TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/24 LVwG-2019/31/0999-5, LVwG-2019/31/1000-5

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Veröffentlicht am 24.10.2019
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Entscheidungsdatum

24.10.2019

Index

90/01 Straßenverkehrsrecht
90/02 Führerscheingesetz

Norm

StVO 1960 §20 Abs2
FSG 1997 §26 Abs3 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerden des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen

?     das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, wegen einer Übertretung der StVO (LVwG-2019/31/1000), sowie

?     den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, wegen Entziehung der Lenkberechtigung (LVwG-2019/31/0999),

nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

A) Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, wegen einer Übertretung der StVO (LVwG-2019/31/1000):

1.     Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als dass die verhängte Geldstrafe von Euro 460,-- auf Euro 320,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) herabgesetzt wird.

2.     Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 32,-- neu festgesetzt.

3.     Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

B) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, wegen Entziehung der Lenkberechtigung (LVwG-2019/31/0999):

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

A) Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, wegen einer Übertretung der StVO (LVwG-2019/31/1000):

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Tatzeit:         03.06.2018, 14.26 Uhr

Tatort:           Gemeinde Y, Adresse 3, Adresse 4 bei km ***, in Fahrtrichtung Osten

Fahrzeug(e):     Motorrad, ***

Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 48 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs 2 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

460,00

Gemäß:

§ 99 Abs 2e StVO

Ersatzfreiheitsstrafe:

194 Stunden“

Weiters wurde ein anteiliger Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde festgesetzt.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte AA durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vor, dass der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet sei und Verfahrensmängel vorliegen, da die Ortstafel nicht an jenem Ort aufgestellt war, welcher der Verordnung zu entnehmen ist und somit ein Kundmachungsmangel vorliege. Weiters habe die erste Instanz das beantragte technische Gutachten nicht eingeholt, weswegen davon auszugehen sei, dass eine Fehlmessung vorliege. Auch die einzuhaltenden Toleranzen seien nicht nachvollziehbar dargestellt worden.

Abschließend wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und angeregt, der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zahl ***.

Weiters wurde am 6.8.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der seitens der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers angeregt wurde, dass die Beschilderungssituation im Gegenstandsfall im Rahmen Augenscheines vor Ort inspiziert werde.

Am 12.8.2019 wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt und dabei Lichtbilder von der Beschilderungssituation sowohl hinsichtlich der Aufstellung der Ortstafeln als auch als hinsichtlich der Aufstellung der Geschwindigkeitsbeschränkungszeichen angefertigt. Dabei wurde mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vereinbart, dass die Entscheidung nach Einbringung einer abschließenden Stellungnahme des Rechtsvertreters in schriftlicher Form ergeht.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Für das Landesverwaltungsgericht Tirol ergibt sich nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

AA lenkte das Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen *** am 3.6.2018 gegen 14:26 Uhr im Ortsgebiet von Y, auf der Adresse 4 bei Kilometer *** (Adresse 3) in Fahrtrichtung Osten und überschritt dabei, wie mit einem geeichten stationären Radargerät des Typs *** festgestellt wurde, die gemäß § 20 Abs 2 StVO zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nach Abzug einer Messtoleranz von 5% um 48 km/h.

Ausgegangen wird weiters aufgrund der abschließenden Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 20.8.2019 davon, dass AA den gegenständlichen Streckenabschnitt wie folgt befahren hat:

Zunächst ist der Beschwerdeführer auf der Adresse 5 in Fahrtrichtung W gefahren und in Y/V von der Autobahn ab- und sodann in Fahrtrichtung Y weitergefahren. Nach der Brücke über den Fluss CC ist der Beschwerdeführer zunächst weiter Richtung Osten gefahren, dann allerdings auf Höhe der westlichen Kreuzung unmittelbar nach Strkm *** der Adresse 4 mit der Adresse 6 beim dortigen Kreisverkehr nicht bei der ersten Ausfahrt auf der Adresse 4 unter Beibehaltung der Fahrtrichtung Richtung Osten weiter, sondern links bei der zweiten Ausfahrt Richtung Norden in die Adresse 6 eingebogen und sodann auf dieser weitergefahren. Der Beschwerdeführer hat somit die Adresse 4 (kurzfristig) verlassen und ist erst am östlichen Ende der Adresse 6 unmittelbar nach Strkm *** der Adresse 4 wiederum bei der dortigen geregelten Kreuzung in die Adresse 3 Fahrtrichtung Osten eingebogen.

III.     Rechtliche Grundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 42/2018 (StVO), von Relevanz:

㤠20

Fahrgeschwindigkeit.

(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

§ 52

Die Vorschriftszeichen

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen

10a. “GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG (ERLAUBTE HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT)“

„Bild im pdf ersichtlich“

Dieses Zeichen zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften

§ 99

Strafbestimmungen.

(2e) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

…“

IV.      Rechtliche Beurteilung:

Hinsichtlich der Beurteilung, welche Strecke der Beschwerdeführer gewählt hat, um zum Tatort Adresse 4 bei Kilometer *** (Adresse 3) in Fahrtrichtung Osten zu gelangen, folgte das Verwaltungsgericht den Ausführungen des Rechtsvertreters vom 20.8.2019, wonach der Beschwerdeführer zunächst in W (gemeint: Y/V) von der Autobahn abgefahren und sodann in Fahrtrichtung Y weitgefahren und nach der Brücke über den Fluss CC beim ersten Kreisverkehr (nach Strkm *** der Adresse 4) nicht unter Beibehaltung der Fahrtrichtung Osten die Adresse 3 weiterbefahren, sondern Richtung Norden in die Adresse 6 abgebogen sei.

Auch ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sowohl darin zu folgen, dass, wenn man bei besagtem Kreisverkehr nach Strkm *** nach links in die Adresse 6 abbiegt, bei den Ortstafeln keinerlei Aufhebung einer gem § 52 lit a Z 10a StVO verordneten erlaubten Höchstgeschwindigkeit vorliegt, als auch, dass im räumlichen Nahebereich vor dem Kreisverkehr auf der Adresse 4 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h gem § 52 lit a Z 10a StVO angebracht ist.

Allerdings gilt beim besagten Kreisverkehr zu beachten, dass eine auf einer bestimmten Straße verordnete Verkehrsbeschränkung an allen Einmündungen und Kreuzungen mit anderen Straßen – sofern es sich dabei nicht um eine untergeordnete Verkehrsfläche gemäß § 19 Abs 6 StVO handelt – zu wiederholen ist. Dabei ist das jeweilige Verkehrszeichen unmittelbar nach der Einmündung anzubringen, wobei eine Entfernung des Verkehrszeichens von ca 14 bis 15 Meter von der Straßeneinmündung nicht mehr als unmittelbar angesehen werden kann (vgl UVS Steiermark 20.1.2006, 30.13-98/2005; vgl zum räumlichen Geltungsbereich von Beschränkungszeichen: Vergeiner, Kundmachung durch Verkehrszeichen, S 91ff).

Anlässlich des Lokalaugenscheines vom 12.8.2019 wurde festgestellt, dass eine solche Wiederholung des Beschränkungszeichens im oben angeführten Nahebereich der Ausfahrt des Kreisverkehres Richtung Adresse 6 nicht vorliegt und somit der Aufstellung der Ortstafeln südlich und somit außerhalb dieses Nahebereichs das Regelungsregime des § 52 lit a Z 10a StVO an der Einmündung der Adresse 4 in die Adresse 6 endet und in ein solches gem § 20 Abs 2 StVO übergeht.

Dies bedeutet einerseits, dass im Bereich der Abfahrt der Adresse 4 auf Höhe der Adresse 6 nach Strkm *** bis zum Vorliegen von Ortstafeln von einer im Freiland geltenden Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gemäß § 20 Abs 2 StVO auszugehen ist, andererseits dass diese Geschwindigkeit – abweichend von einer Geschwindigkeitsbeschränkung gem § 52 lit a Z 10a StVO (vgl VwGH 11.12.1974, 1543/73, ZVR 1975/189) – durch die Ortstafel außer Kraft gesetzt wird ohne dass es einer Aufhebung durch ein Beschränkungszeichen gemäß § 52 lit a Z 10b StVO bedürfte.

Es ist daher auf Grund der gegenständlichen Beschilderungssituation davon auszugehen, dass bei der Ausfahrt Adresse 6 beim Kreisverkehr der Adresse 4 nach Strkm *** mit dem Erreichen der Ortstafel Y ex lege eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h gemäß § 20 Abs 2 StVO gilt ohne dass es einer Aufhebung der bis dahin gemäß § 20 Abs 2 StVO geltenden Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bedarf.

Wenn der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers weiters vorbringt, dass die Ortstafeln nicht ordnungsgemäß kundgemacht sind, so wird auf die anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 6.8.2019 eingeholte und dem Rechtsvertreter zur Kenntnis gebrachte Verordnung des Stadtmagistrates Y vom 29.11.1989, ***, verwiesen, welche vom Rechtsvertreter ebenso wenig in substantiierter Form in Zweifel gezogen wurde wie die Aufstellung der beim Lokalaugenschein vom 12.8.2019 gesichteten Ortstafeln bei der Ausfahrt zur Adresse 6 der Adresse 4 nach Strkm ***. Erstmalig anlässlich dieses Lokalaugenscheins wurde die in der Stellungnahme vom 20.8.2019 beschriebene und dem festgestellten Sachverhalt zu Grunde gelegte Fahrtroute ins Treffen geführt.

Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung einerseits im Ortsgebiet begangen wurde und somit gemäß § 20 Abs 2 StVO von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auszugehen ist und wurde die Geschwindigkeit des in Rede stehenden Motorrades andererseits mit einem geeichten Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät des Typs *** ermittelt, wobei von der gemessenen Geschwindigkeit von 104 km/h, welche auf dem im Akt einliegenden Lichtbild samt Datensatz ebenso erkennbar ist wie das Kennzeichen des verwendeten Motorrades, entsprechend den Verwaltungsbestimmungen eine Toleranz von 5 % in Abzug gebracht wurde; dementsprechend wurde in Konformität zu den Verwendungsbestimmungen eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung von 48 km/h zur Last gelegt.

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist anzuführen, dass gem § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Falle eines „Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dem zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beschwerdeführer jedoch nicht gelungen.

Damit hat der Beschwerdeführer den Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

V.       Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Zugrundelegung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch die belangte Behörde ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

Der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung ist in Anbetracht der beträchtlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet als erheblich anzusehen.

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.

Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafzumessungsregeln und eines gemäß § 99 Abs 2e StVO zur Anwendung gelangenden Strafrahmens von Euro 150,00 bis Euro 2.180,00 erscheint die vorgenommene Herabsetzung der Geldstrafe, dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung im unteren Bereich einer im Sinne des § 99 Abs 2e StVO qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung befindet, auf ein nunmehr schuld- und tatangemessenes Ausmaß als ausreichend, um den Beschwerdeführer in Hinkunft von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

B) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, wegen Entziehung der Lenkberechtigung (LVwG-2019/31/0999):

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.4.2019, ***, entzog die Bezirkshauptmannschaft X die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für alle Klassen auf die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h mittels Straferkenntnis belangt wurde und dies gemäß § 7 Abs 3 Z 4 FSG eine Verkehrsunverlässigkeit begründet, wenn – wie im Gegenstandsfall – diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

Gemäß § 26 Abs 3 Z 1 FSG ist im Falle der erstmaligen Begehung einer solchen Übertretung eine fixe Entziehungsdauer von zwei Wochen auszusprechen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht wie oben unter A)/I. angeführt.

II.      Sachverhalt:

Die Behörden nach dem Führerscheingesetz (§ 35 FSG) sind an rechtskräftigen Entscheidungen der Strafbehörden gebunden (vgl etwa VwGH 30.6.1998, 98/11/0134, 8.8.2002, 2001/11/0210 uva).

Aufgrund dieser Bindungswirkung ist gegenständlich davon auszugehend, dass entsprechend den Ausführungen unter A)/II. AA am 3.6.2018 um 14:26 Uhr das Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen *** in Y, Adresse 3 auf der Adresse 4 bei Kilometer *** in Fahrtrichtung Osten, gelenkt und dabei die im Ortsgebiet gemäß § 20 Abs 2 StVO zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 48 km/h überschritten hat.

III.    Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes, BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 37/2018 (FSG), zu berücksichtigen:

㤠7

Verkehrszuverlässigkeit

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

4.       die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde

§ 26

Sonderfälle der Entziehung

(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung – sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 vorliegt – hat die Entziehungsdauer

1.       zwei Wochen,

zu betragen. Bei wiederholter Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren hat die Entziehungsdauer, sofern in keinem Fall eine Qualifizierung im Sinne der Z 2 oder 3 gegeben ist sechs Wochen, sonst mindestens sechs Monate zu betragen. Eine nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Übertretung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.“

IV.      Rechtliche Erwägungen:

Aufgrund der vorliegenden Bindungswirkung ist vom oben dargelegten Sachverhalt auszugehen. Somit steht auch fest, dass gegenständlich eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs 3 Z 4 FSG (hier konkret eine Übertretung gemäß § 20 Abs 2 iVm § 99 Abs 2e StVO) verwirklicht wurde.

Daraus resultiert gemäß § 26 Abs 3 Z 1 FSG eine fixe Entziehungsdauer von zwei Wochen, die von der belangten Behörde ohne Vornahme eine darüber hinausgehenden Wertung in ebendieser Form verhängt wurde.

Im Ergebnis war daher die von der belangten Behörde verfügte Entziehung der Lenkberechtigung in der Dauer von zwei Wochen zu bestätigen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist im Gegenstandsfall sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hengl

(Richter)

Schlagworte

qualifizierte Geschwindigkeitsüberschreitung;
Kundmachung;
Ortsgebiet;
fixe Entziehungsdauer;
Bindungswirkung;

Anmerkung

Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 24.10.2019, Z LVwG-2019/31/0999-5, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 14.12.2020, Z Ra 2019/11/0218-3, zurück.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.31.0999.5

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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