TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/25 W122 2234324-1

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Veröffentlicht am 25.08.2020
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Entscheidungsdatum

25.08.2020

Norm

AVG §74 Abs1
AVG §74 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §114 Abs3
FPG §92 Abs1 Z4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs5
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W122 2234324-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ERNSTBRUNNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX StA. Syrien, vertreten durch RA Mag. Manuel DIETRICH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2020, Zl. 1001752703/200409360, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), iVm §§ 94 Abs. 5, 93 Abs. 1 Z 1, 92 Abs. 1 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) 22/2018, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 15.05.2014 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Am 13.05.2016 wurde dem Beschwerdeführer antragsgemäß ein Konventionsreisepass ausgefolgt.

2. Der Beschwerdeführer wurde vom Landesgericht Feldkirch am 23.04.2019, 21 Hv 38/19 y wegen einer Straftat gemäß § 114 Abs. 3 FPG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt zu einer Probezeit auf drei Jahre verurteilt.

Eine Aberkennungsverfahren hinsichtlich des Asylstatus wurde von der belangten Behörde eingeleitet und sodann wieder eingestellt.

3. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 29.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer der Konventionsreisepass, Nummer XXXX gemäß § 94 Abs. 5 i.V.m. § 93 Abs. 1 Z. 1 FPG entzogen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer wegen Schlepperei rechtskräftig verurteilt wurde. Der Beschwerdeführer hätte im bewussten und gewollten Zusammenwirken gemeinsam mit weiteren Personen die rechtswidrige Einreise oder Durchreise von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern.

Bei der Versagung eines Reisepasses nach dem Passgesetz sowie bei der Entziehung eines Konventionsreisepasses wäre nicht auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen Rücksicht zu nehmen.

4. Mit rechtzeitig erhobener Beschwerde von 21.08.2020 beantragte der Beschwerdeführer, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben, den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl aufheben und das Entzugsverfahren ersatzlos einstellen; in eventu der Beschwerde Folge geben, den Bescheid aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen; jedenfalls eine mündliche Verhandlung anberaumen und dem Beschwerdeführer die entstandenen Kosten für die Erhebung der Beschwerde zusprechen. Unter einem beantragte der Beschwerdeführer, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründend führte der Beschwerdeführer an, dass er seine Strafe verbüßt hätte. Der Beschwerdeführer wäre in Österreich durchwegs einer Arbeit nachgegangen. Er hätte sich lediglich einmal zu einem Fehler hinreißen lassen. Ansonsten hätte der Beschwerdeführer in Österreich einen ordentlichen Lebenswandel geführt. Der Beschwerdeführer wäre seit mehr als 6,5 Jahren im Bundesgebiet aufhältig.

Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Zukunft seinen Konventionspass dazu verwenden würde, um weitere Straftaten zu begehen. Nach der Verurteilung hätte sich der Beschwerdeführer nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Eine anzustellende Zukunftsprognose hätte zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen müssen. Beim Entzug des Konventionspass müsse auf wirtschaftliche oder persönliche Umstände eingegangen werden. Seit der Begehung der Tat wären mehr als drei Jahre vergangen. Der Beschwerdeführer hätte in Deutschland eine Tochter, die vor kurzen ein Mädchen geboren hätte. Ohne einen Konventionspass wäre es dem Beschwerdeführer nicht mehr möglich, seine Tochter und seine Enkeltochter in Deutschland zu besuchen. Der Beschwerdeführer wäre in seinem Recht auf Ausübung des Familien-und Privatlebens verletzt. Die belangte Behörde hätte es unterlassen, auf diese Umstände einzugehen und den Sachverhalt abschließend zu ermitteln.

Zur beantragten aufschiebenden Wirkung führte der Beschwerdeführer an, dass keine öffentlichen Interessen entgegenstehen würden. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit sei von der Behörde nicht beachtet worden. Der Vollzug des Bescheides sei für den Beschwerdeführer mit einem unverhältnismäßigen, unwiederbringlichen Nachteil verbunden. Einen Rechtsgrund für die beantragte Zuerkennung der Kosten führte der Beschwerdeführer nicht an.

5. Die belangte Behörde legte den Bescheid und die Beschwerde samt dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht mit Erledigung vom 21.08.2020 vor. Die belangte Behörde beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dem Beschwerdeführer wurde mit (rechtskräftig gewordenem) Bescheid der belangten Behörde vom 15.05.2014 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

1.2. Am 13.05.2016 wurde dem Beschwerdeführer antragsgemäß ein Konventionsreisepass ausgefolgt.

1.3. Mit (rechtskräftig gewordenem) Urteil des Landesgerichtes Feldkirch (siehe oben), wurde der Beschwerdeführer wegen Schlepperei zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, 6 Monate bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, nach § 114 Abs. 3 FPG verurteilt. Der Beschwerdeführer hat die Tat in Bezug auf mindestens drei Fremde begangen, indem er sieben Personen irakischer Herkunft (zwei Erwachsene und fünf Kinder), welche zuvor von unbekannten Mittätern von Rumänien über Ungarn nach Österreich befördert worden sind, abholte um diese nach Deutschland zu bringen, wobei eine weitere Person als Vorausfahrer fungierte und eine weitere Person die Schleppung über mehrere Etappen sowohl telefonisch koordinierte als auch die Auszahlung des für den Beschwerdeführer bestimmten Schlepperlohnes in der Höhe von € 600 vorgenommen hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu Punkt 1.1. bis 1.3. ergeben sich aus dem ordnungsgemäß geführten Ermittlungsverfahren der belangten Behörde. Dabei stützt sich die Feststellung zu Punkt 1.3. auf das im Verfahrensgang bezeichnete Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 23.04.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A):

3.1.1. Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

Gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG ist ein Konventionsreisepass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 94 Abs. 5 FPG iVm iVm § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Konventionsreisepasses ua. dann zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will,

um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen (Z 1 leg. cit.) oder

um gegen Bestimmungen des SMG zu verstoßen (Z 3 leg. cit.) oder

um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken (Z 4 leg. cit.).

3.1.2. Mit Erkenntnis vom 24.01.2019, Zl. Ra 2018/21/0211, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es für die Entziehung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 92 Abs. 1 Z 1 FPG ausreicht, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde dieses Dokument benutzen wolle, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen. Die Stichhältigkeit der strafrechtlichen Vorwürfe ist dagegen als solche weder ein Tatbestandserfordernis der genannten Bestimmungen des FPG noch ist das Verwaltungsgericht (sondern vielmehr letztlich das Strafgericht) zu einer entsprechenden inhaltlichen Prüfung berufen.

Eine Entziehung eines Konventionsreisepasses setzt somit eine Verurteilung des Fremden durch das Strafgericht nicht voraus.

Es reicht somit aus, wenn konkrete Umstände vorliegen, die (wie von der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht zu beurteilen ist) die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument für einen Verstoß gegen die Bestimmungen des SMG bzw. hier um Schlepperei zu begehen benützen will.

Solche Tatsachen liegen in Hinblick auf die festgestellte Straftat vor.

Sofern der Beschwerdeführer vorbringt, die Tat wäre schon über drei Jahre in der Vergangenheit und er hätte sich wohlverhalten, ist dem entgegenzuhalten, dass gem. § 92 Abs. 3 FPG Haftzeiten außer Betracht zu bleiben haben. Bei einem Tatzeitpunkt 06.08.2017 und einer Haft vom 18.05.2020 bis zum 14.08.2020 ist diese Frist im Entscheidungszeitpunkt noch nicht verstrichen. Daher ist jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen. Die belangte Behörde hat daher zurecht die individuelle private und familiäre Situation des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen.

Daher liegen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Entziehung des Konventionsreisepasses gemäß §§ 94 Abs. 5, 93 Abs. 1 Z 1, 92 Abs. 1 Z 4 FPG vor.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides ist daher abzuweisen.

Vor diesem Hintergrund war auf die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt hat bzw. ob der Beschwerde eine solche vom Bundesverwaltungsgericht zuzuerkennen, nicht (mehr) einzugehen.

Soweit der Beschwerdeführer den Zuspruch von Kosten für die Beschwerde begehrt, konnte dem nicht Rechnung getragen werden. Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Nach keiner im vorliegenden Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift ist ein derartiger Kostenersatzanspruch vorgesehen. Demnach gilt § 74 Abs. 1 AVG, dass jeder Beteiligte, also auch der Beschwerdeführer, die ihm im Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat (VwGH vom 24.07.2008, 2007/07/0100).

3.2. Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGVG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Rechtslage und die Rechtsprechung (zB: Verwaltungsgerichtshof, 26.02.2015, Ra 2014/22/0133, 07.11.2012, 2012/18/0024, 20.12.2013, 2013/21/0055) eindeutig sind.

Schlagworte

Asylberechtigter aufschiebende Wirkung - Entfall Entziehung Entziehungsbescheid Entziehungsgrund Haft Konventionsreisepass Kostentragung Schlepperei Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung strafrechtliche Verurteilung Straftat Verhältnismäßigkeit Versagungsgrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2234324.1.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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