TE OGH 2021/1/20 3Ob173/20t

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Veröffentlicht am 20.01.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M*****, und 2. N*****, beide vertreten durch Mag. Alexander Paleczek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Franz Kienesberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.804,83 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 2.147,17 EUR sA und Räumung), gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 4. März 2020, GZ 39 R 290/19i-13, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]            1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass dingliche und obligatorische Wohnungsrechte ganz allgemein wie jedes andere Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund aufgelöst werden können; wegen der stärkeren dinglichen Bindung kann jedoch eine solche Beendigung bei dinglichen Wohnungsrechten nur „äußerstes Notventil“ sein und die für die Auflösung in Betracht kommenden Gründe müssen ein größeres Gewicht haben als jene, die für die Auflösung von (rein obligatorischen) Dauerschuldverhältnissen genügen (RIS-Justiz RS0018813). Ob ein derartig schwerwiegender Grund vorliegt, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RS0018813 [T2]; vgl auch RS0018842 [T4]; RS0042834; RS0111817).

[2]            Entgegen der Meinung der Revision stützten die Klägerinnen ihr Räumungsbegehren gegen den Beklagten nicht allein auf § 1118 ABGB, sondern ausdrücklich auf das unbegründete Nichtzahlen vorgeschriebener Betriebskosten und den darin liegenden schwerwiegenden Grund zur Auflösung des Fruchtgenussrechts.

[3]            2. Auch wiederholte Zahlungsrückstände können einen besonders wichtigen Grund bilden, der den Eigentümer berechtigt, selbst das Dauerrechtsverhältnis des Fruchtgenusses vorzeitig aufzulösen (4 Ob 99/16m; 9 Ob 233/01g; 5 Ob 51/83 = RS0011875 [T3]).

[4]            3. Das Berufungsgericht wertete die unbegründete, rund zwei Jahre und trotz schriftlicher Mahnung fortgesetzte Weigerung des Beklagten, den klagenden Eigentümerinnen entgegen der ausdrücklichen Anordnung der Voreigentümerin in dem errichteten Legat des Fruchtgenussrechts auch nur einen Teil der auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten zu zahlen, als ausreichenden Grund zur Auflösung des Fruchtgenussrechts, weil ihnen die Fortsetzung des Dauerrechtsverhältnisses nicht zumutbar sei. Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt die Revision, die nur auf die Gesamthöhe des Rückstands abstellt, die fast zweijährige Dauer der Nichtzahlung sämtlicher Betriebskosten allerdings außer Acht lässt, nicht auf:

[5]       Anders als in dem zu 4 Ob 523/91 entschiedenen Fall zahlte der Beklagte den Rückstand bis Schluss der mündlichen Verhandlung nicht nach. Auch unter Zugrundelegung, dass die Wertungen des § 33 Abs 2 und 3 MRG für die Beurteilung heranzuziehen sind, ob ein Zahlungsrückstand die Auflösung des Dauerrechtsverhältnisses rechtfertigt (vgl Würth, wobl 1992, 53 [Entscheidungsanmerkung zu 4 Ob 532/91]), hat das Berufungsgericht die beharrliche Weigerung des Beklagten, die Betriebskosten zu zahlen, nicht korrekturbedürftig dahin gewertet, dass den Klägerinnen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Hinblick darauf unzumutbar ist, dass der Beklagte den Willen der Voreigentümerin grob missachtete, wodurch die Klägerinnen die auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben seit Mai 2017 selbst tragen müssen.

Textnummer

E130582

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00173.20T.0120.000

Im RIS seit

10.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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