TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/25 VGW-021/079/13230/2019

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Veröffentlicht am 25.01.2021
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Entscheidungsdatum

25.01.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §366 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram über die Beschwerde des A. B., C.-gasse, Wien, vertreten durch RECHTSANWÄLTE OG, gegen den Bescheid (Straferkenntnis) des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 17.9.2019, …, betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 (berechtigungslose Gewerbeausübung) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge „Beförderung von Gütern mit KFZ im innerstaatlichen Verkehr“ durch die Wortfolge „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen (oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern), deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ ersetzt wird, und dass die Übertretungsnorm § 366 Abs. 1 Z 1 und die Strafsanktionsnorm § 366 Einleitungssatz GewO 1994, jeweils idF BGBl. I Nr. 94/2017, lauten.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG wird dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, sohin von 76 Euro auferlegt.

III. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer (BF) zur Last gelegt, am 23.9.2018 in Wien, D.-gasse, durch den Transport mehrerer Selbstbedienungszeitungsständer mit einem von ihm gelenkten „VW Kastenwagen“ mit behördlichem Kennzeichen das Gewerbe „Beförderung von Gütern mit KFZ im innerstaatlichen Verkehr“ selbständig, regelmäßig und mit beabsichtigter Erzielung eines Ertrags oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils ausgeübt zu haben, ohne im Besitz einer Gewerbeberechtigung zu sein. Wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 wurde ihm eine Geldstrafe von 380 Euro, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit gemäß § 366 Abs. 1 „iVm § 23 Abs. 4 GütbefG“ eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden auferlegt. Der Verfahrenskostenbeitrag wurde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 38 Euro (10 % der Geldstrafe) festgesetzt. Begründend verwies die belangte Behörde unter Wiedergabe der herangezogenen Rechtsvorschriften und einer vom BF vorab erstatteten Rechtfertigung auf eine amtliche Anzeige der LPD Wien. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 komme nicht zur Anwendung, sondern hätte der BF bei Ausübung seiner Tätigkeit eine Berechtigung für das (freie) Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ benötigt. Gründe für fehlendes Verschulden habe der BF nicht iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft gemacht, weshalb auch die subjektive Tatseite des Ungehorsamsdelikts erfüllt sei. Bei der Strafbemessung seien objektiver Unrechtsgehalt und Verschulden durchschnittlich zu bewerten. Als Milderungsgrund sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des BF zu berücksichtigen; Erschwerungsgründe lägen nicht vor. Die anlässlich der Rechtfertigung angesprochene wirtschaftliche Situation sei berücksichtigt worden.

Dagegen richtet sich die fristgerecht und mängelfrei erhobene Beschwerde mit den Begehren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Beschwerde Folge geben und das Strafverfahren einzustellen. Begründend wurde unrichtige rechtliche Beurteilung unter folgenden Aspekten geltend gemacht:

?    Der objektive Straftatbestand sei nicht erfüllt, da die GewO 1994 gemäß ihrem § 2 Abs. 1 Z 18 auf den Sachverhalt keine Anwendung finde. Die Tätigkeit des BF habe darin bestanden, an „einzelnen Zeitungsverkaufsstellen“ Verkaufstaschen und Kassen zu montieren und die Vorrichtungen mit Zeitungen zu befüllen, welche an Sonn- und Feiertagen zum Verkauf bereit gehalten würden. Am Abend der Verkaufstage habe er Ständer, Kassen und nicht verkaufte Exemplare wieder abgeholt und letztere in einer Liste erfasst. Die Transporttätigkeit trete gegenüber der Verkaufstätigkeit zurück, da die primäre Aufgabe darin bestanden habe, „die Vertriebsprodukte an Verkaufsständen zu verbreiten und diese in entsprechendem Zustand zu halten, um den Kauf der periodischen Druckwerke für Kunden ,attraktiv‘ zu ermöglichen“. Unter „Kleinverkauf“ iSd Ausnahmebestimmung seien unabhängig von der Unternehmensgröße alle mit dem Verkauf periodischer Druckwerke verbundenen Tätigkeiten zu verstehen. Der Begriff stelle demnach nicht auf den Betriebsumfang bzw. die Unternehmensgröße ab, sondern auf eine Abgrenzung zum Großhandel im Sinn eines Vertriebs an Wiederverkäufer. Erfasst seien auch mit dem Herausgeber nicht idente Personen, die selbständig periodische Druckwerke an Letztverbraucher absetzten. Eine solche Verkaufsstelle sei auch keine gewerbliche Betriebsstätte.

?    Die Medienfreiheit stehe gemäß Art. 10 EMRK und Art. 13 StGG unter besonderem Schutz, da die Massenmedien aufgrund der organisatorischen und finanziellen Komplexität moderner Produktions- und Vertriebsverfahren besonders „verletzlich“ seien. Nach dem Schrifttum zur insofern identen Rechtslage in Deutschland müsse ein vollständiger verfassungsrechtlicher Presseschutz zwecks Entfaltung der für einen demokratischen Rechtsstaat konstituierenden Wirkung auch die Verbreitung und inhaltsferne oder presseexterne Hilfsfunktionen wie den Vertrieb durch Dritte erfassen, auch wenn diese zum Inhalt der Presseerzeugnisse keinen Bezug hätten, aber typischerweise pressebezogen seien und in enger organisatorischer Bindung an die Presse erfolgten. Gleiches gelte auch nach der österreichischen Rechtslage und zwar bereits nach § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994, mit dem der einfache Gesetzgeber verfassungsrechtliche Vorgaben erfülle und die Verbreitung periodischer Druckwerke vom Anwendungsbereich der GewO 1994 ausnehme; in dieselbe Richtung gehe auch § 47 MedienG.

?    Da die vom BF ausgeübte Tätigkeit im Auftrag eines Medienunternehmens erfolge, ausschließlich pressebezogen sei und sich zeitlich auf Wochenenden und Feiertage beschränke, müsse sie aus grundrechtlichen Gründen als „Kleinverkauf“ iSd § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 verstanden werden bzw. sei diese Ausnahmebestimmung - auch in gleichheitsrechtlicher Hinsicht - dahingehend verfassungskonform zu interpretieren. Der BF halte Zeitungen an den jeweiligen Verkaufspunkten, allenfalls über „stumme Verkäufer“ in Form von Selbstbedienungstaschen, zum Verkauf bereit. Eine Nichtanwendung der Ausnahmebestimmung würde, da auch das Verbreiten periodischer Druckwerke durch das Medienunternehmen des Medieninhabers (mittels LKW oder PKW) nicht der GewO 1994 unterliege, zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung eines allenfalls rentableren Fremdvertriebs führen. Die Presse dürfe gemäß Art. 13 StGG auch nicht durch ein Konzessionssystem oder (im Fall inländischer Druckschriften) durch administrative Postverbote beschränkt werden.

?    Zu verweisen sei auf eine (der Beschwerde beigelegte) Entscheidung des früheren UVS Niederösterreich vom 27.11.2008 in einem gleichartigen gewerberechtlichen Strafverfahren, in welchem diese Art von Tätigkeit unter „Kleinverkauf“ von Druckwerken iSd § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 subsumiert worden sei. Der Kern des Begriffs liege im Verkauf periodischer Druckschriften, sohin im Abschluss und in der Abwicklung von Kaufverträgen, worauf auch die „Vorgehensweise“ des Beschuldigten ausgerichtet sei. Der Magistrat der Stadt Wien habe auch ein (nicht näher bezeichnetes) vergleichbares Strafverfahren eingestellt.

?    Ausgehend von der Rechtsansicht des UVS, welche dem BF von der E. GmbH als Auftraggeberin (und hundertprozentiger Tochter der F. KG) zur Kenntnis gebracht worden sei und auf die er habe vertrauen dürfen, mangle es im vorliegenden Fall jedenfalls am Verschulden.

Bei seiner vorangegangenen Rechtfertigung im Rahmen einer Niederschrift am 28.11.2018 hatte der BF Sorgepflichten für zwei Kinder bekanntgegeben und (damals noch unvertreten) vorgebracht, dass er die gegenständliche Tätigkeit aufgrund eines Werkvertrags mit der E. GmbH schon seit 13 Jahren ausführe. Soweit er wisse, benötige er keine Gewerbeberechtigung. Am angezeigten Tag sei er krank gewesen, weshalb ihm – nach entsprechender Mitteilung an die Auftraggeberin – der G. H. unentgeltlich „ausgeholfen“ habe. Er habe zum einen nicht gewusst, ob diese Person eine Arbeitsbewilligung habe und zum anderen aufgrund schlechter Deutschkenntnisse die vor Ort gestellten Fragen der Einsatzbeamten nicht richtig beantworten können.

In der Beschwerdeverhandlung vom 18.11.2020 verwies der BF im Weg seines Vertreters ergänzend auf eine im Jahr 2019 erfolgte Änderung des ASVG. Aus den diesbezüglichen Materialen gehe die Absicht des Gesetzgebers hervor, die in Rede stehende Tätigkeit (weiterhin) der Pflichtversicherung für „neue Selbständige“ nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zuzuordnen. Eine Versicherung nach dieser Bestimmung setze aber das fehlende Erfordernis einer Gewerbeberechtigung voraus, da andernfalls § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG zur Anwendung käme. Vorgelegt wurden Auszüge aus dem bereits in der Beschwerde angesprochenen Schrifttum sowie ein Auszug aus den Materialien zur vorgenannten Gesetzesänderung (Abänderungsantrag).

In einer weiteren schriftlichen Äußerung vom 16.12.2020 wurde die bisher geltend gemachte Rechtsansicht nochmals zusammengefasst. Ergänzend zu den Ausführungen in der Beschwerde wurde die Möglichkeit des BF zur eigenständigen Verwahrung der „Verkaufsgeräte“ bis zum nächsten Auftrag, zur Unterbreitung von Vorschlägen für den Verkauf adäquater Standorte gegenüber dem Auftraggeber sowie zur „Entgegennahme des Kaufpreises“ durch Abmontieren und Verwahren der verschlossenen Kassenbehälter hervorgehoben. Diese Tätigkeiten seien untrennbar mit dem Abschluss und der Abwicklung von Kaufverträgen verbunden. Die Tätigkeit des BF sei mit der eines Supermarktangestellten vergleichbar, bei welchem wohl kein Zweifel hinsichtlich einer Verkaufstätigkeit bestünde; auf die persönliche Anwesenheit während des Verkaufsvorgangs könne es für die Anwendbarkeit des Tatbestands „Kleinverkauf“ iSd § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 nicht ankommen. Abschließend wurde eingewendet, dass dem BF selbst im Fall der Erfüllung des Straftatbestands nach den Umständen des Einzelfalls gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 und letzter Satz VStG lediglich eine Ermahnung zu erteilen wäre.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der BF ist österreichischer Staatsbürger und verfügt über einen seit 1.6.2017, gültigen und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Werkvertrag mit der E. GmbH, FN …, mit Sitz in Wien, J.-Straße. Unter Klausel I der Vertragsurkunde („Vertragsgegenstand“) ist die vom BF als Auftragnehmer zu erbringende Leistung als „Sonn- und Feiertagsverkauf (Aufstellen von Zeitungsständern, Anbringen der Zeitungstaschen, Befüllen der Taschen sowie Einholen und Abliefern der Kassen und der nicht verkauften Zeitungen) der Vertriebsprodukte des Auftraggebers in einem einvernehmlich festgelegten Vertriebsgebiet an Sonn- und Feiertagen“ deklariert. Die durch die nachfolgenden Vertragsklauseln zeitlich wie auch sachlich genau vordeterminierte Tätigkeit besteht jedoch faktisch darin, vom Vertragspartner an einem vereinbarten Abholungsort übernommene Sonn- und Feiertagsausgaben von Tageszeitungen samt Selbstbedienungs-Verkaufsvorrichtungen an vordeterminierte Wiener Standorte zu transportieren, sie dort zur Aufstellung zu bringen und nach Ablauf des vorgegebenen Tagesverkaufszeitraums wieder abzuholen. Die ungeöffneten Kassenbehälter und allfällige Zeitungs-Restexemplare hat der BF zusammen mit den Verkaufsvorrichtungen an einen Stützpunkt der Auftraggeberin zurückzustellen bzw. im Verhinderungsfall vorübergehend zu verwahren. Die Örtlichkeiten, an welchen der BF die Aufstellung der Verkaufsvorrichtungen vornimmt, sind ebenso wie die dort zu deponierenden Warenkontingente durch ein von der Auftraggeberin beigestelltes und im Einklang mit ihren behördlichen Genehmigungen nach § 82 Abs. 1 StVO 1960 laufend aktualisiertes Standortverzeichnis vorgegeben; ein eigenmächtiges Abweichen durch den Auftragnehmer ist von vornherein unzulässig (Klausel II. 2 zweiter und dritter Absatz, 3, 4). Die Verkaufsvorrichtungen werden vollumfänglich von der Auftraggeberin gestaltet und beigestellt und verbleiben die gesamte Zeit hindurch in ihrem Eigentum (Klausel II. 1) und damit in ihrer uneingeschränkten rechtlichen Verfügungsgewalt; gleiches gilt für die Zeitungen bis zu deren Erwerb durch Endkunden im Selbstbedienungsweg. In unternehmerischer Eigenverantwortung hat der BF für die Auftragsausführung lediglich und ausschließlich ein geeignetes Transport-KFZ beizustellen. Ferner kann er die Abfolge der abzufahrenden Standorte (Transportroute) bestimmen und hierbei wählen, ob er das Aufstellen und Befüllen gleichzeitig durchführt oder im Einklang mit den von der Auftraggeberin beigestellten behördlichen Genehmigungen zunächst die leeren Behälter und zu einem späteren Zeitpunkt die Zeitungen deponiert (Klausel III. 2, 3, 5). Unter Haftung für eine vertragskonforme Leistungserbringung steht es ihm nach Belieben frei, seine Vertragspflichten auf Subunternehmer zu übertragen (Klauseln III. 4 und V dritter Absatz). Sein Werklohn („Honorar“), welcher sich nach der Zahl der aufgestellten Verkaufsvorrichtungen richtet, ergibt sich aus einem von der Auftraggeberin festgelegten „Preisleistungsverzeichnis“ (Klausel IV. 1). Die Einhaltung steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen obliegt alleine dem BF als Auftragnehmer (Klausel VII).

Die E. GmbH als Auftraggeberin des BF ist zu 100 % Tochtergesellschaft der an derselben Adresse ansässigen E. Logistik GmbH, FN …, und diese wiederum zu 100 % Tochtergesellschaft der F. Kommanditgesellschaft, FN …, mit Sitz in Wien, K.-gasse, (nachfolgend: F.), welche unter anderem die „L.“ herausgibt und vertreibt. Die F. verfügt über mehrere ihre Haupttätigkeit ergänzende Gewerbeberechtigung, die E. Logistik GmbH über eine registrierte Gewerbeberechtigung „Werbemittelverteiler“. Die E. GmbH als unmittelbare Vertragspartnerin des BF hat kein Gewerberecht registriert. Vor Abschluss des Werkvertrags vom 1.6.2017 hatte der BF über viele Jahre eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Werkvertragsvereinbarung direkt mit der F..

Am Nachmittag des 23.9.2018, einem Sonntag, lenkte der BF in Ausführung des Werkvertrags vom 1.6.2017 ein auf ihn selbst zugelassenes und in seiner eigenen Verfügungsbefugnis stehendes insgesamt 2.800 kg schweres Transport-KFZ („Kastenwagen“) der Marke VW mit behördlichem Kennzeichen W-1 durch das Wiener Ortsgebiet, um dort die vorab verteilten Selbstbedienungs-Zeitungsständer für die Sonntagsausgabe der „L.“ samt zugehörigen Kassen wieder einzusammeln und zu den vertragsgemäß in Betracht kommenden Verwahrungsorten zu transportieren. Auf der Rückbank des KFZ befand sich der dem BF zuarbeitende und seit 2017 als Flüchtling/subsidiär Schutzberechtigter sozialversicherte afghanische Staatsangehörige G. H., der die Zeitungsständer abmontierte und in das Fahrzeug schlichtete. Die Fahrt führte unter anderem an der Adresse Wien, D.-gasse, vorbei, wo das KFZ gegen 16:30 Uhr von einem Polizeibeamten angehalten und kontrolliert wurde. Im Zulassungsschein des KFZ war der Verwendungszweck „01 – zu keiner besonderen Verwendung bestimmt“ eingetragen. Der BF verfügte zu dieser Zeit über keine im GISA registrierte Berechtigung zur Ausübung des (freien oder reglementierten) Güterbeförderungsgewerbes oder eines sonstigen Gewerbes oder einer Gewerbelizenz iSd GewO 1994.

Die vom BF ausgeübte Tätigkeit war durch den schriftlichen Werkvertrag inhaltlich umfassend auf Dauer und nachhaltig etabliert und wurde nicht durch eine besondere sachliche oder persönliche Notlage oder sonstige besondere Umstände herbeigeführt. Der BF übte die Tätigkeit ohne Gewerbeberechtigung aus, da er sich auf diesbezügliche nicht näher hinterfragte Auskünfte seiner Auftraggeberin verließ. Auskünfte bei der Wiener Gewerbebehörde (Magistratisches Bezirksamt bzw. Magistratsabteilung 63 als Aufsichtsdienststelle) oder einer sonstigen Behörde hatte er nicht eingeholt und konkret auch nicht angestrebt.

Der BF war am 23.9.2018 nicht wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig vorbestraft. Die ausgeübte Tätigkeit stellt seit jeher eine Nebenerwerbstätigkeit dar, welche ihm ein Zusatzeinkommen von monatlich etwa 500 Euro einbringt. Hauptberuflich ist der BF seit 1.1.2011 als Arbeiter bei der M. GmbH beschäftigt und über dieses bis dato uneingeschränkt aufrechte Arbeitsverhältnis bei der ÖGK krankenversichert. Der BF hat Sorgepflichten für zwei Kinder. Sonstige (insbesondere nachteilige) wirtschaftliche Umstände waren auch mangels entsprechender Mitwirkung am Beweisverfahren nicht festzustellen.

Das mit 17.9.2019 datierte Straferkenntnis wurde von der belangten Behörde am selben Tag abgefertigt und dem BF am 19.9.2019 durch persönliche Übernahme zugestellt.

Beweisverfahren und Beweiswürdigung:

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 18.11.2020 wurden folgende Beweise aufgenommen: Verlesung und Erörterung der gesamten bisherigen Inhalte des Behörden- und Gerichtsakts, weiteres Parteivorbringen und ergänzend vorgelegte Unterlagen. Der Verlesung der Niederschrift der belangten Behörde über die Beschuldigtenvernehmung vom 28.11.2018 wurde in der Verhandlung ausdrücklich zugestimmt. Der rechtskundig vertretene BF blieb der Verhandlung persönlich fern.

Die vom BF am 23.9.2018 ausgeübte Tätigkeit und deren Begleitumstände (einschließlich des Fehlens einer Gewerbeberechtigung) ergeben sich aus der zu Grunde liegenden unbedenklichen polizeilichen Anzeige vom 30.9.2018 in Verbindung mit den Aussagen des BF im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vom 28.11.2018 und den ergänzenden Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Die KFZ-Daten, insbesondere auch das Gesamtgewicht des Fahrzeugs, scheinen in dem anlässlich der Kontrolle erstellten Auszug aus der amtlichen Zulassungsevidenz auf, wo auch der offiziell deklarierte Verwendungszweck ersichtlich ist. Die einzige inhaltliche Unstimmigkeit besteht in der bei der Beschuldigtenvernehmung nachträglich (unter Hinweis auf die Sprachbarriere bei der Befragung durch den Meldungsleger) aufgestellte Behauptung, die vom BF beigezogene Hilfsperson sei gänzlich unentgeltlich für ihn tätig gewesen. Abgesehen davon, dass dieser Umstand für die hier gegenständliche Entscheidung grundsätzlich nicht relevant ist, widerspricht diese Behauptung – insbesondere mangels Darlegung besonderer Umstände wie etwa eines Verwandtschaftsverhältnisses oder einer sonstigen persönlichen Nahebeziehung – unabhängig von allfälligen sprachlichen Missverständnissen in eklatanter Weise jeder Lebenserfahrung, weshalb diesbezüglich von einer unglaubwürdigen Schutzbehauptung auszugehen ist. Die Personaldaten der Hilfsperson G. H. und sein Aufenthaltsstatus werden für die Zwecke dieses Verfahrens durch die amtswegig abgefragten Sozialversicherungsdaten und das Zentrale Melderegister bescheinigt. Die vertraglichen Rahmenumstände und Bedingungen, zu welchen der BF (auch) zum gegenständlichen Zeitpunkt die Tätigkeit ausübte, sind in der Werkvertragsurkunde vom 1.6.2017 und einem vom selben Tag datierenden informativen Beiblatt klar und unmissverständlich festgehalten; auch der BF hat bei seinen Ausführungen fortlaufend auf diese Regelungen verwiesen. Die unternehmensorganisatorische Stellung der Vertragspartnerin des BF ergibt sich in Übereinstimmung mit den Angaben in der Beschwerdeverhandlung aus dem Firmenbuch, der jeweilige gewerberechtliche Status der involvierten Gesellschaften aus dem GISA. Dass der BF vor Durchführung des gegenständlichen Auftrags keine behördlichen Erkundigungen eingeholt hat, hat er in der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich zugestanden. Der in der Schuldfrage entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt ist letztlich durchwegs unstrittig.

Die Vorstrafensituation (verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit) des BF zur Tatzeit ergibt sich aus den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses. Die unselbständige Haupterwerbstätigkeit des BF als Arbeiter bei der M. GmbH hat dieser selbst bekannt gegeben und findet auch in den amtlichen Sozialversicherungsdaten Bestätigung. Der monatliche Zuverdienst durch die verfahrensgegenständliche selbständige Tätigkeit wurde bei der Erstbefragung durch den Meldungsleger mit monatlich ca. 500 Euro angegeben, nachträglich nicht korrigiert und kann in diesem Verfahren als glaubwürdig angesehen werden. Allfällige (über Sorgepflichten für zwei Kinder hinausgehende) besondere wirtschaftliche Umstände hat der BF trotz ausdrücklichen Hinweises in der Ladung nicht bekannt gegeben.

Die im Behördenakt ursprünglich fehlenden Daten der Abfertigung des Straferkenntnisses und seiner Zustellung wurden von der belangten Behörde auf Anfrage des VGW mit Eingaben vom 23.11.2020 und 16.12.2020 bestätigt bzw. bescheinigt und dem Vertreter des BF am 7.12.2020 unwidersprochen telefonisch zur Kenntnis gebracht.

Rechtliche Beurteilung:

Zu I und II:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG wird die Zeit vom 22.3.2020 bis zum Ablauf des 30.4.2020 in Verjährungsfristen nicht eingerechnet, weshalb mit dem Inkrafttreten dieser Vorschrift der Lauf der 15-monatigen Verjährungsfrist nach § 43 Abs. 1 VwGVG gehemmt und ihr Ende in diesem Ausmaß nach hinten verschoben wurde. Die gegenständliche Beschwerde ist am 4.10.2019 bei der belangten Behörde eingelangt. Unter Berücksichtigung der am 22.3.2020 eingetretenen Fristenhemmung endet die Frist nunmehr mit 15.2.2021, weshalb die Entscheidung jedenfalls fristgerecht erfolgt.

Die GewO 1994 gilt gemäß ihrem § 1 Abs. 1, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich der GewO 1994 fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer dieser nicht unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll. Selbständigkeit iSd § 1 Abs. 2 liegt gemäß Abs. 3 dann vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Gemäß Abs. 4 erster Satz gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 in seiner zur Tatzeit (23.9.2018) geltenden Letztfassung BGBl. I Nr. 107/2017 ist die GewO 1994 – unbeschadet weiterer bundesgesetzlich ausdrücklich angeordneter Ausnahmen – auf die Herausgabe, das Herstellen und das Verbreiten periodischer Druckwerke durch das Medienunternehmen des Medieninhabers sowie den Kleinverkauf solcher Druckwerke nicht anzuwenden.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 in der zur Tatzeit und zum Entscheidungszeitpunkt inhaltlich unverändert geltenden Fassung BGBl. I Nr. 94/2017 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, sofern nicht Z 10 oder § 367 Z 8 anzuwenden sind.

An eine fristunterbrechende Verfolgungshandlung sind hinsichtlich der Umschreibung der angelasteten Tat die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Tatumschreibung im Spruch des Strafbescheides nach § 44a Z 1 VStG (vgl. etwa VwGH 5.12.2017, Ra 2017/02/0186 mwV). Insofern hat sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend konkretisierten Tatort sowie sämtliche Tatbestandsmerkmale der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z 2 VStG bzw. auf alle der späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente zu beziehen. § 44a Z 1 VStG ist nach ständiger Rechtsprechung dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen, und er durch hinreichende Identifizierung der Tat rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an die Tatumschreibung zu stellende Genauigkeitserfordernis kann – gemessen an diesen Rechtsschutzüberlegungen – nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich sein (vgl. VwGH 14.10.2019, Ra 2019/08/0144; 4.12.2017, Ra 2017/02/0118; 19.12.2016, Ra 2016/17/0034, mwV). Im Beschwerdeverfahren ist ein mangelhafter Tatvorhalt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu korrigieren bzw. zu ergänzen, wenn die belangte Behörde eine fristgerechte und iSd oben zitierten Rechtsprechung (zumindest bei Gesamtbetrachtung) inhaltlich zureichende Verfolgungshandlung gesetzt hat und es dabei zu keinem Austausch der Tat durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. VwGH 21.4.2020, Ra 2019/09/0099; 13.12.2019, Ra 2019/02/0184 uvm.). Auch eine korrekte rechtliche Qualifikation der Tat (etwa bei Anführung der Übertretungsnormen) stellt keine Voraussetzung für eine wirksame behördliche Verfolgungshandlung dar und ist gegebenenfalls unter den vorgenannten Voraussetzungen im Beschwerdeverfahren vorzunehmen (vgl. VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226; 13.9.2016, Ra 2016/03/0048, mwV).

Das angefochtene Straferkenntnis wurde feststellungsgemäß am 17.9.2019 und damit noch vor dem Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist am 23.9.2019 (§ 31 Abs. 1 VStG) abgefertigt und auch vor Fristablauf zugestellt, weshalb es in seiner Gesamtheit für die Beurteilung der Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG heranzuziehen ist. Wie die belangte Behörde in der Begründung richtig ausführt, hätte der BF für die Legalisierung des Transports und der Verbringung von Selbstbedienungsvorrichtungen, welche er branchenüblich mit einem unter 3.500 kg schweren Kleintransporter („Kastenwagen“) durchgeführt hat, eine Berechtigung zur Ausübung des freien Güterbeförderungsgewerbes mit dem in der „Bundeeinheitlichen Liste der freien Gewerbe“ abgestimmten Wortlaut „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen (oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern), deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ benötigt. Die im Spruch abweichende Wortfolge „Beförderung von Gütern mit KFZ im innerstaatlichen Verkehr“, welche rein sprachlich betrachtet zwar jegliches (so auch das freie) innerstaatlich ausgeübte Güterbeförderungsgewerbe erfasst, nach rechtlichem Verständnis jedoch grundsätzlich auf das konzessionierte Gewerbe nach § 1 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 Z 1 GütbefG verweist, beruht offensichtlich auf einem Versehen. Nach dem Erklärungswert des Straferkenntnisses hatte der BF als Adressat in jedem Fall davon auszugehen, dass ihm die berechtigungslose Ausübung eines Güterbeförderungsgewerbes zur Last gelegt wurde, weshalb er insofern auch nicht in seinen Verteidigungsrechten beschränkt wurde. Darüber hinaus hat der BF laut ausdrücklichen Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz (S. 2) die Tatanlastung im Einklang mit den begründenden Ausführungen der belangten Behörde auch tatsächlich zutreffend im Sinn des Fehlens einer Berechtigung für das freie Güterbeförderungsgewerbe verstanden. Dass es sich bei der Anführung des § 23 Abs. 4 GütbefG als (zusätzliche) Strafnorm ebenfalls um ein offensichtliches Versehen handelt, ist bereits daran zu erkennen, dass eine Geldstrafe von lediglich 380 Euro verhängt wurde, während die in § 23 Abs. 4 GütbefG für eine konzessionslose unbefugte Gewerbeausübung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 vorgesehene Mindeststrafe bei 1.453 Euro, sohin weit darüber läge. In Anbetracht der Präzisierung des inkriminierten Verhaltens nach Ort, Uhrzeitpunkt und KFZ besteht bzw. bestand auch nicht die Gefahr einer Doppelverfolgung oder Doppelbestrafung des BF wegen desselben Tatverhaltens. Im Ergebnis ist nach den Umständen des Einzelfalls einerseits davon auszugehen, dass die sprachlich zutreffende, jedoch rechtlich missverständliche Bezeichnung der fehlenden Gewerbeberechtigung durch die Begründung zureichend präzisiert und die Tat insgesamt, jedenfalls für den Zweck der Verfolgungshandlung, zureichend umschrieben wurde. Darüber hinaus bzw. alternativ kann auch davon ausgegangen werden, dass die genauere Einstufung bzw. Kategorisierung der dem Grunde nach unmissverständlich zur Last gelegten Güterbeförderungstätigkeit im Gesamtzusammenhang der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen und auch deshalb einer Korrektur im Rechtsmittelverfahren zugänglich ist. Nach Ansicht des VGW wurde daher durch die Richtigstellung bzw. Präzisierung des Spruchwortlauts in der Beschwerdeentscheidung kein unzulässiger Tataustausch vorgenommen.

Ausgehend von den Feststellungen liegt in jedem Fall (insofern auch unstrittig) eine werkvertraglich auf Dauer etablierte entgeltliche Erwerbstätigkeit mit unternehmerischer Eigenverantwortung des BF für die Organisation und Durchführung der Transport- und Aufstellvorgänge samt Beistellung des Transportfahrzeugs und damit Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs. 2 GewO 1994 vor. Der BF beruft sich jedoch auf § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994, welcher die Anwendung der GewO 1994 und damit auch die Verpflichtung zur Gewerbeanmeldung im konkreten Fall ausschließe. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Ausnahmeregelung ist die Subsumierbarkeit der Tätigkeit unter eine der beiden dort umschriebenen Tatbestandsgruppen. Die Sonntagsausgabe der „L.“ ist unzweifelhaft ein „periodisches Druckwerk“ nach dem Mediengesetz – MedienG, wobei der Begriff insbesondere Tages- oder Wochenzeitungen und periodisch erscheinende Zeitungen und Zeitschriften erfasst. Ein „Medienunternehmen“ ist ein Unternehmen, in dem die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird sowie seine Herstellung und Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst wird, ein „Medieninhaber“, wer ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder sonst die inhaltliche Gestaltung eines Medienwerks besorgt und dessen Herstellung oder Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst (vgl. § 1 Abs. 1 Z 4, 5, 6, 8 MedienG betreffend Druckmedien, verwiesen in Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung: Großkommentar, lexisnexis.at, zu § 2 GewO, Pkt. 94). Unter dem „Verbreiten“ als einziger für die Tätigkeit des BF in Frage kommender Variante der ersten Tatbestandsgruppe ist die Verbringung verkaufter Druckwerke an die Käufer zu verstehen (vgl. a.a.O.). Damit ein Verbreiten von Druckwerken von der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 erfasst ist, muss es nach ihrem klaren Wortlaut durch das Medienunternehmen des Medieninhabers erfolgen. Das Schrifttum verweist in diesem Zusammenhang auch auf die in gleicher Weise verfassungsrechtlich begründete „ergänzende“ Ausnahmeregelung des Postmarktgesetzes – PMG für den Transport und die Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften durch Medieninhaber oder Verleger, sofern diese Tätigkeiten entweder durch letztere selbst oder durch in ihrem ausschließlichen Eigentum stehende einschlägig zweckgebundene Tochterunternehmen erfolgen (vgl. a.a.O.). Zunächst ist festzuhalten, dass der BF offenkundig nicht einmal im Ansatz Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Druckwerks „L.“ hat, zumal er die bereits fertigen Exemplare von bestimmten Örtlichkeiten abholt und an bestimmte Örtlichkeiten verbringt. Das Einzelunternehmen des BF ist aber auch in organisatorischer Hinsicht zweifellos nicht einem Inhaber der „L.“ oder der betreffenden Medienkonzernstruktur zuzuordnen, sondern handelt es sich um ein wirtschaftlich und organisatorisch gänzlich eigenständig agierendes Drittunternehmen, welches weder konzerninternen Weisungszusammenhängen noch den für Medieninhaber (und allenfalls deren Tochterunternehmen) maßgeblichen Rechtsvorschriften unterliegt. Als Medienunternehmen im weiteren Sinn kommt hier lediglich jenes der Vertragspartnerin des BF, der E. GmbH als 100 %-Tochter der E. Logistik GmbH, in Betracht, zumal letztere wiederum eine 100 %-Tochter der Medieninhaberin (F.) ist. Die erste Fallgruppe des Ausnahmetatbestands scheidet daher schon mangels Medieninhabereigenschaft des BF bzw. mangels entsprechender organisatorischer Verbindung mit einem Medieninhaber aus. Dementsprechend wird im einschlägigen Schrifttum auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sofern das Herstellen oder Verbreiten periodischer Druckwerke durch ein anderes Unternehmen als den Medieninhaber besorgt wird, dafür die einschlägigen Gewerbeberechtigungen (Druckergewerbe bzw. Transportgewerbe) erforderlich sind (vgl. wiederum a.a.O).

Der zweite Ausnahmebereich des „Kleinverkaufs“ von Druckwerken verweist, wie auch der BF ausführt, begrifflich nicht auf eine quantitative Größenordnung, sondern dient der Abgrenzung des Verkaufs an Endabnehmer vom Großhandel im Sinn des Vertriebs an Wiederverkäufer. Anders als bei der ersten Tatbestandsgruppe sind hier nicht nur der Herausgeber/Medieninhaber selbst, sondern auch von diesem verschiedene Rechtspersonen (etwa Zeitungskolporteure und Inhaber von Handelsgesellschaften, Buchhandlungen oder Zeitungskiosken) insoweit erfasst, als sie selbständig periodische Druckschriften an Letztverbraucher veräußern. Der begriffliche Kern des „Kleinverkaufs“ liegt, wie der BF selbst ausführt, im Abschluss und in der Abwicklung von Kaufverträgen, worunter wegen des notwendigen Zusammenhangs etwa auch das Beschaffen periodischer Druckschriften durch den Kleinverkäufer fällt, ferner die Entgegennahme von Bestellungen, die auf den Kauf solcher Druckschriften im Rahmen des Kleinverkaufs gerichtet sind. Nicht erfasst wäre hingegen etwa die (vermittelnde) Entgegennahme von Bestellungen für einen anderen Rechtsträger (vgl. a.a.O, Pkt 95). Die Tätigkeit des „Kleinverkaufs“ iSd § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994, erfordert daher eine deutliche (über bloße Verbringungs- und physische Manipulationsschritte hinausgehende) kaufmännische Komponente bzw. zumindest nennenswerte Einflussmöglichkeiten auf die Einkaufs- bzw. Verkaufsvorgänge im wirtschaftlichen Sinn. Dass dem BF derartige Einflüsse nicht zukommen, ergibt sich bereits aus den Regelungen seines Werkvertrags: Abgesehen von schriftlich zu meldenden und von der Auftraggeberin vorher ausdrücklich zu genehmigenden „Vorschlägen“ zur Positionierung der Verkaufsständer innerhalb eines verzeichnismäßig strikt vorgegebenen und auf behördlichen Genehmigungen nach § 82 StVO 1960 basierenden Pools von Aufstellplätzen und zu einer allfälligen Änderung des Ortskontingents, hat der BF in Bezug auf die Veräußerung als solche keinerlei eigenständigen Gestaltungsspielraum, sondern beläuft sich seine Tätigkeit hier auf reine Ausführungsschritte nach strikten Vorgaben der Auftraggeberin. Der BF und seine allfälligen Mitarbeiter sind auch, anders als etwa Kolporteure, bei der vom Endkunden eigenständig durchgeführten Kaufhandlung nicht anwesend, überwachen die Kaufabläufe nicht, wählen, gestalten und warten weder eine Verkaufsstätte (wie einen Kiosk oder einen Supermarkt) noch die Verkaufsvorrichtungen und ermitteln und verwalten auch nicht die - dauerhaft in verschlossenen Behältern befindlichen - Einnahmen aus dem Zeitungsverkauf; grundsätzlich bestehen auch keinerlei Kundenkontakte. Hingegen haben sämtliche vertragsgemäßen Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten des BF (Wahl und Beistellung des Transport-KFZ, Einsatz von Transporthelfern und Transport-Subunternehmen, Bestimmung der Abfahrroute und Entscheidung über gleichzeitiges oder zeitlich verzögertes Ausliefern von Verkaufsvorrichtungen und Ware) keinen nennenswerten Bezug zum Abschluss oder zur Abwicklung von Kaufverträgen, sohin einem „Kleinverkauf“ iSd § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994, sondern betreffen sie vielmehr den Kern des Güterbeförderungsgewerbes.

Im Ergebnis findet die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 schon nach ihrem Wortlaut, jedenfalls aber nach ihrem unmissverständlichen Zweck (verfassungskonforme Behandlung des „Pressegewerbes“, vgl. einleitend a.a.O., Pkt. 93), auf die Tätigkeit des BF keine Anwendung. Eine vom BF befürwortete und seiner Ansicht nach verfassungsrechtlich gebotene erweiterte Auslegung der Regelungen scheitert ebenfalls am Wortlautgehalt. Die Ausnahmeregelung wurde nach der Intention des Gesetzgebers gerade zur Umsetzung und Gewährleistung des in Art 13 StGG und Art. 10 MRK grundgelegten und unter Gesetzesvorbehalt stehenden Grundrechts auf Pressefreiheit getroffen, weshalb auch davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber seine Wortwahl bedacht und in Abstimmung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben getroffen hat. Die vom BF wiederholt ins Treffen geführte Entscheidung des „gleichgeordneten“ UVS Niederösterreich vom 27.11.2008, Senat-KR-07-0027, wird vom VGW schon deshalb nicht als aussagekräftig erachtet, weil dort ohne nähere rechtliche Begründung dem Vorbringen des damaligen Berufungswerbers gefolgt wurde.

Zu den Verweisungen des BF auf bundesdeutsches Schrifttum ist zu bemerken, dass wissenschaftliche Erörterungen zur Rechtslage eines anderen (wenn auch wertemäßig gleich oder ähnlich orientierten) Staates grundsätzlich nicht zur Auslegung österreichischer Rechtsvorschriften heranzuziehen sind. Abgesehen davon ist in den vorgelegten Auszügen auch kein inhaltlicher Widerspruch zu den Erörterungen des VGW zu sehen. Vielmehr ist dort festgehalten, dass der Pressevertrieb verfassungsrechtlich zulässigen Einschränkungen wie gesetzlich geregelten Verbreitungsverboten unterliege und werden im Übrigen nur örtlich gebundene Kioske, Bahnhofsbuchhandel, Kaufhäuser etc. mit personenbetreuter Verkaufshandlung, jedoch keine Selbstbedienungsvorrichtungen thematisiert (Sedelmeier/Burkhardt, Presserecht, S. 1847).

Was die vom BF ins Treffen geführte Änderung des österreichischen ASVG im Zusammenhang mit der Einstufung von Zeitungszustellern als „neue Selbständige“ nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG und die Ausführungen im diesbezüglichen Abänderungsantrag betrifft, stand dabei offensichtlich nicht die Ausnahme vom Gewerberecht, sondern die Abgrenzung der selbständigen Zustelltätigkeit von „arbeitnehmerähnlichen“ Vertragsverhältnissen im Fokus. Zudem ändert eine sozialversicherungsrechtliche (und insofern materienfremde) Zuordnung zu einer bestimmten Kategorie von Selbständigen, selbst wenn andere Vertreter dieser Versicherungskategorie nicht der GewO 1994 unterliegen sollten, nichts an der Auslegung der hier einschlägigen Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994, an welche die Gewerbestrafbehörde unverändert gebunden ist.

In der auszugsweise vorgelegten Abhandlung zu § 47 MedienG ist u.a. ausgeführt, dass bei der straßenpolizeilichen Bewilligungspflicht nach § 82 StVO 1960, welche die Auftraggeberin des BF in Bezug auf die Aufstellung der gegenständlichen Verkaufsvorrichtungen laut Werkvertrag vom 1.6.2017 offenbar unwidersprochen einhält, nach der Rechtsprechung des VfGH die Medienfreiheit im Weg der verfassungskonformen Interpretation zu berücksichtigen sei. Insofern finde diese Verpflichtung etwa auf das (bloße) Verteilen von Flugblättern keine Anwendung (vgl. Berka/Höhne/Noll, Mediengesetz: Praxiskommentar, lexisnexis.at, zu § 47, Pkt. 4). Im vorliegenden Fall bestehen gegen § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994, dessen Wortlaut schon von vornherein nicht interpretativ überschritten werden kann, auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken: Gerade der vorliegende Anlassfall lässt etwa deutlich erkennen, dass eine nicht behördlich registrierte und daher weitgehend unkontrollierte Ausübung einer solchen Tätigkeit für die Begehung (typischerweise mit verdeckter Gewerbeausübung einhergehender) schwerer Verwaltungsübertretungen, wie insbesondere der Steuer- und Abgabenhinterziehung, der illegalen Beschäftigung von Ausländern, des Lohndumpings sowie der rechtswidrigen „Einsparung“ von Sozialversicherungsmeldungen bzw. -beiträgen geradezu prädestiniert wäre. Da der Schwerpunkt der Tätigkeit gemäß den vorangehenden Ausführungen und entgegen der Ansicht des BF sehr wohl auf dem Transport der Verkaufsvorrichtungen liegt und ihre mobile Ausübung außerhalb einer ortgebunden Verkaufsstätte geradezu wesenstypisch ist, ist eine behördliche Überwachung bereits von vornherein erschwert. Wenn nun die gewerberechtlichen und daraus folgend wohl auch die sondergewerberechtlichen (teilweise auch im freien Güterbeförderungsgewerbe geltenden) Bestimmungen des GütbefG nicht zur Anwendung kämen, würde mangels Verpflichtung zur Registrierung im GISA und etwa auch zur Ausweisung eines gewerblichen Verwendungszwecks in den Zulassungsdokumenten der KFZ die Aufdeckung illegalen Verhaltens anlässlich von Verkehrskontrollen zusätzlich erschwert bzw. nahezu unmöglich. Wenn ein Auftragnehmer wie der BF als eigenständiger Drittunternehmer einerseits nicht den Organisationsstrukturen und Weisungszusammenhängen des Medienunternehmens und den Regelungen des Medienrechts und andererseits auch keiner gewerbebehördlichen und güterbeförderungsrechtlichen Kontrolle unterliegt, würde Missbrauch und Gesetzesumgehungen im oben aufgezeigten Sinn Tür und Tor geöffnet. Die aus dem Gewerberecht resultierenden Verpflichtungen (beginnend mit der Sichtbarmachung durch Anmeldung) dienen unter anderem der Hintanhaltung von mit gewerblichen Tätigkeiten typischerweise verbundenen Verstößen und damit auch dem Schutz redlicher Transportunternehmen vor (auf rechtswidrige Weise) „kostensparend“ agierender Konkurrenz. Die Nichtanwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 und die daraus resultierende Anwendbarkeit der GewO 1994 auf gewerbliche Transporttätigkeiten und begleitende Montagetätigkeiten, welche von einem vom Medieninhaber organisatorisch getrennten Drittunternehmen durchgeführt werden und einem gänzlich fremdbestimmten Zeitungsverkauf dienen, ist daher im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Rechte anderer (Art. 10 Abs. 2 EMRK) als erforderlich und verhältnismäßig anzusehen. Die eigene unternehmerische Tätigkeit des BF ist als solche weder in organisatorischer noch in sachlicher Hinsicht Zielobjekt der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Presse- bzw. Medienfreiheit. Dem aus der Sphäre des Medienunternehmens stammenden Auftraggeber wird es wiederum zumutbar sein wird, einen Vertragspartner mit einer (gesetzeskonformen Betrieb zumindest vorab indizierenden) Gewerbeberechtigung zu wählen. Überdies ist die Gewerbeanmeldung gerade im Bereich des branchentypischen freien Güterbeförderungsgewerbes mit keinem besonderen Aufwand verbunden, zumal sie nicht einmal einen Befähigungsnachweis erfordert. Das VGW sieht daher im Ergebnis auch keine Veranlassung für einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof, wobei auf diesem Weg in der Regel ohnedies nur der positive Inhalt einer einfachgesetzlichen Vorschrift, jedoch nicht das Fehlen weiterer Ausnahmeregelungen (gesetzgeberische Untätigkeit) geltend gemacht werden kann.

Da § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 gemäß den vorangehenden Ausführungen auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung findet und der BF zum in Rede stehenden Zeitpunkt nicht über die erforderliche Berechtigung zu Ausübung des (zumindest freien) Güterbeförderungsgewerbes verfügte, ist der objektive Straftatbestand im Ergebnis erfüllt.

Mangels gegenteiliger Regelung in der GewO 1994 genügt für das Verschulden an der der unberechtigten Gewerbeausübung gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG fahrlässiges Verhalten. Da der Tatbestand zudem nicht den nachweislichen Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr voraussetzt und der Geldstrafrahmen nicht 50.000 Euro übersteigt, hatte der BF glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, widrigenfalls Fahrlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ohne weiteres anzunehmen war. Nach ständiger Rechtsprechung hat grundsätzlich der Beschuldigte initiativ und in substantiierter Form alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, wobei es nicht genügt, den Tatvorwurf bloß zu leugnen oder sich auf allgemein gehaltene Behauptungen zurückzuziehen (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2014/05/0050 mwV). Der BF beruft sich insofern auf einen schuldausschließenden Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG, als er auf die von seiner Vertragspartnerin erteilte Auskunft zum fehlenden Erfordernis einer Gewerbeberechtigung bzw. zur Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 habe vertrauen dürfen. Zudem sei diese Auskunft durch die Entscheidung des ehemaligen UVS Niederösterreich vom 27.11.2008, Senat-KR-07-0027, betreffend einen gleichgelagerten Strafsachverhalt gedeckt gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH entschuldigen sowohl die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift als auch eine irrige Gesetzesauslegung gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie unverschuldet sind. Die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung schließt hier ein Verschulden noch nicht aus, sondern bedarf es einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen, im Zweifel – und insbesondere dann, wenn die Partei Zweifel an der Richtigkeit einer eingeholten Auskunft hätte haben müssen – auch bei mehreren Stellen. Das Risiko des Rechtsirrtums trägt der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (vgl. VwGH 29.5.2015, 2012/17/0524; 12.8.2014, 2013/10/0203, mwV). Auch wenn eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einer bestimmten Frage zum Tatzeitpunkt noch fehlt und insofern Rechtsunsicherheit besteht, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres eine vom Beschuldigten im eigenen Interesse vorgenommene Gesetzesauslegung nach der für ihn günstigsten Variante; im Zweifel ist der Nachweis zu erbringen, dass unrichtige amtliche Rechtsauskünfte zum objektiv rechtswidrigen Handeln geführt haben (vgl. VwGH 7.10.2013, 2013/17/0592; 22.4.2010, 2008/09/0295). Auch kann sich ein Beschuldigter dann nicht mit Erfolg auf einen Rechtsirrtum berufen, wenn er zwar eine Auskunft eingeholt hat, ihm aber bekannt ist, dass zum betreffenden Rechtsproblem unterschiedliche Auffassungen von Beamten – sogar innerhalb derselben Behörde – bestehen; ebenso wenig entschuldigt ein Vorbringen dahingehend, die Behörde habe in anderen Fällen ein gleichartiges Verhalten toleriert (vgl. VwGH 24.9.1987, 87/02/0018, 17.11.1972, 1648/72). In Anbetracht der Umstände, dass die Vertragspartnerin des BF nicht naturgemäß oder evident rechtskundig war und außerdem offenkundig das gleiche wirtschaftliche Interesse am gegenständlichen Werkvertragsmodell vertrat, dass es sich beim Vertragsgegenstand unzweifelhaft um eine selbständige, auf Dauer angelegte und auf Erträge gerichtete Erwerbstätigkeit handelte, dass die verwiesenen Einzelfallentscheidungen des ehemaligen UVS Niederösterreich und allenfalls vereinzelt darauf bezugnehmende erstinstanzliche Entscheidungen von Gewerbebehörden (welche überdies dem Vorbringen nach nicht dem BF persönlich, sondern allenfalls der Vertragspartnerin und der nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung bekannt und verständlich waren) keine höchstgerichtlichen Leitentscheidungen darstellen und die betreffende Entscheidung des UVS zudem zur Tatzeit 10 Jahre alt war, hätte der BF jedenfalls Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft der Vertragspartnerin haben müssen und hätte es einer Objektivierung durch aktuelle Erkundigungen bei geeigneten Stellen, in erster Linie bei der örtlich zuständigen Wiener Gewerbebehörde bedurft. Da derartige Erkundigungen unstrittig unterlassen wurden, liegt im Licht der zitierten Rechtsprechung kein schuldausschließender Irrtum vor und ist der Straftatbestand auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG (iVm § 38 VwGVG) sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG (iVm § 38 VwGVG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Gemäß § 42 VwGVG darf auf Grund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde im Erkenntnis des VG keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Die Strafdrohung bei Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 (Ausübung eines nicht angemeldeten und behördlich registrierten Gewerbes) dient der Gewährleistung einer auf bestimmte gesetzlich festgelegte Mindestkriterien überprüfbaren, in der Folge behördlich überwachbaren und insofern einwandfreien Gewerbeausübung, in diesem Zusammenhang vor allem auch dem Schutz registrierter und redlicher Gewerbetreibender vor unlauterer Konkurrenz. Daneben dient sie der Sichtbarmachung der Gewerbebetriebe, auch im Hinblick auf die fortlaufende Überwachung der Einhaltung damit regelmäßig verbundener Pflichten, etwa im Steuer-/Abgaben und Sozialversicherungsbereich. Da derartige Interessen zu den Grundlagen einer funktionierenden Marktwirtschaft zählen, kommt den geschützten Rechtsgütern sehr hohe Bedeutung zu. Letzteres zeigt sich überdies auch in der hohen bis zu 3.600 Euro reichenden Strafdrohung und dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 371c Abs. 1 GewO 1994 Übertretungen nach § 366 Abs. 1 Z 1 von der Möglichkeit einer beratenden Maßnahme von vornherein ausnimmt. Das tatbildmäßige Verhalten des BF blieb auch weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- bzw. Schuldgehalt erheblich zurück: Die Tat beeinträchtigte die geschützten Interessen konkret nicht bloß geringfügig, da die Tätigkeit, auch wenn sie gegenständlich nur punktuell bezogen auf einen einzelnen Zeitpunkt angelastet wurde, nicht spontan und aufgrund besonderer Umstände ausgeübt wurde, sondern mit einem im Gewerbebereich üblichen schriftlichen Werkvertrag aufwändig und nachhaltig etabliert war und daraus regelmäßige Zusatzeinkünfte von monatlich ca. 500 Euro lukriert wurden. Der Art nach wurde konkret ein Güterbeförderungsgewerbe ausgeübt, welches wesensbedingt (keine standortgebundene Durchführung, erschwerte Wahrnehmung und Kontrolle der involvierten Personen) nach allgemeinen gewerberechtlichen Erfahrungswerten besonders anfällig für missbräuchliche Ausübung und Gesetzesumgehung, etwa durch illegale Beschäftigung von Ausländern, Schwarzarbeit etc., ist. Die Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen ist daher als durchschnittlich bis schwer einzustufen. Die aktenkundigen Tatumstände lassen auch nicht erkennen, dass die Einhaltung der übertretenen Vorschrift vom BF im konkreten Fall außergewöhnliche Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Zwar kann dem BF, der - wie vorab erörtert - eine unzutreffende Rechtsansicht vertritt, Vorsatz in Bezug auf das Tatunrecht nicht nachgewiesen werden. Jedoch ist das Verschulden am geltend gemachten Rechtsirrtum in Anbetracht des Umstands, dass der BF ausschließlich auf die Auskunft seiner derselben wirtschaftlichen Interessenssphäre zugeordneten Vertragspartnerin vertraut hat, ohne die aktuelle Rechtslage bzw. Rechtsansicht bei der zuständigen Gewerbebehörde zu hinterfragen, in Verbindung mit dem Umstand, dass die Auskunft der Vertragspartnerin laut Vorbringen auf einer einzelnen viele Jahre zurückliegenden (dem BF persönlich gar nicht bekannten und mangels zureichender Sprachkenntnisse wohl gar nicht verständlichen) Einzelfallentscheidung des UVS eines anderen Bundeslandes aus dem Jahr 2008 beruhte, zumindest als durchschnittlich fahrlässig einzustufen. Da somit weder die gesetzlichen Schutzgüter, ihre Beeinträchtigung, noch das Verschulden (geschweige denn alle drei Kriterien kumulativ) als geringfügig zu bewerten sind, kommen eine Verfahrenseinstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG oder eine ersatzweise Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG nicht in Betracht (vgl. hierzu VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109; 25.4.2019, Ra 2018/09/0209). Eine beratende Maßnahme gemäß § 371c GewO 1994, wie bereits festgehalten, schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen.

Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des BF zur Tatzeit wurde bereits von der belangten Behörde zutreffend als Milderungsgrund berücksichtigt; weitere Milderungsgründe oder spezifische Erschwerungsgründe im Sinn des StGB sind nach wie vor nicht indiziert. Insbesondere kommen die erörterten Tatumstände auch keinem Schuldausschließungsgrund nahe und ist zum Entscheidungszeitpunkt auch noch nicht von einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer iSd § 34 Abs. 2 StGB auszugehen. Ein faktischer Nichteintritt bzw. allenfalls nicht konkret nachweisbarer Eintritt schädlicher Folgen kommt bei Ungehorsamsdelikten – um ein solches handelt es sich hier – schon nach dem Zweck der Strafdrohung nicht als Milderungsgrund iSd § 34 Abs. 1 Z 13 StGB in Betracht (vgl. VwGH 21.8.2014, 2011/17/0069; 20.12.2010, 2009/03/0155, mwV). Von einem reumütigen, auch die subjektive Tatseite umfassenden Geständnis kann ebenfalls keine Rede sein, da der BF lediglich die Fakten des Sachverhalts zugestanden hat, er seine Vorgangsweise aber nach eigenem Vorbringen nach wie vor als rechtmäßig erachtet (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ro 2015/09/0013). Da der im Jahr 1957 geborene BF zur Tatzeit kein Jugendlicher war und der alleinige Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nach ständiger Rechtsprechung des VwGH - insbesondere im Fall eines grundsätzlich schwerwiegenden Verstoßes - auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen iSd StGB in der Regel nicht zur Anwendung des § 20 VStG führt (vgl. etwa VwGH 24.7.2019, Ra 2018/02/0195; 27.3.2015, Ra 2015/02/0009), kommt auch keine außerordentliche Strafmilderung in Betracht; überdies ist eine über § 13 VStG hinausgehende besondere Strafuntergrenze zu § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 nicht vorgesehen.

Da der BF als Arbeiter in einem langjährigen und nach allgemeinen Erfahrungswerten krisensicheren unselbständigen Dienstverhältnis zu einem staatsnahen Unternehmen (M. GmbH) steht und bis auf Sorgepflichten für zwei Kinder keine besonderen wirtschaftlichen Umstände ins Treffen geführt hat, war von einem regelmäßigen Einkommen eines vertragsbediensteten Arbeiters der Stadt Wien und insgesamt von durchschnittlichen (sich weder straferhöhend noch strafmildernd auswirkenden) Verhältnissen auszugehen.

Bei Abwägung aller vorerörterter Kriterien (hochbedeutendes Schutzgut, mittelmäßiger bis schwerer Eingriff, mittleres Verschulden, ein Milderungsgrund, durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse) ist die von der belangten Behörde mit 380 Euro bemessene Geldstrafe, welche den Strafrahmen von 3.600 Euro zu rund einem Neuntel ausschöpft - und auch in Anbetracht der Höhe der aus der unrechtmäßigen Tätigkeit lukrierten Einnahmen - angemessen und im Hinblick auf § 42 VwGVG jedenfalls nicht überhöht. Die Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden wurde bei Berücksichtigung der Strafrahmen (3.600 Euro bzw. zwei Wochen gemäß § 16 Abs. 2 VStG) im Straferkenntnis in Bezug auf die dort festgesetzte Geldstrafe von 380 Euro zu Gunsten des BF unverhältnismäßig niedrig bemessen und bleibt ebenfalls unverändert. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der belangten Behörde wurde im Straferkenntnis mit 10 % der verhängten Geldstrafe (38 Euro) nach § 64 Abs. 2 VStG richtig festgesetzt. Die Beschwerde war daher unter Präzisierung des Spruchs gemäß den Erörterungen zur Tatanlastung im Sinn des § 44a Z 1 VStG sowie der Rechtsgrundlagen (vgl. VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013) als unbegründet abzuweisen. Mangels (teilweisen) Obsiegens war dem BF gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (380 Euro), sohin von 76 Euro aufzuerlegen.

Zu III (§ 25a Abs. 1 VwGG):

Die Unzulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG war auszusprechen, da sich nach Ansicht des VGW letztlich keine entscheidungsrelevanten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn dieser Bestimmung stellten: Die Entscheidung folgt eindeutigen gesetzlichen Vorgaben. Eine klärende Auslegung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 durch den VwGH wird im vorliegenden Fall, insbesondere im Hinblick auf den Inhalt des gegenständlichen Werkvertrags und die nach Ansicht des VGW aus den erörterten Gründen nicht mögliche Subsumtion der Tätigkeit des BF unter „Kleinverkauf“, nicht als erforderlich angesehen. Spezifisch verfassungsrechtliche Fragestellungen fallen grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit des VwGH. Die Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zu den Leitlinien des VwGH zur Strafbemessung. Im Übrigen unterliegen einzelfallbezogene Beurteilungen, darunter auch jene der Verfolgungshandlung, bzw. Ermessensentscheidungen wie die Strafbemessung und die zu Grunde liegende Beweiswürdigung grundsätzlich nicht der Nachprüfung im Revisionsweg (vgl. VwGH 11.1.2018, Ra 2017/02/0136; 8.11.2016, Ra 2016/09/0097; sg. 4.7.2016, Ra 2016/04/0053; 24.2.2016, Ra 2016/04/0013, mwV).

Schlagworte

Gewerbe; Ausübung; Gewerbeberechtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.021.079.13230.2019

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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