TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/19 I417 2233362-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.01.2021

Norm

AVG §57 Abs1
BFA-VG §22a Abs1a
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs1
FPG §76 Abs2 Z3
FPG §77 Abs1
FPG §80
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwG-AufwErsV §1 Z5
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2
VwGVG §35 Abs3
VwGVG §35 Abs4
VwGVG §35 Abs5
VwGVG §35 Abs6
VwGVG §35 Abs7

Spruch


I417 2233362-1/14E

Schriftliche Ausfertigung des am 31.07.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ALGERIEN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol (BAI) vom 18.07.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.07.2020 zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Es wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III.    Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm § 1 Z 3, Z 4 und Z 5 VwG–Aufwandkostenverordnung hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18.07.2020, Zl. XXXX , wurde über XXXX , geb. am XXXX alias XXXX , StA.: Algerien, alias Staatenlos, gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

2.       Gegen diesen Bescheid brachte die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers am 24.07.2020 eine Beschwerde wegen der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung und der weiteren Anhaltung der Schubhaft ein.

3.       Am 27.07.2020 wurde der Akt von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

4.       Am 31.07.2020 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung sowie eines Vertreters der belangten Behörde durchgeführt. Am Ende der Verhandlung wurde das vorliegende Erkenntnis mündlich verkündet. (OZ 9)

5.       Mit Schreiben vom 11.08.2020 beantragte die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, gesund und algerischer Staatsbürger. Er hält sich seit 18.07.2020 in Österreich auf. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer wurde als Insasse eines von Italien kommenden Zuges am 18.07.2020 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im österreichischen Bundesgebiet kontrolliert.

Der Beschwerdeführer wies sich mit einer deutschen Duldungskarte mit einem Vermerk der Geltungsdauer bis 16.09.2020 aus. Auf dieser Duldungskarte wurde auf folgende Nebenbestimmungen hingewiesen: „Die Duldung wird im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe erteilt. Erlischt bei Ausreise aus dem Bundesgebiet. Duldung erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebungstermins. Beschäftigung kraft Gesetzes nicht gestattet. Wohnsitznahme in XXXX wird angeordnet.“ Die Duldungskarte berechtigte den Beschwerdeführer somit nicht zur Ausreise aus Deutschland.

Da der Beschwerdeführer über keine gültigen Reisedokumente verfügte, erfolgte die Einreise in Österreich illegal und wurde der Beschwerdeführer noch vor Ort von der Polizei festgenommen.

Der Beschwerdeführer ist seit 08.08.2009 in Deutschland melderechtlich erfasst und erfolgte eine Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums XXXX am 21.03.2011. Er verfügte über Duldungen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund von fehlenden Reisedokumenten und wurden ihm diese Duldungen - mit einigen Unterbrechungen aufgrund mehrfachen unbekannten Fortzugs bzw. Zuzugs - zwischen 20.10.2009 und 06.06.2011 sowie seit 28.05.2013 erteilt. Der Beschwerdeführer ist zudem in Deutschland mit einer Vielzahl an strafrechtlichen Delikten (besonders schwerer Fall des Diebstahls, Verstoß gegen Weisungen während Führungsaufsicht, sexuelle Nötigung/Vergewaltigung, Körperverletzung, Beleidigung, Straftaten gemäß § 29 BtMG, Bandendiebstahl, Diebstahl) polizeilich erfasst.

Eine erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen EURODAC-Treffer, wonach der Beschwerdeführer am 31.10.2011 in Basel (Schweiz) einen Asylantrag stellte.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in mehrere Mitgliedsstaaten und hat sich somit den Behörden und dem Asylverfahren entzogen. Er trat überdies während seines Aufenthalts in den Mitgliedstaaten unter folgenden Aliasidentitäten auf: XXXX , geb. am XXXX , alias XXXX , StA.: Algerien, alias Staatenlos.

Es wurde ein Konsultationsverfahren mit den deutschen Behörden eingeleitet, allerdings lehnte Deutschland am 24.07.2020 die Wiederaufnahme ab und remonstrierte Österreich am selben Tag gemäß Art. 5 Abs. 2 Durchführungsverordnung der Dublin-III-Verordnung. Ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz wurde zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht geführt.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig und verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und hat auch keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Es besteht ein verdichteter Sicherungsbedarf sowie eine erhebliche Fluchtgefahr des Beschwerdeführers und es ist davon auszugehen, dass er sich der Rücküberstellung durch Untertauchen entziehen werde. Eine selbständige legale Ausreise aus dem Bundesgebiet ist ihm nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz und durch die am 31.07.2020 durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung.

Der oben angeführte Verfahrensgang sowie der Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts und aus der am 31.07.2020 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2020 wurde der Beschwerdeführer zum Sachverhalt vernommen, sowie die Beweismittel und der vorliegende Akteninhalt mit dem damals rechtsfreundlichen Vertreter und einem Vertreter der belangten Behörde erörtert.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Familienstand und seinem Gesundheitszustand gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Mangels der Vorlage von gültigen identitätsbezeugenden Dokumenten steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Zudem geht seine Verwendung von Alias-Identitäten zweifelsfrei aus den vorliegenden Verwaltungsakten hervor: So gab er bei den unterschiedlichen Behörden beispielsweise an, er sei am XXXX , bei einer anderen Behörde nannte er den XXXX als Geburtstag bzw. gab er einmal an, algerischer Staatsangehöriger, dann wieder staatenlos zu sein. Da der Beschwerdeführer früheren Aufzeichnungen zufolge zunächst als algerischer Staatsangehöriger auftrat und auch in der Beschwerde vom 24.07.2020 seine algerische Staatsangehörigkeit behauptet wurde, geht das erkennende Gericht von dieser Staatszugehörigkeit aus und stellen sich seine Angaben in der mündlichen Verhandlung als unglaubhaft dar.

Die Feststellungen zum fremdenpolizeilichen Verfahren, zu den auf der Duldungskarte aufgelisteten Nebenbestimmungen, sowie zur EURODAC-Abfrage sind unstrittig.

Hinsichtlich den Feststellungen zu seinem früheren und derzeitigen Aufenthaltsstatus in Deutschland, der dortigen melderechtlichen Situation des Beschwerdeführers sowie der strafrechtlichen Vermerke durch die Polizei ist auf den im Behördenakt einliegenden E-Mail-Ausdruck samt zahlreichen Anhängen der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung des Gemeinsamen Zentrums Passau vom 18.07.2020 zu verweisen.

Sämtliche Feststellungen zu den Konsultationsverfahren ergeben sich aus einer Zusammenschau des vorliegenden Behördenaktes sowie den glaubhaften Angaben des Behördenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die mangelnde soziale Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich auch aus seinen diesbezüglichen Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

Die Beteuerungen des Beschwerdeführers, dass er bereit sei, mit den österreichischen Behörden umfassend zu kooperieren und sich für eine Ausreise bereit zu halten, sind für den erkennenden Richter nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten vor der Anhaltung in Schubhaft bereits Mobilität bewiesen und kann somit den Angaben in der Verhandlung kein Glauben geschenkt werden. Insbesondere wird es nicht für glaubhaft erachtet, dass der Beschwerdeführer trotz seiner zahlreichen Verlängerungen der Duldung nicht gewusst habe, dass er sich mit der Duldungskarte nicht außerhalb von Deutschland aufhalten dürfe, da dieser Umstand - wie festgestellt - sogar auf der Rückseite seiner Duldungskarte vermerkt ist. In diesem Zusammenhang gab er in der Beschwerdeverhandlung jedoch an, dass er eine Person bezüglich der auf der Rückseite geschriebenen Vermerke befragt habe. Diese hätte ihm lediglich vorgelesen, dass er nicht arbeiten dürfe - seine diesbezüglichen Schilderungen widersprechen jedoch der allgemeinen Lebenserfahrung und sind nicht glaubhaft. Zudem verwendete der Beschwerdeführer bereits unterschiedliche Geburtsdaten und Staatsangehörigkeiten, sodass sich bereits daraus die persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt.

Außerdem ist der Beschwerdeführer gemäß seinen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nach wie vor nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments, sodass auf diesem Umstand die Feststellung hinsichtlich der mangelnden legalen Ausreisemöglichkeit gründet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Abweisung der Beschwerde betreffend Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft (Spruchpunkt A.I.):

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lauten:

"§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(...)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(...)

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(...)"

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet:

"(1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(...)"

Gemäß Art. 28 Abs. 1 Dublin III-VO nehmen die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt. Gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle, dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat gemäß Art 28 Abs. 3 Dublin III-VO so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen. Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.

"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043). Mit anderen Worten:

Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über keine Berechtigung zur Einreise in das und zum Aufenthalt im Bundesgebiet.

Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Der Beschwerdeführer reiste jedenfalls am 18.07.2020 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte im Bundesgebiet keinen Asylantrag. Am 18.07.2020 wurde er von der Polizei aufgegriffen und konnte er sich im Zuge der Amtshandlung nur mit einer Duldungskarte der Bundesrepublik Deutschland, welche nicht zur Ausreise aus Deutschland berechtigt, ausweisen. Dieses mitgeführte Dokument berechtigt lediglich zum Aufenthalt in Deutschland.

Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen EURODAC-Treffer, wonach der Beschwerdeführer am 31.10.2011 in der Schweiz einen Asylantrag stellte. Der Beschwerdeführer reiste illegal in mehrere Mitgliedsstaaten und hat sich somit den Behörden und dem Asylverfahren entzogen.

Im vorliegenden Fall geht das erkennende Gericht von erheblicher Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Dublin - III - Verordnung aus. Der Beschwerdeführer hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und wurde von der Polizei aufgegriffen. Er meldete sich nicht selbstständig bei den Behörden. Der Beschwerdeführer stellte bereits in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz und lebt seit 2009 in Deutschland, wobei er dort geduldet ist. Er muss für die schweizerischen Behörden greifbar sein. Der Beschwerdeführer reiste illegal und ohne schengenweite Aufenthaltsberechtigung durch mehrere EU-Länder bis nach Österreich. Er verfügt über keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich.

Ebenso verfügt der Beschwerdeführer über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer verfügt über geringe Barmittel und hat sich als mobil erwiesen. Bei einer Gesamtbetrachtung der bisherigen Verhaltensweise des Beschwerdeführers ergibt sich im Hinblick auf die bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfs heranzuziehenden Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG, dass das Gericht vom Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr im Sinne der Dublin - III - Verordnung ausgeht.

Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes gegeben. Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass hier bisher keine konkret schützenswerten Anknüpfungspunkte entstanden sind.

Durch die kurze Anwesenheit in Österreich ist in einer Gesamtschau nicht davon auszugehen, dass er diesbezüglich nennenswerte Kontakte im Inland knüpfen konnte, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Das Verfahren hat auch, ausgehend von seinen eigenen Angaben nicht ergeben, dass er in Österreich wesentliche Anknüpfungspunkte hat. Im Rahmen von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers aufgrund seiner aktuellen Wohn- und Familiensituation und des bisherigen Verhaltens kein vergleichbar hoher Stellenwert, wie dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, öffentlicher Ordnung sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Staates zukommt. Das erkennende Gericht geht daher von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal deren Beendigung absehbar erscheint.

Eine Verhängung von gelinderen Mitteln kommt ebenso nicht in Betracht. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichtes nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der nahenden Abschiebung. Die Kriterien zeigen eindeutig, dass etwa eine Unterkunftnahme unter regelmäßiger Meldung bei der Polizei (Auflagen) gerade eben aufgrund der erheblichen Fluchtgefahr mit hoher Wahrscheinlichkeit keine ausreichende Sicherstellung der nahenden Abschiebung bedeuten würde. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer untertauchen und somit die nahende Abschiebung verhindern würde. Hierdurch wäre aber der geltenden Regelung der Dublin III VO nicht Rechnung getragen, sodass man im gegenständlichen Fall von einer Ultima Ratio der Inschubhaftnahme ausgehen musste.

Der Beschwerdeführer hat sich durch sein bisheriges persönliches Gesamtverhalten als nicht vertrauenswürdig erwiesen. So wurde er bereits mit zahlreichen strafrechtlichen Delikten in Deutschland polizeilich vermerkt und trat unter verschiedenen Alias-Identitäten auf. Auch wird der konkrete Sicherungsbedarf durch das seit Erfassung des Schubhaftbescheides fortgeschrittene Verfahren weiter verstärkt. Die Fortsetzung der Schubhafthaft wegen erheblicher Fluchtgefahr erweist sich somit als verhältnismäßig. Ein gelinderes Mittel ist zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Die Schubhaft ist daher fortzusetzen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Schubhaft auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers unverhältnismäßig wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

3.2. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):

Den oben unter Punkt 3.1. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu.

Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte zum Entscheidungszeitpunkt von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden, zumal eine Rückführung unmittelbar bevorsteht und diese Tatsache dem Beschwerdeführer auch bewusst ist.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegend sind.

3.3. Ausspruch über den Ersatz von Aufwendungen (Spruchpunkt A. III.)

1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

2. Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

Da die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.

Die belangte Behörde hat beantragt, dem Bund Kostenersatz zuzusprechen. Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (mit Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da sie (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anhaltung Aufwandersatz Entscheidungszeitpunkt Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Gesamtbetrachtung illegale Einreise Mandatsbescheid mündliche Verhandlung mündliche Verkündung schriftliche Ausfertigung Schubhaft Schubhaftbeschwerde Schubhaftverfahren Sicherungsbedarf Überstellung Verfahrenskostenersatz Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I417.2233362.1.00

Im RIS seit

09.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten