TE OGH 2020/12/22 6Ra80/20m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.12.2020
beobachten
merken

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz) sowie die Richterinnen Dr.Kraschowetz-Kandolf und Mag.Fabsits als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Mag.Barbara Huber, Rechtsreferentin der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark in Graz, gegen die beklagte Partei *****, im Rekursverfahren nicht vertreten, wegen ausgedehnt EUR 14.440,98 brutto sA (hier: Kosten [Rekursinteresse EUR 743,00]), über den Rekurs der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Oktober 2020, 32 Cga 43/20x-15, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

begründung:

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Erstgericht am 17.April 2020 eingelangten Mahnklage vom Beklagten die Bezahlung eines Betrages von EUR 8.883,33 brutto sA ausgehend von einer ungerechtfertigten Entlassung. Unter der Rubrik „beantragte Kosten“ findet sich der Vermerk „Aufwandersatz 0 % USt“. Auf Seite 1 der Klage befindet sich eine Stampiglie mit dem Wortlaut „Gebühren von EUR 743,- ordnungsgemäß beigebracht am … „mit Datumsstampiglie“ Graz, am 29.April 2020“.

Nach Bestreitung des Klagebegehrens durch den Beklagten dehnte die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.Juli 2020 (ON 8) ihr Begehren zunächst auf einen Betrag von EUR 11.977,18 brutto sA, mit Schriftsatz vom 24.August 2020 (ON 10) auf einen Betrag von EUR 13.209,08 brutto sA und mit Schriftsatz vom 2.Oktober 2020 (ON 12) auf den letztlich begehrten Betrag von EUR 14.440,98 brutto sA aus.

Nach Vortrag der von den Parteien erstatteten Schriftsätze in der Tagsatzung vom 5.Oktober 2020 und diversen Beweisaufnahmen legten die Parteien Kostennoten, wobei das Kostenverzeichnis der Rechtsvertretung der Klägerin insgesamt einen Betrag von EUR 1.040,00 umfasst, der sich aus pauschalem Aufwandersatz für die Mahnklage von EUR 310,00 und von EUR 530,00 für das weitere Verfahren sowie EUR 200,00 an Kostenvorschuss für Zeugengebühr zusammensetzt. Eine Verzeichnung der entrichteten Pauschalgebühren von EUR 743,00 unterblieb.

Mit dem nur hinsichtlich der Kostenentscheidung angefochtenen Urteil verpflichtet das Erstgericht die Beklagte zur Bezahlung eines Betrages von EUR 13.910,91 sA und weist das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 530,07 sA ab.

In seiner Kostenentscheidung verpflichtet es die Beklagte zur Bezahlung des pauschalen Aufwandersatzes in Höhe von EUR 840,00 an die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark und zur Bezahlung der Barauslagen von EUR 200,00 (gemeint offenbar die Zeugengebühren) an die Klägerin.

In der Begründung stützt es diese Kostenentscheidung auf § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO, da die Klägerin nur mit einem verhältnismäßig geringen Anteil unterlegen sei.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, diese dahingehend abzuändern, dass ihr auch die Gerichtsgebühr in Höhe von EUR 743,00 zuerkannt werde, demnach den gesamten Prozesskostenersatz mit einem Betrag von EUR 1.783,00 zu bestimmen.

Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht zusammengefasst geltend, das Erstgericht hätte der Beklagten im Hinblick auf das Obsiegen der Klägerin auch die Gerichtsgebühr in Höhe von EUR 743,00 zum Ersatz auferlegen müssen. Auf der im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Mahnklage sei die Gebühr gesondert ersichtlich und auch in dem dem Beklagten zugestellten Zahlungsbefehl enthalten gewesen und damit ordnungsgemäß verzeichnet. Aus dem Gerichtsakt sei zudem ersichtlich, dass die Gerichtsgebühr mit dem genannten Betrag eingezogen worden sei. Es handle sich bei dieser um eine offenkundige gesetzlich normierte Gebühr, welche der Klägerin gemäß § 43 Abs 1 ZPO jedenfalls zuzusprechen sei. Dass diese im Kostenverzeichnis irrtümlich nicht verzeichnet worden sei, vermöge daran nichts zu ändern.

Das Rekursgericht vermag sich dieser Argumentation nicht anzuschließen.

Gemäß § 54 Abs 1 ZPO hat die Partei, welche Kostenersatz anspricht, bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruchs das Verzeichnis der Kosten samt den zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses etwa erforderlichen Belegen vor Schluss der der Entscheidung über den Kostenersatzanspruch unmittelbar vorangehenden Verhandlung dem Gericht zu übergeben. Mit dieser Bestimmung hat die ZPO das System der Allgemeinen Gerichtsordnung von 1781 (AGO) übernommen. In allen Verfahren mit Kostenersatz gilt daher, dass die Partei rechtzeitig und vollständig jene Kosten zu verzeichnen hat, deren Ersatz sie beansprucht. Die Verzeichnung stellt demnach eine unabdingbare Voraussetzung dafür dar, dass ein Kostenzuspruch an die anspruchsberechtigte Partei ergehen kann. Im Normalfall der schriftlichen Geltendmachung hat das Kostenverzeichnis (Kostennote) eine genaue ziffernmäßige Aufstellung aller von der Partei beanspruchten Kostenbeträge zu enthalten. Die bloße Nennung einer kostenverursachenden Tatsache reicht für einen Kostenzuspruch nicht aus (RIS-Justiz RS0120661; RW0000984; M.Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 54 ZPO [Stand 1.9.2014, rdb.at], Rz 3 mwN; Obermaier, Kostenhandbuch³ [Stand 8.1.2018, rdb.at], Rz 1.49ff). Fehler bei der Verzeichnung von Kosten führen - abgesehen von Rechenfehlern- zum Verlust des Kostenersatzanspruchs, sind also nicht verbesserbar. Ebensowenig sind Kosten zuzusprechen, wenn sie nicht (vollständig) oder nicht rechtzeitig verzeichnet wurden (RIS-Justiz RLI0000013, RLE000009; 5 Ob 32/19w, 9 ObA 8/18v; RIS-Justiz RS0002204 ua).

Nach herrschender Rechtsprechung regelt § 54 Abs 1 ZPO jedoch nur den spätesten Zeitpunkt der Verzeichnung der Kosten. Jede frühere Verzeichnung ist und bleibt wirksam, weshalb einer Partei die in ihren Schriftsätzen verzeichneten Kosten grundsätzlich zugesprochen werden können, wenn sie den dargestellten Voraussetzungen entsprechend verzeichnet wurden (2 Ob 11/19k = RS0133092 mwN; hg 6 Rs 54/18k; Obermaier aaO Rz 1.57). Der Verlust von Kostenersatzansprüchen tritt auch ein, wenn nicht der Kostenanspruch an sich verspätet erhoben wurde, sondern nur ein Teil desselben. Dabei ist gleichgültig, ob die unvollständige Verzeichnung der Kosten auf einem entschuldbaren Irrtum oder einer Nachlässigkeit beruht. Wer einen zu niedrigen Kostenbetrag verzeichnet, kann auch nur diesen zugesprochen erhalten, zumal eine nachträgliche Ergänzung der Kostennote grundsätzlich ausgeschlossen ist (M.Bydlinski aaO Rz 10 zu § 54 mwN). Da die Kostenverzeichnung eine Prozesshandlung darstellt, kommt bei deren Versäumung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 146ff ZPO bei verspäteter oder unvollständiger Kostenverzeichnung in Betracht (EFSlg 124.740, 112.089; Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO5 Rz 6 zu § 54; M.Bydlinski aaO Rz 1, 11 zu § 54 ZPO mwN).

Das im Rekurs vorgetragene Argument, dass die Einziehung/Entrichtung der Pauschalgebühr sich schon aus dem Gerichtsakt ergebe, was zu dem vom Erstgericht unterlassenen Zuspruch hätte führen müssen, verfängt nicht. Eine „Aktenkundigkeit“ einer kostenverursachenden Verfahrenshandlung kann für sich allein weder einen Kostenersatzanspruch begründen noch eine Verzeichnung ersetzen, zumal nahezu jede Verfahrenshandlung, die einen Kostenersatzanspruch auszulösen in der Lage ist, wie etwa die Einbringung eines Schriftsatzes oder die Verrichtung einer Streitverhandlung, als aktenkundig gelten kann, dessen ungeachtet jedoch eine Pflicht zur Verzeichnung dieser Kosten auslöst. Richtig ist, dass das Oberlandesgericht Innsbruck zu ZBl 1936/440 einen Zuspruch zwar eingezahlter, versehentlich aber nicht verzeichneter Barauslagen (Kostenvorschuss) zugelassen hat, jedoch ist diese Entscheidung einerseits in der Lehre auf gewichtige Kritik gestoßen (M.Bydlinski aaO Rz 10 zu § 54; Fucik aaO Rz 2 zu § 54), andererseits wird diese Rechtsauffassung vom Rekursgericht nicht geteilt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Kostennote die schon geleisteten Zeugen- und Sachverständigengebühren ebenso zu enthalten hat, wie die anerlaufenen Pauschalgebühren.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin unstrittig entrichtete Pauschalgebühr von EUR 743,00 weder in der Mahnklage noch in der am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz gelegten Kostennote verzeichnet wurde. Vielmehr findet sich in der Mahnklage - wie eingangs dargestellt - unter den beantragten Kosten ausschließlich der Aufwandersatz und im Kostenverzeichnis auch nur der pauschalierte Aufwand für beide Verfahrensteile sowie der für Zeugengebühren erlegte Kostenvorschuss. Eine Verzeichnung der entrichteten Pauschalgebühr unterblieb ebenso wie die Einbringung eines wie dargelegt an sich möglichen Wiedereinsetzungsantrags. Aus dem Umstand, dass sich auf der Mahnklage die eingangs erwähnte Stampiglie über die ordnungsgemäße Beibringung der Pauschalgebühr durch die Klägerin findet, erfließt entgegen der Darstellung im Rechtsmittel nicht deren ordnungsgemäße Verzeichnung, die jedoch für den nun begehrten Zuspruch unabdingbare Voraussetzung gewesen wäre.

Dem Rekurs ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenentscheidung entfällt mangels Beteiligung der Beklagten am Rekursverfahren.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6

Textnummer

EG00186

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0639:2020:0060RA00080.20M.1222.000

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten