TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/30 96/01/0475

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Veröffentlicht am 30.04.1997
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs3;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des T in N, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. April 1996, Zl. 5-11.T/125-95/13, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. April 1996 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines nunmehr staatenlosen seinerzeitigen Staatsangehörigen Rumäniens, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrau M gemäß §§ 10 Abs. 3, 16 und 18 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), in Verbindung mit § 39 leg. cit. ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers, der unbestritten erst seit 23. Oktober 1989 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, damit begründet, daß im Fall des Beschwerdeführers ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG nicht vorliege. Der Beschwerdeführer habe, obwohl er mit diesem Sachverhalt konfrontiert und ihm Gelegenheit geboten worden sei, dazu Stellung zu nehmen bzw. einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund bekannt zu geben, das diesbezügliche Schreiben der belangten Behörde unbeantwortet gelassen. Da weder die dem Beschwerdeführer zuerkannte Flüchtlingseigenschaft noch der Umstand, daß er staatenlos sei - die Staatenlosigkeit habe der Beschwerdeführer selbst herbeigeführt -, als besonders berücksichtigungswürdige Gründe gewertet werden könnten, sei der Verleihungsantrag abzuweisen gewesen.

Gemäß § 10 Abs. 3 StbG kann bei Verleihung der Staatsbürgerschaft von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 (seit zehn Jahren ununterbrochener Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik) abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1996, Zl. 96/01/0573, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Der Beschwerdeführer macht geltend, entgegen der Darstellung der belangten Behörde sei das Schreiben, mit welchem er zur Namhaftmachung eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes aufgefordert worden sei, nicht unbeantwortet geblieben. Der Beschwerdeführer habe sich wohl nicht schriftlich geäußert, habe aber persönlich bei der belangten Behörde vorgesprochen und mündlich dargelegt, daß es zum Verlust der rumänischen Staatsbürgerschaft nur deshalb gekommen sei, weil er von den rumänischen Behörden mit der Drohung, daß andernfalls seine Ehefrau nicht aus Rumänien ausreisen dürfe, gezwungen worden sei, die Staatsbürgerschaft zurückzulegen. Bei Berücksichtigung dieses Umstandes im Zusammenhang mit der anerkannten Flüchtlingseigenschaft hätte die belangte Behörde vom Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes ausgehen müssen. Durch die Nichtbeachtung des mündlichen Vorbringens habe die belangte Behörde das Parteiengehör verletzt.

Die belangte Behörde befindet sich zunächst mit ihrer Rechtsanschauung, die ins Treffen geführte Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers stelle für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund dar, auf dem Boden der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. für viele andere z.B. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 95/01/0251, mit weiteren Judikaturhinweisen). Erst im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz StbG ist "gegebenenfalls besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist" (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0089, mit weiteren Judikaturhinweisen). Diese Ermessensübung kann erst dann einsetzen, wenn alle Verleihungsvoraussetzungen im Sinne des § 10 StbG - somit bei einer das Ausmaß von zehn Jahren unterschreitenden Aufenthaltsdauer auch das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes - gegeben sind. Liegt aber ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund nicht vor, kann auch die in § 11 zweiter Satz StbG vorgesehene Bedachtnahme auf die Flüchtlingseigenschaft eines Verleihungswerbers nicht dazu führen, daß in Ausübung des freien Ermessens von der angeführten Verleihungsvoraussetzung abgesehen werden könnte. Dies schließt aber nicht die Verpflichtung der Behörde aus, daß auf das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft in Fällen, in denen alle Verleihungsvoraussetzungen des § 10 StbG - somit auch in jenen des § 10 Abs. 3 leg. cit. - gegeben sind, besonders Bedacht zu nehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1997, Zl. 96/01/0513).

Dafür, daß die Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG darstellen könnte, spricht zunächst, daß Staatenlosigkeit den im Bericht des Verfassungsausschusses zum Staatsbürgerschaftgesetz 1965 (875 Blg. NR 10. GP, S. 4) - dieser kann, soweit er nicht dem eindeutigen Gesetzeswortlaut widerspricht, als Hilfe für die Auslegung des im Gesetz nicht näher umschriebenen Begriffes "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" herangezogen werden - enthaltenen Kriterien des "sonstigen Fehlens des Schutzes des Heimatstaates" entspricht. Im Beschwerdefall fehlt dem Beschwerdeführer der Schutz seines Heimatlandes, bereits auf Grund seiner festgestellten Flüchtlingseigenschaft, wobei daraus aber ein erhöhtes Schutzbedürfnis nicht abgeleitet werden kann, weil der Beschwerdeführer als anerkannter Flüchtling den Schutz des Staates Österreich genießt.

Es ergibt sich somit, daß der Beschwerdeführer einen für seine vorzeitige Einbürgerung sprechenden besonders berücksichtigungswürdigen Grund nicht dartun konnte. Bei diesem Ergebnis erweist sich aber der ins Treffen geführte, in der Außerachtlassung einer behaupteten mündlichen Stellungnahme zum Vorliegen eines solchen Grundes erblickte Verfahrensmangel als nicht relevant, weil die belangte Behörde auch bei Vermeidung eines allenfalls vorliegenden derartigen Fehlers zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010475.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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