TE Lvwg Erkenntnis 2020/12/18 VGW-131/036/15226/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.12.2020

Index

90/02 Führerscheingesetz

Norm

FSG §24 Abs4
FSG §25 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde des (am ...1952 geborenen) Herrn Dipl.-Ing. A. B. in Wien, C., gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 21.10.2020, Zl. ..., betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 21.10.2020 erging gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) nachfolgender Bescheid:

„Die Landespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - entzieht Ihnen gemäß § 24 Absatz 1 Zif. 1 Führerscheingesetz 1997 die für die Klasse(n) AM, B erteilte Lenkberechtigung.

Gemäß § 25 Absatz 2 Führerscheingesetz 1997 wird verfügt, dass Ihnen die Lenkberechtigung für die Klasse(n) AM, B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung,

gerechnet ab Zustellung des Bescheides,

entzogen wird.

Führerschein ausgestellt von: LPD Wien/VA

am:                              31.07.2019

Zahl:               ...

Klasse(n):    AM, B

Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, VwGVG aberkannt.“

Begründend wurde ausgeführt, aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung vom 20.10.2020 sei festgestellt worden, dass der Bf derzeit aus gesundheitlichen Gründen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM, B nicht geeignet sei (negative verkehrspsychologische Stellungnahme – unterdurchschnittliche Ergebnisse in mehreren Bereichen, die nicht ausreichend kompensiert würden; zusätzlich ungenügende Problemeinsicht, wenig Gefahrenbewusstsein und äußerst eingeschränktes Norm- und Regelbewusstsein). Das amtsärztliche Gutachten sei unter Einbeziehung der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 17.08.2020 erstellt worden. Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes besitze der Bf die gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf fristgerecht Beschwerde. Er brachte vor, es treffe zu, dass laut Amtsarzt ein hoher Blutdruck festgestellt worden sei, doch müsse er angeben, dass er einen solchen Wert daheim noch nie gehabt habe. Nach jeder Messung, die er laut seines Arztes durchzuführen habe, habe sich dieser stets im Normalbereich befunden. Weiteres sei seitens eines AKH Arztes mitgeteilt worden, dass seine Medikamente keine Verkehrsbeeinträchtigung mit sich ziehen würden. Er ersuche binnen kürzester Zeit um die Gewährung eines neuen verkehrspsychologischen Tests und um eine nochmalige amtsärztliche Untersuchung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die maßgebenden Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

„Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3 (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8 (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen. Die militärärztliche Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einer oder mehrerer Gruppe(n) gilt für die Dauer von 18 Monaten ab ihrer Ausstellung auch als solches ärztliches Gutachten.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen: „geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten „geeignet“ für diese Klassen zu lauten

...

4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten „nicht geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten.

...

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

1. die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs. 1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs. 3 Z 2 und 3);

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24 (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

...

Dauer der Entziehung

§ 25

...

(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

...“

Weiteres sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) von Bedeutung:

"Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

1. ärztliches Gutachten: ein von einem Amtsarzt oder von einem gemäß § 34 FSG bestellten sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin gemäß der Anlage erstelltes Gutachten, das in begründeten Fällen auch fachärztliche Stellungnahmen, gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt gemäß § 9 FSG oder erforderlichenfalls auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat.

2. fachärztliche Stellungnahme: diese hat ein Krankheitsbild zu beschreiben und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen und ist von einem Facharzt des entsprechenden Sonderfaches abzugeben. In dieser ist gegebenenfalls auch die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mit zu beurteilen.

3. verkehrspsychologische Untersuchung eines Bewerbers um eine Lenkberechtigung oder eines Führerscheinbesitzers: diese besteht aus

a) der Prüfung seiner kraftfahrspezifischen verkehrspsychologischen Leistungsfähigkeit und

b) der Untersuchung seiner Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.

4. amtsärztliche Nachuntersuchung: Grundlage für ein von einem Amtsarzt erstelltes ärztliches Gutachten über die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eines Besitzers einer Lenkberechtigung; sie umfasst sowohl das Aktenstudium als auch die Beurteilung allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen sowie gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt und hat sich auf die gesundheitlichen Mängel zu beschränken, auf Grund derer die Nachuntersuchung vorgeschrieben wurde, es sei denn, anlässlich der Nachuntersuchung treten andere Auffälligkeiten auf.

...

7. Beobachtungsfahrt: eine Fahrt von mindestens 30 Minuten für die Gruppe 1 und mindestens 45 Minuten für die Gruppe 2 im Beisein eines Amtsarztes und/oder gegebenenfalls eines technischen Sachverständigen. Es ist dabei die Beherrschung des Fahrzeuges, das verkehrsangepasste und mit Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer umsichtige Fahren sowie die Kompensation von gesundheitlichen Mängeln zu beobachten. Die Beobachtungsfahrt hat insbesondere zu umfassen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

Überqueren von mindestens vier ungeregelten Kreuzungen,

b)

Überholen und Vorbeifahren,

c)

links und rechts einbiegen,

d)

Kreisverkehr,

e)

Anfahren auf Steigungen,

f)

Rückwärtsfahren,

g)

Ausparken, Einparken, Umdrehen,

h)

Slalomfahrt bei Kraftfahrzeugen der Klasse A.

...

„Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3 (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

... und

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

...

(3) Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.

(4) Besitzer einer Lenkberechtigung, bei denen Erkrankungen oder Behinderungen festgestellt wurden, die nach den nachfolgenden Bestimmungen die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen würden, gelten dann als geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, wenn sie

1. während der, der Feststellung der Erkrankung oder Behinderungen unmittelbar vorangehenden zwei Jahre Kraftfahrzeuge tatsächlich gelenkt haben und

3. die Annahme gerechtfertigt ist, dass ein Ausgleich des bestehenden Mangels durch erlangte Geübtheit eingetreten ist.

Gesundheit

§ 5 (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

1.   schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

2.   organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

3.   Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt,

4.   schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a) Alkoholabhängigkeit oder

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

5.   Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

...“

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, - ua also bei Wegfall der iSd § 3 Abs. 1 Z 3 FSG geforderten gesundheitlichen Eignung - von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Bestehende Bedenken an der gesundheitlichen Eignung machen die Einholung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 erforderlich (§ 24 Abs. 4 FSG). Stützt sich das amtsärztliche Gutachten auf die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle oder eine fachärztliche Stellungnahme, hat es sich mit diesen Stellungnahmen nachvollziehbar auseinanderzusetzen; eine verkehrspsychologische Stellungnahme hat daher Hilfsfunktion für die ärztliche Beurteilung im Rahmen des erforderlichen amtsärztlichen Gutachtens. Soll die gesundheitliche Eignung verneint werden, hat das amtsärztliche Gutachten also eine Auseinandersetzung mit einer (sei es verkehrspsychologischen, sei es fachärztlichen) Stellungnahme, in der die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt wurde, zu enthalten (vgl. nur etwa das Erkenntnis des VwGH vom 01.03.2016, Zl. Ra 2015/11/0120, mwN).

Das FSG geht davon aus, dass gesundheitliche Einschränkungen, die an sich (nach den Bestimmungen der FSG-GV) die Eignung des Betroffenen zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen würden, nicht zwingend die iSd FSG erforderliche gesundheitliche Eignung ausschließen, vielmehr einem Ausgleich durch erlangte Geübtheit zugänglich sind: Schon § 8 Abs. 2 FSG normiert, dass dann, wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt (§ 9 FSG) anzuordnen ist, deren näheren Inhalte in § 1 Z 7 FSG-GV festgelegt werden. Zudem hält § 3 Abs. 4 FSG-GV ausdrücklich fest, dass auch Besitzer einer Lenkberechtigung, bei denen Erkrankungen oder Behinderungen festgestellt werden, die die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen würden, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 geeignet anzusehen sind, wenn sie - vereinfachend zusammengefasst - durch tatsächliches Lenken von Kraftfahrzeugen eine den bestehenden Mangel ausgleichende Geübtheit erlangt haben. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist "durch das ärztliche Gutachten nötigenfalls im Zusammenhang mit einer Beobachtungsfahrt festzustellen".

Eine Beobachtungsfahrt wird daher dann erforderlich sein, wenn die übrigen Beweisergebnisse, insbesondere die amtsärztliche Untersuchung (die wie oben ausgeführt unter Auseinandersetzung mit einer vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen hat), eine eindeutige Beurteilung nicht zulassen (in diesem Sinne § 8 Abs. 2 FSG: "erforderlichenfalls"; § 1 Z 1 und 4 FSG-GV:

"gegebenenfalls"; vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 24.04.2007, Zl. 2006/11/0130). Liegt ein derartiger Zweifelsfall hingegen nicht vor, bildet selbst langjährige (unfallfreie) Fahrpraxis für sich allein keinen Grund, dass zur Beurteilung der erforderlichen gesundheitlichen Eignung jedenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen wäre (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 24.01.2006, Zl. 2004/11/0149, vom 08.08.2002, Zl. 2001/11/0043, und vom 20.09.2001, Zl. 2001/11/0111).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:

Dem Bf war mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2020 gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten (31.03.2020 bis 30.09.2020) entzogen worden. Gleichzeitig waren verschiedene Maßnahmen nach dem FSG angeordnet worden. Dementsprechend wurde vom Bf eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 17.08.2020 beigeschafft. In dieser wurden die Befunde/Gutachten wie folgt zusammengefasst:

„I. Kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit:

Die verkehrspsychologischen Testergebnisse, durch welche die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen abgebildet werden, liegen teilweise im unterdurchschnittlichen Bereich.

Die unterdurchschnittlichen Ergebnisse betreffend

?    die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit

?    die Reaktionsgeschwindigkeit

?    die Überblicksgewinnung und

?    das Konzentrationsvermögen

können durch die Ergebnisse in den anderen überprüften kognitiven Leistungsbereichen nicht ausreichend kompensiert werden.

Zusammenfassend ist aus verkehrspsychologischer Sicht die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B nicht ausreichend gegeben.

II. Bereitschaft zur Verkehrsanpassung:

Es zeigt sich in der Exploration und in der Verhaltensbeobachtung:

?    2004 oder 2007 Entziehung der Lenkberechtigung für 4 Monate wegen Verweigerung der Messung der AAK - laut seiner Angaben sei der Fall bei Gericht verhandelt worden und es sei ihm Recht gegeben worden, in Folge Lenkberechtigung wieder erteilt;

?    2009 oder 2012 Entziehung der Lenkberechtigung für 4 Monate wegen Verweigerung der Messung der AAK: Nachschulung und VPU angeordnet: bei D. „Nichteignung“;

?    31.03.2020 Entziehung der Lenkberechtigung für 6 Monate wegen Verweigerung der Messung der AAK: laut Untersuchtem keine Verweigerung sondern 2,08 Promille;

?    Alkoholkonsumgewohnheiten: seit Anlassfall im März 2020 alkoholabstinent, davor 1 Mal alle 3 Monate max. 2/8 Liter Wein;

?    Die Auffälligkeiten werden verharmlosend und bagatellisierend geschildert;

?    Nur ungenügend Problemeinsicht und Problembewusstsein ersichtlich;

?    Nur wenig selbstkritische Auseinandersetzung mit der anlassgebenden Problematik feststellbar;

?    Es zeigen sich wenig Gefahrenbewusstsein und nur äußerst eingeschränktes Norm- und Regelbewusstsein;

und in den Ergebnissen der Persönlichkeitstests:

?    IVPE: Hinweise auf geringe Offenheit; diese Auffälligkeit wird durch die in der Exploration und Verhaltensbeobachtung gebotene Gesamtpersönlichkeit teilweise kompensiert;

?    WRBTV: keine Auffälligkeiten;

?    KFP-30: keine Auffälligkeiten;

dass die persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht gegeben sind (siehe oben).

Vom Standpunkt der verkehrspsychologischen Begutachtung

ist

Herr D.I. B. A.

(unter Voraussetzung der Richtigkeit der Angaben des Untersuchten)

zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B

derzeit

„ nicht geeignet “

Ausgehend von dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme ist der Amtsarzt am 20.10.2020 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bf derzeit zum Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht geeignet sei.

Der Bf hat in seiner Beschwerde eine Unschlüssigkeit des amtsärztlichen Gutachtens nicht aufgezeigt. Er ist diesem Gutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene – wie etwa wird durch Beibringung eines eigenen fachärztlichen Gutachtens, das seine kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt und bejaht hätte – entgegengetreten (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 01.03.2016, Zl. Ra 2015/11/0120). Im vorliegenden Fall konnte die Amtsärztin die Entscheidung über die gesundheitliche Eignung des Bf im Hinblick auf den Inhalt der ihr vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme, gegen deren Richtigkeit der Bf im Verwaltungsverfahren nichts Konkretes vorgebracht hat, treffen. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde – unter Zugrundelegung des auf die fachärztliche Stellungnahme verweisenden Gutachtens der Amtsärztin – zum Erkenntnis gelangt ist, dem Bf fehle die gesundheitliche Eignung, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Die belangte Behörde hat auch zutreffend ausgesprochen, dass die Lenkberechtigung „für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung“ entzogen werde. Hierzu sei Folgendes bemerkt:

§ 25 Abs. 2 FSG sieht vor, dass bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 FSG eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen ist. Diese Bestimmung ermöglicht für jene Fälle, in denen die Dauer der Nichteignung im Zeitpunkt der Bescheiderlassung genau bestimmbar ist, eine Festsetzung der Entziehungsdauer mit einem bestimmten Zeitraum. In jenen Fällen aber, in denen dies nicht möglich ist, ist die Dauer der Entziehung für die Dauer der Nichteignung festzusetzen. In solchen Fällen bedarf es eines ärztlichen Gutachtens, um die Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung annehmen zu können. Die Festsetzung der Entziehungsdauer für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung bedeutet, dass die Entziehungsdauer mit der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung endet (vgl. hiezu das Erkenntnis des VwGH vom 23.05.2003, Zl. 2002/11/0060).

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalls hinausgehenden Rechtsfragen stellten.

Schlagworte

Lenkberechtigung; Entziehung; Voraussetzungen; gesundheitliche Eignung; Gutachten; Schlüssigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.131.036.15226.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten