TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/21 W155 2233596-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.12.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W155 2233596-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. KRASA im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Republik Indien, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger der Republik Indien, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 03.04.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Trotz Belehrung über seine Melde - und Mitwirkungspflichten verließ der Beschwerdeführer am 26.05.2020 die Unterkunft der Grundversorgung ohne dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben. Der Beschwerdeführer war von 29.05.2020 bis 09.06.2020 ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet. Von 09.06.2020 bis 08.07.2020 war der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet, obwohl er an einer Adresse Unterkunft genommen hatte. Der Beschwerdeführer war somit in diesem Zeitraum untergetaucht und für die Behörde nicht greifbar.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Dem Beschwerdeführer wurde eine 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Aufgrund des unbekannten Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid am 02.06.2020 durch Hinterlegung im Akt hinterlegt; diese Entscheidung erwuchs mangels Bekämpfung am 01.07.2020 in Rechtskraft.

Am 02.07.2020 wurde durch das Bundesamt ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) eingeleitet.

Am 08.07.2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle in einer Wohnung in Wien festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum (PAZ) überstellt.

Am 09.07.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt einvernommen und über ihn mit Bescheid vom selben Tag die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine neuerliche Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Indien zulässig ist. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, weiters wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von 3 Jahren verhängt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im PAZ ausgefolgt.

Am 16.07.2020 wurde der Beschwerdeführer der indischen Vertretungsbehörde vorgeführt, wobei er an der Feststellung seiner Identität nicht mitwirkte, weil er unrichtige bzw. unwahre Angaben machte.

Am 31.07.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine von Amts wegen beigegebene Rechtsberatung eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG gegen den Schubhaftbescheid vom 09.07.2020 und die weitere Anhaltung in Schubhaft. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führte eine mündliche Verhandlung durch und wies die Beschwerde mit Erkenntnis zur GZ. XXXX als unbegründet ab. Dieses Erkenntnis blieb unangefochten.

Am 22.10.2020 wurde die Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die indische Vertretungsbehörde erteilt.

Mit Erkenntnissen des BVwG vom 02.11.2020, GZ. XXXX , und zuletzt vom 26.11.2020, GZ. XXXX , wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist.

Vor Ablauf einer weiteren Frist von 4 Wochen (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das Bundesamt den Verwaltungsakt am 15.12.2020 dem Gericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor und führte dazu aus, dass der Beschwerdeführer nicht bereit sei, freiwillig auszureisen und alles versuche, um seine Abschiebung zu verhindern. Es sei nach wie vor die Gefahr des Untertauchens und ein Sicherungsbedarf gegeben, der Abschiebeflug sei für den 11.01.2021 reserviert worden. Am 17.12.2021 erstellte das Bundesamt einen Aufschiebeauftrag- Luftweg an die Landespolizeidirektion. Demnach soll am 11.01.2021, 09:10 Uhr der Abflug nach XXXX erfolgen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Indien. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Er wird seit 09.07.2020, 16:00 Uhr in Schubhaft angehalten. Das Bundesamt ordnete die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung an. Die Beschwerde gegen den gegenständlichen Schubhaftbescheid wurde mit Erkenntnis des BVwG abgewiesen, dieses blieb unangefochten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Er erhält aufgrund einer Suchtmittelabhängigkeit in der Schubhaft eine Substitutionstherapie, er ist psychisch und physisch stabil. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 01.07.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme, seit dem 10.07.2020 besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein dreijähriges Einreiseverbot.

Der Beschwerdeführer ist während seines Asylverfahrens untergetaucht und hat sich dem Verfahren entzogen. Er hält die Meldevorschriften in Österreich nicht ein. Er versucht sich vor den Behörden verborgen zu halten.

Der Beschwerdeführer konnte erst im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen werden.

Der Beschwerdeführer wird bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden im Verborgenen halten.

Der Beschwerdeführer hat bis dato nicht am Verfahren zur Durchsetzung seiner Ausreise mitgewirkt, er hat kein Reisedokument vorgelegt. Im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates hat er bei seiner Vorführung vor die indische Botschaft falsche bzw. unrichtige Angaben zu seiner Identität gemacht, um seine Identifizierung und somit seine Abschiebung zu behindern. Der Beschwerdeführer ist nicht ausreisewillig. Die indische Vertretungsbehörde hat die Zustimmung für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer erteilt. Der Termin zur Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien auf dem Luftweg wurde mit 11.01.2021 fixiert und der Flug gebucht. Die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der gesetzlichen Schubhafthöchstdauer ist realistisch und wahrscheinlich.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz und über kein Barvermögen. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist in Österreich weder nennenswert sozial noch beruflich verankert. In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers. Er ist nicht integriert.

Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft und der Feststellungen des BVwG vom 02.11.2020 und 26.11.2020, wonach die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen, hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Aktenlage und den diesbezüglichen behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen. Ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie aus den vorgelegten Bescheiden.

Dass der Beschwerdeführer seit 09.07.2020 in Schubhaft angehalten wird und haftfähig ist, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres und den Feststellungen in den zitierten Entscheidungen. Es haben sich weiterhin keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde.

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Aufenthaltsbeendigung und dem bisherigen gezeigten Verhalten des Beschwerdeführers ist nicht zu erwarten, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich seiner Abschiebung stellen wird. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass der Beschwerdeführer im Zuge des laufenden Asylverfahrens untergetaucht ist und sich trotz Unterkunftnahme in einer Wohnung als obdachlos meldete, um sich vor den Behörden verborgen zu halten.

Die Feststellung zu den fehlenden behördlichen Wohnsitzmeldungen ergibt sich aus dem ZMR, dem Akteninhalt und den Vorakten (samt Verhandlungs- und Einvernahmeprotokollen).

Die Feststellungen zu den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und zur in Aussicht gestellten Flugabschiebung Anfang Jänner ergeben sich aus dem vorgelegten Behördenakt sowie den genannten Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur mangelnden Integration in Österreich und zu fehlenden sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten in Österreich, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Eine diesbezügliche Änderung der persönlichen Verhältnisse ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Aus einer Einsichtnahme in das Strafregister ergibt sich die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife der Sache nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Gesetzliche Bestimmungen und Judikatur:

§§ 76,77 und 80 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FP, § 22a Abs. 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (§ 76 FPG)

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (§ 77 FPG)

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Dauer der Schubhaft (§ 80 FPG)

„(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (§ 22a Abs. 4 BFA-VG)

„Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Zum gegenständlichen Fall

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem BVwG die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des BVwG hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.

Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Zur Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf

Im gegenständlichen Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne § 76 Abs. 3 FPG aus. Zu berücksichtigen ist insbesondere, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers - insbesondere der Angabe von falschen Identitätsdaten beim Botschaftstermin - kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, dass der er im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft seine Abschiebung durch Untertauchen zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in seinem Verfahren über internationalen Schutz entzogen, in dem er untergetaucht ist und für das Bundesamt nicht greifbar war. Er hat keinen gesicherten Wohnsitz, sich obdachlos gemeldet, obwohl er Unterkunft gefunden hat.

Es sind keine Umstände zu Tage getreten, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen einer Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland nach wie vor über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich fortgesetzt vor. Es liegt daher zum Entscheidungszeitpunkt fortgesetzt Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 FPG vor.

Aus diesem Grund ist auch ein Sicherungsbedarf gegeben. Dieser ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien, wie schon zur Fluchtgefahr ausgeführt, für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren untergetaucht und hat seine Mitwirkungs- und Meldepflichten trotz mehrfacher Belehrung missachtet und sich trotz Unterkunftnahme in einer Wohnung obdachlos gemeldet. Es liegt seit 01.07.2020 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und seit 10.07.2020 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor und wurde ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren erlassen. Das Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates wurde unverzüglich eingeleitet und der Beschwerdeführer bereits der Vertretungsbehörde vorgeführt und der Ausstellung des Heimreisezertifikates zugestimmt. Der Abschiebeflug des Beschwerdeführers ist für 11.01.2021 terminisiert und gebucht. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178). Es ist daher auch nach wie vor Sicherungsbedarf gegeben.

Verhältnismäßigkeit

Der Beschwerdeführer hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan bzw. haben sich aus dem Prüfungsverfahren solche nicht ergeben, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte, die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat gegen Mitwirkungs- und Meldepflichten verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Es wurde auch ein Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er sich nicht verhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändern würde. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt überdies die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Mit dem nunmehr fixierten Abschiebetermin besteht die realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft, die im Falle des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 4 Z 2 FPG 18 Monate beträgt, besteht.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu Spruchpunkt B)

Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot falsche Angaben Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität Meldepflicht Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W155.2233596.4.00

Im RIS seit

11.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten