TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/1 W224 2231599-1

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Veröffentlicht am 01.09.2020
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Entscheidungsdatum

01.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §31 Abs4
StudFG §49 Abs3
StudFG §51 Abs1 Z3
StudFG §6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W224 2231599-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 23.03.2020, DokNr. 451582801, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 31 Abs. 4 Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG, BGBl. I Nr. 305, in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2019, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer hat am 01.07.2019 sein Bachelorstudium „Marketing & Sales“ an der FH der WKO Wien abgeschlossen und betreibt seit dem Wintersemester 2019 (WS19) das Masterstudium „Management Psychology“ in Großbritannien.

2.       Mit Bescheid vom 07.12.2018 der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, wurde dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 01.12.2018 auf Gewährung einer Studienbeihilfe, ab September 2018 für das Bachelorstudium „Marketing & Sales“ an der FH WKO Wien, eine monatliche Studienbeihilfe von € 564,00 gewährt. Bei der Antragstellung habe der Beschwerdeführer angekreuzt, dass er die Zuverdienstgrenze von € 10.000,00 nicht überschreiten würde. Im Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass eine neuerliche Berechnung des Anspruches durchgeführt werde, sobald die Einkommensdaten des betreffenden Kalenderjahres vollständig vorlägen. Dadurch könne sich eine Nachzahlung oder auch eine Rückzahlung ergeben.

3.       Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 24.01.2020, wurde ausgesprochen, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe während des Kalenderjahres 2018 in einem Ausmaß von € 2.256,00 geruht habe. Dieser Betrag sei daher zurückzuzahlen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nunmehr sämtliche Nachweise über das Einkommen des Beschwerdeführers im Kalenderjahr 2018 vorlägen und deswegen sei eine Neuberechnung des Anspruches für das Kalenderjahr 2018 durchgeführt worden. Die Berechnungen auf Grund des tatsächlich dem Beschwerdeführer zugeflossenen Einkommens 2018 hätten ergeben, dass dieser 2018 einen geringeren Anspruch auf Studienbeihilfe habe als ursprünglich zuerkannt.

4.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht per E-Mail das Rechtsmittel der Vorstellung. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im gesamten Studienjahr nicht zu viel verdient habe. Nach der Berechnungsmethode nach Kalenderjahr, habe er aber 2018 zu viel verdient, wobei das zwar möglicherweise eine praktische Berechnungsmethode sei, aber eine nachteilige Berechnungsmethode für die/den Studierende/n. Der Beschwerdeführer habe von September bis Dezember 2018 mehr arbeiten können und müssen, da er in diesem Zeitraum noch weniger im Studium gefordert gewesen sei. Normalerweise wäre der Aufwand über das Studienjahr konstant gewesen. Dies habe er getan, um von Jänner bis Studienabschluss weniger arbeiten zu müssen um sich auf den Studienabschluss konzentrieren zu können. Für die Studienbeihilfe werde das Kalenderjahr als Bemessungsgrundlage herangezogen, was für ihn als ordentlichen Studierenden definitiv nachteilig sei. Er müsse ja nach dem Studienjahr leben und vor allem habe er auch nur nach dem Studienjahr arbeiten können. Es werde darum gebeten, zur Berechnung der Studienbeihilfe nicht das Kalenderjahr, sondern das Studienjahr zu berücksichtigen. Er wolle damit auch gleich einen Prozess anstoßen, der dieses Problem für die Zukunft löse. Eine dauerhafte Berechnung erscheine nach Studienjahr weitaus sinnvoller als eine Berechnung nach Kalenderjahr.

5. Mit Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23.03.2020, DokNr. 451582801, wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und der Bescheid vom 24.01.2020 bestätigt. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass sich aus dem StudFG eindeutig ergebe, dass die Berücksichtigung eigener Einkünfte nach Kalenderjahren erfolge. Für eine aussagekräftige Feststellung des Ausmaßes der sozialen Bedürftigkeit sei bei jeder Art von Einkommen die Berechnung der Studienbeihilfe nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten, also nach dem Kalenderjahr, zu bewerten. Auch die Informationsfolder der Studienbeihilfenbehörde über die Auswirkung eigener Einkünfte würden darauf hinweisen. Der Gesetzgeber verwende an keiner Stelle des StudFG das Wort „Jahr“, wenn er ein „Studienjahr“ meine. Wenn der Gesetzgeber auf ein Studienjahr abstellen wolle, verwende er dafür auch diesen Terminus. Auch in der Bestimmung des § 31 Abs. 4 StudFG meine der Gesetzgeber nicht das Studienjahr, sondern eben jenes „gesamte Jahr“, für welches auch die Zuverdienstgrenze von € 10.000,00 gelte, seien doch sowohl die zumutbaren Eigenleistungen als auch der Betrag von € 10.000,00 und die Bemessungsgrundlage auf das jeweilige Kalenderjahr bezogen. Dass die Bestimmung des § 13 Abs. 4 StudFG auf § 12 Abs. 3 StudFG verweise, ändere an dieser Beurteilung nichts. Demnach hätten die Antragsteller/innen nämlich eine Erklärung über ihr Einkommen in den Zeiträumen anzugeben, für die sie Studienbeihilfe beantragen, weil ja das Einkommen der Studierenden nur insoweit für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit heranzuziehen sei, als es in Zeiträumen bezogen wird, für die auch Studienbeihilfe zuerkannt worden sei. Jedoch seien auf der Einkommenserklärung (SB6) die Angaben über das voraussichtliche Einkommen derart dargestellt, dass daraus klar ersichtlich sei, wie viel der Studierende pro Kalenderjahr (Jänner bis Dezember) voraussichtlich verdienen werde. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, eine Aliquotierung der Zuverdienstgrenze vorzunehmen, wenn nicht während eines gesamten Kalenderjahres Studienbeihilfe bezogen werde.

6.       In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden wurde seitens des Beschwerdeführers im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass nicht nur im Namen der Behörde, sondern auch in Foldern und anderen Informationsseiten der Website durchgehend die Wörter „Studien“ oder „Studium“ erwähnt werden und daher auch der Studiumskontext gebildet werde. In den Foldern werde nur von „Jahr“ und nicht nur mehrmals, sondern tatsächlich, so gut wie in jedem zweiten Satz von „Studium“ oder „Studien“ geschrieben. Der Beschwerdeführer als Laie, Leser der Folder und auch noch Student, gehe davon aus, dass eine „Studien“beihilfe, die ihn als Student unterstützen solle, sich auch auf den „Studiumskontext“ beziehe und daher auf das Studienjahr. Er meine, dass er durch die Bezeichnung „Jahr“ nicht ausreichend informiert und daher irregeführt worden sei. Er werde in seinem „Studiumskontext“ auf „Studium“ „geprimed“. Das „Priming“ sei ein nachgewiesener Effekt in der Psychologie, wobei der Kontext unbewusst die Wahrnehmung beeinflusse. Demnach habe der Beschwerdeführer aufgrund der mangelnden Auszeichnung automatisch in das Wort „Jahr“ „Studienjahr“ impliziert. Dies könne umgangen werden, wenn dies eindeutig ausgezeichnet wäre, was nicht der Fall gewesen sei.

7. Mit Schreiben vom 02.06.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 05.06.2020, wurde die Beschwerde samt Verfahrensakten an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat am 01.07.2019 das Bachelorstudium „Marketing & Sales“ an der FH der WKO Wien abgeschlossen und betreibt seit dem Wintersemester 2019 das Masterstudium „Management Psychology“ in Großbritannien.

Im Kalenderjahr 2018 bezog der Beschwerdeführer von September bis Dezember insgesamt € 2.256,00 Studienbeihilfe.

Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2018 insgesamt ein Einkommen in der Höhe von € 7.008,00 (Bruttobezüge von € 8,828,00, abzüglich des Sozialversicherungsbeitrages von € 1.402,00, abzüglich einer Pendlerpauschale von € 226,00 sowie abzüglich der Sonderausgaben- und Werbungskostenpauschale in der Höhe von insgesamt € 192,00).

Beim Bezug einer Beihilfe von vier Monaten in einem Kalenderjahr beträgt die Zuverdienstgrenze aliquot € 3.333,00. Der Beschwerdeführer hat die Zuverdienstgrenze um € 3.675,00 überschritten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die Höhe des Einkommens im Jahre 2018 ist den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen und wurde auch seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten.

Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden und ist aktenkundig unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305, in der Fassung BGBl. I Nr. 31/2018, lauten:

„Voraussetzungen

§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, daß der Studierende

1. sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12),

2. noch kein Studium (§ 13) oder keine andere gleichwertige Ausbildung absolviert hat,

3. einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),

4. das Studium, für das Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen hat. Diese Altersgrenze erhöht sich

a) für Selbsterhalter gemäß § 27 um ein weiteres Jahr für jedes volle Jahr, in dem sie sich länger als vier Jahre zur Gänze selbst erhalten haben, höchstens jedoch um insgesamt fünf Jahre,

b) für Studierende gemäß § 28, die zur Pflege und Erziehung mindestens eines Kindes gesetzlich verpflichtet sind, um fünf Jahre,

c) für behinderte Studierende gemäß § 29 um fünf Jahre,

d) für Studierende, die ein Masterstudium aufnehmen, um fünf Jahre, sofern sie das Bachelorstudium vor Überschreitung der Altersgrenze unter Berücksichtigung der lit. a bis c begonnen haben.

[…]

Zumutbare Unterhalts- und Eigenleistungen

§ 31

[…]

(4) Die zumutbare Eigenleistung für Studierende umfasst den 10 000 Euro übersteigenden Betrag ihrer Bemessungsgrundlage; diese Grenze verringert sich aliquot, wenn nicht während des gesamten Jahres Studienbeihilfe bezogen wird. Bei der Berechnung der Studienbeihilfe ist hinsichtlich der zumutbaren Eigenleistung vorerst von den Angaben des Studierenden gemäß § 12 Abs. 3 auszugehen. Nach Vorliegen sämtlicher Nachweise über das Jahreseinkommen ist eine abschließende Berechnung durchzuführen. Die Differenz der ausbezahlten Studienbeihilfe zu einer sich dabei ergebenden höheren Studienbeihilfe ist von der Studienbeihilfenbehörde an den Studierenden auszubezahlen.

[…]

Ruhen des Anspruchs

§ 49

[…]

(3) Der Anspruch auf Studienbeihilfe ruht während eines Kalenderjahres in dem Ausmaß, in dem die Bemessungsgrundlage des Studierenden den Betrag gemäß § 31 Abs. 4 übersteigt. Einkünfte des Studierenden in Monaten, für die keine Studienbeihilfe ausbezahlt wird, bleiben dabei außer Betracht. Ein Verzicht auf die weitere Auszahlung der zuerkannten Studienbeihilfe wirkt für den verbleibenden Zeitraum der Zuerkennung.

[…]

Rückzahlung

§ 51 (1) Studierende haben zurückzuzahlen:

[…]

3. Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden;

[…].“

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

2.1. Bei den Ansprüchen auf Studienbeihilfe nach den Bestimmungen des StudFG handelt es sich um zeitraumbezogene Ansprüche (vgl. VwGH vom 18.03.1992, 91/12/0077; VwGH vom 22.03.1995, 94/12/0360). Es ist daher nicht die im Zeitpunkt der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltende Rechtslage maßgeblich, sondern ist eine zeitraumbezogene Beurteilung vorzunehmen (vgl. VwGH vom 14.07.2011, 2009/10/0177 unter Hinweis auf VwGH vom 19.04.1995, 95/12/0009). Es ist somit auf die Rechtslage abzustellen, die für den Bezug der Studienbeihilfe im Kalenderjahr 2018 maßgeblich war.

2.2. Die belangte Behörde stützt die Rückzahlungsforderung der vom Beschwerdeführer in den Monaten September bis Dezember 2018 bezogenen Studienbeihilfe auf § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG, demzufolge Studierende Studienbeihilfenbeträge zurückzuzahlen haben, die während des Ruhen des Anspruches ausbezahlt wurden.

Der Anspruch auf Studienbeihilfe ruht gemäß § 49 Abs. 3 StudFG während eines Kalenderjahres in dem Ausmaß, in dem die Bemessungsgrundlage des Studierenden den Betrag gemäß § 31 Abs. 4 StudFG übersteigt; Einkünfte des Studierenden in den Monaten, für die keine Studienbeihilfe ausbezahlt wird, bleiben dabei außer Betracht. Das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe tritt ex lege bei Vorliegen der im Gesetz abschließend geregelten Tatbestände ein (vgl. VwGH vom 18.12.2003, 99/12/0159).

Gemäß § 31 Abs. 4 StudFG umfasst die zumutbare Eigenleistung für Studierende den € 10.000,00 übersteigenden Betrag ihrer Bemessungsgrundlage; diese Grenze verringert sich aliquot, wenn nicht während des gesamten Jahres Studienbeihilfe bezogen wird. Bei der Berechnung der Studienbeihilfe ist vorerst von den Angaben des Studierenden auszugehen. Nach Vorliegen sämtlicher Nachweise über das Jahreseinkommen ist eine abschließende Berechnung durchzuführen.

2.3. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer nicht während des gesamten Jahres 2018 Studienbeihilfe bezogen, sondern nur in vier von zwölf Monaten. Die belangte Behörde ist daher davon ausgegangen, dass sich der Betrag von € 10.000,00 aliquot auf 4/12 verringert (€ 3.333,00).

2.4. Der Beschwerdeführer vermeint nunmehr, dass der Begriff „Jahr“ in der maßgeblichen Bestimmung sich nur auf „Studienjahr“ und nicht auf ein „Kalenderjahr“ beziehen könne.

Dieser Ansicht des Beschwerdeführers ist aus folgenden Gründen nicht zu folgen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber an keiner Stelle des StudFG das Wort „Jahr“ verwendet, wenn er ein „Studienjahr“ meint. Wenn der Gesetzgeber auf ein „Studienjahr“ (im Sinne von Anfang Oktober bis Ende September des Folgejahres) abstellen will, verwendet er dafür auch diesen Terminus (vgl. etwa § 11 Abs. 1 oder § 23 Z 2 StudFG). Auch in der Bestimmung des § 31 Abs. 4 StudFG meint der Gesetzgeber nicht das „Studienjahr“, sondern eben jenes „gesamte Jahr“, für welches die Zuverdienstgrenze von € 10.000,00 gilt, sind doch sowohl die zumutbaren Eigenleistungen als auch der Betrag von € 10.000,00 und die Bemessungsgrundlage auf das jeweilige Kalenderjahr bezogen. Dass die Bestimmung des § 31 Abs. 4 StudFG auf § 12 Abs. 3 StudFG verweist, ändert an dieser Beurteilung nichts. Demnach hat der Beschwerdeführer nämlich eine Erklärung über sein Einkommen in den Zeiträumen anzugeben, für die er Studienbeihilfe beantragt, weil ja das Einkommen des Studierenden nur insoweit für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit heranzuziehen ist, als es in Zeiträumen bezogen wird, für die auch Studienbeihilfe zuerkannt wird. Jedoch sind auf der Einkommenserklärung (SB6) die Angaben über das voraussichtliche Einkommen derart dargestellt, dass daraus klar ersichtlich ist, wie viel der Studierende pro Kalenderjahr (Jänner bis Dezember) voraussichtlich verdient.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Erläuterungen zu § 31 Abs. 4 StudFG zu verweisen: Den Erläuterungen zu § 31 Abs. 4 StudFG ist nämlich zu entnehmen, dass die Höhe der Einkommensgrenze vor Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2014 (vormals: € 8.000) unabhängig davon galt, ob Studienbeihilfe während des gesamten Jahres oder nur während eines Monats parallel zum Einkommen bezogen wurde. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40/2014, wurde das StudFG jedoch dahingehend geändert, dass die Einkommensgrenze (nunmehr € 10.000) nur gilt, „sofern während zwölf Monaten parallel Studienbeihilfe und Einkommen bezogen werden. Wird nur für einen geringeren Zeitraum neben der Studienbeihilfe Einkommen aus Berufstätigkeit erzielt, reduziert sich die Einkommensgrenze im aliquoten Ausmaß (für sechs Monate Parallelbezug von Studienbeihilfe und Einkommen beträgt die Grenze demnach 5 000 Euro)“ (vgl. RV 53 BlgNR XXV. GP, 33).

Der Gesetzgeber hat sich demnach mit der neuen Gesetzeslage bewusst dafür entschieden, eine Aliquotierung der Zuverdienstgrenze vorzunehmen, wenn der Studierende nicht während des gesamten Kalenderjahres Studienbeihilfe bezieht.

2.5. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Zuverdienstgrenze von € 10.000 für das Kalenderjahr 2018 im vorliegenden Fall auf aliquot auf 4/12 zu verringern war. Anspruch auf Studienbeihilfe ruhte im gegenständlichen Fall gemäß § 49 Abs. 3 StudFG während des Bezugszeitraumes (September bis Dezember) im Kalenderjahr in dem Ausmaß, in dem die Bemessungsgrundlage des Beschwerdeführers den Betrag von € 3.333,00 überstieg.

Die Bemessungsgrundlage des Studierenden umfasst das Einkommen gemäß den §§ 8 bis 10 StudFG. Das Einkommen des Beschwerdeführers im Sinne des StudFG beläuft sich in den Monaten September bis Dezember 2018 sich auf € 7.008,00. Dies entspricht der Bemessungsgrundlage.

Da die Bemessungsgrundlage den Betrag von € 3.333,00 um € 3.675,00 überschreitet, ruhte der Anspruch auf Studienbeihilfe daher gemäß § 49 Abs. 3 StudFG während des Bezugszeitraumes (September bis Dezember) im Kalenderjahr 2018 im (die ausbezahlte Studienbeihilfe übersteigenden) Ausmaß von € 3.675,00.

Der Beschwerdeführer überschritt die Zuverdienstgrenze um € 3.675,00. Da jedoch nur € 2.256,00 ausbezahlt worden sind, konnte auch nur dieser Beitrag zurückgefordert werden. Der Betrag von € 2.256,00 ist an den Beschwerdeführer während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt worden. Aus diesem Grund ist dieser Beitrag an die Studienbeihilfenstelle zurückzuzahlen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.6. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Frage, ob die Rückforderung der in den Monaten September bis Dezember 2018 ausbezahlten Studienbeihilfe zu Recht erfolgte, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch den Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien festgestellt wurde und diesem in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen (zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Fallbezogen wurde in der Beschwerde ausschließlich eine Rechtsfrage aufgeworfen.

Einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Beschwerdeführer nicht, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung von Amts wegen ist nicht erforderlich.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt fallgegenständlich an einer konkreten einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur maßgeblichen Bestimmung des § 31 Abs. 4 StudFG, wobei nicht eindeutig ist, ob in der Wendung „wenn nicht während des gesamten Jahres Studienbeihilfe bezogen wird“ das Kalenderjahr oder das Studienjahr gemeint ist. Die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage im Rahmen einer ordentlichen Revision soll darauf fokussieren, ob § 31 Abs. 4 StudFG dahingehend auszulegen ist, dass eine Aliquotierung der „Zuverdienstgrenze“ (€ 10.000) in jenen Fällen zu erfolgen hat, in denen der Studierende nicht während des gesamten Kalenderjahres Studienbeihilfe bezogen hat, oder aber ob die Aliquotierung der „Zuverdienstgrenze“ in Abhängigkeit vom Studienbeihilfenbezug während des Studienjahres vorzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof möge darlegen, ob § 31 Abs. 4 StudFG dahingehend auszulegen ist, dass die Einkommensgrenze von € 10.000,00 auf ein „Studienjahr“ oder ein „Kalenderjahr“ zu beziehen ist.

Schlagworte

Aliquotierung Berufstätigkeit Jahreseinkommen Kalenderjahr Neuberechnung Rechtsfrage Rechtslage Revision zulässig Rückzahlungsanspruch Rückzahlungsverpflichtung Ruhen des Anspruchs soziale Bedürftigkeit Studienbeihilfe - Ruhen Studienbeihilfenberechnung Studienjahr Zuverdienstgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W224.2231599.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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