03.2020 wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.04.2020 die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 14.11.2018 als unbegründet abgewiesen.

8.       Nach Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft wurde über ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.04.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.04.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

9.       Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.07.2020 und 26.08.2020 wurde jeweils gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig war.

10.      Am 13.09.2020 floh der Beschwerdeführer aus der Schubhaft und tauchte unter.

11.      Am 22.09.2020 wurde der Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle angehalten, kontrolliert und festgenommen. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 23.09.2020 zur beabsichtigten Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er gesund sei und seit März 2005 nicht aus Österreich ausgereist sei. Er lebe vom Asylgeld und wohne in einer Einrichtung der Diakonie. Er habe eine Freundin und eine Tochter in der Slowakei. Wohnort und Daten wollte der Beschwerdeführer nicht angeben. Er habe mit der marokkanischen Botschaft gesprochen und es sei ihm gesagt worden, dass die Ausstellung eines Reisepasses aufgrund von Corona noch dauern würde. Er würde nur etwas Geld benötigen und dann selbst in seine Heimat zurückkehren.

12.      Im Anschluss an die Einvernahme ordnete das Bundesamt mit Bescheid vom 23.09.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Das Bundesamt stützte die Fluchtgefahr in diesem Bescheid auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG.

13.      Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Das Bundesverwaltungsgericht stützte die Fluchtgefahr in seinem Erkenntnis auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG.

14.      Am 15.01.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

14.1.   Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes wurde vom Bundesamt am 20.01.2021 zum aktuellen Stand des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass dieser sowohl vom Bundesamt als auch von der Botschaft als prioritärer Fall behandelt werde und seitens des Bundesamtes monatlich urgiert werde, die letzte Urgenz sei am 12.01.2021 erfolgt. Am 22.10.2020 sei das Bundesamt darum gebeten worden, neue Fingerabdrücke und ein neues Foto an die marokkanische Botschaft in Wien zu übermitteln. Diesem Ersuchen sei noch am selben Tag nachgekommen worden. Die prioritäre Liste werde Schritt für Schritt abgearbeitet. Im Jahr 2020 seien 30 Personen aus dieser Liste von Rabat identifiziert worden, zuletzt seien Identifizierungen im Oktober 2020 von der marokkanischen Botschaft dem Bundesamt mitgeteilt worden.

14.2.   Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2021 wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

15.      Am 16.02.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt neuerlich gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne wegen der mangelnden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Zur Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft verwies das Bundesamt einerseits auf die massive Straffälligkeit des Beschwerdeführers, andererseits darauf, dass die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Algerien und Marokko noch laufend seien. In beiden Verfahren werde regelmäßig urgiert. Die letzte Urgenz bei der marokkanischen Vertretungsbehörde sei am 12.01.2021 erfolgt. Da der Beschwerdeführer bereits als marokkanischer Staatsangehöriger identifiziert worden sei und auch seine Identität durch Interpol Rabat geklärt werden konnte, könne das Ergebnis dieses Verfahrens jederzeit einlangen, sodass die weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig sei.

15.1.   Am 17.02.2021 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht die vom Bundesamt im Rahmen der Aktenvorlage erstattete Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer nicht erstattet.

15.2.   Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2021 wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

16.      Am 10.03.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt neuerlich gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne wegen der mangelnden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Zur Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft verwies das Bundesamt einerseits auf die massive Straffälligkeit des Beschwerdeführers, andererseits darauf, dass die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Algerien und Marokko noch laufend seien. Aufgrund der derzeitigen Corona-Lage seien zwar Vorführungen zur marokkanischen Botschaft zurzeit nicht möglich, doch könne sich diesbezüglich eine kurzfristige Änderung ergeben, sodass eine HRZ-Ausstellung und eine anschließende zeitnahe Abschiebung realisierbar werde.

Laut Mitteilung der BFA-Direktion sei jedoch die Ausstellung von Heimreisezertifikaten auch ohne vorangehende Vorführung und nach Identifizierungen aus Rabat möglich, doch würden aktuell nur freiwillige Rückkehrer akzeptiert.

Im gegenständlichen Fall sei die Ausstellung eines Ersatzdokumentes bereits mehrmals bei der Marokkanischen Botschaft urgiert worden, zuletzt am 12.1. und 16.2.2021.

Im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit sei auf die Wichtigkeit eines geordneten Fremdenwesens Bedacht zu nehmen, sodass die gesetzten behördlichen Maßnahmen notwendig und aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, insbesondere aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens des Fremden rechtmäßig und verhältnismäßig seien.

16.1.   Am 12.03.2021 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht die vom Bundesamt im Rahmen der Aktenvorlage erstattete Stellungnahme zum Parteiengehör übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer nicht erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig und verfügt über keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer wurde von Interpol Rabat unter der Identität XXXX , geb. XXXX , als marokkanischer Staatsangehöriger identifiziert. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko vor.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 03.11.2005 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 1. und 2. Fall, 27 Abs. 1 6. Fall sowie § 27 Abs. 2 Z 2 1. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.02.2006 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15 StGB, 27 Abs. 1 1. und 2. Fall, 27 Abs. 1 6. Fall sowie § 27 Abs. 2 Z 2 1. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 29.08.2006 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 1. Fall SMG und § 15 StGB sowie § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat). Weiters wurde die bedingte Nachsicht der mit Urteil vom 03.11.2005 verhängten Strafe widerrufen. Dieser Verurteilung liegen Taten zugrunde, die der Beschwerdeführer gewerbsmäßig begangen hat.

4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 27.11.2007 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 127, 129 Abs. 1 und 2 StGB sowie § 27 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt (Jugendstraftat).

5. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.06.2010 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, Abs. 3 und 5 SMG sowie §§ 15, 229 Abs. 1 und 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

6. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.04.2011 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener gemäß § 164 Abs. 1, 2 und 4 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.

7. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.12.2012 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall sowie Abs. 3 und 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer die Straftat vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.

8. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 03.06.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.

9. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 02.10.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, Abs. 3 und 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer die Straftat gewerbsmäßig begangen hat, um sich Mittel für den Erwerb von Suchtgiften zu verschaffen.

10. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 30.10.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

11. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.05.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Mandatsbescheid vom 23.09.2020 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.

Der Beschwerdeführer wird seit 23.09.2020 in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer leidet an Hepatitis C. Aufgrund seiner Drogenabhängigkeit befand sich der Beschwerdeführer in einer Drogenersatztherapie. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer hat in seinen Asylverfahren unterschiedliche Identitätsdaten seinen Namen und sein Geburtsdatum betreffend angegeben. Durch die Angabe falscher Identitätsdaten hat der Beschwerdeführer die Erlangung eines Heimreisezertifikates und in weiterer Folge seine Abschiebung erschwert. Selbst die von Interpol Rabat mitgeteilten Identitätsdaten bestreitet der Beschwerdeführer und behauptet ein davon abweichendes Geburtsdatum.

Der Beschwerdeführer stellte wiederholt unbegründete Anträge auf internationalen Schutz.

Sein zuletzt gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.11.2018 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.); bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.) und einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.04.2020 als unbegründet abgewiesen. Es besteht somit eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer.

In der Folge reiste der Beschwerdeführer trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus. Der Beschwerdeführer will auch weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitwirken. Er ist nicht ausreisewillig.

Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß vertrauensunwürdig.

Er achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich elf Mal strafrechtlich verurteilt.

Zudem hat der Beschwerdeführer in der Vergangenheit seine Ausreiseverpflichtung missachtet und mehrere unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Im Rahmen der zuletzt ergangenen Rückkehrentscheidung wurde zudem über den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt.

Er hat sich den Verfahren über seine Anträge auf internationalen Schutz mehrfach entzogen, sodass diese Verfahren eingestellt werden mussten. Seit der ersten Asylantragstellung war der Beschwerdeführer außerhalb behördlicher Anhaltung in Österreich lediglich zeitweise amtlich gemeldet.

Der Beschwerdeführer musste am 01.06.2012 aus der Schubhaft entlassen werden, da er durch einen Hungerstreik seine Haftunfähigkeit herbeigeführt hat. Auch während seiner Anhaltung in der Schubhaft vom 03.04.2020 bis 13.09.2020 versuchte der Beschwerdeführer seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen, indem er sich von 09.05.2020 bis 27.05.2020 und von 13.06.2020 bis 16.06.2020 in Hungerstreik befunden hat. Während seiner derzeitigen Anhaltung in Schubhaft hat sich der Beschwerdeführer von 24.12.2020 bis 25.12.2020 in Hungerstreik befunden, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

Der mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.04.2020 zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordneten Schubhaft hat sich der Beschwerdeführer dadurch entzogen, als dass er während der Anhaltung in Schubhaft am 13.09.2020 ausgebrochen und geflohen ist.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Diesbezüglich werden Verfahren mit den Vertretungsbehörden von Marokko und Algerien geführt und wird in diesen Verfahren vom Bundesamt regelmäßig urgiert. Der Beschwerdeführer wurde bereits durch Interpol Rabat identifiziert und die Vertretungsbehörde Marokkos hat bisher nicht mitgeteilt, dass für den Beschwerdeführer kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden wird. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer innerhalb der Schubhafthöchstdauer erscheint möglich und ist hinreichend wahrscheinlich, zumal der Beschwerdeführer auf einer Liste mit prioritären Fällen geführt wird, die seitens der marokkanischen Behörden Schritt für Schritt abgearbeitet wird. Da der Beschwerdeführer nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will und am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht ausreichend mitwirkt, dauert das Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates weiterhin an. Insbesondere verweigerte er am 03.04.2020 das Ausfüllen eines diesbezüglichen Formulars.

Es ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar ist. Aktuell sind in Bezug auf Marokko nur freiwillige Rückführungen möglich. Im Zuge der sich laufend ändernden Umstände in Zusammenhang mit der Pandemie ist jedoch zu erwarten, dass auch Marokko innerhalb der Schubhafthöchstdauer wieder Abschiebungen unterstützen wird.

Eine (relevante) Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seit der letzten gerichtlichen Überprüfung am 22.01.2021 nicht ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen.

Die nunmehr feststehende Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf einer im Akt einliegenden an das Bundesamt gerichteten Mitteilung vom 10.01.2019, wonach der Beschwerdeführer von Interpol Rabat identifiziert worden ist. Aufgrund dieser Auskunft steht auch unzweifelhaft die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer seit 23.09.2020 wieder in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Zeitangaben zu seiner unmittelbar vorangegangenen Anhaltung in Schubhaft ergeben sich aus dem im Verwaltungs- und Gerichtsakt zur vorangegangenen Schubhaft einliegenden Auszug aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer an Hepatitis C leidet und sich in einer Drogenersatztherapie befand, ergibt sich unzweifelhaft aus den sich in den Verwaltungs- und Gerichtsakten befindlichen medizinischen Unterlagen. Es liegen jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass das beim Beschwerdeführer vorliegende Krankheitsbild die Schwere erreicht, dass daraus eine Haftunfähigkeit resultiert. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in Schubhaft auch Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung hat. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Dass der Beschwerdeführer bisher in seinen Verfahren unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht hat, ergibt sich aus der diesbezüglich unbestrittenen Aktenlage. So hat der Beschwerdeführer in einer Einvernahme vor dem Bundesamt am 15.10.2018 selbst angegeben, dass er in den Verfahren falsche Identitätsdaten angegeben habe, um nicht abgeschoben bzw. nicht in Schubhaft genommen zu werden. Selbst nachdem der Beschwerdeführer von Interpol Rabat identifiziert wurde, behauptete er in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.03.2020 im Jahr 1988 geboren worden zu sein.

Das Bestehen einer rechtskräftigen durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen bzw. hat kein Verhalten gesetzt, aus dem geschlossen werden könnte, dass er freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren würde. Vielmehr hat er wiederholt falsche Angaben zu seiner Identität gemacht und wirkt am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mit, indem er u.a. die Mitwirkung am Ausfüllen der entsprechenden Formulare verweigerte.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und in besonders ausgeprägtem Maß vertrauensunwürdig ist, ergeben sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus seinen insgesamt elf strafrechtlichen Verurteilungen, der Stellung mehrerer - unter Angabe falscher Identitätsdaten - unbegründeter Anträge auf internationalen Schutz, der Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung sowie auch zuletzt seinem Verhalten während der aktuellen sowie der vorangegangenen Schubhaften (mehrmaliger Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen bzw. bereits erfolgte Flucht während einer Anhaltung in Schubhaft in der Vergangenheit).

Dass sich der Beschwerdeführer seinen bisherigen Asylverfahren mehrfach entzogen hat, ergibt sich unzweifelhaft aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes, insbesondere aus den darin enthaltenen Aktenvermerken vom 23.06.2006, 18.07.2008, 14.06.2012 und 25.09.2013, mit denen das jeweilige Asylverfahren eingestellt wurde, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers unbekannt war. Auch der Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2009, mit dem über den zweiten Asylantrag des Beschwerdeführers entschieden wurde, konnte dem Beschwerdeführer nur durch Hinterlegung zugestellt werden, da er an seiner Zustelladresse nicht mehr aufhältig war.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung in Österreich nur teilweise nachgekommen ist, ergibt sich aus einem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters.

Die Feststellung zu der am 01.06.2012 vom Beschwerdeführer erzwungenen Beendigung der Schubhaft ergibt sich aus dem im Akt einliegenden diesbezüglichen Entlassungsschein. Die Feststellungen zum Hungerstreik während der gegenwärtigen Anhaltung in Schubhaft sowie zum Hungerstreik während der vorangegangenen Anhaltung in Schubhaft durch den Beschwerdeführer beruhen auf den jeweiligen Eintragungen in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Dass der Beschwerdeführer am 13.09.2020 aus der Schubhaft durch Ausbruch geflohen ist, ergibt sich aus einer entsprechenden Mitteilung des Bundesamtes an das Bundesverwaltungsgericht vom 14.09.2020 und ist unstrittig.

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiter davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage und den bisherigen Ausführungen des Beschwerdeführers in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren. So führte der Beschwerdeführer in seinen bisherigen Einvernahmen übereinstimmend aus, in Österreich keine Lebensgemeinschaft oder eine familienähnliche Beziehung zu führen. Bei den Angaben zu einer behaupteten Freundin bzw. Tochter im Zuge seiner letzten Einvernahme vor dem Bundesamt am 23.09.2020 zur Anordnung der Schubhaft konnte bzw. wollte der Beschwerdeführer nicht einmal deren Namen und Adresse nennen und widersprach sich darin, ob diese in Österreich oder in der Slowakei ihren Aufenthalt haben. Auch in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sind keine Eintragungen über Besuche verzeichnet. Selbst bei Wahrunterstellung, dass der Beschwerdeführer über eine Freundin und eine Tochter verfügen sollte, kann aus den dargelegten Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass eine besonders enge Nahebeziehung zu diesen besteht. Auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit seinem Aufenthalt in Österreich bereits in der Vergangenheit wiederholt in Haft befunden hat, spricht gegen das Vorliegen eines aufrechten, gefestigten Familienlebens in Österreich.

Das Fehlen substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Zudem hat der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.03.2020 selbst angegeben, in Österreich nie eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben, sondern vielmehr mit einem gefälschten slowakischen Reisepass „schwarz“ am Bau gearbeitet zu haben. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 23.09.2020 zur Anordnung der Schubhaft hat er zudem ausgeführt, lediglich über Barmittel in Höhe von € 20,-- zu verfügen. Aus der Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres ergibt sich, dass der Beschwerdeführer aktuell über keinerlei Barmittel verfügt. Zudem ist aufgrund des Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer seit seinem Aufenthalt in Österreich bereits in der Vergangenheit wiederholt in Haft befunden hat, dadurch die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen substanziell erschwert worden und geht der Beschwerdeführer auch aktuell keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erzielt kein Einkommen, womit er seine Existenz in Österreich sichern kann.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass das Bundesamt seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen ist.

Dass für den Beschwerdeführer noch kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte, ist vor allem auf seine mangelnde Kooperationsbereitschaft und seine mangelnde Mitwirkung zurückzuführen. Es liegt daher in erster Linie am Beschwerdeführer durch entsprechende Mitwirkung das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zu beschleunigen. Die Feststellung, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates innerhalb der Schubhafthöchstdauer möglich und hinreichend wahrscheinlich ist, gründet auf das ergänzende Vorbringen des Bundesamtes zum Stand des Heimreisezertifikatsverfahrens mit der marokkanischen Vertretungsbehörde im Rahmen der Stellungnahme vom 20.01.2021, wo ausgeführt worden ist, dass der Beschwerdeführer auf einer Liste mit prioritären Fällen geführt wird, die seitens der marokkanischen Behörden Schritt für Schritt abgearbeitet wird. Daraus ergibt sich, dass die Bemühungen des Bundesamtes zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht als aussichtslos, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als erfolgversprechend beurteilt werden können. Zudem hat das Bundesamt mit Schreiben vom 15.02.2021 dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass von der marokkanischen Vertretungsbehörde nach wie vor Heimreisezertifikate ausgestellt werden. Derzeit ist der Flugverkehr mit dem Königreich Marokko zwar eingeschränkt und Marokko unterstützt nur freiwillige Heimkehrer, aus derzeitiger Sicht ist aber damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Einschränkungen im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie - auch in Hinblick auf die nunmehr weltweit einsetzenden Impfkampagnen - weiter gelockert und Abschiebungen nach Marokko wieder möglich werden. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich. Zur massiven Verkürzung seiner anhaltenden Haft steht dem BF nach wie vor die freiwillige Rückkehr zur Verfügung.

Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung am 22.01.2021 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben - es gibt auch in dieser Hinsicht keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.0

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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