TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/14 W208 1235811-4

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Veröffentlicht am 14.10.2020
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Entscheidungsdatum

14.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §62 Abs2

Spruch

W208 1235811-4/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. 800754008-180710347, betreffend des Antrages zur Verkürzung des Einreiseverbotes, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 62 Abs. 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (BF) verließ im Jahr 2002 den Iran und stellte am 09.07.2002 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.07.2009, Zl. E1235.811-0/2008-18 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abgewiesen wurde.

2.       Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 20.10.2009 – aus der Strafhaft heraus - einen zweiten Asylantrag und am 20.08.2010 einen dritten Asylantrag auf internationalen Schutz, welche im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 22.09.2010, Zl. E1 235.811-2/2010-3 rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden.

3.       In der Zeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet vom Juli 2002 bis Jänner 2018 wurde der BF insgesamt siebzehnmal von österreichischen Strafgerichten wegen (zum Teil fahrlässiger und schwerer) Körperverletzung, Sachbeschädigung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit, Diebstahles durch Einbruch, schweren gewerbsmäßigen Diebstahles, Raubes, gefährlicher Drohung, Urkundenunterdrückung, Urkundenfälschung, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, unbefugtem Gebrauch von Fahrzeugen, Imstichlassen eines Verletzten, Verleumdung sowie diverser Suchtmitteldelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz rechtskräftig verurteilt.

4.       Aufgrund der Straffälligkeit wurde mit Bescheid der damaligen Bundespolizeidirektion XXXX vom 06.01.2009, Zl. XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

5.       Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 30.03.2012, Zl. VwSen-730515/19/Wg/Wu wurde der vom BF erhobenen Berufung teilweise stattgegeben und der oben genannte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch hinsichtlich des im Bescheid angeordneten Aufenthaltsverbotes zu lauten hat:

„Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), i.d.A.F“ wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung getroffen. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen.“

6.       Am XXXX 2016 wurde die Tochter des BF geboren.

7.       Am 22.04.2017 heiratete der BF seine jetzige Ehegattin, XXXX .

8.       Am 15.01.2018 wurde der BF auf dem Luftweg in den Iran abgeschoben. (laut Bescheid des BFA und Auszug des Zentralen Fremdenregister :„Bericht über erfolgte Abschiebung" der Landespolizei nicht im AKT, Aktenanforderung vom 07.03.2019 Akt bereits skartiert / ON 4).

9.       Mit Schreiben vom 14.06.2018 stellte der BF, vertreten durch seine bevollmächtigte Ehefrau, bei der belangten Behörde den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Herabsetzung des gegen ihn im Jahr 2012 verhängten Einreiseverbotes.

10.      Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27.07.2018 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass eine Abweisung seines Antrages auf Aufhebung des Einreiseverbotes beabsichtigt sei, da aus dem Antrag keine nähere Begründung für die Aufhebung bzw. Verkürzung des Einreiseverbotes entnommen werde haben können. Dem BF wurde die Möglichkeit der Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme binnen 14 Tagen eingeräumt.

11.      Mit Schreiben vom 12.08.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 16.08.2018) übermittelte der BF durch seine bevollmächtigte Ehefrau eine schriftliche Stellungnahme und machte darin im Wesentlichen geltend, dass er keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstelle. Spätestens seit der Geburt seiner Tochter, habe er sich gut entwickelt. Des weiteren könne er aus dem Iran keine Geldüberweisungen tätigen und daher seine Familie nicht unterstützen. Seine Tochter brauche ihren Vater. Der Kontakt über Videotelefonie reiche nicht aus. Für die Familie sei es kaum finanziell möglich, den BF regelmäßig zu besuchen. Der BF sei ein großartiger Vater für seine Tochter.

12.      Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 16.01.2019, Zl. 800754008/180710347, wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom 14.06.2018 auf Aufhebung in eventu Verkürzung des mit Erkenntnis vom 30.03.2012, Zl. VwSen-730515/19/Wg/Wu gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 60 Abs. 2 FPG ab (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem BF eine Bundesverwaltungsabgabe in der Höhe von 6,50 EUR vorgeschrieben (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass keine Umstände hervorgekommen wären, die die Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbotes rechtfertigen würden. Der BF habe angesichts seiner gravierenden Straffälligkeit und seiner daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot (gemeint Einreiseverbot) rechtfertigt, eine allfällige Trennung zu seiner Ehefrau und seinem Kind in Kauf zu nehmen. Er habe sogar nach Erlassung des Einreiseverbotes weitere Straftaten begangen. Er habe seine strafrechtliche Delinquenz gesteigert, was zu einer Haftstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten geführt habe. Auch diese lange Haftstrafe habe ihn nicht davon abhalten können, wieder straffällig zu werden. Er sei insgesamt siebzehnmal vorbestraft worden und habe mehrmals das Haftübel verspürt. Dies zeuge davon, dass er ein gesetzeskonformes Verhalten klar und nachhaltig ablehne. Er habe während seines Aufenthaltes in Österreich ca. 5 Jahre in Strafanstalten verbracht.

Eine Vollstreckung des Einreiseverbotes bedeute keinen absoluten Abbruch der in Rede stehenden Beziehung. Es sei für ihn möglich und zumutbar, den Kontakt zu seiner Familie mithilfe von modernen Massenkommunikationsmitteln aufrecht zu erhalten. Es stehe ihm zudem die Möglichkeit offen, durch entsprechende Geldüberweisungen aus dem Ausland finanziell unterstützend zu werden, zumal er sich nicht wie in der Stellungnahme angegeben im Iran befinde, sondern in der Türkei aufhältig sei.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die seinerzeitige Annahme, sein Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen zuwiderlaufen, weiterhin aufrecht erhalten werden könne. Das Einreiseverbot sei nach wie vor notwendig, um eine Gefährdung der durch einen Aufenthalt seiner Person in Österreich entstehen würde, zu verhindern. Es seien auch keine Gründe gemäß Art. 8 EMRK hervorgekommen, die eine Verkürzung oder Aufhebung des Einreiseverbotes verlangen würden.

Zudem seien die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 FPG nicht erfüllt, wonach mehr als die Hälfte des seinerzeitigen verhängten Einreiseverbotes im Ausland verbracht werden müsse. Der BF sei am 15.01.2018 abgeschoben worden. Die Voraussetzungen würden demnach frühestens am 16.01.2023 vorliegen.

13.      Mit Schreiben vom 22.01.2019 (bei der belangten Behörde eingelangt am 08.02.2019) gab der BF bekannt, dass er XXXX (Anmerkung BVwG: der Schwiegermutter des BF) eine Vollmacht zur Akteneinsicht sowie eine Zustellvollmacht im Beschwerdeverfahren erteilt.

14.      Gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde fristgerecht mit Schreiben vom 07.02.2019 (eingelangt bei der belangten Behörde am 14.02.2019) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

15.      Mit Schriftsatz vom 20.02.2019 (eingelangt am 22.02.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem BVwG vor.

16.      Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 17.07.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der bislang zuständigen Gerichtsabteilung (wegen Versetzung des Richters in den Ruhestand) abgenommen und der nun zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen (eingelangt am 03.08.2020).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest Er ist seit 21.04.2011 mit seiner Ehegattin XXXX verheiratet und der Vater der am XXXX 2016 geborenen gemeinsamen Tochter XXXX .

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates, Zl. VwSen-730515/19/wg/Wu, vom 30.03.2012, wurde gegen den BF ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen, welches in Rechtskraft erwuchs.

Diesem lag zugrunde, dass der BF zu diesem Zeitpunkt und in dem Zeitraum zwischen 2003 bis 2011:

1.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl: 15 U 183/2003V am 14.11.2003 (RK 19.11.2003) wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung gemäß §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren (Verlängerung auf 5 Jahre nach erneuter Verurteilung und schlussendlich Widerruf der bedingten Nachsicht- BG WELS 15 U 183/2003V vom 30.12.2005);

2.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl 15 U 240/2003A am 18.06.2004 (RK 23.06.2004) wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach den §§ 8, 81 Abs. 1 Z 1 StGB;

3.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl 15 U 194/2004P am 14.09.2004 (RK 18.09.2004) wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung nach den §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu je 5,00 EUR;

4.       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 12 HV 106/2004S am 22.12.2004 (RK 28.12.2004) wegen Diebstahls durch Einbruch, Urkundenunterdrückung und des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach den §§ 127, 129 Z 1, 229 Abs. 1 und 136 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monate und 20 Tage, bedingt auf eine Probezeit 3 Jahren (Verlängerung auf 5 Jahre nach erneuter Verurteilung);

5.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl 15 U 272/2004H am 20.10.2004 (RK 21.01.2005) wegen Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je 6,00 EUR;

6.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl 16 U 224/2005H vom 08.09.2005 (RK 20.09.2005) wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung nach den §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tags zu je 9,00 EUR;

7.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl 15 U 271/2004M am 05.10.2005 (RK 27.10.2005) wegen fahrlässiger Körperverletzung, Imstichlassen eines Verletzten, Urkundenunterdrückung und Verleumdung nach den §§ 88 Abs. 1 und Abs. 4, 1. Fall, 94 Abs. 1, 229 Abs. 1 und § 297 Abs. 1,1. Fall zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt auf eine Probezeit 3 Jahren (Verlängerung auf 5 Jahre nach erneuter Verurteilung);

8.       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl: 25 HV 16/2005B am 26.04.2006 (RK 26.04.2006) wegen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 und 129 Z 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren. (Verlängerung auf 5 Jahre nach erneuter Verurteilung und schlussendlich Widerruf der bedingten Nachsicht - LG WELS 12 HV 102/2010M vom 12.01.2011);

9.       Vom Bezirksgericht Wels unter der Zahl: 16 U 377/2006K am 20.11.2006 (RK 28.12.2006) wegen Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten;

10.      Vom Landesgericht Wels unter der Zahl: 12 HV 44/2007B am 30.03.2007 (RK 30.03.2007) wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2a 4. Fall, Abs. 3, 1. Fall SMG und des Vergehens nach § 27 Abs. 1, 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon Freiheitsstrafe 12 Monate, beding auf eine Probezeit von 3 Jahren;

11.      Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 25 HV 131/2008V am 29.01.2009 (RK 29.01.2009) wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls teils durch Einbruch, des Verbrechens des schweren Diebstahls teils durch Einbruch, des Vergehens der Urkundenunterdrückung, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung und des Vergehens nach dem Waffengebrauchsgesetz nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 4, 229 Abs. 1, 241 E Abs. 1, 88 Abs. 1 und 4 2. Fall, 81 Abs. 1 Z 2 StGB und § 50 Abs. 1 Z 2 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten;

12.      Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 12 HV 102/2010M am 12.01.2011 (RK 12.01.2011) wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1, Abs. 2 Z 8. Fall, Abs. 3 SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall, SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten;

13.      Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 12 HV 27/2011H am 23.03.2011 (RK 23.03.2011) wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 a Abs. 1 5. Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall sowie Abs. 2 SMG und des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffenG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten;

14.      vom Landesgericht Wels unter der Zahl 31 HV 99/2010K am 31.03.2011 (RK 05.04.2011) wegen schwerer Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 Z 1 StGB;

verurteil worden war.

Nachdem rechtskräftigen und vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 30.03.2012, Zl. VwSen-730515/19/wg/Wu verhängten 10-Jährigen Einreiseverbot, wurde der BF

15.      vom Landesgericht Wels unter der Zahl 012 HV 69/2012m am 15.06.2012 (RK 23.01.2013) wegen Raubes und unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach den §§ 142 Abs. 1 und § 136 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren;

16.      vom Landesgericht Wels unter der Zahl 012 HV 167/2015b am 22.02.2016 (RK 26.02.2016) wegen Gefährlicher Drohung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten;

17.      vom Landesgericht Wels unter der Zahl 015 HV 5/2016b vom 15.03.2016 (RK 15.03.2016 wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz nach den §§ 27 Abs. 1 Z 2 3. Fall und 27 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Monaten,

verurteilt.

Der BF wurde am 18.01.2018 über den Luftweg und unter Begleitung von Polizeibeamten in den Iran zwangsweise abgeschoben.

Vom Zeitpunkt des Gültigkeitsbeginns (15.01.2018) des am 30.03.2012 erlassenen Einreiseverbotes bis zum heutigen Zeitpunkt sind bisher keine 5 Jahre, somit noch nicht die Hälfte der ursprünglich verhängten Dauer von 10 Jahren, verstrichen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid, in das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates, in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, in die Stellungnahme vom 12.08.2018, in dem Beschwerdeschreiben sowie den vorliegenden Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Schengener Informationssystem und dem Strafregister.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides sowie der Beschwerdevorentscheidung die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die Feststellungen zu Identität und Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dem von Seiten des BF nicht entgegengetreten wurde.

Dass der BF im April 2017 im Bundesgebiet eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hat, beruht auf dem glaubhaften Akteninhalt sowie aus dem ZMR-Auszug. Dass sie eine gemeinsame Tochter haben, beruht auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

Das gegen den BF erlassene Einreiseverbot ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt, sowie dem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 30.03.2012, Zl. VwSen-730515/19/Wg/Wu.

Die rechtskräftigen Verurteilungen des BF sind dem Strafregister zu entnehmen. Die Feststellung zu seiner am 15.01.2018 erfolgten Abschiebung ergibt sich aus dem Zentralen Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1.    Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Antrags auf Aufhebung in eventu Verkürzung des erlassenen Einreiseverbotes)

3.2.    Gesetzliche Grundlagen (Auszug - Hervorhebungen durch das BVwG)

Die relevanten Bestimmungen des FPG idF BGBl. I Nr. 100/2005 lauten wie folgt:

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Einreisetitel sind Visa gemäß dem Visakodex, nationale Visa (Visa D) gemäß § 20 Abs. 1 und die Besondere Bewilligung gemäß § 27a.

[…]

(4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt;

[…]

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

[…]

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

[…]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung

§ 60. (1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

1. der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird,

2. ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 erteilt wird.

(Anm.: Abs. 4 und 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Übergangsbestimmungen

§ 125. (Anm.: Abs. 1 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 38/2011)

[…]

(25) Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 bleiben bis zur Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet aufrecht. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Rückkehrverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben oder für gegenstandslos erklärt werden. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Einreiseverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013 aufgehoben, verkürzt oder für gegenstandslos erklärt werden.

3.3.    Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FGP gilt als Fremder, jede Person, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit, als Drittstaatsangehöriger, ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der BF ist aufgrund seiner iranischen Staatsbürgerschaft sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Wie die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführt, ist gemäß § 60 Abs. 2 FPG Voraussetzung für die Verkürzung eines auf Grundlage von § 53 Abs. 3 Z 1 bis Z 4 leg. cit. verhängten Einreiseverbotes, dass der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes bereits im Ausland verbracht hat. Diese Voraussetzungen liegen im Falle des BF nicht vor.

3.3.1.  Gegenständlich wurde gegen den BF mit rechtskräftigem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 30.03.2012, Zl. VwSen-730515/19/Wg/Wu, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Einreiseverbot gemäß § 52 Abs. 1 FPG (i.d.A.F.) iVm § 53 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 FPG (i.d.A.F.) erlassen. Da der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist, wurde dieser am 15.01.2018 über dem Luftweg in den Iran abgeschoben und begann die Frist des gegen ihn verhängten zehnjährigen Einreiseverbotes ex lege mit Ablauf des Tages seiner Ausreise (vgl. § 53 Abs. 4 FPG).

Es besteht im vorliegenden Beschwerdefall somit kein Raum dem Antragsbegehren auf eine Verkürzung der Dauer des Einreiseverbotes von zehn Jahren zu entsprechen, weil der BF zum Entscheidungszeitpunkt seit seiner unfreiwilligen Ausreise am 15.01.2018 unstreitig noch nicht einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren im Ausland verbracht hat. Das Verstreichen dieses gesetzlich vorgesehenen Zeitraumes ab der Ausreise stellt jedoch – ebenso wie eine fristgerechte und nachgewiesene Ausreise - eine zwingende Voraussetzung für eine etwaige Stattgabe des verfahrensgegenständlichen Antrags dar (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, [15.01.2016], § 60 FPG, K8).

3.3.2.  Weiters ist der BF seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht freiwillig nachgekommen. Eine fristgerechte und freiwillige Ausreise ist jedoch nach dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 FPG eine zwingende Tatbestandsvoraussetzung (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, [15.01.2016], § 60 FPG, K7). Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung jedoch zu keinem Zeitpunkt (freiwillig) nachgekommen und musste daher am 18.01.2018 abgeschoben werden.

Da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 FPG im Fall des BF somit nicht erfüllt sind, ist eine Verkürzung (§60 Abs. 2 FPG schließt eine gänzliche Aufhebung aus) des verhängten Einreiseverbots bereits von Gesetzes wegen nicht zulässig und konnte die Beschwerde bereits unter diesem Gesichtspunkt nicht zum Erfolg führen (vgl. auch VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256, mwN, im Hinblick auf Konstellationen, in welchen eine Verkürzung oder Aufhebung eines Einreiseverbotes bereits aufgrund des Gesetzeswortlautes von § 60 Abs. 1 und Abs. 2 FPG nicht in Betracht kommt).

So erkannte auch der VfGH und VwGH, dass bei Konstellationen, bei denen eine Aufhebung oder Verkürzung eines verhängten Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 1 oder 2 nicht in Frage käme, bei zwingenden Gründen des Art 8 EMRK der Weg über eine Antragstellung nach § 55 AsylG zu gehen sei, um allenfalls eine Gegenstandslosigkeit der Rückkehrentscheidung und eines damit verbundenen Einreiseverbotes zu erwirken (vgl. VfGH 14.03.2018, E4329/2017; VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256).

Insofern erübrigt es sich auch, auf die in der Stellungnahme vom 12.08.2018 seitens der Gattin ausführlich dargelegten privaten und familiären Verhältnisse des BF oder seine nunmehr geänderten Lebensumstände inhaltlich einzugehen, als diesen für den konkreten Fall keinerlei Entscheidungsrelevanz zukommt.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Im Beschwerdevorbringen findet sich kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte daher eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot freiwillige Ausreise Verkürzung des Einreiseverbotes Voraussetzungen Zeitablauf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.1235811.4.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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