TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/22 96/01/0089

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Veröffentlicht am 22.05.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Staatsbürgerschaft;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
FlKonv;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs3;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer sowie den Senatspräsidenten Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des M in V, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 1994, Zl. 1W-1527/5/94, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. März 1994 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10 Abs. 3, 11 und 39" Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unbestritten ist, daß der (im Jahre 1967 geborene) Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt, weil er - ausgehend von der von der belangten Behörde getroffenen, vom Beschwerdeführer nicht bekämpften Feststellung, daß er "sich seit Dezember 1989 im Bundesgebiet aufhält" - noch nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik hat. Von dieser Voraussetzung kann aber gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt, wobei bemerkt wird, daß der Verfassungsgerichtshof dem auch in der gegenständlichen Beschwerdesache gestellten Antrag auf Aufhebung der zuletzt genannten Bestimmung als verfassungswidrig mit Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, G 68/95 u.a., nicht Folge gegeben hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/1255, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung, was zur Folge hat, daß im Falle ihrer Verneinung das Vorliegen der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft weiters erforderlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG nicht mehr zu prüfen ist und erst dann, wenn alle diese Verleihungsvoraussetzungen, einschließlich der nach § 10 Abs. 3 StbG, gegeben sind, eine nach § 11 StbG vorzunehmende Ermessensentscheidung in Betracht kommt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde zwar auch darauf hingewiesen, daß sich der Beschwerdeführer zu dem in ihrem Schreiben vom 19. Oktober 1994 gemachten Vorhalt, er sei seit Juli 1991 nur ca. 24 Monate beschäftigt gewesen und habe in der Folge dreimal Sozialhilfe in der Höhe von insgesamt S 12.660,-- bezogen, sodaß nicht davon ausgegangen werden könne, daß sein Lebensunterhalt "im Sinne des Gesetzes als hinreichend gesichert anzusehen" sei, nicht geäußert habe. Ob damit hinlänglich zum Ausdruck gekommen ist, daß die belangte Behörde auch die zwingende Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG nicht als gegeben erachtete, kann aber auf sich beruhen, weshalb auf diesen Begründungsteil und die sich darauf beziehenden Beschwerdeausführungen nicht einzugehen ist. Auf die dargestellte Rechtslage sind sowohl die belangte Behörde hinsichtlich des von ihr abschließend gebrauchten Passus in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß sie "daher" mit Rücksicht auf das im § 11 StbG Bedacht zu nehmende allgemeine Wohl und die öffentlichen Interessen bei der ermittelten Sachlage von dem ihr im § 10 StbG eingeräumten freien Ermessen nicht im positiven Sinne Gebrauch habe machen können, als auch der Beschwerdeführer, der gleichfalls die Auffassung vertritt, die belangte Behörde hätte bei Beurteilung der Frage, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, eine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt, zu verweisen.

Maßgeblich ist im vorliegenden Beschwerdefall lediglich, daß der belangten Behörde im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie mit dem Bemerken, "solche besonders berücksichtigungswürdigen Gründe" würden weder im Antrag behauptet noch seien sie im Ermittlungsverfahren geltend gemacht worden, das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG nicht angenommen hat. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe seine (schon im Antrag enthaltene) Angabe, ihm sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Februar 1991 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, unberücksichtigt gelassen, ist nicht zu seinen Gunsten zielführend, stellt doch das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG dar, sondern ist erst bei der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz StbG "gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist" (vgl. außer dem bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 93/01/1255 beispielsweise noch jenes vom 21. September 1994, Zl. 93/01/0397). Zusätzliche, nicht bereits von der Anerkennung als Flüchtling erfaßte Gesichtspunkte hat der Beschwerdeführer mit dem Argument, "daß ein Schutz des Heimatstaates fehlt bzw. es dem Beschwerdeführer unzumutbar ist, diesen zu beanspruchen", nicht aufgezeigt. Der Beschwerdeführer hat wohl in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 14. November 1994 im Rahmen der Gewährung des Parteiengehörs ergänzend behauptet, "engere Bindungen bereits zu Österreich aufgebaut" zu haben, "als solche zu seinem ehemaligen Heimatstaat" (Somalia) "noch bestehen", jedoch nicht erläutert, worin derartige Bindungen konkret gelegen seien. Daß er hiebei (oder sonst im Verwaltungsverfahren) "auch die Anpassung an österreichische Verhältnisse und an die österreichische Kultur dargetan hat", entspricht nicht der Aktenlage. Die belangte Behörde hat zutreffend bemerkt, daß im Regelfall für die Einbürgerung ein ununterbrochener mindestens zehnjähriger Wohnsitz in Österreich gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG gefordert werden müsse, da nur ein langjähriger inländischer Wohnsitz hinreichend Gewähr dafür bietet, daß sich der Fremde in Österreich assimiliert hat (siehe dazu AB 875 BlgNR 10. GP, S. 4). Dafür, daß beim Beschwerdeführer davon ausnahmsweise ein Abweichen gerechtfertigt wäre, ist auch nach den Ausführungen in der Beschwerde kein geeigneter Anhaltspunkt vorhanden.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010089.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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