TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/12 L503 2004767-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.2020
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Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

ASVG §33
ASVG §34
ASVG §35
ASVG §4
ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
ASVG §58
ASVG §59
ASVG §68
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L503 2004767-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Erich Greger und Dr. Günther Auer, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.11.2016, GZ.: XXXX , betreffend Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 4.11.2016 sprach die Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz: "SGKK") aus, dass im Zuge zweier Sozialversicherungsprüfungen gemäß § 41a ASVG sowie einer Sozialversicherungserhebung im Anschluss an eine Betretung durch Organe der Finanzpolizei im Betrieb des XXXX (dem Beschwerdeführer, im Folgenden kurz: "BF") Melde- und Beitragsdifferenzen festgestellt worden seien. Der BF werde als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet, die mit der Beitragsabrechnung vom 11.7.2016 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 139.342,35 sowie die mit dem Prüfbericht vom 25.9.2012 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 7.770,71 – gesamt sohin EUR 147.113,06 – an die SGKK zu entrichten (Spruchpunkt 1.). Der BF werde zudem als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet, die mit der Beitragsabrechnung vom 11.7.2016 vorgeschriebenen Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in der Höhe von EUR 36.998,60 sowie die mit dem Prüfbericht vom 25.9.2012 vorgeschriebenen Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in der Höhe von EUR 653,77 – gesamt sohin EUR 37.652,37 – an die SGKK zu entrichten (Spruchpunkt 2.). Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf – näher genannte – Bestimmungen des ASVG und BMSVG ausgesprochen und nehme Bezug auf den rechtskräftigen Versicherungspflichtbescheid der SGKK vom 16.7.2015, GZ: XXXX , den Versicherungspflichtbescheid der SGKK vom 4.11.2016, GZ: XXXX , die Beitragsabrechnung vom 11.7.2016, den Prüfbericht vom 12.7.2016 sowie den Prüfbericht vom 25.9.2012, die jeweils einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides darstellen würden.

Zur Begründung führte die SGKK zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass mit Versicherungspflichtbescheid der SGKK vom 16.7.2015, GZ: XXXX festgestellt worden sei, dass XXXX (im Folgenden kurz: "I.L.") vom 25.10.2010 bis 15.7.2013 und XXXX (im Folgenden kurz: "M.F.") vom 24.6.2013 bis 15.7.2013 aufgrund der für den Dienstgeber in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeiten der Pflicht(Voll-)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Darüber hinaus seien im Zuge der Sozialversicherungsprüfung mit Prüfzeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2014 im Betrieb des Dienstgebers Melde- und Beitragsdifferenzen die Beschäftigungsverhältnisse der in Anlage 1 zum Versicherungspflichtbescheid vom 4.11.2016, GZ: XXXX , angeführten Dienstnehmer (I.L., XXXX [im Folgenden kurz: "L.P."] und XXXX [im Folgenden kurz: "D.S."]) betreffend festgestellt worden. Mit diesem Versicherungspflichtbescheid sei festgestellt worden, dass die in Anlage 1 zu gegenständlichem Bescheid namentlich angeführten Personen zu den eben dort angegebenen Beschäftigungszeiten aufgrund der für den Dienstgeber in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeiten der Pflicht(Voll-)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien.

Aufgrund der Einbeziehung dieser Personen in die Pflichtvollversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG sei die entsprechende Nachverrechnung der diesbezüglichen Beiträge evident. Die für den Dienstgeber als Paketzusteller tätig gewesenen Mitarbeiten seien als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG eingestuft und die Lohnabgaben nachverrechnet worden. Als Beitragsgrundlage hinsichtlich I.L., L.P. und D.S. sei das tatsächlich ausbezahlte Entgelt herangezogen worden. Die Beitragsgrundlage für M.F. sei unter Zugrundelegung des kollektivvertraglichen Monatslohnes ermittelt worden. Bei der Nachverrechnung sei der Auszahlungsbetrag als Bruttobezug zur Anwendung gebracht worden. Eine detaillierte Aufstellung aller Nachverrechnungen sei den Prüfungsunterlagen beiliegenden Dokumenten, nämlich der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 12.9.2012, dem Prüfbericht vom 25.9.2012, der Beitragsabrechnung vom 11.7.2016, dem Prüfbericht vom 12.7.2016 sowie den einzelnen Rechnungen zu entnehmen. Die Nachverrechnung sei personenbezogen für die Mitarbeiter erfolgt, die festgestellten Beitragsdifferenzen seien entsprechend nachverrechnet worden. Die sich daraus ergebenden Summen seien der Beitragsvorschreibung sowie dem Prüfbericht zu entnehmen; die Beitragsgrundlagen seien anhand der jeweiligen Beitragsgruppen unter Zuhilfenahme automatisationsunterstützter Datenverarbeitung errechnet worden.

2. Mit Schriftsatz seiner rechtsfreundlichen Vertreter vom 2.12.2016 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der SGKK vom 4.11.2016. Darin brachte er zur Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen zusammengefasst vor, dass der Verweis auf den noch nicht rechtskräftigen Bescheid XXXX und den Bescheid XXXX eine Begründung des Zahlungsbescheids nicht zu ersetzen vermöge und der angefochtene Bescheid als völlig unbegründet zu betrachten sei. Hinsichtlich des Verweises auf den Feststellungsbescheid GZ XXXX seien die Ansprüche verjährt und könnten nicht geltend gemacht werden. Es sei binnen zwei Jahren ab Antrag auf Erlassung eines Bescheids keine verjährungsunterbrechende Maßnahme gesetzt und kein Bescheid erlassen worden. Es sei auch keine Hemmung eingetreten. Damit sei infolge der Untätigkeit der belangten Behörde für den Prüfungszeitraum bis 15.7.2013 die Einforderungsverjährung eingetreten. Für die Jahre 2010 bis 2013 sei aber auch die Feststellungsverjährung eingetreten. Dem Bescheid seien weder genaue Prüfungsdaten noch Details über die vorgeschriebenen Beträge zu entnehmen; derartige Unterlagen seien nicht zugestellt worden. Da der SGKK bereits seit vielen Jahren bekannt sei, auf welche Art und Weise eine Abrechnung erfolge und dies unbeanstandet geblieben sei, sei die Vorgangsweise auch in der Zukunft für den Dienstgeber als unverschuldet anzusehen. Im Hinblick darauf sei davon auszugehen, dass kein Sorgfaltsverstoß der Partei vorliege und habe sich damit die Feststellungsverjährungsfrist nicht auf fünf Jahre verlängert.

Aus dem angefochtenen Bescheid lasse sich zudem nicht entnehmen, welche Beiträge für genau welchen Zeitraum und welchen Dienstnehmer vorgeschrieben würden. Darüber hinaus lasse sich die Zinsstaffel nicht errechnen und seien die Zinsen in keinster Weise nachvollziehbar. Die einzelnen Beiträge seien für alle Zeiträume falsch berechnet, die Beitragsgrundlagen für alle Personen und alle Zeiträume unrichtig angenommen, die Zinshöhe und Zinsstaffel seien rechnerisch falsch und für falsche Zeiträume angenommen. Es seien entgegen den Ausführungen im Bescheid nicht die tatsächlich ausbezahlten Entgelte, sondern höhere Beträge herangezogen worden. Die tatsächlich abgeführte Umsatzsteuer unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht. Es würden diesbezüglich rechtskräftige Bescheide der Finanzbehörden vorliegen, welche Bindungswirkung gegenüber der belangten Behörde entfalten würden. Auch die Bescheide der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, mit welchen den Subunternehmern des Beschwerdeführers SV-Beiträge vorgeschrieben worden seien, würden Bindungswirkung entfalten, sodass ohne vorherige Aufhebung dieser Bescheide eine Beitragsfestsetzung über diese bereits bezahlten Beträge unzulässig sei. Weitere Ausführungen richteten sich gegen die Versicherungspflicht der im Bescheid angeführten Personen. Zusammengefasst würden für die angeführten Personen weder Dienstverhältnisse vorliegen, noch seien die Versicherungsbeiträge und Zinsen richtig berechnet oder nachvollziehbar dargestellt. Auch die Zinsstaffel sei einer Überprüfung nicht zugänglich, zumal hier keinerlei Berechnung zugrunde liege. Tatsächlich bestehe kein Zahlungsanspruch der belangten Behörde.

3. In dem zur Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erstatteten Vorlagebericht (Stellungnahme vom 31.1.2017) führte die SGKK zur Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen ergänzend aus, dass die Versicherungspflicht von L.P., anders als im Bescheid fälschlicherweise ausgeführt, von 9.5.2011 bis 31.8.2012 festgestellt worden sei. Ein Bescheidantrag hinsichtlich L.P. sei nie gestellt worden sei, es sei lediglich um Nachsicht hinsichtlich der Zinsvorschreibung ersucht und die Zahlungspflicht für die Zinsen zugestanden worden. Der Antrag auf Zinserlass sei abgewiesen worden. Der Verweis auf den noch nicht rechtskräftigen Versicherungspflichtbescheid XXXX sei zulässig. Feststellungsverjährung sei nicht eingetreten, die SGKK sei nach einer Anzeige des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 18.7.2013 aktiv geworden und habe einen Beitragszuschlagbescheid erlassen und Personen einvernommen. Diese Handlungen würden zu einer Unterbrechung der Verjährung führen. Darüber hinaus sei ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Beitragszuschlagbescheid anhängig gewesen, welches zu einer Hemmung der Verjährung geführt habe. Im vorliegenden Fall gelte die fünfjährige Verjährungsfrist, da der Dienstgeber keine bzw. unrichtige Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen gemacht habe. Der Bescheid vom 16.7.2015, GZ: XXXX , sei unbekämpft in Rechtskraft erwachsen; eine Einforderungsverjährung liege nicht vor, da der Bescheid aus dem Jahr 2015 stamme. Der (nunmehr angefochtene, Anm.) Beitragspflichtbescheid verweise auf die zugrunde liegenden Versicherungspflichtbescheide, die Beitragsabrechnung sowie die Prüfberichte. Dieser Verweis sei zulässig und seien die jeweils betroffenen Dienstnehmer, die nachverrechneten Versicherungszeiten sowie die jeweiligen Beträge im Detail angeführt. Die Höhe der Zinsen sei gesetzlich festgelegt; die Berechnungsdetails seien den im Bescheid genannten Unterlagen zu entnehmen. Die konkrete Berechnung sei unter Zuhilfenahme eines entsprechenden EDV-Programmes erfolgt, Berechnungsfehler seien ausgeschlossen. Die Berechnung der Beitragsgrundlagen sei auf Basis der tatsächlich ausbezahlten Entgelte, erhöht um das Ausfallsentgelt der Nichtleistungszeiten für Urlaub und Feiertage erfolgt und seien sie zeitraumbezogen erfasst worden. Bei den Beitragsgrundlagen seien die Nettorechnungsbeträge herangezogen worden, die Umsatzsteuer sei nicht in die Beitragsgrundlage miteinbezogen worden. Weitere Ausführungen erläuterten die Berechnung näher. Der Prüfer habe die Prüfergebnisse sowohl bei einer Zwischenbesprechung mit dem Steuerberater und Dienstgeber als auch bei der Schlussbesprechung im Detail dargelegt und auch erläutert, wie die Berechnung erfolge. Eine Bindungswirkung an nicht näher bezeichnete Bescheide der Finanzbehörden liege nicht vor, auch allfällige bereits bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft eingezahlte Beiträge würden die hier gegenständliche Versicherungs- und Beitragspflicht nicht tangieren.

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.3.2020 wurde der Vorlagebericht den rechtsfreundlichen Vertretern des BF zur Kenntnis gebracht und diesen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

5. In der daraufhin erstatteten Stellungnahme vom 30.3.2020 wendete sich die BF im Wesentlichen gegen die Feststellung der Versicherungspflicht. Zur Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen wurde ausgeführt, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid die im Spruch dargestellten Beträge nicht objektivieren ließen. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Bemessungsgrundlagen für welchen Zeitraum sich welche Sozialversicherungsbeiträge errechnen würden. Auch lasse sich aus dem Bescheid nicht abschließend überprüfen, in welchem Umfang verjährte Beiträge vorgeschrieben worden seien. Woher die Beitragssätze abgeleitet würden, bleibe im Bescheid völlig unklar. Der angefochtene Bescheid sei damit nicht nachvollziehbar und einer Überprüfung nicht zugänglich. Die Begründung eines Bescheids, mit dem Beiträge nachverrechnet werden, sei einer nachträglichen Rechtskontrolle nur zugänglich, wenn der Bescheid darlege, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrags errechne. Ein Verweis auf nicht zugestellte Beilagen und Unterlagen sei unzulässig.

6. Am 7.5.2020 teilte die (nunmehrige) Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) dem BVwG auf Nachfragen mit, dass - als Folge der Umqualifizierung von selbständigen in unselbständige Tätigkeiten - gegenständlich bis dato keine Beiträge seitens der (nunmehrigen) Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen an die ÖGK überwiesen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Das Finanzamt Salzburg-Stadt führte ab 1.8.2012 im Betrieb des BF eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) mit Prüfzeitraum 1.1.2009 bis 31.12.2011 durch. Am 12.9.2012 fand in Anwesenheit der steuerlichen Vertretung des BF eine Schlussbesprechung statt. L.P. wurde für den Zeitraum vom 9.5.2011 bis 31.12.2011 als Dienstnehmer des BF qualifiziert und wurden dem BF entsprechende Sozialversicherungsbeiträge und Verzugszinsen nachverrechnet. Ein Bescheidantrag wurde nicht gestellt; ein Antrag auf Erlassung bzw. Herabsetzung der Verzugszinsen wurde abgewiesen.

1.2. Nach einer Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörden des Bundes am 15.7.2013 wurde dem BF mit Bescheid der SGKK vom 24.7.2013, GZ: XXXX , ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1. Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in der Höhe von EUR 1.800,00 vorgeschrieben, weil er hinsichtlich der Beschäftigung von I.L. und M.F. gegen die Meldepflicht im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen habe. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.8.2014, GZ: L501 2004767-1/5E, wurde dieser Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die SGKK zurückverwiesen. Im daraufhin ergangenen Ersatzbescheid vom 16.7.2015, GZ: XXXX , wurde dem BF neuerlich ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 1.800,00 vorgeschrieben.

1.3. Mit Bescheid der SGKK vom 16.7.2015, GZ: XXXX , wurde die Pflicht(voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG von I.L. im Zeitraum vom 25.10.2010 bis 15.7.2013 sowie von M.F. im Zeitraum 24.6.2013 bis 15.7.2013 aufgrund der jeweils für den BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit festgestellt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.4. Ab 26.4.2016 (Bescheid über einen Prüfungsauftrag) führte die SGKK im Betrieb des BF eine GPLA mit Prüfzeitraum vom 1.1.2010 bis 31.12.2014 durch. Am 30.5.2016 fand in Anwesenheit des BF und seiner steuerlichen Vertretung eine Zwischenbesprechung statt. Im Vorfeld der Zwischenbesprechung wurden der steuerlichen Vertretung des BF eine Aufstellung der nachverrechneten Personen samt Beitrags- und Bemessungsgrundlagen sowie eine jährliche Aufteilung der Nachverrechnungen pro Person übermittelt. Nach der Zwischenbesprechung erstattete der BF mit Schreiben vom 23.6.2016 eine Stellungnahme. Am 7.7.2016 fand, wiederum in Anwesenheit des BF und seiner steuerlichen Vertretung, die Schlussbesprechung statt. Mit Bescheid der SGKK vom 4.11.2016, GZ: XXXX , wurde die Pflicht(voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG von I.L. im Zeitraum vom 16.7.2013 bis 30.6.2014, von L.P im Zeitraum von 9.5.2011 bis 31.8.2012 sowie von D.S. im Zeitraum von 30.1.2012 bis 31.5.2014 aufgrund der jeweils für den BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit festgestellt. Die vom BF gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, GZ: L503 2146568-1/10E, als unbegründet abgewiesen.

1.5. Die gegenständliche Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen bezieht sich auf die Dienstnehmer I.L., M.F., L.P. und D.S. in den jeweils bescheidmäßig festgestellten Zeiträumen der Versicherungspflicht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der SGKK und durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag betreffend Versicherungspflicht. Die getroffenen Feststellungen gehen unmittelbar daraus hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Rechtliche Grundlagen im ASVG und BMSVG:

Gemäß § 4 Abs. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 34 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie Änderung der Beitragsgrundlage, Unterbrechung und Wiedereintritt des Entgeltanspruches, Wechsel in das neue Abfertigungssystem nach § 47 des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG), BGBl. I Nr. 100/2002, oder nach vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften, innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden.

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt gemäß Z 1 leg. cit. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Gemäß § 58 Abs. 1 erster Satz ASVG sind die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Betragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Gemäß Abs. 2 leg. cit. schuldet der Dienstgeber die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge. Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen.

Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz ASVG sind von Beiträgen, die nicht innerhalb von 15 Tagen nach Fälligkeit, in den Fällen des § 4 Abs. 4 nach dem Ende des Monats, in dem der Dienstgeber Entgelt leistet, eingezahlt werden, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten.

Gemäß § 6 Abs. 1 BMSVG hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in Höhe von 1,53 vH des monatlichen Entgelts sowie allfälliger Sonderzahlungen an den für den Arbeitnehmer zuständigen Träger der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 bis 6 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zur Weiterleitung an die BV-Kasse zu überweisen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Der erste Monat ist jedenfalls beitragsfrei. Wird innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem Ende eines Arbeitsverhältnisses mit dem selben Arbeitgeber erneut ein Arbeitsverhältnis geschlossen, setzt die Beitragspflicht mit dem ersten Tag dieses Arbeitsverhältnisses ein.

Gemäß § 68 Abs. 1 ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

Gemäß § 68 Abs. 2 ASVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung) unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Mit Bescheid der SGKK vom 16.7.2015 wurde die als Vorfrage zu wertende Versicherungspflicht von I.L. im Zeitraum vom 25.10.2010 bis 15.7.2013 und von M.F. im Zeitraum vom 24.6.2013 bis 15.7.2013 rechtskräftig festgestellt. Mit Bescheid der SGKK vom 4.11.2016 wurde auch die Versicherungspflicht von I.L. im Zeitraum vom 16.7.2013 bis 30.6.2014, von L.P im Zeitraum vom 9.5.2011 bis 31.8.2012 sowie von D.S. im Zeitraum vom 30.1.2012 bis 31.5.2014 festgestellt. Die vom BF gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen und die Versicherungspflicht damit bestätigt. Die Voraussetzungen für eine Beitragsnachverrechnung – einschließlich der Vorschreibung von Verzugszinsen – sind damit dem Grunde nach erfüllt.

Soweit der BF in der Beschwerde Feststellungs- und Einforderungsverjährung hinsichtlich des Feststellungsbescheides GZ: XXXX einwendet, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 68 Abs. 1 erster Satz ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird gemäß Abs. 1 vierter Satz leg. cit. durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. So wird die Verjährung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere durch eine beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung (GPLA) unterbrochen. Eine einmal eingetretene Unterbrechung der Verjährung wird nicht beendet, solange ein Streit über die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen besteht (VwGH vom 10.9.2014, 2013/08/0120; VwGH vom 7.9.2017, Ra 2014/08/0060; vgl. auch Julcher in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm, § 68 ASVG, Rz 13). Von 1.8.2012 bis 12.9.2012 fand im Zuge einer GPLA im Betrieb des BF eine Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG statt, wodurch die Feststellungsverjährung unterbrochen wurde. Nach einer Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörden des Bundes am 15.7.2013 wurde dem BF mit Bescheid der SGKK vom 24.7.2013 ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1. Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in der Höhe von EUR 1.800,00 vorgeschrieben, weil er hinsichtlich der Beschäftigung von I.L. und M.F. gegen die Meldepflicht im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen habe. Nach Aufhebung dieses Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die SGKK mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.8.2014 war bis zur Erlassung des Versicherungspflichtbescheides vom 16.7.2015 ein Verfahren in Verwaltungssachen über die Versicherungspflicht anhängig; während dieser Zeit war die Verjährung in Bezug auf diese Dienstnehmer gemäß § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG gehemmt.

Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass sich die Verjährungsfrist gemäß § 68 Abs. 1 zweiter Satz ASVG auf fünf Jahre verlängert hat:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Dauer der anzuwendenden Verjährungsfrist vom Verschulden des Meldepflichtigen an der Meldepflichtverletzung ab. Es liegt am Meldepflichtigen darzutun, aus welchem besonderen Grund ihn ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldepflichtverletzung trifft. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Partei als Dienstgeber gemäß § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG die Unrichtigkeit ihrer Angaben bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen, ist davon auszugehen, dass sich ein Meldepflichtiger alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung notwendigen Kenntnisse verschaffen muss und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Meldepflichtiger, der nicht über die genannten Kenntnisse verfügt, nicht schon deshalb im Sinne des § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG exkulpiert ist, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Ihn trifft vielmehr eine Erkundigungspflicht, sofern er seine – objektiv unrichtige – Rechtsauffassung z.B. über seine Eigenschaft als Dienstgeber zum Zeitpunkt der Unterlassung der Meldung nicht etwa auf höchstgerichtliche (und erst später geänderte) Rechtsprechung oder – bei Fehlen einer solchen – auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermag. Die bloße "Nichtbeanstandung" beitragsfreier Zahlungen in der Vergangenheit stellt noch keine Verwaltungsübung dar, auf die ein Meldepflichtiger vertrauen dürfte. Insbesondere geht die Erkundigungspflicht dahin, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtauffassung bei der Behörde und/oder einer zur berufungsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen und sich bei dabei zu Tage tretenden widersprüchlichen Rechtsauffassungen mit Gewissenhaftigkeit mit dem Für und Wider eingehend auseinanderzusetzen (vgl. VwGH vom 15.7.2019, Ra 2019/08/0107).

Der BF verweist in seiner Beschwerde darauf, dass der SGKK bereits seit vielen Jahren bekannt sei, auf welche Art und Weise eine Abrechnung erfolge und dies unbeanstandet geblieben sei. Dem ist zu entgegnen, dass der BF nicht einmal vorgebracht hat, dass er seiner Erkundigungspflicht nachgekommen wäre. Es liegen auch keine Hinweise darauf vor, dass die SGKK in der Vergangenheit sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse trotz Kenntnis des wahren Sachverhalts unbeanstandet (und beitragsfrei) gelassen hätte; auch die Beschwerde erweist sich in diesem Zusammenhang als unsubstantiiert. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass die SGKK bereits im Jahr 2012 eine Beitragsnachverrechnung vornahm, der BF jedoch auch diesen Umstand nicht als einen Anlass sah, die weiteren (auch hier verfahrensgegenständlichen) Dienstnehmer, die klar erkennbar ebenfalls in einem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis standen (vgl. dazu die Ausführungen im Versicherungspflichtbescheid), zur Sozialversicherung anzumelden. Insgesamt sind damit keine Umstände erkennbar, welche die unterlassenen Meldungen entschuldigen könnten. Es war daher von einer Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre auszugehen. Die Feststellungsverjährung konnte damit nicht eintreten.

Ein Eintritt der Verjährung des Rechts auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden (Einforderungsverjährung) nach § 68 Abs. 2 ASVG ist gegenständlich ebenso nicht ersichtlich:

Im Streitfall kann ohne Erlassung eines Bescheides von "festgestellten Beitragsschulden" im Sinn des § 68 Abs. 2 ASVG nicht gesprochen werden. Die Einforderungsverjährungsfrist beginnt dann frühestens mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die strittige Beitragsschuld zu laufen; für den Fall, dass der Bescheid mit Beschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof bekämpft wird, ist der Streit jedoch auch während des gerichtlichen Verfahrens noch nicht als beendet anzusehen (VwGH vom 25.6.2013, 2013/08/0036; vom 15.10.2014, 2012/08/0220). Da der Bescheid der SGKK über die Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen im hier gegenständlichen Verfahren in Beschwerde gezogen wurde, konnte die Einforderungsverjährung mangels "festgestellter Beitragsschulden" bisher nicht eintreten.

Zum weiteren Beschwerdevorbringen, wonach die Beitragsnachverrechnung ebenso wie die Vorschreibung von Verzugszinsen der Höhe nach nicht nachvollziehbar und der angefochtene Bescheid einer Überprüfung nicht zugänglich sei, da ihm die Berechnung des Zahlungsbetrages nicht entnommen werden könne, ist darauf zu verweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich zulässig ist, im Spruch des Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcherart zum Inhalt des Bescheid(spruch)s zu machen. Dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG wird durch eine solche Verweisung nur dann entsprochen, wenn zum einen der Bescheidspruch den Akt der Integrierung unzweifelhaft klarstellt, also klar erkennbar ist, was durch die mit dem Verweis bewirkte Rezeption Teil des Spruchs wird, zum anderen müssen auch die im Spruch genannten Unterlagen ihrerseits ausreichend präzise gestaltet sein (vgl. Hengstschläger/Leeb, § 59 AVG, Rz 94ff, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Im gegenständlichen Fall wurden im Spruch des Bescheides (unter anderem) die Beitragsabrechnung vom 11.7.2016 und die Prüfberichte vom 25.9.2012 und 12.7.2016 zum integrierten Bestandteil des Bescheides erklärt. Der Akt der Integration dieser Unterlagen in den Bescheid wurde damit unzweifelhaft klargestellt. Auch die Unterlagen selbst erweisen sich als präzise und stellen die Berechnung der nachverrechneten Beiträge und Verzugszinsen in aufgeschlüsselter Weise nachvollziehbar dar. Die Beschwerde moniert lediglich allgemein "Die einzelnen Beiträge sind für alle Zeiträume falsch berechnet, die Beitragsgrundlagen sind für alle Personen und alle Zeiträume unrichtig angenommen, die Zinshöhe und Zinsstaffel sind rechnerisch falsch und für falsche Zeiträume angenommen." (S. 4), ohne die behaupteten Mängel in irgendeiner Weise näher zu konkretisieren oder diesbezüglich begründete Einwände zu erheben. So stellt sich auch das Vorbringen, dass höhere als die tatsächlich ausbezahlten Entgelte nachverrechnet worden seien, als gänzlich unsubstantiiert dar. Der Einwand, dass Umsatzsteuer nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege, geht schon deshalb ins Leere, weil nicht ersichtlich ist, dass die Umsatzsteuer der Beitragspflicht unterworfen worden wäre; vielmehr wurden für die Ermittlung der Beitragsgrundlage die (ausgezahlten) Nettorechnungsbeträge der Dienstnehmer herangezogen. Insgesamt sind keine objektiven Anhaltspunkte hervorgekommen, die gegen die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Berechnung sprechen würden.

Zum Vorwurf der mangelnden Nachvollziehbarkeit der Beitragsnachverrechnung ist darüber hinaus festzuhalten, dass dem steuerlich vertretenen BF im Verfahren mehrfach im Zuge von Besprechungen (Schlussbesprechung vom 12.9.2012, Zwischenbesprechung vom 30.5.2016, Schlussbesprechung vom 7.7.2016) Parteiengehör gewährt wurde. Auch wurden der steuerlichen Vertretung des BF bereits im Vorfeld der Zwischenbesprechung vom 30.5.2016 eine Aufstellung der nachverrechneten Personen samt Beitrags- und Bemessungsgrundlagen sowie eine jährliche Aufteilung der Nachverrechnungen pro Person übermittelt (E-Mails vom 12.5.2016). Nach der Zwischenbesprechung erstattete der BF mit Schreiben vom 23.6.2016 eine Stellungnahme. Im Zuge der Schlussbesprechung wurde die Beitragsnachverrechnung sodann nochmals erläutert und der BF auf den (in der Folge exakt in dieser Höhe vorgeschriebenen) Nachverrechnungsbetrag und die Vorschreibung von Verzugszinsen hingewiesen. Der BF bzw. seine steuerliche Vertretung waren am gesamten Verfahren beteiligt und damit jedenfalls in der Lage, die Beitragsnachverrechnung nachvollziehen zu können.

Der Verweis des gegenständlich angefochtenen Bescheides auf den (zum Zeitpunkt der Erlassung) noch nicht rechtskräftigen Versicherungspflichtbescheid vom 4.11.2016 ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig, da die Behörde an ihren Ausspruch auch dann gebunden ist, wenn diese Entscheidung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. VwGH vom 14.2.2013, 2011/08/0124). Eine Bindung an – nicht näher genannte – rechtskräftige Bescheide der Finanzbehörden besteht im Zusammenhang mit der vorliegenden Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen nach dem ASVG hingegen nicht. Bescheide der Abgabenbehörden könnten allenfalls Bindungswirkung für die Feststellung der Versicherungspflicht entfalten (§ 4 Abs. 2 dritter Satz ASVG iVm § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG).

Was schließlich das Vorbringen anbelangt, dass die Dienstnehmer ihrerseits Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung entrichtet hätten, so hat die ÖGK dem BVwG am 7.5.2020 bekannt gegeben, dass (als Folge der Umqualifizierung von einer selbständigen in eine unselbständige Tätigkeit) gegenständlich bis dato keine Beiträge seitens der SVS an die ÖGK überwiesen worden seien. Dies ist insofern von Bedeutung, als dem Erkenntnis des VfGH vom 27.11.2019, Zl. E 4911/2018-10, zufolge zwar allfällige Überweisungsbeträge seitens der SVS an die ÖGK im Sinne von § 41 Abs 3 GSVG zu berücksichtigen sind, wobei dies aber vom VwGH in seinem Beschluss vom 29.1.2020, Zl. Ra 2018/08/0245-4, dahingehend konkretisiert wurde, dass nur bereits erfolgte – und nicht etwa bloß hypothetische – Überweisungen bei der Beitragsnachverrechnung zu berücksichtigen sind (siehe Rz 10 des erwähnten Beschlusses des VwGH).

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen beruhen auf klaren gesetzlichen Regelungen, die keinerlei Anlass zu Zweifeln geben. Zu den vorliegenden Rechtsfragen besteht bereits eine umfassende und einheitliche – auszugsweise auch zitierte – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung auch nicht abweicht.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art. 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art. 6 EMRK für Art. 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 14.03.2012, U466/11; 27.06.2013, B823/2012; 21.02.2014, B1446/2012; VwGH 23.01.2013, 2010/15/0196; 24.01.2013, 2012/21/0224).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH vom 10.8.2000, 2000/07/0083, und vom 14.5.2003, 2000/08/0072). Der Gerichtshof hat darüber hinaus bekräftigt, dass die systematische Durchführung mündlicher Verhandlungen die notwendige Sorgfalt bei der Erledigung dort beeinträchtigten kann, wo es – wie etwa in Sozialversicherungssachen – allgemein um eher technische Fragen geht, die in einem schriftlichen Verfahren besser gelöst werden können (vgl. das Urteil vom 18.7.2013, Fall Schädler-Eberle, Zl. 56.422/09; vgl. VwGH vom 3.11.2015, 2013/08/0153).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung GPLA Verjährungsfrist Versicherungspflicht Verzugszinsen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L503.2004767.2.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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