TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/7 G306 2226325-13

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Veröffentlicht am 07.01.2021
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Entscheidungsdatum

07.01.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


G306 2226325-13/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Russische Föderation, zu BFA-Zl. XXXX , zu Recht:

A)       Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2019 wurde über XXXX , geb. XXXX (BF), gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 04.01.2021 wurde der Akt vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung vorgelegt.

Für den 07.01.2021 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG anberaumt. Der BF verweigerte die Ladung zur Verhandlung zu übernehmen (Unterschrift verweigert) und teilten die Beamten des Anhaltezentrums dem BVwG mit, dass der BF an der Verhandlung nicht teilnehmen wird, da er dies verweigere.

Die Verhandlung wurde wieder abberaumt und dem BF die Aktenvorlage des BFA vom 04.01.2021 zur Abgabe einer etwaiigen Stellungnahme – Frist bis zum 07.01.2021 - übermittelt.

Dem BF wurde die Abberaumung der Verhandlung als auch das Ergebnis der Beweisaufnahme im Anhaltezentrum zugestellt. Er verweigerte wieder sämtliche Übernahmen.

Der BF gab keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der BF befindet sich seit 27.10.2019 durchgängig in Schubhaft, die derzeit im XXXX vollzogen wird. Festgestellt wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken.

Der BF reiste im September 2003 erstmals illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 28.09.2003 durch seinen gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 07.03.2005 als unbegründet abgewiesen.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde nach mündlicher Verhandlung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.06.2006, Zl. 259.374/0-II/06/05, stattgegeben und dem BF gemäß § 7 AsylG 1997 Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der BF wurde in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt:

1) LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2007 RK XXXX .2008

PAR 142/1 15 143 (1. FALL) 143 (2. FALL) 15 PAR 164/1 U 4 (2. FALL) 131 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2007, Freiheitsstrafe 2 Jahre 6 Monate, Anordnung der Bewährungshilfe, Jugendstraftat

zu LG F. STRAFS. XXXX RK XXXX .2008

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX .2008, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

OB.LDS.GERICHT XXXX vom XXXX .2008

zu LG F. STRAFS. XXXX RK XXXX .2008

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2009

zu LG F. STRAFS. XXXX RK XXXX .2008

Aufhebung der Bewährungshilfe

LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2009

zu LG F. STRAFS. XXXX RK XXXX .2008

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2012

02) LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2009 RK XXXX .2009

PAR 15 269/1 (1. FALL) PAR 83/1 84 ABS 2/4 (1. FALL) 84/1 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2009, Freiheitsstrafe 10 Monate,

Junge(r) Erwachsene(r) Vollzugsdatum XXXX .2010

3) LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2009 RK XXXX .2009

PAR 83/1 PAR 15 105/1 PAR 125 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2009, Freiheitsstrafe 4 Monate, Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F. STRAFS. XXXX RK XXXX .2009

Junge(r) Erwachsene(r) Vollzugsdatum, XXXX .2010

4) BG XXXX vom XXXX .2010 RK XXXX .2010

PAR 27 ABS 1/1 27/2 SMG

Datum der (letzten) Tat XXXX .2010, Freiheitsstrafe 4 Wochen, Junge(r) Erwachsene(r), Vollzugsdatum XXXX .2010

5) LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2010 RK XXXX .2011 PAR 15 142/1 PAR 229/1 105/1 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2009, Freiheitsstrafe 12 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F. STRAFS. XXXX
RK XXXX .2009

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F. STRAFS. XXXX
RK XXXX .2009

Junge(r) Erwachsene(r), Vollzugsdatum XXXX .2011

6) BG XXXX vom XXXX .2010 RK XXXX .2011 PAR 83/1 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2010, Freiheitsstrafe 2 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK XXXX .2010

Junge(r) Erwachsene(r), Vollzugsdatum XXXX .2011

7) LG F. STRAFS. XXXX vom XXXX .2012

RK 14.05.2013, § 142 (1) StGB, § 143 1. Satz 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2012, Freiheitsstrafe 6 Jahre, Vollzugsdatum XXXX .2018

8) LG XXXX vom XXXX .2014 RK XXXX .2014

§ 107 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2014, Freiheitsstrafe 3 Monate

9) BG XXXX vom XXXX .2017 RK XXXX .2017

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2017, Freiheitsstrafe 8 Monate

Mit Bescheid vom 04.11.2018 erkannte die belangte Behörde dem BF den zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters erkannte das BFA dem BF gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG idgF wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Begründend wurde dazu im Wesentlichen neuerlich auf die rechtskräftigen Verurteilungen des BF, insbesondere auf die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren wegen bewaffneten Raubes, hingewiesen.

Eine gegen die Spruchpunkte I. und III. bis VII. eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 13.12.2018, GZ: W182 2210414-1/3E abgewiesen. Eine Beschwerde gegen Spruchpunkt II. (subsidiärer Schutz) wurde hingegen nicht erhoben. Die Entscheidung des BVwG erwuchs am 17.12.2018 in Rechtskraft. Die Rückkehrentscheidung mit dem Einreiseverbot ist somit rechtskräftig und damit faktisch durchsetzbar.

Am 28.10.2019 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit Bescheid vom 20.11.2019 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2020, GZ W103 2210414-2/5E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, jeweils idgF, als unbegründet abgewiesen und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen.

Am 19.02.2020 brachte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ein und legte ein selbstverfasstes Schreiben bei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.03.2020 wurde sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 19.02.2020 gemäß § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.05.2020, GZ: W232 2210414-3/4E, wurde die gegen die Nichterteilung des Aufenthaltstitels gerichtete Beschwerde des BF abgewiesen.

Das am 28.10.2019 bei der Botschaft der russischen Föderation eingeleitete Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) wird von Seiten des BFA intensiv betrieben und zuletzt am 18.03.2020 und am 08.07.2020 urgiert, eine Antwort ist noch ausständig. Ungeachtet dessen weigert sich der BF beharrlich, bei der Beschaffung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken und seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Bislang hat der BF angegeben, dass er das Bundesgebiet nicht verlassen wolle. Auch in seiner letztmaligen Stellungnahme vom 11.11.2020 – seitdem verweigert der BF jegliche Zusammenarbeit mit den Behörde und dem Gericht - brachte er unmissverständlich zum Ausdruck, das Bundesgebiet nicht verlassen zu wollen. Weitere rechtliche oder faktische Hindernisse hinsichtlich der Effektuierung der Rückkehrentscheidung sind nicht zu erkennen. Der BF hätte auch die Möglichkeit, aus dem Stande der Schubhaft freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

Der BF verfügt über kein Reisedokument, ist jedoch Staatsbürger der Russischen Föderation. Im Bundesgebiet leben laut eigenen Angaben des BF dessen Vater, seine Stiefmutter, Stiefgeschwister und eine Freundin. Nach seiner Haftentlassung am XXXX .2018 verfügte der BF jedoch über keinen ordentlichen Wohnsitz. Er ist im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Er verfügt weder über eigene Barmittel, noch über eigene Ersparnisse. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Am XXXX .2020 fand unter speziellen Schutzvorkehrungen eine von Österreich organisierte Charter-Rückführung unter der Koordination von FRONTEX nach Russland statt. Bei der Charter-Rückführung konnte Österreich als alleiniger an der Operation teilnehmender Mitgliedstaat insgesamt 20 russische Staatsangehörige an die Behörden in Moskau übergeben. Es handelte sich um die neunte Charter-Operation seit Beginn der COVID-19

Maßnahmen Mitte März 2020 bzw. seit den Aufhebungen der Beschränkungen. Neben den Eskorten waren ein Menschenrechtsbeobachter, ein Arzt, zwei Sanitäter sowie ein Dolmetscher bei der Rückführung an Bord.

Es ist daher davon auszugehen, dass der BF nach Erhalt eines HRZ im Wege eines Charterfluges in seinen Heimatstaat abgeschoben werden kann. Die belangte Behörde ist bemüht ein HRZ zu erlangen. Aufgrund dessen, dass der BF jegliche Zusammenarbeit verweigert, erschwert sich dies jedoch wesentlich. Mit Verbalnote vom 28.10.2020 teilte die russische Botschaft der belangten Behörde mit, dass aufgrund unvollständiger Informationen zur Person des BF eine Fristerstreckung um 60 Tage erforderlich wäre um Erhebungen vor Ort in Russland durchführen zu können. Eine Antwort liegt zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht vor. Einer Abschiebung innerhalb der höchst zulässigen Schubhaftdauer steht aus aktueller Sicht daher kein Hindernis entgegen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BF untertaucht, bevor ein Heimreisezertifikat ausgestellt und er anschließend abgeschoben wird, als schlüssig anzusehen ist und von massiver Fluchtgefahr auszugehen ist. Der BF unternahm bereits zwei Mal einen Fluchtversuch aus dem XXXX ( XXXX .2020). Des Weiteren gab es mittlerweile mehrere Vorfälle im XXXX (siehe Anhaltedatei), da sich der BF absolut unkooperativ und zunehmend aggressiv zeigt.

Aus der Sicht des erkennenden Gerichtes liegen die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft noch immer vor, da es am BF selbst liegt, die Anhaltung in Schubhaft verkürzen zu können. Er müsse nur aktiv an der Beschaffung seines Heimreisezertifikates mitwirken.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen zur Person und zur Haftfähigkeit des BF, zum Verfahren bezüglich des HRZ und zur mangelnden sozialen Verankerung in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und dem Gerichtsakt des BVwG, insbesondere aus den Angaben des BF in den mündlichen Verhandlungen vor dem BVwG im Rahmen von früheren amtswegigen Überprüfungen der Anhaltung in Schubhaft (zuletzt vom XXXX .2020) sowie aus einer vom BF verfassten Stellungnahme vom 11.11.2020. Seither hat sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht verändert und verweigert der BF sämtliche Zusammenarbeit mit Behörde und Gericht.

Die Feststellungen zum Asylverfahren und der Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot ergeben sich aus dem Erkenntnis des BVwG vom 13.12.2018, zu Zahl W182 2210414-1/3E.

Die Anhaltung ist weiterhin verhältnismäßig, da der BF haftfähig ist und das Verfahren vom BFA effizient geführt wird. Insbesondere besteht gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot. Die Ausstellung eines HRZ sowie die auch zeitnah durchführbare Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat nach Vorliegen des HRZ gelten weiterhin als sehr wahrscheinlich, da der BF über eine russische Geburtsurkunde verfügt.

Es ist begründet zu erwarten, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist von 18 Monaten wird erfolgen können.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A):

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lauten:

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(…)

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(…)

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(…)“

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Mit der Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH vom 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH vom 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH vom 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ro 2016/21/0021).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH vom 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH vom 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH vom 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH vom 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542 und vom 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH vom 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Zur Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit XXXX .2019 andauernden Schubhaft wegen des Vorliegens von Fluchtgefahr weiterhin als notwendig und die Anhaltung in Schubhaft wegen des Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf seine persönliche Freiheit auch als verhältnismäßig.

Zunächst ist festzuhalten, dass den vom BVwG im Erkenntnis GZ: G302 2226325-12/2E vom 10.12.2020 dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin unverändert Geltung zukommt.

Der BF verfügt über kein Reisedokument. Gegen ihn liegt eine Rückkehrentscheidung und ein auf 10 Jahre erlassenes Einreiseverbot vor. Sowohl die Rückkehrentscheidung als auch das Einreiseverbot sind rechtskräftig und damit faktisch durchsetzbar. Angesichts des Gesamtverhaltens des BF kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass er (in Freiheit) an seiner Abschiebung mitwirken wird und muss jedenfalls von einer erheblichen Ausreiseunwilligkeit und der Bereitschaft unterzutauchen ausgegangen werden, wobei er bereits ausdrücklich erklärte, nicht in seinen Heimatstaat zurück zu wollen, er bereits Fluchtversuche setzte und auch persönlich angab, flüchten zu wollen sobald sich die Gelegenheit ergibt.

Das BFA hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus den Angaben des BF, der sowohl erklärtermaßen als auch durch Handlungen untermauert nicht mehr in den Herkunftsstaat zurückwill, mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass er seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern bzw. zu behindern beabsichtigt. Zudem hat er durch sein Verhalten mangelnde Bereitschaft gezeigt, mit der Behörde zusammenarbeiten zu wollen. Darüber hinaus hat der BF in der Verhandlungsschrift vom 15.07.2020 selbst angegeben, dass er aus der Schubhaft flüchten wollte. Der BF bereits versuchte aus dem Anhaltezentrum zu flüchten und sich andauernd unkooperativ und zunehmend aggressiv verhält. Der BF verweigerte aktuell jede Zusammenarbeit mit den Behörden aber auch mit dem erkennenden Gericht.

Im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet hat das BFA zu Recht das Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr sowie einen akuten Sicherungsbedarf angenommen.

Zudem wurde der BF mehrfach rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Dieses massive strafrechtliche Fehlverhalten ist gemäß § 76 Abs. 2a FPG im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgeblich zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der oben näher ausgeführten Kriminalität des BF überwiegt das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz seiner persönlichen Freiheit.

Der BF hat im bisherigen Verfahren keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig.

Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, es besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen.

In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird, die belangte Behörde ist mit dem betreffenden Staat in laufenden Kontakt und ist nach positiver Identifizierung zeitnah mit einer Abschiebung auf dem Flugweg zu rechnen. Aufgrund des Vorhandenseins einer Geburtsurkunde des BF geht die Behörde zu Recht von einer positiven Identifizierung durch die russische Botschaft aus.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen würden, die der Schubhaft entgegenstehen, ist anlassbezogen nicht hervorgekommen.

Voraussetzung für die Fortsetzung der Schubhaft ist, dass nach wie vor die Aussicht besteht, dass für ihn ein Heimreisezertifikat erlangt werden kann (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ra 2016/21/0144).

Es haben sich keine Umstände ergeben, dass die Durchführbarkeit der Abschiebung innerhalb der gesetzlichen Schubhafthöchstdauer nicht möglich wäre, somit ist die Verhältnismäßigkeit der gegenständlichen Anhaltung zum Entscheidungszeitpunkt nach wie vorgegeben.

Ein gelinderes Mittel gemäß § 77 FPG, etwa in Gestalt einer periodischen Meldeverpflichtung bei einer Polizeidienststelle, ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von Fluchtgefahr, der gravierenden Straffälligkeit und des Umstandes, dass sich der BF bereits durch seinen unangemeldeten Aufenthalt im Bundesgebiet dem Zugriff der Behörden entzogen hatte, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von 18 Monaten wurde zum Entscheidungszeitpunkt nicht überschritten.

Der erkennende Richter geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand innerhalb der höchst zulässigen Schubhaftdauer auch erfolgen könnte.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die andauernde Schubhaft kann daher – auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung – fortgesetzt werden, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Abschiebung Ausreisewilligkeit Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Heimreisezertifikat Kooperation Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Vereitelung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G306.2226325.13.00

Im RIS seit

23.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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