TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/18 99/12/0159

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Veröffentlicht am 18.12.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
72/13 Studienförderung;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs6 litb idF 1998/I/148;
AlVG 1977 §12;
ASVG §5 Abs2 idF 1997/I/139;
ASVG §5 Abs2 litc;
ASVG §5;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
StudFG 1992 §10 Z1;
StudFG 1992 §10 Z2;
StudFG 1992 §10;
StudFG 1992 §41 Abs1;
StudFG 1992 §49 Abs3 idF 1999/I/023;
StudFG 1992 §49 Abs4 idF 1997/I/098;
StudFG 1992 §6;
StudFG 1992 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der M in D, vertreten durch MMag. Ewald Lichtenberger, Rechtsanwalt in Wien 1., Kohlmarkt 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) vom 13. April 1999, Zl. 54.013/13- I/D/4a/99, betreffend Ruhen der Studienbeihilfe gemäß § 49 Abs. 4 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin studiert seit dem Sommersemester 1995/96 an der Universität Wien die Studienrichtung Rechtswissenschaften; am 5. Oktober 1997 stellte sie an die zuständige Stipendienstelle der Studienbeihilfenbehörde den Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 bewilligte die Studienbeihilfenbehörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Studienbeihilfe ab 1. Oktober 1998 und stellte mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag gemäß §§ 8 Abs. 4 und 49 Abs. 4 StudFG bescheidmäßig fest, dass der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Studienbeihilfe ab Oktober 1998 ruhe.

In der Begründung des zuletzt genannten Bescheides führte die Studienbeihilfenbehörde aus, dass die Beschwerdeführerin einen Einheitswertbescheid vorgelegt habe, in dem der Einheitswert des von ihr betriebenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit S 279.000,-- festgesetzt worden sei. Zusätzlich pachte die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben land- und forstwirtschaftliches "Vermögen" mit einem Einheitswert von S 5.330,-- zu und verpachte land- und forstwirtschaftliches "Vermögen" mit einem Einheitswert von S 43.100,--. Bei land- und forstwirtschaftlichen Einkünften werde die Geringfügigkeitsgrenze (S 3.830,-- brutto) überschritten, wenn der maßgebliche Einheitswert den Betrag von S 54.000,-- übersteige. Besitzanteile sowie Zu- und Verpachtungen seien entsprechend zu berücksichtigen. Da die in § 8 Abs. 4 StudFG genannten Ausnahmen im Beschwerdefall nicht anzuwenden seien, ruhe der Anspruch der Beschwerdeführerin ab Oktober 1998.

Gegen diesen ihr nach Rechtskraft des Zuerkennungsbescheides zugestellten (Ruhens)Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 4. Dezember 1998 Vorstellung und brachte vor, dass die Behörde damit trotz entschiedener Sache bei unveränderter Sach- und Rechtslage neuerlich über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Studienbeihilfe abgesprochen habe. Zudem liege dem bekämpften Bescheid eine unrichtige Auslegung des Begriffes "Einkünfte" zu Grunde. So wie bei der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit bzw. der Ermittlung des Einkommens gemäß §§ 7 bis 10 StudFG in Bezug auf Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit die Gewinnermittlungsvorschriften der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II Nr. 107/1997, maßgeblich seien, seien diese auch für die Beurteilung der Frage maßgeblich, ob Einkünfte aus einer land- und forstwirtschaftlichen Berufstätigkeit vorlägen, die den in § 5 Abs. 2 lit. c ASVG genannten Betrag überstiegen. Denn nur durch dieses einheitliche Begriffsverständnis werde ein Wertungswiderspruch vermieden, der sich im Übrigen auch darin äußere, dass bei der Beschwerdeführerin einerseits soziale Bedürftigkeit trotz ihrer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vorliege und andererseits eben wegen dieser Einkünfte der Anspruch ruhe. Auch seien weder dem Wortlaut noch der Systematik des StudFG Hinweise auf ein differenziertes Begriffsverständnis in den Abschnitten zwei und neun des II. Hauptstückes des genannten Gesetzes zu entnehmen. Es sei daher auch bei der Ermittlung der Einkünfte aus pauschalierten landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 49 Abs. 4 StudFG die der bereits zitierten Verordnung des Bundesministers für Finanzen zu entnehmenden Gewinnermittlungsmethoden anzuwenden.

Mit Bescheid vom 18. Februar 1999 gab der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Universität Wien der Vorstellung der Beschwerdeführerin gemäß §§ 8 Abs. 4 und 49 Abs. 4 StudFG keine Folge und bestätigte den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 21. März 1999 Berufung, in welcher sie neben der Wiederholung der bereits in ihrer Vorstellung vorgebrachten Argumente auch ausführte, dass aus der für ihren Betrieb gemäß dem zweiten Abschnitt der genannten Verordnung erfolgten Gewinnermittlung ersichtlich sei, dass ihr Einkommen nicht den "ASVG Betrag von S 3.830,-- im Monat" übersteige.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 49 Abs. 4 StudFG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt.

Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und der maßgeblichen Rechtslage führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass das Ruhen im Sinne des § 49 StudFG eine Maßnahme sei, die kraft Gesetzes bei bestimmten Sachverhalten eintrete und unabhängig vom grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Studienbeihilfe erfolge. Durch das Ruhen gehe der Anspruch nicht unter, sondern es werde nur die Realisierung insoferne gehemmt, als die zustehende Studienbeihilfe in jenem Zeitraum, während dem ein Ruhensgrund vorliege, nicht ausbezahlt werde. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, sei ein gemäß § 49 Abs. 4 StudFG erlassener Bescheid ein Feststellungsbescheid und das Ruhen trete unabhängig vom Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides ein. Dies werde auch dadurch klargestellt, dass das StudFG vorsehe, dass bei Wegfall des Ruhensgrundes die Auszahlung wieder fortgesetzt werde, der Anspruch also nicht weggefallen sei, sondern bei Wegfall der Ruhensvoraussetzungen wieder auflebe. Die Studienbeihilfenbehörde habe daher nicht über eine bereits entschiedene Sache abgesprochen, sondern eine gesetzlich eingetretene Rechtsfolge festgestellt und der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht.

Es sei durchaus zutreffend, dass für die Bewertung eines Einkommens aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bei der Berechnung der Studienbeihilfe von den besonderen Gewinnermittlungsmethoden nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vorzugehen sei. Die Bestimmung des § 49 Abs. 4 StudFG unterscheide sich aber davon insoferne, als bei der Feststellung des Ruhens nicht die Einkommenshöhe im Sinne der sozialen Bedürftigkeit Maßstab des Ruhens sei, sondern das Ausmaß der Berufstätigkeit, die zur Erzielung eines Einkommens über der Geringfügigkeitsgrenze erforderlich sei.

Die Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG sei nicht nur für das Ruhen der Studienbeihilfe maßgebend, sondern auch für das Ruhen anderer Sozialleistungen, wie etwa der Familienbeihilfe oder des Arbeitslosengeldes. § 12 AlVG normiere für Personen, die einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führten, eine Grenze für die Höhe des Einheitswertes in der Höhe von S 60.000,-- (bis September 1998 habe diese Grenze S 54.000,-- betragen).

Die Geringfügigkeitsgrenze ziele bei der Höhe des Einkommens primär auf nichtselbständige Einkünften ab. Daher habe die belangte Behörde im Beschwerdefall zur Bestimmung der Höhe der Einkünfte § 12 AlVG herangezogen. Eine Berücksichtigung der für Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe wesentlich günstigeren Gewinnermittlungsmethode bei pauschalierten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben entspräche nicht der Intention des Gesetzes. § 49 Abs. 4 StudFG stelle weniger auf die Einkommenshöhe, als auf den mit der Tätigkeit verbundenen Arbeitsaufwand ab. Der Begriff des Einkommens im Sinne von § 5 Abs. 2 lit. c ASVG entspreche nicht dem Einkommensbegriff des Studienförderungsgesetzes, sondern beruhe auf der Übernahme einer sozialversicherungsrechtlichen Grenze. Die Studienbeihilfenbehörde habe daher zu Recht für die Interpretation dieser Bestimmung für die Berechnung der Einkommen aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine sozialrechtliche Bestimmung herangezogen und die Gesetzesbestimmung sinngemäß ausgelegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8 StudFG, BGBl. Nr. 305/1992 (Abs. 1 Z. 1 in der Fassung BGBl. Nr. 619/1994, Abs. 4 Z. 4 in der Fassung BGBl. I Nr. 98/1997), lautet:

"Einkommen

§ 8 (1) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1. das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung zuzüglich

2.

der Hinzurechnungen gemäß § 9 und

3.

des Pauschalierungsausgleichs gemäß § 10.

(...)

(4) Bei Feststellung des Einkommens haben bis zum Höchstausmaß von insgesamt 50 000 S jährlich außer Betracht zu bleiben:

1. Einkünfte des Studierenden als höchstens halbbeschäftigter Aushilfsangestellter im Rahmen der Hochschulverwaltung;

2. Entschädigungen gemäß § 13 Abs. 5 des Hochschülerschaftsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 309;

3. Einkünfte des Studierenden als Demonstrator, Tutor oder höchstens halbbeschäftigter Studienassistent;

4. Einkünfte von Studierenden aus einer während der Ferien ausgeübten Tätigkeit."

§ 10 leg. cit., in der Fassung BGBl. Nr. 619/1994, lautet:

"Pauschalierungsausgleich

§ 10. Gewinne, die nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt werden, sind zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt

1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 10 % des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,

2. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, für die keine Veranlagung erfolgt, weitere 10 % des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,

3. bei Einkünften aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb 10 % dieser Einkünfte."

§ 49 Abs. 4 StudFG, in der Fassung BGBl. I Nr. 98/1997, lautet:

"Der Anspruch ruht während der Monate, in denen Studierende Einkünfte aus Berufstätigkeit beziehen, die den Betrag gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG übersteigen. Ausgenommen hievon sind Einkünfte aus den im § 8 Abs. 4 genannten Tätigkeiten."

§ 49 Abs. 3 StudFG, in der Fassung BGBl. I Nr. 23/1999 (Inkrafttreten: 1. März 1999) lautet:

"Der Anspruch ruht während der Monate, in denen Studierende Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, nach dem Karenzurlaubsgeldgesetz, BGBl. Nr. 395/1974, dem Karenzgeldgesetz, BGBl. I Nr. 139/1997, nach dem Arbeitsmarktservicegesetz - AMSG, BGBl. Nr. 313/1994, nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993, Krankengelder oder Einkünfte aus Berufstätigkeit beziehen, die den Betrag gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG übersteigen, ausgenommen hievon sind Einkünfte aus den in § 8 Abs. 4 genannten Tätigkeiten."

Der bisherige Abs. 4 des § 49 ist gemäß Art. I Z. 29a dieser Novelle entfallen.

§ 17 Abs. 4 und 5 EStG, BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993, haben folgenden Wortlaut:

"(4) Für die Ermittlung des Gewinnes können weiters mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Steuerpflichtigen festzusetzen. Solche Durchschnittssätze sind nur für Fälle aufzustellen, in denen weder eine Buchführungspflicht besteht noch ordnungsmäßige Bücher oder Aufzeichnungen geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 ermöglichen.

(5) In der Verordnung werden bestimmt:

1. Die Gruppen von Betrieben, für die Durchschnittssätze anzuwenden sind.

2. Die für die Einstufung jeweils maßgeblichen Betriebsmerkmale. Als solche kommen insbesondere in Betracht:

a) Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Betriebsart und der Einheitswert.

b) .....

3. Die Art der Gewinnermittlung für die einzelnen Gruppen von Betrieben durch Aufstellung von Reingewinnsätzen und Reingewinnprozentsätzen vom Einheitswert oder vom Umsatz oder von anderen, für einen Rückschluss auf den Umsatz und Gewinn geeigneten äußeren Betriebsmerkmalen. In der Verordnung kann bestimmt werden, dass für die Gewinnermittlung nur die Betriebsausgaben oder Betriebsausgabenteile nach Durchschnittssätzen ermittelt werden.

4. Der Veranlagungszeitraum, für den die Durchschnittssätze anzuwenden sind.

5. Der Umfang, in dem jenen Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln, Erleichterungen in der Führung von Aufzeichnungen gewährt werden."

Für die Veranlagung in den Jahren 1995 und 1996 wurden derartige Regelungen in der Verordnung BGBl. II Nr. 107/1997, für die Jahre 1997 in der Verordnung BGBl. II Nr. 430/1997 getroffen.

§ 5 Abs. 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 139/1997, lautet:

"(2) Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn es

1.

......

2.

für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 3 740 S gebührt.

(...)

An die Stelle der im ersten Satz genannten Beträge treten ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 6) die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 9 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachten Beträge. (...) (Kalenderjahr 1998: 3 830 S (Kdm. BGBl. II Nr. 431/1997)"

§ 12 Abs. 6 lit. b AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung BGBl. I Nr. 148/1998, lautet:

"(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

(...)

b) wer einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führt, dessen Einheitswert 60 000 S nicht übersteigt;"

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, dass aus der Bestimmung des § 49 Abs. 4 StudFG idF BGBl. I Nr. 98/1997, sowie aus der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung in Kraft stehenden novellierten Fassung des § 49 StudFG idF BGBl. I Nr. 23/1999, zweifelsfrei hervorgehe, dass der Studienbeihilfenanspruch nur dann ruhen solle, wenn die Einkünfte des Studierenden einen bestimmten Betrag, und zwar den in § 5 Abs. 2 lit. c ASVG genannten, überstiegen und das Ruhen des Anspruches nur "monatsbezogen" erfolge. Der angefochtene Bescheid stelle aber nicht "monatsbezogen", sondern generell das Ruhen des Anspruches fest.

Die belangte Behörde habe ferner nicht die Höhe der gemäß §§ 8 ff StudFG (auf Basis der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften) zu berechnenden Einkünfte als Beurteilungsmaßstab für die Frage des Ruhens herangezogen, sondern rechtswidrig ohne jedweden Anhaltspunkt im StudFG auf den in § 12 Abs. 6 AlVG angeführten Einheitswert von S 60.000,-- abgestellt. Dadurch habe die belangte Behörde sowohl die im StudFG angeordnete Art der Einkunftsermittlung, als auch die im StudFG - unter Bezugnahme auf den in § 5 Abs. 2 lit. c ASVG ziffernmäßig genannten Geldbetrag - eingezogene Betragsgrenze missachtet und habe in freier Rechtsfindung Teile des § 49 Abs. 4 StudFG durch eine Bestimmung aus dem AlVG ersetzt. Die den Bescheidspruch tragende Rechtsauffassung, wonach bei Vorliegen landwirtschaftlicher Einkünfte nicht die in §§ 8 ff StudFG angesprochene Art der Einkunftsberechnung und der in § 49 Abs. 4 StudFG bezogene ASVG-Betrag, sondern der Einheitswert und die in § 12 Abs. 6 lit. b AlVG angeführte Einheitswertgrenze maßgeblich seien, sei rechtswidrig.

Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung unterstelle dem StudFG auch einen systemwidrigen Inhalt, weil an das "Nichtruhen" eines Studienförderungsanspruches strengere Anforderungen gestellt würden als an das Entstehen dieses Anspruches selbst. Dies führe zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass bei Erfüllung der in den §§ 6 bis 12 StudFG normierten anspruchsbegründenden Voraussetzungen zwar ein Studienbeihilfenanspruch entstehe, welcher aber infolge der strengeren Ruhensanforderungen nie effektuiert werden könne.

Wie unbegründet das Vorgehen der belangten Behörde sei, ergebe sich auch aus den Erläuterungen zu jener Regierungsvorlage, durch die § 49 Abs. 4 StudFG seine (bis 1. März 1999 geltende) bescheidrelevante Fassung (BGBl. I Nr. 98/1997) erhalten habe. Daraus gehe hervor, dass für den neu eingeführten Ruhenstatbestand "Einkünfte aus Berufstätigkeit" die Geringfügigkeitsgrenze, wie sie im ASVG für die Sozialversicherungspflicht bestehe, maßgeblich sein solle, um somit auch eine Anpassung an das Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) herbeizuführen, welches seit 1996 ebenfalls an den dynamisierten Betrag gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG anknüpfe. Für ein Anknüpfen an die Regelungen des AlVG, insbesondere § 12 Abs. 6 AlVG, im Bereich der Studienbeihilfe würden die Gesetzesmaterialien keinen Hinweis bieten. Im FLAG wiederum finde sich in Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe keine dem § 12 Abs. 6 lit. b AlVG ähnliche Regelung.

Zudem sei § 49 Abs. 4 StudFG in der von der belangten Behörde im Spruch genannten Fassung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits außer Kraft getreten gewesen (diese Bestimmung sei formell aufgehoben und der Regelungsinhalt des "alten" Abs. 4 in den geänderten Abs. 3 aufgenommen worden).

§ 49 StudFG weise somit seit dem 1. März 1999 keinen Abs. 4 mehr auf, weshalb sich Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides auf eine im Beschwerdefall nicht mehr maßgebende Rechtslage stützten.

Dem ist zunächst Folgendes entgegenzuhalten:

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, tritt das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe ex lege bei Vorliegen der im Gesetz abschließend geregelten Tatbestände (hier: § 49 Abs. 4 StudFG) ein. Die Erlassung eines (Feststellungs)Bescheides betreffend das Ruhen ist weder in jedem Fall vom Gesetz geboten noch für den Eintritt der Rechtsfolgen, die mit dem Ruhen verbunden sind (keine Pflicht der Behörde zur Auszahlung der zuerkannten Studienbeihilfenbeträge für die Dauer des Vorliegens des Ruhens; Pflicht des Studierenden zur Zurückzahlung jener Beträge, die während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden) notwendig.

Das Vorliegen eines Ruhenstatbestandes (selbst wenn dieser im Zeitpunkt der Antragstellung des Studierenden auf Gewährung der Studienbeihilfe gegeben ist) führt nicht zur Vernichtung des Anspruches, denn der Eintritt des Ruhens des Anspruches lässt die rechtliche Existenz des Anspruches selbst in jedem Fall unberührt, schließt er doch lediglich bestimmte aus dem Anspruch abgeleitete Folgen vorübergehend, d.h. für die Dauer des Vorliegens des Ruhenstatbestandes, aus. Fällt daher während der einjährigen Dauer des Anspruches auf Studienbeihilfe der Ruhenstatbestand wieder weg, treten die aufgeschobenen Folgen wieder in Kraft, d.h. es wird der Anspruch wieder voll wirksam, ohne dass es dafür einer neuerlichen Entscheidung der Studienbeihilfenbehörde über die Gewährung der Studienbeihilfe bedürfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0074 = Slg. N.F. Nr. 14312/A).

Zutreffend rügt die Beschwerdeführerin die Auffassung der belangten Behörde, wonach bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zur Errechnung der "Geringfügigkeitsgrenze" nicht § 5 Abs. 2 ASVG und §§ 8, 10 StudFG heranzuziehen, sondern der in § 12 Abs. 6 AlVG bestimmte Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes für das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe maßgeblich sei:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 11. Juni 2001, B 2167/00, VfSlg. 16163, zu der mit § 49 Abs. 4 vergleichbaren Rechtslage des § 49 Abs. 3 StudFG idF BGBl. I Nr. 23/1999 ausgeführt, dass die Heranziehung des § 12 AlVG durch die belangte Behörde, um ein Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe gemäß § 49 Abs. 3 StudFG zu begründen, allenfalls dann als denkmöglich erscheinen könnte, wenn die Regelung des § 49 Abs. 3 StudFG hinsichtlich des Ruhens des Anspruchs auf Studienbeihilfe in Folge der Erzielung von Einkünften durch Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft, die einkommensteuerlich durch Pauschalierung ermittelt würden, eine Lücke aufwiese. Dies sei jedoch nicht der Fall: Gemäß § 49 Abs. 3 StudFG ruhe der Anspruch auf Studienbeihilfe während der Monate, in denen Einkünfte aus Berufstätigkeit bezogen würden, die den Betrag überstiegen, der in § 5 ASVG genannt werde. Wenn die belangte Behörde an die "Berufstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft" das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe knüpfen wollte, so hätte sie entweder den Einkommensbegriff des § 8 StudFG heranziehen oder auf eigenständige Weise die Höhe der Einkünfte aus der Berufstätigkeit ermitteln müssen. § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Z. 1 bzw. 2 StudFG enthielten nämlich eine ausdrückliche Regelung der Frage, was als Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes gelte, wenn Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt würden, die einkommensteuerlich nach Durchschnittssätzen ermittelt würden. Neben dem Abstellen auf diese Definition des "Einkommens" zur Ermittlung der "Einkünfte" käme auch eine autonome Ermittlung eines Betrages von "Einkünften" in Betracht, der mit dem Betrag gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG zu vergleichen wäre.

Ausgehend von diesen Erwägungen, denen sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, wäre daher nach den zitierten Bestimmungen auch im Beschwerdefall zunächst das Einkommen der Beschwerdeführerin zu ermitteln gewesen. Diesbezügliche Feststellungen hat die belangte Behörde, die die Einheitswertgrenze des § 12 AlVG analog herangezogen hat, offenkundig in Verkennung der Rechtslage unterlassen.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 18. Dezember 2003

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999120159.X00

Im RIS seit

28.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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