TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/4 L527 2233435-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2020
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Entscheidungsdatum

04.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55

Spruch

L527 2233435-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2020, Zahl XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II, III, IV und V des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, §57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte VII und VIII des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und die Spruchpunkte VII und VIII werden ersatzlos behoben.

C) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheids wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass Spruchpunkt VI lautet: „Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“

D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste im Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 23.06.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am darauffolgenden Tag fand die Erstbefragung statt, am 13.07.2020 – im Beisein eines Rechtsberaters – eine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde).

Nach seinem Fluchtgrund gefragt, gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung – im Wesentlichen – an: Sein Dorfvorstand habe gegen ihn und weitere Angehörige bei der Polizei ein Strafverfahren eingeleitet. Es werde behauptet, dass der Beschwerdeführer und die weiteren Angehörigen den Dorfvorstand mit Schutzgeld erpresst und versucht hätten, ihn zu ermorden. Sie seien für zwei Jahre inhaftiert worden. Nach der Entlassung sei gegen den Beschwerdeführer und seinen Onkel mütterlicherseits ein Anschlag verübt worden, bei dem der Beschwerdeführer mit einer Eisenstange attackiert worden sei. Das Leben des Beschwerdeführers sei in Gefahr.

In der behördlichen Einvernahme bestätigte der Beschwerdeführer zunächst, dass er bei der Erstbefragung alle Fluchtgründe genannt habe. Im Laufe der weiteren Befragung behauptete der Beschwerdeführer, dass er auch beschuldigt worden sei, den Dorfvorstand entführt zu haben. Im Jahr 1999 sei er ins Gefängnis gekommen; zwei Jahre sei er inhaftiert gewesen. Dann habe der Richter den Beschwerdeführer für unschuldig erklärt und freigelassen. 2004 sei das Auto angehalten und der Beschwerdeführer und sein Onkel seien geschlagen worden. Der Beschwerdeführer sei mit einer Holzstange geschlagen worden; seinem Onkel seien die Arme und Beine gebrochen worden. Auf eine Frage des Rechtsberaters behauptete der Beschwerdeführer schließlich, dass er auch nach dem Anschlag im Jahr 2004 schikaniert worden sei und dauernd Stress gehabt habe. Der letzte Vorfall sei am 20.03.2020 gewesen; der Beschwerdeführer sei angegriffen worden und sie haben versucht, ihn umzubringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan (Spruchpunkt V) und gestützt auf § 53 Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot aus (Spruchpunkt VIII). Unter Spruchpunkt VII erkannte die Behörde der Beschwerde – gestützt auf § 18 Abs 1 Z 5 BFA-VG – die aufschiebende Wirkung ab. Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde wurde am 28.07.2020 der Gerichtsabteilung L527 zugewiesen, bei der sie am 29.07.2020 samt Akt einlangte, wovon die Behörde am selben Tag verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: OZ: Ordnungszahl(en); AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger, männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: Staatsangehöriger der Islamischen Republik Pakistan. Er stammt aus dem Punjab, konkret aus XXXX im Distrikt XXXX . Er gehört der Volksgruppe der Punjabi oder der Awan sowie der Religionsgemeinschaft des Islam (Sunnit) an.

Der Beschwerdeführer lebte bis zu seiner Ausreise im März 2020 in seinem Herkunftsstaat, konkret in XXXX im Distrikt XXXX . Er wurde dort sozialisiert und beherrscht die Sprache Urdu in Wort und Schrift; Punjabi beherrscht der Beschwerdeführer zumindest mündlich. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat neun Jahre die Schule. Er arbeitete in seiner eigenen Landwirtschaft. Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers leben seine Mutter, zwei Schwestern, die Ehefrau und die vier Kinder. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben; der Bruder lebt in England. Die Kinder besuchen, finanziert vom Beschwerdeführer, eine Privatschule. Derzeit hat der Beschwerdeführers mangels Handys keinen Kontakt zu seinen im Herkunftsstaat lebenden Angehörigen. Der Beschwerdeführer leidet nicht an einer schweren psychischen oder physischen Erkrankung oder Störung, er ist gesund.

Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat illegal am 26.03.2020. Am 23.06.2020 reiste er in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

Der Beschwerdeführer verfügt nicht einmal über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Er hat keine Deutschkurse besucht, ist nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich und ging und geht hier weder ehrenamtlicher/gemeinnütziger Arbeit noch Erwerbsarbeit nach. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und führt hier keine Lebensgemeinschaft. Er hat in Österreich auch keine sonstigen sozialen Kontakte. Er ist seit 24.06.2020 auf Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber angewiesen.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf.

1.2. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat Pakistan keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt:

Namentlich war der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer liefe auch nicht ernstlich Gefahr, bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung drohen.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen.

1.3. Zum Inhalt des angefochtenen Bescheids:

1.3.1. Ausweislich Spruchpunkts VII des Bescheids erkannte die Behörde der Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab. Laut Spruchpunkt VI bestehe gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise:

Die Begründung des Bescheids enthält dazu unter „E) Rechtliche Beurteilung“ „Zu Spruchpunkt VI + VII.:“ folgende Ausführungen:

„Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat;

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht oder

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist,

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abzunehmen.

Beispiel in GELB, das GRÜNE bleibt immer: Den Text der zutreffenden Ziffer fett machen. Die Ziffer - können auch mehrere sein - muss die gleiche wie die im Spruch sein.

Sie brachten rein wirtschaftliche Gründe vor, welche nicht asylrelevant sind. Sie hatten in Pakistan Arbeit. Laut Ihren Angaben wird Ihre Familie zurzeit vom Onkel unterstützt, weshalb Ihre Aussage, Sie wären ins Ausland gegangen umso Ihre Familie finanziell unterstützen zu können völlig ins Leere geht. Einerseits wird Ihre Familie von Ihrem Onkel unterstützt, andererseits haben auch Sie in Pakistan über Arbeit verfügt.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt das als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Rückkehrentscheidung. Wie oben ausgeführt, liegt Ziffer 4 in Ihrem Fall vor.

Für die Behörde steht fest, dass für Sie bei Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Sie bedürfen daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist in Ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da Ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und Ihnen auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es Ihnen zumutbar, den Ausgang Ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens tritt hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

Gem. § 55 Abs. 1a FPG besteht im Fall einer durchführbaren Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG keine Frist für die freiwillige Ausreise. Daher war in Ihrem Fall von einer Erteilung der Frist abzusehen.

Das bedeutet, dass Sie mit dem Zeitpunkt der Durchführbarkeit dieser Rückkehrentscheidung zur unverzüglichen freiwilligen Ausreise verpflichtet sind. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht zeitgerecht nach, so können Sie auch unter den in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG sonst genannten Voraussetzungen zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung).“ (AS 232 ff; Orthografie, Grammatik und Hervorhebung im Original)

1.3.2. Ausweislich Spruchpunkts VIII des Bescheids erließ die Behörde gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot.

Zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots traf die Behörde folgende Feststellung:

„Fest steht, dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet und missbräuchlich gestellt wurde.“ (AS 213; Orthografie und Grammatik im Original)

In der Beweiswürdigung führt die Behörde dazu aus:

„Die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und dem Ermittlungsverfahren.

Nach der ständigen Rechtsprechung hat der Fremde initiativ untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als der Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl etwa das Erkenntnis vom 21. Juni 2012, ZI 2001/23/0305, mwN)

Sie haben in keinster Weise dargelegt, dass diese Übermittel zur Verfügung stehen. Es ist somit als nicht rechtswidrig zu erkennen, zumal sich ergibt, dass Sie ausschließlich auf die Leistung Dritter bzw. der öffentlichen Hand angewiesen sind.

Sie wurden gefragt wie Sie sich eine Zukunft in Österreich vorstellen. Sie sprechen nicht Deutsch, haben keine Ausbildung, die in Österreich anerkannt werden würde.

Dass Sie als Chauffeur arbeiten wollen ist vollkommen utopisch, da auch hierzu eine Ausbildung und eine Prüfung abgelegt werden muss. Weder kennen Sie die Infrastruktur, die Gegebenheiten, noch wären Sie aktuell in der Lage alle anderen Anforderungen zu absolvieren.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074, sowie der Hintanhaltung der illegalen Beschaffung von Unterhaltsmitteln (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282; 19.12.2018, Ra 2018/20/0309; 20.09.2018, Ra 2018/20/0349) als gegeben angenommen werden.

So hat der VwGH wiederholt festgehalten, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultierte, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender

Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt sei. (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282; 19.12.2018, Ra 2018/20/0309; 20.09.2018, Ra 2018/20/0349)

Aus diesen Gründen wird ein für die Dauer eines Jahres ausgesprochenes Einreiseverbot als angemessen betrachtet.“ (AS 221 f; Orthografie und Grammatik im Original)

Der rechtlichen Beurteilung ist in Bezug auf die Verhängung des Einreiseverbots zu entnehmen:

„Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden (§ 53 Abs. 1 FPG).

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist dieses vorbehaltlich Absatz 3 für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen, wobei bei der Bemessung der Dauer das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen einzubeziehen und zu berücksichtigen ist, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000,-- Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       dem Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zu Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Die Aufzählung des § 53 FPG ist demonstrativ und demnach nicht als enumerativ abschließend anzusehen, was auch eindeutig aus dem Gesetzestext hervorgeht, nachdem klar festgestellt wird, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit insbesondere gegeben ist, wenn einer der aufgezählten Tatbestände des § 53 Abs. 2 FPG vorliegt. Es sind daher weitere Verhaltensweisen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden, jedenfalls auch geeignet ein Einreiseverbot zu rechtfertigen.

Artikel 11 Rückführungsrichtlinie lautet:

(1) Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher,

a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder

b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

(2) Die Dauer des Einreiseverbots wird in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.

(3) Die Mitgliedstaaten prüfen die Aufhebung oder Aussetzung eines Einreiseverbots, wenn Drittstaatsangehörige, gegen die ein Einreiseverbot nach Absatz 1 Unterabsatz 2 verhängt wurde, nachweisen können, dass sie das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter uneingeschränkter Einhaltung einer Rückkehrentscheidung verlassen haben.

In systematischer und teleologischer Interpretation der Gesetze insbesondere der RückführungsRL ergibt sich in Ihrem Fall folgendes:

Soweit eine Rückkehrentscheidung ohne Frist zur freiwilligen Ausreise erlassen wird ist die Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu prüfen. Sie fallen unzweifelhaft unter den Anwendungsbereich des Artikels 11 der RückführungsRL (vgl auch Art 11 Abs 1 lit a RückführungsRL: Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, falls keine Frist zur Ausreise eingeräumt wird).

Aus Artikel 7 Abs. 4 der RückführungsRL ergibt sich, dass wenn Fluchtgefahr oder ein Antrag auf Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt wurde oder die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt so kann keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt werden.

Ein Antrag auf internationalen Schutz ist aus Sicht der Behörde auch als Antrag auf einen Aufenthaltstitels im Sinne des Artikels 7 RückführungsRL zu interpretieren, da Sie nach einer positiven Erledigung Ihres Antrages auch eine Aufenthaltstitel gemäß des AsylG bekommen würden.

Gemäß § 55 Abs.1a FPG ist keine Frist zur freiwilligen Ausreise vorgesehen, im Falle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

In Ihrem Fall wurde eine zurückweisende Entscheidung gemäß § 68 AVG getroffen. Ihr gesamtes Verhalten zeigt in aller Deutlichkeit, dass der gegenständliche Antrag einen Missbrauch des Asylsystems darstellt.

In Zusammenschau der vorzitierten Bestimmungen ergibt sich für das Bundesamt unzweifelhaft, dass ein unbegründeter und missbräuchlicher Asylantrag vorliegt und jedenfalls auch eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit indiziert. Missbräuchliche und ungerechtfertigte Asylantrage insbesondere aus sicheren Herkunftsstaaten oder wenn keine Verfolgungsgründe vorgebracht wurden, blockieren das gesamte Asylsystem und stellen einen Missbrauch desselben dar und sind jedenfalls als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu werten. Nicht umsonst sieht der Gesetzgeber eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vor, um solche Personen so rasch wie möglich außer Landes zu bringen.

Weiters sind Sie nicht in der Lage, die Mittel zu Ihrem Unterhalt nachzuweisen, nachdem Sie sich in Grundversorgung befinden und keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen.

In Zeiten eines Migrationsstromes nach Mitteleuropa unter Missbrauch des Asylrechts als Einwanderungsrecht kann niemals als nur geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen gewertet werden. Hier sind nicht nur spezialpräventive sondern vor allem auch generalpräventive Überlegungen anzustellen. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des VwGH und VfGH steht fest, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 2007/01/0479).

Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn diese nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26.01.2010, 2008/22/0890, sowie schon zur Rechtslage nach dem FPG 1997 jenes vom 12.01.2000, 99/21/0357).

Da Sie offensichtlich nicht bereit sind, die österreichische Rechtsordnung (Missbrauch des Asylsystems) zu achten und beachten, kann die Behörde nur zum Schluss kommen, dass Ihr Aufenthalt in Österreich jedenfalls eine Gefahr für die Öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Ihre Verhaltensweise zeigt eindeutig, dass Sie nicht gewillt sind, sich rechtskonform zu verhalten, dies lässt auch für die Zukunft nichts Gutes vermuten. Wenn Sie schon zum jetzigen Zeitpunkt, nicht bereit sind, sich den in Österreich festgelegten rechtlichen und gesellschaftlichen Regeln zu unterwerfen, so kann die Behörde nur eine negative Zukunftsprognose Ihre Person betreffend befunden. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass gerade im Asylverfahren umfangreiche sowie mehrmalige Belehrungen in der Landessprache schriftlich wie auch mündlich erteilt werden. Zudem wurden Sie mehrmals in Anwesenheit eines Dolmetschers nachweislich mündlich belehrt. Dies alles hat Sie aber nicht davon abgehalten an Ihrem unbegründeten und missbräuchlichen Asylantrag festzuhalten.

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind Ihre familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in Ihrem Fall Art. 8 EMRK nicht. Es muss daher nun, unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

Weiters hat die Behörde bei Ihrer Entscheidung Artikel 11 Abs 3 RückführungsRL zu berücksichtigen, wonach in Einzelfällen aus humanitären Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots abgesehen werden kann. Hier ist zu vermerken, dass humanitäre Gründe in Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung geprüft wurden. Das dortige Prüfergebnis ist aus Sicht des Bundesamtes auch auf die humanitären Gründe Artikel 11 Abs. 3 RückführungsRL anzuwenden. Die humanitären Gründe des Artikel 11 Abs 3 RückführungsRL können nur so verstanden werden, dass sie deckungsgleich zu bewerten sind wie die Gründe für die Zuerkennung des humanitären Aufenthaltsrechts im Sinne des AsylG. Nachdem derartige Gründe nicht vorliegen, da sonst erstens eine Rückkehrentscheidung nicht zulässig und zweitens ein humanitäres Aufenthaltsrecht zu erteilen gewesen wäre, können diese humanitären Gründe jedenfalls nicht vorliegen und daher ist auch in diesem Einzelfall nicht von der Verhängung eines Einreiseverbotes im Sinne des Aritkel 11 Abs 3 abzusehen.

Die Gesamtbeurteilung Ihres Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte hat daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot ist daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Das Einreiseverbot bezieht sich gem. § 53 Abs. 1 FPG auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, womit lt. VwGH vom 22.5.2013, 2013/18/0021 jene Staaten erfasst sind, für die die Rückführungsrichtlinie, (RL 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) gilt.

Demnach umfasst das Einreiseverbot alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und das Vereinigte Königreich. Umfasst sind allerdings weiters Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.

Sie sind daher angewiesen, im festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet dieser Staaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages Ihrer Ausreise.

Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge wurde von der Einleitung des gegenständlichen Asylverfahrens unverzüglich verständigt.“ (AS 234 ff; Orthografie, Grammatik und Hervorhebung im Original)

1.3.3. Laut der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrung sei eine Beschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids schriftlich einzubringen. Eine rechtzeitige und zulässige Beschwerde habe aufschiebende Wirkung. Das bedeute, dass der Bescheid bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden könne. (AS 240)

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich im Wesentlichen aus seinen insoweit weitgehend gleichbleibenden, nachvollziehbaren und damit glaubhaften Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren (AS 21 ff, 119 ff). Vgl. auch die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid (AS 153 ff), denen der Beschwerdeführer in der Beschwerde (AS 277 ff) nicht entgegentrat. Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht in der Folge noch näher ein:

Den Angaben in der Erstbefragung folgend gehört der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Punjabi an (AS 21). Ausgehend von der behördlichen Einvernahme (AS 119) und den – unwidersprochen gebliebenen (AS 277 ff) – Feststellungen im angefochtenen Bescheid gehört der Beschwerdeführer hingegen der Volksgruppe der Awan an. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit vorbrachte, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob er zur Volksgruppe der Awan oder der Punjabi zählt.

Der Beschwerdeführer stellte in der behördlichen Einvernahme zunächst unmissverständlich klar, in seinem Herkunftsstaat eine eigene Landwirtschaft zu besitzen (AS 119). Dass der Beschwerdeführer insofern einen Grund haben könnte, wahrheitswidrige Angaben zu machen, ist nicht ersichtlich. Dafür, dass diese Angaben des Beschwerdeführers zutreffen, spricht überdies, dass seine Ehefrau nicht berufstätig sei und seine Kinder eine Privatschule besuchen, wobei der Beschwerdeführer den Schulbesuch selbst finanziere (AS 119). Vor diesem Hintergrund ist nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer nicht mehr Eigentümer der Landwirtschaft sein könnte (AS 133), zumal er nicht vorbrachte, dass seine Familie durch einen allfälligen Verkauf zur Finanzierung der Reise oder einen etwaigen Verlust der Landwirtschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers folgen seinen eigenen Angaben (AS 24) sowie den gänzlich unwidersprochen gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid (AS 154; vgl. AS 277 ff; vgl. auch OZ 2 [Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem]).

An den Urdu- und Punjabikenntnissen des Beschwerdeführers ist in Anbetracht seiner Angaben (AS 21) und des Umstands, dass die Erstbefragung problemlos in der Sprache Urdu (AS 22), die behördliche Einvernahme ebenso problemlos in der Sprache Punjabi (AS 113) stattfand, nicht zu zweifeln.

In der behördlichen Einvernahme nannte der Beschwerdeführer den 26.03.2020 als den Tag, an dem er Pakistan nach Europa verlassen habe (AS 119). Dieses Datum lässt sich mit den Angaben zur Reiseroute in der Erstbefragung (AS 25) und dem – in einer unbedenklichen Urkunde dokumentierten – Stellen des Antrags auf internationalen Schutz am 23.06.2020 in Einklang bringen. Auf dieser Grundlage konnte das Bundesverwaltungsgericht das Datum der Ausreise aus dem Herkunftsstaat und der Einreise in das österreichische Bundesgebiet feststellen.

Dass das Verfahren des Beschwerdeführers nicht zugelassen wurde, ergibt sich aus der im verwaltungsbehördlichen Akt enthaltenen Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 und § 15a AsylG 2005 (AS 37; Zustellnachweis: AS 107).

Hinsichtlich der Feststellungen zu den Lebensverhältnissen in Österreich verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die insoweit glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers (AS 23, 121) in Zusammenschau einem aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem (OZ 2).

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 2).

2.3. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.3.1. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen:

2.3.1.1. Nach seinem Fluchtgrund gefragt, gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung am 24.06.2020 an (AS 26): Sein Dorfvorstand habe gegen ihn, seinen Bruder und seinen Vater bei der Polizei ein Strafverfahren eingeleitet. Es werde behauptet, dass sie den Dorfvorstand mit Schutzgeld erpresst und versucht hätten, ihn zu ermorden. In diesem Strafverfahren seien fünf weitere Täter angeführt; insgesamt gebe es acht Beschuldigte. Sie seien für zwei Jahre inhaftiert worden. Nach der Entlassung sei gegen den Beschwerdeführer und seinen Onkel mütterlicherseits ein Anschlag verübt worden. Der Anschlag sei mitten auf einer Straße verübt worden, als der Beschwerdeführer mit einem PKW unterwegs gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei mit einer Eisenstange am Hinterkopf attackiert worden und ohnmächtig geworden. Sein Onkel sei schwer verletzt worden. Das Leben des Beschwerdeführers sei in Gefahr und er würde gerne seine Familie nachholen. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, erwiderte der Beschwerdeführer: „Angst um mein Leben“ (AS 26).

Am 13.07.2020 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Rechtsberaters vor der belangten Behörde einvernommen (AS 113). Der Leiter der Einvernahme erteilte dem Beschwerdeführer eine eingehende Belehrung unter anderem betreffend die Bedeutung der Angaben des Beschwerdeführers und die Mitwirkungspflicht im Verfahren (AS 115). Er wies den Beschwerdeführer ferner darauf hin, dass es diesem obliege, das Vorbringen möglichst detailreich wiederzugeben (AS 121). Der Beschwerdeführer bestätigte, im Verfahren bislang der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht (AS 117) und bei der Erstbefragung alle seine Fluchtgründe genannt zu haben (AS 123). Daran anschließend stellte der Leiter der Einvernahme dem Beschwerdeführer zahlreiche Fragen zum Fluchtvorbringen. Im Zuge dieser Befragung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass das Strafverfahren im Jahr 1999 gegen ihn eingeleitet worden sei und zwei Jahre gedauert habe (AS 123). In dieser Zeit sei der Beschwerdeführer im Gefängnis gewesen. Dann habe ihn der Richter als unschuldig erklärt und freigelassen. (AS 123) Danach befragt, wann er freigelassen worden sei, behauptete der Beschwerdeführer, er wisse es nicht mehr (AS 123, 129). Auch den Namen des zuständigen Richters konnte der Beschwerdeführer nicht nennen (AS 125). Der Beschwerdeführer bestätigte seine in der Erstbefragung gemachte Aussage, dass er beschuldigt worden sei, den Dorfvorstand auf Schutzgeld erpresst zu haben, und fügte hinzu: „Und entführt.“ (AS 123). Danach gefragt, warum er den Dorfvorstand auf Schutzgeld erpressen sollte und ob es angesichts der höheren Machtposition des Dorfvorstands umgekehrt nicht logischer wäre, behauptete der Beschwerdeführer, dass er, sein Vater und sein Bruder dem Dorfvorstand ein Dorn im Auge gewesen seien, da dieser von ihnen keine Wählerstimme bekommen habe (AS 123 f). Mit der Aussage in der Erstbefragung konfrontiert, dass der Beschwerdeführer auch beschuldigt werde, den Dorfvorstand ermorden zu wollen, behauptete der Beschwerdeführer zunächst, das stimme nicht, und erklärte nach nochmaliger Übersetzung, dass es stimme, er sei beschuldigt worden, habe es aber nicht gemacht (AS 125). Dieser Mann sei nicht mehr Dorfvorstand (AS 125). Auf die Frage, was vor dem Strafverfahren gewesen sei, gab der Beschwerdeführer lediglich an: „Wegen der Wahlen gab es Streitereien.“ Vom Leiter der Einvernahme zu weiteren Angaben aufgefordert, sagte der Beschwerdeführer: „Danach hat er mich beschuldigt. 2004 wurde unser Auto angehalten und ich und mein Onkel wurden geschlagen.“ (AS 125) Zu diesem behaupteten Vorfall stellte der Leiter der Einvernahme dem Beschwerdeführer zahlreiche Fragen (AS 127). Gefragt nach den Leuten, die den Anschlag verübt haben, behauptete der Beschwerdeführer, es seien Leute von XXXX gewesen. Dies wisse der Beschwerdeführer, wie auf eine weitere Frage angab, weil „er“ (damit sichtlich gemeint: XXXX ) auch dabei gewesen sei. Nach erneutem Nachfragen durch den Leiter der Einvernahme sagte der Beschwerdeführer, dass es sich bei dieser Person um den Dorfrat handle. Der Leiter der Einvernahme forderte den Beschwerdeführer auf, die Situation des Anschlags näher zu beschreiben, und zwar ab dem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer auf der Straße gefahren sei. Der Beschwerdeführer entgegnete: „Sie haben schon auf der Straße auf uns gewartet. Sie sperrten und den Weg ab. Vielleicht Sie jemand benachrichtigt das wir auf der Straße waren. Dann wurden wir angegriffen.“ (AS 127, Orthografie und Grammatik im Original) Befragt, welche Straße das gewesen und ob es eine öffentliche Straße gewesen sei, sagte der Beschwerdeführer: „Wir waren im Dorf XXXX auf dem Rückweg in der Stadt XXXX wurden wir angegriffen. Das war eine normale Straße.“ (AS 127, Orthografie und Grammatik im Original) Zum konkreten Geschehen machte der Beschwerdeführer auf Nachfrage folgende Angaben: „Ich wurde rausgezerrt. Dann wurden wir geschlagen. Ich erlitt eine Kopfverletzung mit einer Holzstange. Meinem Onkle wurden die Armen und Beine gebrochen.“ (AS 127, Orthografie und Grammatik im Original) Sein Onkel mütterlicherseits sei, wie der Beschwerdeführer auf die entsprechende Frage zu Protokoll gab, deswegen bedroht worden, weil er mit ihm, dem Beschwerdeführer, unterwegs gewesen sei. Der Onkel habe nichts damit zu tun gehabt. Der Onkel sei nach Südafrika ausgereist, weil sie („wir“) alle unter Druck gewesen seien. Sie („wir“) haben das Land verlassen. (AS 129) Darauf angesprochen, dass dem Beschwerdeführer keine staatliche Verfolgung drohe, wenn er seine Strafe bereits abgesessen habe, und gefragt, warum er Angst habe, zurückzukehren, behauptete der Beschwerdeführer nur, ohne dies näher auszuführen oder einen konkreten Vorfall in der jüngeren Vergangenheit zu nennen: „Ich werde noch immer schikaniert.“ (AS 131) In weiterer Folge vom Rechtsberater befragt, wie der Anschlag im Jahr 2004 mit der Flucht zusammenhänge, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er auch danach schikaniert worden sei und dauernd Stress gehabt habe, keine Ruhe. Vom Rechtsberater explizit befragt, was der letzte Vorfall gewesen sei, der den Beschwerdeführer zur Ausreise bewogen habe, gab dieser an: „AM 20.03.2020 wurde ich angegriffen, sie haben versucht, mich umzubringen. Der Dorfvorstand beabsichtigt meine Landwirtschaft in Besitz zu nehmen und möchte mich aus dem Weg räumen.“ (AS 133; Orthografie und Grammatik im Original) Im Zuge der weiteren konkreten Befragung durch den Leiter der Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer, er sei auf dem Motorrad auf dem Weg in die Stadt gewesen und verfolgt worden. Es seien zwei Motorräder mit vier Personen gewesen. Jemand habe den Beschwerdeführer angerufen und ihm gesagt, er solle aufpassen, er werde verfolgt. Dann sei er geflohen. Er sei schnell in die Stadt gefahren, er habe die Geschwindigkeit erhöht. Der Beschwerdeführer bestätigte, dass er, während er auf dem Motorrad gefahren sei und zwei Motorräder hinter ihm gewesen seien, telefoniert und dabei erfahren habe, dass er verfolgt werde. Auf die Fragen des Rechtsberaters, was dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr drohen würde und ob es einen Haftbefehl gebe, antwortete der Beschwerdeführer: „nein.“ (AS 133; Orthografie und Grammatik im Original).

2.3.1.2. Die belangte Behörde gelangte im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, dass nicht feststellbar sei, dass der Beschwerdeführer in Pakistan einer asylrelevanten individuellen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder im Falle der Rückkehr einer solchen ausgesetzt wäre (AS 154). Diesen Ausführungen lagen vor allem folgende Erwägungen zugrunde (AS 215 ff):

Angesichts der Angaben des Beschwerdeführers in der behördlichen Einvernahme und des Umstands, dass der Beschwerdeführer diese Angaben auch nur machte, nachdem ihm der Leiter der Einvernahme immer wieder konkrete Fragen gestellt bzw. nachgefragt hatte (vgl. AS 123 ff und oben unter 2.3.1.1.; vgl. in diesem Sinne auch die Beweiswürdigung der Behörde: AS 216), ist der Behörde zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe insgesamt sehr vage und oberflächlich geschildert habe, sodass sich daraus kein konkretes ihn persönlich betreffendes glaubhaftes Geschehen ableiten lasse (AS 218). Das Bundesverwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang – in Übereinstimmung mit der Behörde (AS 217 f) – exemplarisch auf die Angaben des Beschwerdeführers zum angeblichen Anschlag im Jahr 2004, anhand der zweifellos zu erkennen ist, dass die Argumentation der Behörde nicht zu beanstanden ist (vgl. bereits 2.3.1.1.): Trotz der Belehrung, dass es ihm obliege, sein Vorbringen möglichst detailreich zu schildern (AS 121), machte der Beschwerdeführer von sich aus nur äußerst vage Angaben (AS 125) und selbst nach mehrfachem und konkretem Nachfragen durch den Leiter der Einvernahme erreichten die Antworten keine inhaltliche Tiefe, blieben oberflächlich und vermittelten nicht den Eindruck, der Beschwerdeführer habe tatsächlich Erlebtes geschildert (AS 127 ff). Hervorgehoben sei etwa, dass der Beschwerdeführer, gefragt nach den – von ihm bis dahin nicht näher benannten (z. B. AS 26, 125) – Leuten, die den Anschlag im Jahr 2004 verübt haben sollen, behauptete, es seien Leute von XXXX gewesen. Dies wisse der Beschwerdeführer, wie auf eine weitere Frage angab, weil „er“ (damit sichtlich gemeint: XXXX ) auch dabei gewesen sei. Demnach hätten XXXX und dessen Leute den Anschlag auf den Beschwerdeführer verübt, was in der ersten Antwort bzw. in der vom Beschwerdeführer zunächst gewählten Formulierung „Leute von XXXX “ (AS 127, Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht) jedoch überhaupt nicht zum Ausdruck kommt. Der Behörde ist auch nicht entgegenzutreten, soweit sie Antworten des Beschwerdeführers auf konkrete Fragen zum angeblichen Vorfall im Jahr 2004 als ausweichend qualifizierte (AS 218). In Anbetracht dessen, dass die angebliche Inhaftierung für eine Dauer von zwei Jahren durchaus ein wesentliches Element des Vorbringens darstellt, ist, wie die Behörde aufzeigte, auch bemerkenswert, dass der Beschwerdeführer den Zeitpunkt der Entlassung aus der angeblichen Haft nicht (näher) angeben konnte (AS 216). In der Tat ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, wäre er wegen eines prägenden und einschneidenden Erlebnisses zur Ausreise aus dem Herkunftsstaat gezwungen gewesen, ein solches Ereignis auch konkret, detailliert, widerspruchfrei und richtig datiert vorgebracht hätte (AS 218 f).

Zutreffend erkannte die belangte Behörde ferner einen gravierenden Widerspruch in den Angaben des Beschwerdeführers zum Gegenstand, mit dem er im Zuge des angeblichen Vorfalls im Jahr 2004 geschlagen worden sei (AS 217). Während der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angegeben hatte, er sei mit einer Eisenstange geschlagen worden (AS 26), behauptete er gegenüber der Behörde, mit einer Holzstange attackiert worden zu sein (AS 127). Dieser Widerspruch ist nur damit zu erklären, dass der Beschwerdeführer keine tatsächlichen Erlebnisse, sondern eine konstruierte Fluchtgeschichte schilderte, die er nicht stringent wiederzugeben imstande war (AS 217).

Schlüssig zeigte die belangte Behörde auch erhebliche Implausibilitäten im Vorbringen des Beschwerdeführers auf (AS 216 ff): Es leuchtet keineswegs ein, dass der Beschwerdeführer – wie es jedoch aus seinen Angaben mehrheitlich folgt – wegen angeblicher Vorfälle im Jahr 1999 und 2004 seinen Herkunftsstaat im Jahr 2020 hätte verlassen sollen. Hätten sich die Ereignisse wie vom Beschwerdeführer behauptet zugetragen, wäre, wie die Behörde nachvollziehbar ausführte, davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht noch viele Jahre im Herkunftsstaat geblieben wäre. Im Übrigen pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Behörde auch insofern bei, dass nicht einsichtig ist, dass zahlreiche Familienangehörige des Beschwerdeführers weiterhin – mangels gegenteiliger Angaben des Beschwerdeführers – sichtlich unbehelligt in Pakistan leben und namentlich seine Kinder dort eine Privatschule besuchen können sollten, entspräche sein Vorbringen den Tatsachen (AS 218).

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich auch den Erwägungen der Behörde an, dass das am Ende der behördlichen Einvernahme im Zuge der Befragung durch den Rechtsberater erstmals vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen, er sei weiterhin bedroht und am 20.03.2020 zuletzt angegriffen worden, nicht glaubhaft ist (AS 218). Die Behörde legte – vor dem Hintergrund der bis zu diesem Zeitpunkt vom Beschwerdeführer gemachten Angaben – schlüssig dar, dass es sich bei besagtem Vorbringen um eine Steigerung handelt. Träfe das Vorbringen des Beschwerdeführers zu, hätte er die ihn persönlich und direkt betreffende Bedrohung (man habe ihn aus dem Weg räumen wollen; AS 133), die der Ausreise (zeitlich) unmittelbar vorangegangen sei, - auch mit Blick auf das Wesen der Erstbefragung (vgl. § 19 Abs 1 AsylG 2005) – wohl schon in der Erstbefragung erwähnt, spätestens aber in der behördlichen Einvernahme, als ihn der Leiter fragte, ob er bei der Erstbefragung alle Fluchtgründe genannt habe (AS 123). Der Behörde ist außerdem zuzustimmen, dass die vom Beschwerdeführer – im Zuge der weiteren Befragung – geschilderte Bedrohungssituation, die sich am 20.03.2020 zugetragen habe (vgl. 2.3.1.1.), unrealistisch und geradezu lebensfremd erscheint (AS 218).

2.3.1.3. Der Beschwerdeführer gibt in der Beschwerde zusammengefasst wieder, was er im bisherigen Verfahren vorgebracht habe, und hält anschließend fest, dass dem Vorbringen keine Glaubwürdigkeit (gemeint wohl: Glaubhaftigkeit) beigemessen werde. Indem der Beschwerdeführer anschließend behauptet, seine Angaben seien schlüssig und keineswegs „‘sehr vage und oberflächlich‘“, und festhält, dass nicht die geringste Ermittlungstätigkeit entfaltet worden sei, bestreitet er die behördliche Beweiswürdigung keineswegs substantiiert und er bringt auch keine relevante Neuerung vor. (AS 279) Angesichts des Inhalts und Verlaufs der behördlichen Einvernahme gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass die belangte Behörde ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nachgekommen ist; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236. Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf seine Ausführungen oben unter 2.3.1.1., aus denen sich fraglos ergibt, dass der Leiter der Einvernahme dem Beschwerdeführer zahlreiche konkrete Fragen stellte und zu näheren Angaben aufforderte. Damit wirkte die belangte Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hin, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Zu beachten ist überdies, dass aus § 18 AsylG 2005 keine Verpflichtung abgeleitet werden kann, Umstände ermitteln zu müssen, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat; vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202. Ferner zieht § 18 AsylG 2005 nicht die Pflicht nach sich, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen; vgl. VwGH 15.10.2018, Ra 2018/14/0143. Insbesondere kann keine Verpflichtung der belangten Behörde erkannt werden, den Beschwerdeführer zu seinem Standpunkt dienlichen Angaben durch zielgerichtete Befragung gleichsam anzuleiten. Das – ohnedies nicht begründete oder anhand konkreter Beispiele veranschaulichte – Vorbringen in der Beschwerde entbehrt damit jeglicher Grundlage.

Auch mit dem Beschwerdevorbringen, die Angaben des Beschwerdeführers hätten durchaus überprüft und in der Folge verifiziert oder falsifiziert werden können (AS 279), zeigt der Beschwerdeführer weder Mängel im Ermittlungsverfahren noch in der Begründung des angefochtenen Bescheids auf. Zum einen ist bemerkenswert an diesem Vorwurf gegenüber der Behörde, dass der Beschwerdeführer nicht einmal selbst davon ausgeht, dass die Behörde, hätte sie die angeblich gebotene Überprüfung seiner Angaben nicht vermeintlich unterlassen, jedenfalls zu dem Schluss gekommen wäre, seine Angaben entsprächen den Tatsachen (arg.: verifiziert oder falsifiziert). Zum anderen setzte sich die Behörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ohnedies umfassend und konkret auseinander und würdigte es individuell (AS 215 bis 219). Dabei gelangte die Behörde eindeutig zum Ergebnis, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei, und ging dementsprechend von keiner asylrelevanten individuellen Verfolgung des Beschwerdeführers aus (AS 154, 219). In der Diktion des Beschwerdeführers: Damit falsifizierte die Behörde sein Vorbringen. Im Übrigen weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass der Beschwerdeführer – trotz dezidierter Frage nach Beweisen für sein Vorbringen – einen angeblich existierenden Polizeibericht bis zum heutigen Tag nicht vorlegte (AS 117, 277 ff).

Das Bundesverwaltungsgericht geht somit davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich kein verfahrensrelevantes Vorbringen mehr zu erstatten hat, andernfalls ein solches wohl in der Beschwerde erstattet worden wäre. Das Bundesverwaltungsgericht geht ferner davon aus, dass sowohl das Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde insofern ausreichend korrekt durchgeführt als auch der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollständig erhoben wurde.

2.3.1.4. Aus den bisherigen Erwägungen schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den oben dargestellten und vom Beschwerdeführer nicht (substantiiert) bestrittenen Argumenten der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen eine konkret gegen ihn gerichtete asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht habe, an.

Die entsprechende Beweiswürdigung der Behörde erscheint dem Bundesverwaltungsgericht logisch konsistent, in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers individuell und konkret auseinandergesetzt. Daran anknüpfend traf sie aufgrund einleuchtender und überzeugender Erwägungen ihre Feststellungen. Die Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheids die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, den Feststellungen, der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegenzutreten, dass Zweifel an deren Inhalt aufgekommen wären. In Übereinstimmung mit der belangten Behörde gelangt das Bundesverwaltungsgericht deshalb zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Pakistan keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt war und auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Der Vollständigkeit halber merkt das Bundesverwaltungsgericht an, dass es mit der Regelung des § 19 Abs 1 AsylG 2005, wonach sich die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen habe, keineswegs unvereinbar ist, dass die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung auch (aber keineswegs ausschließlich) die Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung berücksichtigte. Es bestehen zwar Bedenken gegen eine unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung; vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0061 mwN. Ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert. Die Verwaltungsbehörde und das Bundesverwaltungsgericht können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung also durchaus die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen; vgl. z. B. VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/01. Gegenständlich kommt hinzu, dass sich die Behörde vom Beschwerdeführer einen persönlichen Eindruck verschaffte (vgl. VwGH 24.03.2015, Ra 2014/19/0143) und der Beschwerdeführer in der behördlichen Einvernahme ausdrücklich bestätigte, im Verfahren bislang der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht (AS 117) und bei der Erstbefragung alle seine Fluchtgründe genannt zu haben (AS 123). Vor diesem Hintergrund war es der Behörde keineswegs verwehrt, angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer gegen Ende (!) der behördlichen Einvernahme erstmals erwähnte, dass man ihn am 20.03.2020 angegriffen und umzubringen versucht habe (AS 133), von einer Steigerung des Vorbringens auszugehen (AS 218). Es wäre unter den konkreten Umständen zumutbar und zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer dieses angebliche Ereignis, das sich wenige Tage vor der Ausreise zugetragen habe und, wäre es tatsächlich passiert, grundsätzlich als einschneidend und dramatisch anzusehen wäre, bereits in der Erstbefragung zumindest anspricht, spätestens aber anlässlich der Fragen in der behördlichen Einvernahme, ob er bislang der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und in der Erstbefragung alle seine Fluchtgründe genannt habe (AS 117, 123). Ebenso wenig begegnet es gegenständlich Bedenken, dass die Behörde zutreffend auf erhebliche Diskrepanzen in den Angaben des Beschwerdeführers dazu, mit welchem Gegenstand er beim angeblichen Vorfall im Jahr 2004 attackiert worden sei, hinwies (AS 217).

2.3.2. Zu den Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.3.2.1. Laut den von der belangten Behörde herangezogenen und im angefochtenen Bescheid (AS 155 bis 213) enthaltenen Länderfeststellungen sieht sich Pakistan mit Herausforderungen wie Terrorismus und Extremismus konfrontiert, welche vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei zielen, jedoch auch politische Gegner, Medienvertreter und religiöse Minderheiten betreffen. Terroranschläge werden vor allem in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa sowie in Großs

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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