TE Vfgh Beschluss 2020/9/21 G314/2020

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Index

25/01 Strafprozess

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StPO §14, §258 Abs2, §322, §323
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Ablehnung der Behandlung eines Antrags auf Aufhebung von Bestimmungen der Strafprozessordnung betreffend die freie Beweiswürdigung des Gerichts; Zurückweisung des Antrags betreffend die mangelnde Parteiöffentlichkeit der Rechtsbelehrung der Geschworenen durch den Vorsitzenden als zu eng

Spruch

I. Der Antrag auf Aufhebung (näher bezeichneter Wortfolgen) des §322 und §323 Abs1 StPO wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Behandlung des Antrages abgelehnt.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge

"aus §14 StPO die Wortfolge 'nach freier Überzeugung',

aus §258 Abs2 StPO das Wort 'freien', in eventu der Wortfolge ', sondern nur nach ihrer freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnenen Überzeugung' und

aus §323 Abs2 den Satz 2 mit der Wortfolge 'Er bespricht mit den Geschworenen das Wesen der freien Beweiswürdigung (§258 Abs.2),' in eventu das Wort 'freien'"

sowie

"§322 StPO insgesamt, in eventu dessen ersten Satz, und §323 Abs1 StPO zur Gänze"

als verfassungswidrig aufheben.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl 631/1975, idF BGBl I 93/2007, lauten auszugsweise (die mit Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Freie Beweiswürdigung

§14. Ob Tatsachen als erwiesen festzustellen sind, hat das Gericht auf Grund der Beweise nach freier Überzeugung zu entscheiden; im Zweifel stets zu Gunsten des Angeklagten oder sonst in seinen Rechten Betroffenen.

[…]

§258. (1) Das Gericht hat bei der Urteilsfällung nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Hauptverhandlung vorgekommen ist. Aktenstücke können nur insoweit als Beweismittel dienen, als sie bei der Hauptverhandlung vorgelesen oder vom Vorsitzenden vorgetragen (§252 Abs2a) worden sind.

(2) Das Gericht hat die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft sowohl einzeln als auch in ihrem inneren Zusammenhange sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen. Über die Frage, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei, entscheiden die Richter nicht nach gesetzlichen Beweisregeln, sondern nur nach ihrer freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnenen Überzeugung.

(3) Bei der Beurteilung der Aussage eines Zeugen, dem nach §162 gestattet worden ist, bestimmte Fragen nicht zu beantworten, ist insbesondere zu prüfen, ob dem Gericht und den Beteiligten ausreichend Gelegenheit geboten war, sich mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Beweiskraft seiner Aussage auseinanderzusetzen.

[…]

§322. Nach Ausfertigung der Rechtsbelehrung begibt sich der Schwurgerichtshof mit dem Schriftführer in das Beratungszimmer der Geschworenen. Der Vorsitzende läßt die Anklageschrift, den gemäß §244 Abs1 vorgelesenen Beschluss des Oberlandesgerichts, die Beweisgegenstände, Augenscheinprotokolle und die übrigen Akten mit Ausnahme der in der Hauptverhandlung nicht vorgelesenen Vernehmungsprotokolle in das Beratungszimmer schaffen.

§323. (1) Im Beratungszimmer der Geschworenen erteilt ihnen der Vorsitzende die Rechtsbelehrung. Weicht er dabei von der Niederschrift (§321 Abs1) ab oder geht er über sie hinaus, insbesondere wegen Fragen der Geschworenen, so sind die Änderungen und Ergänzungen der Niederschrift über die Rechtsbelehrung in einem Anhange beizufügen, den der Vorsitzende unterfertigt.

(2) Im Anschluß an die Rechtsbelehrung bespricht der Vorsitzende mit den Geschworenen die einzelnen Fragen; er führt die in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt zurück, hebt die für die Beantwortung der Frage entscheidenden Tatsachen hervor, verweist auf die Verantwortung des Angeklagten und auf die in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweise, ohne sich in eine Würdigung der Beweismittel einzulassen, und gibt die von den Geschworenen etwa begehrten Aufklärungen. Er bespricht mit den Geschworenen das Wesen der freien Beweiswürdigung (§258 Abs2). Ist einem Zeugen nach §162 gestattet worden, bestimmte Fragen nicht zu beantworten, so fordert der Vorsitzende die Geschworenen auf, insbesondere zu prüfen, ob ihnen und den Beteiligten ausreichend Gelegenheit geboten war, sich mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Beweiskraft seiner Aussage auseinanderzusetzen. Er belehrt ferner den Obmann der Geschworenen über die ihm obliegenden Aufgaben, insbesondere über den Vorgang bei der Abstimmung und Aufzeichnung ihres Ergebnisses.

(3) Am Schlusse seines Vortrages überzeugt sich der Vorsitzende, ob seine Belehrung von den Geschworenen verstanden worden ist, und ergänzt sie, wenn es zur Behebung von Zweifeln erforderlich ist. Er übergibt sodann dem Obmann der Geschworenen die Niederschrift der Rechtsbelehrung und des allfälligen Anhanges zu ihr.

[…]

§327. (1) Entstehen bei den Geschworenen im Zuge der Beratung Zweifel über den Sinn der ihnen gestellten Fragen, über das von ihnen bei der Abstimmung zu beobachtende Verfahren oder über die Fassung einer Antwort, oder äußern die Geschworenen den Wunsch nach einer Ergänzung des Beweisverfahrens zur Aufklärung erheblicher Tatsachen oder nach Änderung oder Ergänzung der an sie gerichteten Fragen, so ersucht der Obmann der Geschworenen, wenn der Schwurgerichtshof nicht an der Beratung teilnimmt, den Vorsitzenden schriftlich, sich in das Beratungszimmer zu begeben. Der Schwurgerichtshof begibt sich hierauf mit dem Schriftführer in das Beratungszimmer. Der Vorsitzende erteilt den Geschworenen die erforderliche Belehrung.

(2) Die Belehrung ist zu Protokoll zu nehmen und das Protokoll dem Hauptverhandlungsprotokoll anzuschließen.

(3) Im übrigen wird über die Beratung der Geschworenen kein Protokoll geführt."

III. Sachverhalt und Antragsvorbringen

1. Dem Antrag liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Urteil vom 6. Juli 2020 erkannte das Landesgericht Feldkirch als Geschworenengericht den Antragsteller des Verbrechens des Mordes nach §75 StGB für schuldig und verhängte über ihn eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Jahren.

1.2. Gegen dieses Urteil erhob der Antragsteller Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und stellte den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag.

2. Der Antragsteller richtet sich in seinem (Partei-)Antrag zunächst gegen die Regelungen der freien Beweiswürdigung im Strafverfahren (§14 und §258 Abs2 StPO) und macht (der Sache nach) die Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) geltend. Der Antragsteller erblickt die Verfassungswidrigkeit – auf das Wesentliche zusammengefasst – darin, dass der im Strafprozess geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung eine "schrankenlose" richterliche Entscheidungsbefugnis darstelle, die Willkür ermögliche.

Schließlich äußert der Antragsteller Bedenken dagegen, dass die Rechtsbelehrung der Geschworenen durch den Vorsitzenden nicht öffentlich oder zumindest parteiöffentlich erfolge (§§322, 323 StPO). Der Sache nach scheint der Antragsteller dieses Bedenken ebenfalls unter dem Blickwinkel des Art6 EMRK zu äußern.

IV. Erwägungen

1. Zur teilweisen Unzulässigkeit des Antrages:

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016; vgl hiezu auch VfGH 14.6.2018, G298/2017). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vor-schriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden konnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

1.2. Ausgehend von dieser Rechtsprechung erweist sich der vorliegende Antrag, soweit er sich auf die angefochtenen (näher bezeichneten Wortfolgen in den) Bestimmungen des §322 und §323 Abs1 StPO bezieht, als unzulässig:

1.2.1. Der Antragsteller äußert Bedenken dagegen, dass die Rechtsbelehrung der Geschworenen durch den Vorsitzenden in deren Beratungszimmer nicht zumindest parteiöffentlich erfolge. Beantragt wird die Aufhebung des §322 StPO, in eventu des §322 erster Satz StPO, sowie des §323 Abs1 StPO.

1.2.2. Der beantragte Anfechtungsumfang ist zu eng gefasst: Die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen des §322 und §323 Abs1 StPO würde im Hinblick auf das Regelungssystem der Belehrung der Geschworenen gemäß §§322, 323 und 327 StPO dazu führen, dass – im Falle einer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof im angefochtenen Umfang – als Instruktion der Geschworenen die Bestimmungen des §323 Abs2 und 3 des §327 StPO verblieben.

1.2.2.1. Gemäß §323 Abs2 StPO hat der Vorsitzende mit den Geschworenen die einzelnen, vom Schwurgerichtshof gemäß §310 StPO an die Geschworenen gerichteten Fragen zu besprechen und sich gemäß §323 Abs3 StPO am Ende seines Vortrages davon zu überzeugen, ob die Belehrung von den Geschworenen verstanden wurde.

1.2.2.2. Gemäß §327 StPO hat der Schwurgerichtshof bei Zweifeln der Geschworenen und über deren Ersuchen eine ergänzende Belehrung zu erteilen, die nicht parteiöffentlich ist (vgl §327 Abs1 letzter Satz StPO).

1.2.2.3. Die zitierten Bestimmungen über die Rechtsbelehrung, die Besprechung der Fragen sowie die ergänzende Belehrung sehen die Teilnahme der Parteien nicht vor (OGH 2.7.1986, 9 Os 76/85; 28.8.2007, 14 Os 89/07f; ?widerski, §322 StPO, in: Fuchs/Ratz [Hrsg.], Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung, rdb.at, Stand 11.5.2020, Rz 6).

1.2.2.4. Der – im Falle einer Aufhebung des §322 und §323 Abs1 StPO – verbleibende Teil der Instruktion der Geschworenen würde gemäß §323 Abs2 und 3 sowie §327 StPO danach vom Vorsitzenden bzw Schwurgerichtshof durchgeführt und die Teilnahme der Verfahrensparteien weiterhin nicht vorgesehen sein.

1.2.2.5. Die beantragte Aufhebung des §322 und §323 Abs1 StPO würde die behauptete Verfassungswidrigkeit – läge sie vor – daher nicht beseitigen. Der Antragsteller äußert Bedenken gegen die fehlende Parteiöffentlichkeit bei der Instruktion der Geschworenen als Ganzes. Da der Antragsteller nicht auch die Aufhebung jedenfalls (von zumindest Teilen) des §323 Abs2 und 3 und des §327 StPO begehrt, erweist sich der Anfechtungsumfang im Hinblick auf den Hauptantrag zum Bedenken gegen §322 und §323 Abs1 StPO als zu eng gefasst (vgl zB VfGH 19.6.2018, G8/2018; 12.6.2018, G79/2018; zuletzt schon VfGH 12.6.2020, G162/2020).

1.2.3. Bei diesem Ergebnis erweist sich auch der – in Bezug auf die Aufhebung des §322 StPO als Ganzes gestellte – Eventualantrag auf Aufhebung des §322 erster Satz StPO als zu eng gefasst.

1.2.4. Der Antrag ist demnach aus dem Blickwinkel der vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit (näher bezeichnete Wortfolgen in den) Bestimmungen des §322 und §323 Abs1 StPO angefochten werden, unzulässig (vgl auch schon VfGH 12.6.2020, G162/2020).

2. Im Übrigen – soweit sich der (Partei-)Antrag gegen die angefochtenen (Wortfolgen bzw Worte in den) Bestimmungen des §14, §258 Abs2 und §323 Abs2 zweiter Satz StPO richtet – wird die Behandlung des Antrages abgelehnt:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Antragsteller behauptet die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "nach freier Überzeugung" in §14 StPO, des Wortes "freien" in §258 Abs2 StPO und des §323 Abs2 zweiter Satz StPO wegen Verletzung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK. Das Antragsvorbringen lautet im Wesentlichen, der im Strafprozess geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung stelle eine "schrankenlose" richterliche Entscheidungsbefugnis dar, die Willkür ermögliche.

Das Vorbringen des Antrages lässt die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Anders als der Antragsteller meint, ist das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht insoweit frei, als Beweise nicht erhoben oder entgegen allgemeiner Erfahrungssätze objektiv nicht nachvollziehbar gewürdigt werden können. Das Gericht ist vielmehr zur amtswegigen Wahrheitsforschung verpflichtet (§3 StPO) und die getroffene Entscheidung hat im Hinblick auf die Überzeugungsbildung des Richters nachvollziehbar und plausibel zu sein (zB Schmoller, §14 StPO, in: Fuchs/Ratz [Hrsg.], Wiener Kommentar zur StPO, rdb.at, Stand 1.11.2012, Rz 8 mwN; Fabrizy, StPO13, 2017, §258 Rz 5a, 6; Lendl, §258 StPO, in: Fuchs/Ratz [Hrsg.], Wiener Kommentar zur StPO, rdb.at, Stand 11.5.2020, Rz 18; siehe zum ähnlichen Vorbringen bereits VfGH 11.6.2019, G87/2019; 12.6.2020, G162/2020).

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des Antrages, soweit er sich gegen die angefochtenen (Wortfolgen bzw Worte in den) Bestimmungen des §14, §258 Abs2 und §323 Abs2 zweiter Satz StPO richtet, abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

V. Ergebnis

1. Der Antrag auf Aufhebung (näher bezeichneter Wortfolgen) des §322 sowie §323 Abs1 StPO wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung des Antrages abgesehen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Strafrecht, Geschworene und Schöffen, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Ablehnung, VfGH / Parteiantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:G314.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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