TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/10 2000/07/0083

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Veröffentlicht am 10.08.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;

Norm

MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
VwGG §35 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde der A in A, vertreten durch Mag. Markus Hager und Mag. Hans Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Juni 2000, Zl. WA-204011/1-2000-Lab/Ram, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 10. Februar 2000 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bürgermeister der Stadt Linz als Wasserrechtsbehörde erster Instanz die Feststellung, dass

1. jener Flussteil, der auf der Liegenschaft 918/1, KG Wambach, fließt, nicht die Krems, sondern ein Altarm der Traun und somit ein Traungewässer ist, sowie

2. die Erhaltungspflicht für die Ufer entlang der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaften den Bund trifft.

Die Erstbehörde hat dieses Feststellungsbegehren, nachdem sie zuerst die beabsichtigte Abweisung ankündigte, bei unverändertem Sachverhalt zurückgewiesen. Dies mit der Begründung, die Frage, ob es sich bei dem Flussteil um die Krems oder ein Traungewässer handle, eine Tatsachenfrage sei und dass hinsichtlich der Instandhaltungspflicht die Beschwerdeführerin keine unmittelbar kraft Gesetzes wirkende Verhaltenspflicht treffe, sondern eine solche erst durch einen Instandhaltungsauftrag durch die Behörde ausgesprochen werden könne. Im Verfahren zur Erlassung eines derartigen Instandhaltungsauftrages sei zu klären, wer tatsächlich Instandhaltungsverpflichteter sei. Ein Feststellungsbescheid sei daher unzulässig.

Die Beschwerdeführerin berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 2000 wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Die Begründung entspricht im Wesentlichen jener des erstinstanzlichen Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Behörden hätten verkannt, dass es keine Tatsachenfrage sei, ob es sich bei einem Fluss um Traun- oder Kremsgewässer handle, weil dies nicht Gegenstand des Antrages gewesen sei. Die Tatsachenfrage reduziere sich darauf, ob das Gewässer ein Gewässer sei. Dies sei aber offenkundig. Die Rechtsfrage laute vielmehr, ob die Bezeichnung des auf der im Antrag zitierten Liegenschaft fließenden Gewässers mit "Krems" zu Recht bestehe oder ob dieses Gewässer nicht rechtens mit "Traun" bezeichnet werden müsse. Die Klärung dieser Rechtsfragen bzw. rechtserheblichen Tatsachen durch Feststellungsbescheid liege im öffentlichen Interesse. Für den Fall, dass die Bezeichnung "Krems" zu Recht erfolgt sei, würde dies im Sinne des § 8 Abs. 2 des Wasserbautenförderungsgesetzes nämlich bedeuten, dass die Kosten der Instandhaltung nicht aus Bundesmitteln zu bestreiten seien. Für den Fall, dass es sich um Traunwasser handle, treffe den Bund gemäß § 8 Abs. 2 des Wasserbautenförderungsgesetzes die Kostentragungspflicht für die Instandhaltung. Die Möglichkeit der Erwirkung eines Leistungsbescheides sei rechtlich nicht vorgesehen. Für die Beschwerdeführerin stelle der Antrag ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dar. Dringe sie mit dem Antrag durch, so treffe sie nicht die Erhaltungspflicht an dieser Gewässerstrecke. Gehe allerdings die Behörde entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten davon aus, dass es sich um Kremswässer handle, so treffe die Beschwerdeführerin die Erhaltungspflicht. Entsprechend dem vorliegenden Gutachten und den Ergebnissen der historischen Recherchen der Beschwerdeführerin gehe diese davon aus, dass sie nicht erhaltungspflichtig sei. Sie sei daher im Sinne des Wasserrechtsgesetzes nicht Partei oder Betroffene. Der Umweg, ohne Parteistellung einen Leistungsbescheid zu erwirken, sei somit offenkundig rechtslogisch nicht sinnvoll und nicht verfahrensökonomisch. Die belangte Behörde sei auf § 8 Abs. 2 des Wasserbautenförderungsgesetzes nicht eingegangen. Nach diesem Gesetz sei ein Leistungsverfahren nicht vorgesehen. Die belangte Behörde vertrete eine andere Rechtsauffassung als die Erstbehörde, ohne dass ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Es sei der Beschwerdeführerin auch niemals Gelegenheit gegeben worden, hiezu Stellung zu nehmen. Hätte sie Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, hätte sie darlegen können, dass die Frage, ob ein Gewässer zu Recht als Traun oder Krems bezeichnet werde, eine Rechtsfrage sei und keine Tatsachenfrage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt (vgl. die Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 908 f, wiedergegebene Rechtsprechung).

Der Feststellungsbescheid ist ein subsidiärer Rechtsbehelf. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 910 f, angeführte Rechtsprechung).

Gegenstand eines Feststellungsbescheides kann grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses, nicht aber die Feststellung von Tatsachen sein (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 914 f wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Frage, ob die Beschwerdeführerin mit Punkt 1 ihres Feststellungsantrages die Feststellung einer Tatsache begehrt hat, kann auf sich beruhen. Selbst wenn es sich nicht um eine Tatsache, sondern um eine Rechtsfeststellung handelte, wäre der Antrag unzulässig.

Geklärt werden sollte durch den Feststellungsantrag die Instandhaltungspflicht und die Kostentragung.

Nach § 47 Abs. 1 WRG 1959 kann im Interesse der Instandhaltung der Gewässer sowie zur Hintanhaltung von Überschwemmungen den Eigentümern der Ufergrundstücke durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde aufgetragen werden:

a) die Abstockung und Freihaltung der Uferböschungen und der im Bereiche der regelmäßig wiederkehrenden Hochwässer gelegenen Grundstücke von einzelnen Bäumen, Baumgruppen und Gestrüpp und die entsprechende Bewirtschaftung der vorhandenen Bewachsung;

b) die entsprechende Bepflanzung der Ufer und Bewirtschaftung der Bewachsung;

c) die Beseitigung kleiner Uferbrüche und Einrisse und die Räumung kleiner Gerinne von Stöcken, Bäumen, Schutt und anderen den Abfluss hindernden oder die Ablagerung von Sand und Schotter fördernden Gegenständen, soweit dies keine besonderen Fachkenntnisse erfordert und nicht mit beträchtlichen Kosten verbunden ist.

Wird eine Verfügung nach Abs. 1 von einem Beteiligten verlangt, so kann dieser nach § 47 Abs. 2 leg. cit. auf Antrag des Ufereigentümers zu einem seinem Interesse an der betreffenden Maßnahmen entsprechenden Kostenbeitrag (§ 117) verhalten werden.

§ 47 WRG 1959 enthält nach seinem völlig eindeutigen Wortlaut keine unmittelbar kraft Gesetzes geltenden Instandhaltungspflichten; die in dieser Bestimmung enthaltenen Instandhaltungspflichten werden vielmehr erst durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde konkretisiert. In einem zur Erlassung eines solchen Bescheides führenden Verfahren ist auch die Frage des Verpflichteten zu klären. Da es ein Verfahren gibt, in welchem die Instandhaltungspflichten zu klären sind, erweist sich ein Feststellungsantrag als unzulässig.

Nach § 8 Abs. 2 des Wasserbautenförderungsgesetzes 1985 sind die Kosten für die Instandhaltung einer Reihe von in dieser Bestimmung genannten Flüssen, darunter auch der Traun, sowie die Herstellungs-, Instandhaltungs- und Betriebskosten von Schutz-, Regulierungs- und Hochwasserrückhaltemaßnahmen an diesen Flüssen und Bächen aus Bundesmitteln zu bestreiten, wobei die Nutznießer nach § 44 des Wasserrechtsgesetzes 1959 zu Beitragsleistungen herangezogen werden können.

Auch aus dieser Bestimmung ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen.

Da der Beschwerdeführerin keine unmittelbar wirksamen Instandhaltungspflichten auferlegt sind, die durch eine Kostentragungspflicht des Bundes beseitigt werden könnten, hat sie auch keinen Rechtsanspruch auf Feststellung der Kostentragungspflicht des Bundes. § 8 Abs. 2 des Wasserbautenförderungsgesetzes könnte von der Beschwerdeführerin in einem allenfalls von der Wasserrechtsbehörde gegen sie eingeleiteten Verfahren zur Erteilung eines Auftrages nach § 47 WRG 1959 ins Treffen geführt werden. In diesem Verfahren wäre zu prüfen, ob und welche Bedeutung dieser Bestimmung im Hinblick auf eine allfällige bescheidmäßige Verpflichtung der Beschwerdeführerin zu Instandhaltungsmaßnahmen zukommt. Da die Beschwerdeführerin aber keine unmittelbar wirksamen Erhaltungs- und Instandhaltungspflichten treffen, besteht auch kein Rechtsanspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides.

Nach § 35 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, deren Inhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Anders als § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG enthält § 35 leg. cit. keinen Vorbehalt bezüglich der Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung unter dem Aspekt des Art. 6 MRK. Ungeachtet dessen kommt eine Anwendung des § 35 Abs. 1 VwGG nur dann in Betracht, wenn nicht Art. 6 MRK dem Entfall einer mündlichen Verhandlung entgegensteht. Wenn nämlich ein Fall vorliegt, in welchem unter dem Aspekt des Art. 6 MRK eine mündliche Verhandlung erforderlich ist, kann nicht davon gesprochen werden, dass bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung samt Ortsaugenschein beantragt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdefall "civil rights" im Sinne der MRK betrifft. Selbst wenn dies bejaht würde, wäre eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der MRK für vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in dem Umstand, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgend eine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte.

Genau dieser Fall liegt hier auch vor. Der Sachverhalt ist völlig klar, desgleichen die Rechtsfragen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. August 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000070083.X00

Im RIS seit

21.12.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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