TE OGH 2020/12/18 2Ob215/20m

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A***** K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ulm Rechtsanwalt-GmbH in Wien, wider die beklagte Partei E***** H*****, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 1.016.850,04 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 3. November 2020, GZ 15 R 116/20v-35, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       Die Schenkung ist ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, einem anderen eine Sache unentgeltlich zu überlassen (§ 938 ABGB). Der Grund der Schenkung (ihre „causa“) liegt nicht im eigennützigen Austausch von Leistungen, sondern in der Freigiebigkeit des Schenkenden. Für die Schenkung ist Schenkungsabsicht begriffswesentlich, die in der Absicht einer unentgeltlichen, dh auf keine Gegenleistung bezogenen und freiwilligen (freigiebigen) Leistung besteht (vgl RS0018833; 3 Ob 142/07i). Ob eine Schenkung vorliegt oder nicht, kann nicht allein danach beurteilt werden, dass der Empfänger des Vermögenswerts mangels Erbringung einer Gegenleistung objektiv in seinem Vermögen bereichert ist; vielmehr müsste auch das Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung vorhanden sein, welches ausdrücklich oder schlüssig erklärt worden sein muss (RS0018795; 3 Ob 142/07i). Es muss demnach nicht nur der Zuwendende, sondern auch der Empfänger der Zuwendung damit erkennbar einverstanden gewesen sein, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt, dass ihr also keine oder keine wirtschaftlich beachtliche Gegenleistung gegenüber stehen soll. Fehlt der Schenkungswille, so kommt jedenfalls eine Schenkung nicht in Betracht (3 Ob 55/03i mwN; 3 Ob 142/07i).

[2]       Im vorliegenden Fall fehlt schon eine Schenkungsabsicht der Beklagten. Diese hat sich nach den Feststellungen vielmehr deshalb zur Zahlung eines Drittels des geerbten Vermögens an den Kläger verpflichtet, weil dieser dafür auf die Abgabe einer Erbantrittserklärung verzichtete.

[3]            Hätte neben der Beklagten auch der Kläger eine Erbantrittserklärung (egal mit welcher Quote) abgegeben, wäre bei Scheitern des Einigungsversuchs durch den Gerichtskommissär (§ 160 AußStrG) ein Verfahren über das Erbrecht mit zunächst naturgemäß ungewissem Ausgang die Folge gewesen. Die Beklagte wollte daher mit ihrer Zahlungsverpflichtung den Erbrechtsstreit vermeiden. In der insoweit vergleichbaren Entscheidung 3 Ob 142/07i = RS0018833 (T4) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, die Formulierung „zur Vermeidung eines Rechtsstreits“ spreche eindeutig gegen die Schenkungsabsicht.

[4]       Wenn daher die Vorinstanzen die erwähnte Vereinbarung nicht als notariatsaktspflichtige (§ 1 lit d Notariatsaktsgesetz) Schenkung qualifiziert haben, ist dies keineswegs korrekturbedürftig.

Textnummer

E130414

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00215.20M.1218.000

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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