TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/9 96/01/0513

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Veröffentlicht am 09.04.1997
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in E, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. April 1996, Zl. 5-11.T/102-94/14, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. April 1996 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Rumäniens, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrau und drei Kinder gemäß §§ 10 Abs. 3, 16, 17 Abs. 1 Z. 1 und 18 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), in Verbindung mit § 39 leg. cit. ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers, der unbestritten erst seit 25. September 1989 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, damit begründet, daß im Fall des Beschwerdeführers ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG nicht vorliege. Der Beschwerdeführer habe - mit diesem Sachverhalt konfrontiert - lediglich "Gesetzestexte zitiert", das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes aber nicht geltend gemacht. Auf die ins Treffen geführte Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers habe nicht eingegangen werden können, weil diese gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "nur in Zusammenhang mit einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund besonders gewertet" werden dürfe.

Gemäß § 10 Abs. 3 StbG kann bei Verleihung der Staatsbürgerschaft von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 (seit zehn Jahren ununterbrochener Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik) abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1996, Zl. 96/01/0573, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Der Beschwerdeführer führt zu dem von ihm behaupteten Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes aus, § 34 der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichte die Vertragsstaaten dazu, die Einbürgerung von Flüchtlingen zu erleichtern. Dem trage § 11 StbG insoweit Rechnung, als darin bestimmt werde, daß bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft gegebenenfalls besonders auf die Flüchtlingseigenschaft eines Verleihungswerbers Bedacht zu nehmen sei. Dies komme auch in den Erläuternden Bemerkungen zu § 39 Abs. 2 und 3 der Regierungvorlage zum StbG 1965 zum Ausdruck, wonach die Behörde in den Fällen, in denen sie in Ausübung des freien Ermessens entscheide, im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention auf die allfällige Flüchtlingseigenschaft des Bewerbers besonders Bedacht zu nehmen habe. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die Flüchtlingseigenschaft für sich allein nicht als besonders berücksichtigungswürdiger Grund zu werten sei, stelle den Sinn der Regelung des § 11 StbG überhaupt in Frage, weil bei Vorliegen eines sonstigen besonders berücksichtigungswürdigen Grundes "das Erfordernis des Bestehens der Flüchtlingseigenschaft gar nicht mehr notwendig" sei. Der angefochtene Bescheid leide auch an einem Begründungsmangel, weil die belangte Behörde nicht ausgeführt habe, wie sich die Flüchtlingseigenschaft überhaupt auf den Fall des Beschwerdeführers auswirke. Einem anerkannten Flüchtling könnte unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der belangten Behörde, wenn kein sonstiger besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliege, erst nach einer Aufenthaltsdauer von zehn Jahren die Staatsbürgerschaft verliehen werden. Damit könnte in Ausübung des freien Ermessens die Bestimmung des § 11 StbG gänzlich unberücksichtigt gelassen werden. Die belangte Behörde habe auch den amtsbekannten Umstand, daß die beiden jüngsten Kinder des Beschwerdeführers bereits in Österreich geboren seien, was wegen der bestehenden Flüchtlingseigenschaft als besonders berücksichtigungswürdiger Grund angesehen werden könne, nicht in ihre Erwägungen einbezogen.

Die belangte Behörde befindet sich mit ihrer den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsanschauung, die ins Treffen geführte Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers stelle für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG dar, auf dem Boden der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. für viele andere z.B. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 95/01/0251, mit weiteren Judikaturhinweisen). Erst im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz StbG ist "gegebenenfalls besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist" (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0089, mit weiteren Judikaturhinweisen). Zusätzliche, über das Vorliegen der anerkannten Flüchtlingseigenschaft hinausgehende, auf einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund hindeutende Umstände hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht. Soweit er nunmehr in der Beschwerde erstmals die Geburt seiner beiden jüngsten Kinder in Österreich in dieser Hinsicht ins Treffen führt, ist ihm entgegenzuhalten, daß er nicht ausgeführt hat und auch nicht ersehen werden kann, warum die Geburt eines Kindes in Österreich, das dieselbe Staatsangehörigkeit wie der Verleihungswerber besitzt, einen für ein Absehen von der allgemeinen Verleihungsvoraussetzung der mindestens zehnjährigen Aufenthaltsdauer in Österreich sprechenden besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG darstellen soll.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann aus der als zutreffend erkannten Rechtsansicht der belangten Behörde nicht abgeleitet werden, daß dadurch die Bestimmung des § 11 zweiter Satz StbG in Frage gestellt würde. Vielmehr kann die in § 11 StbG geregelte Übung des der Behörde in § 10 StbG eingeräumten Ermessens erst dann einsetzen, wenn alle Verleihungsvoraussetzungen im Sinne des § 10 StbG - somit bei einer das Ausmaß von zehn Jahren unterschreitenden Aufenthaltsdauer auch das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes - gegeben sind. Liegt aber ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund wie im Beschwerdefall nicht vor, kann auch die in § 11 zweiter Satz StbG verankerte Bedachtnahme auf die Flüchtlingseigenschaft eines Verleihungswerbers nicht dazu führen, daß in Ausübung des freien Ermessens von der angeführten Verleihungsvoraussetzung abgesehen werden könnte. Dies schließt aber nicht die Verpflichtung der Behörde aus, daß auf das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft in Fällen, in denen alle Verleihungsvoraussetzungen des § 10 StbG - somit auch die des § 10 Abs. 3 leg. cit. - gegeben sind, besonders Bedacht zu nehmen ist.

Damit kann auch aus der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe nicht dargetan, wie sich die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers überhaupt auf seinen Fall auswirke, nichts für ihn gewonnen werden, weil die belangte Behörde, auch wenn sie Ausführungen in dieser Hinsicht gemacht hätte, mangels Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010513.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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