TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/22 W145 2219172-1

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Veröffentlicht am 22.09.2020
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Entscheidungsdatum

22.09.2020

Norm

ASVG §123
ASVG §51d
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W145 2219172-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , vertreten durch XXXX Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der (vormals:) Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 03.04.2019, Zl. XXXX , wegen Vorschreibung eines Zusatzbeitrages gemäß § 51d ASVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 03.04.2019 verpflichtete die (vormals:) Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: belangte Behörde) XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) zur Entrichtung eines Zusatzbeitrages für ihren Ehegatten XXXX , SVNR XXXX , gemäß § 51d ASVG für die Zeiträume 23.03.2016 bis 03.04.2016, 01.10.2016 bis 01.05.2017, 08.09.2017 bis 31.10.2017 und 27.11.2017 bis 14.01.2018 in der Höhe von EUR 965,88.

Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei im oben angeführten Zeitraum auf Grund ihrer Beschäftigung beim Dienstgeber Österreichische XXXX nach den Bestimmungen des ASVG vollversichert. Die Beschwerdeführerin sei im gegenständlichen Zeitraum die Ehefrau von XXXX gewesen, welcher in diesem Zeitraum nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterlag und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.

Die Beschwerdeführerin habe für das Kalenderjahr 2014 eine monatliche Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 2.437,50, für das Kalenderjahr 2015 eine monatliche Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 2.712,50 und für das Jahr 2016 eine monatliche Beitragsgrundlage von EUR 2.812,50 erzielt. Für das Jahr 2016 errechne sich daher unter Heranziehung der Betragsgrundlagen des Jahres 2014 ein monatlicher Zusatzbetrag in der Höhe von EUR 82,88 (EUR 2.437,50 x 3,4%), für das Jahr 2017 (unter Heranziehung der Beitragsgrundlagen des Jahres 2015) in der Höhe von EUR 92,23 (EUR2.712,50 x 3,4%) und für das Jahr 2018 (unter Heranziehung der Beitragsgrundlagen für das Jahr 2016) in der Höhe von EUR 95,63 (EUR 2.812,50 x 3,4%). Für den gegenständlichen Zeitraum betrage der Zusatzbeitrag insgesamt EUR 965,88.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 07.05.2019 fristgerecht Beschwerde und stellte den Antrag, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde dahingehend abzuändern, dass die Beschwerdeführerin nicht zur Entrichtung von Zusatzbeiträgen, jedenfalls aber nicht zur Entrichtung von Zusatzbeiträgen in der mit dem angefochtenen Bescheid auferlegten Höhe, verpflichtet werde, in eventu den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten keinen Antrag gestellt, dass der Ehemann als Mitversicherer einbezogen werde. Vor Studienbeginn im September 2016 seien die Möglichkeiten einer Selbstversicherung von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten evaluiert worden und der Entschluss gefasst worden, dass sich der Ehegatte nicht zur Selbstversicherung melde und über keine Krankenversicherung verfügen solle. Der Ehemann habe auch in den Folgejahren keine Leistungen der belangten Behörde in Anspruch genommen bzw. alle in Anspruch genommenen medizinischen/ärztlichen Leistungen selbst bezahlt. Weder die Beschwerdeführerin noch deren Ehemann hätten eine kostenpflichtige Mitversicherung gewollt und hätten daher auch keinen darauf abzielenden Antrag gestellt.

Es bestünde auch keine Verpflichtung den Ehegatten mitzuversichern, sondern es werde lediglich die Möglichkeit eröffnet, dies zu tun. § 123 Abs. 1 Z 1 ASVG räume nur einen Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung für Angehörige, wenn diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und weder nach der Vorschrift des ASVG noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert seien und auch für sie seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen sei, ein.

Es sei auch sachlich nicht gerechtfertigt, einem Mitversicherten, auch wenn eine Mitversicherung des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht gewünscht ist und auch gar nicht beantragt wurde, einen Zusatzbeitrag für den Ehegatten bzw. den eingetragenen Partner aufzuerlegen, wohingegen in allen anderen Fällen eine Mitversicherung ohne Verpflichtung zur Leistung eines Zusatzbeitrages stattfinde oder zumindest faktisch eine Wahlmöglichkeit, eine Mitversicherung in Anspruch zu nehmen oder eben nicht, bestünde.

Es sei auch sachlich nicht gerechtfertigt und gleichheitswidrig, für die Höhe des Zusatzbeitrages für einen Ehegatten oder eingetragenen Partner nicht auf einen Durchschnittswert oder etwa auf eine frühere Beitragsgrundlage des Ehegatten, abzustellen, sondern bei der Berechnung an das Einkommen des Versicherten anzuknüpfen.

Mit Schreiben der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 14.01.2019 sei vorgebracht worden, dass die im Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2018 erwähnte Beitragsgrundlage in der Höhe von EUR 2.437,50 nicht nachvollziehbar sei und erhöht erscheine. In der Begründung des Bescheides der belangten Behörde sei hinsichtlich des erzielten Einkommens der Beschwerdeführerin auf die Speicherungen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, die sich aus den Meldungen des Dienstgeber ergeben würde, verwiesen. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, der Beschwerdeführerin vor Bescheiderlassung die ihrem Bescheid zugrunde gelegten Dienstgebermeldungen zur Kenntnis zu bringen. Das Unterlassen eben dieses, begründe eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

3. Mit Schreiben vom 16.05.2019 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Mit Beschluss vom 15.10.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache per 04.11.2019 der Abteilung W145 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

XXXX , VSNR XXXX , ist der Ehemann der Beschwerdeführerin und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

In den Zeiträumen  23.03.2016 bis 03.04.2016,

01.10.2016 bis 01.05.2017,

08.09.2017 bis 31.10.2017 und

27.11.2017 bis 14.01.2018

unterlag XXXX nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung.

Die Beschwerdeführerin ist in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen auf Grund ihrer Beschäftigung beim Dienstgeber Österreichische XXXX nach den Bestimmungen des ASVG vollversichert.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist in diesen Zeiträumen bei der Beschwerdeführerin als Angehöriger mitversichert. Es befindet sich zeitraumbezogen kein Kind im gemeinsamen Haushalt. In der Vergangenheit hat auch kein Kind mit der Beschwerdeführerin oder ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt für zumindest 4 Jahre gelebt. Weder die Beschwerdeführerin noch ihr Ehemann beziehen Pflegegeld oder haben Angehörige gepflegt. Das Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin übersteigt monatlich den Betrag von EUR 1.363,52. Ihr Ehemann bezieht kein eigenes die Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Einkommen.

Für das Jahr 2014 wurde für die Beschwerdeführerin von ihrem Dienstgeber eine Allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 25.350 und eine Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen in der Höhe von EUR 3.900, in Summe EUR 29.250, gemeldet. Die durchschnittliche monatliche Beitragsgrundlage betrug (EUR 29.250/12)      EUR 2.437,50.

Für das Jahr 2015 wurde für die Beschwerdeführerin von ihrem Dienstgeber eine Allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 28.350 und eine Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen in der Höhe von EUR 4.200, in Summe EUR 32.550, gemeldet. Die durchschnittliche monatliche Beitragsgrundlage betrug (EUR 28.350/12)      EUR 2.712,50.

Für das Jahr 2016 wurde für die Beschwerdeführerin von ihrem Dienstgeber eine Allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 29.250 und eine Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen in der Höhe von EUR 4.500, in Summe EUR 33.750, gemeldet. Die durchschnittliche monatliche Beitragsgrundlage betrug (EUR 33.750/12)      EUR 2.812,50.

Es errechnen sich daher folgende monatliche Zusatzbeiträge (3,4% der Beitragsgrundlage):

Für das Jahr 2016 (unter Heranziehung der Beitragsgrundlagen des Jahres 2014) 

EUR 82,88,

für das Jahr 2017 (unter Heranziehung der Beitragsgrundlagen des Jahres 2015)

EUR 92,23,

für das Jahr 2018 (unter Heranziehung der Beitragsgrundlagen des Jahres 2016)

EUR 95,63.
Demnach ergibt sich folgender Zusatzbeitrag:

Verrechnungszeitraum Tage         Beitragsgrundlage Summe

23.03.2016 – 31.03.2016 9                731,25      EUR 24,86

01.04.2016 – 03.04.2016  3                243,75      EUR 8,29

01.10.2016 – 31.10.2016 30              2.437,50  EUR 82,88

01.11.2016 – 30.11.2016 30              2.437,50  EUR 82,88

01.12.2016 – 31.12.2016 30              2.437,50  EUR 82,88

01.01.2017 – 31.01.2017 30              2.712,50  EUR 92,23

01.02.2017 – 28.02.2017 30              2.712,50  EUR 92,23

01.03.2017 – 31.03.2017 30              2.712,50  EUR 92,23

01.04.2017 – 30.04.2017 30              2.712,50  EUR 92,23

01.05.2017 – 01.05.2017 1                90,42         EUR 3,07

08.09.2017 – 30.09.2017 23              2.079,58  EUR 70,71

01.10.2017 – 31.10.2017 30              2.712,50  EUR 92,23

27.11.2017 – 30.11.2017 4                361,67      EUR 12,30

01.12.2017 – 31.12.2017 30              2.712,50  EUR 92,23

01.01.2018 – 14.01.2018 14              1.312,50  EUR 44,63

Gesamt                EUR 965,88

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Familienstand der Beschwerdeführerin und der Aufenthalt des Ehemannes im Inland ergeben sich aus dem Akt und wurden im Verfahren auch nicht bestritten.

Das Angestelltenverhältnis und das der Beitragsgrundlagenberechnung zugrundeliegende Einkommen der Beschwerdeführerin, das auf Meldungen des Dienstgebers der Beschwerdeführerin beruht, ergibt sich aus den im Akt befindlichen Auszügen aus der Zentralen Versicherungsdatenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. Genauso ergibt sich die Feststellung, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Zeiträumen nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterlag aus der Zentralen Versicherungsdatenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

2.2. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn besondere beziehungsweise außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen (vgl. EGMR 05.09.2002, Speil/Österreich, Appl. 42057/98, VwGH 17.09.2009, 2008/07/0015). Derartige außergewöhnliche Umstände hat der EGMR etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die ausschließliche rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen, als gegeben erachtet. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahme der Partien angemessen entschieden werden kann (vgl EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller, Appl. 55.853/00).

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, dass Verwaltungsgerichte ungeachtet eines Parteienantrages – welchen die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin nicht stellte - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache mehr zu erwarten war und sich der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der Vorschreibung der Zusatzbeiträge für Angehörige aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren durch. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Es wurden keine Rechts- und Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl ua VwGV 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist).

Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend die (damalige) Wiener Gebietskrankenkasse.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat.; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfrage zu beurteilen ist. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 7 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung der Nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin.

3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichts mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. Nr. 33/2013, idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgerichts (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

Die zentrale Regelung der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 51d Abs. 1 ASVG ist für Angehörige (§123) ein Zusatzbeitrag im Ausmaß von 3,4% der für den Versicherten (die Versicherte) heranzuziehenden Beitragsgrundlage (Pension) zu leisten. Der Zusatzbeitrag entfällt zur Gänze auf den (die) Versicherte (Versicherten).

Nach § 51d Abs. 2 ASVG sind alle für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften, sofern nichts anderes bestimmt wird, auf den Zusatzbeitrag nach Abs. 1 anzuwenden. Der (die) Versicherte schuldet jedoch den Zusatzbeitrag selbst und hat ihn auf seine (ihre) Gefahr und Kosten selbst einzuzahlen. Davon abweichend ist bei Pensionsbeziehern auf Antrag der Zusatzbeitrag von der jeweiligen Pension (Pensionssonderzahlung) einzubehalten und an den zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen.

Gemäß Abs. 3 ist kein Zusatzbeitrag nach Abs. 1 einzuheben

1.       für Personen nach § 123 Abs. 2 Z 2 bis 6 sowie Abs. 4 und 7b;

2.       wenn und solange der (die) Angehörige der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach § 123 Abs. 4 erster Satz widmet oder durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;

3.       wenn du solange der (die) Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat.

§ 123 ASVG lautet:

„(1) Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung besteht für Angehörige,

1.       wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und

2.       wenn sie weder nach der Vorschrift dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert sind und auch für sie seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist.

(2) Als Angehörige gelten:

1. der/die Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene Partner/Partnerin;

(…)“

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin war, wie sich auch aus dem Erhebungsbogen der belangten Behörde zur Prüfung der Anspruchsberechtigung der Mitversicherung ergab, weder nach dem ASVG noch nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift krankenversichert. Das Paar war zu den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen kinderlos. Da der Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, liegen eindeutig die Voraussetzungen des § 51d iVm § 123 Abs. 1 ASVG vor und ist daher ein Zusatzbeitrag im gesetzlichen Ausmaß von 3,4% der für den Versicherten heranzuziehenden Beitragsgrundlage heranzuziehen. Die Mitversicherung von Angehörigen iSd § 123 ASVG ist seit BGBl. I 2000/142 grundsätzlich beitragspflichtig. Die Rechtsvorschriften über die Pflichtversicherung sind anwendbar. Es besteht somit keine Wahlfreiheit oder bloße Option zur Selbstversicherung (Sonntag, ASVG Jahreskommentar, 4. Auflage 2013, § 51d, S. 382, Rz 1), sondern eine Pflichtversicherung. Die Beitragsgrundlage wird auf Jahresdurchschnittsbasis gemäß § 21 AlVG ermittelt (vgl dazu VwSlg 17.906 A/2010). Die Beitragspflicht und die Beitragsschuld treffen den Versicherten, nicht den mitversicherten Angehörigen.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass es sachlich nicht gerechtfertigt und gleichheitswidrig sei, einem Versicherten, auch wenn die Mitversicherung des Ehegatten nicht gewünscht ist und auch nicht beantragt wurde, einen Zusatzbeitrag aufzuerlegen und dabei auf die Höhe des Einkommens des Versicherten anzuknüpfen, wird auf die Ausführungen von Panhölzl in Moser/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 51d ASVG verwiesen. Dieser führt aus, dass die Mitversicherung von Ehegatten bis zum Inkrafttreten des BudgetbegleitG 2001, BGBl I 2000/142, beitragsfrei war. „Die Einführung des Zusatzbeitrages wurde intensiv öffentlich diskutiert und auch vor dem VfGH wegen verfassungsrechtlicher Bedenken angefochten. Der VfGH stellte in seiner E B 998/01 (VfSlg 16.381) fest, dass das Ziel der Verminderung des Defizits der KV an sich geeignet ist, Eingriffe in bestehenden Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen, wenngleich es nicht die Minderung bestehender Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich zu rechtfertigen vermag (s zB auch VfGH G 184/87 ua, VfSlg 11.665). Eine zusätzliche Beitragsbelastung von 3,4% der Beitragsgrundlage bzw. der Pension sei aber nicht von einem so hohen Gewicht, dass ihre Einführung mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz in Widerspruch geriete, zumal die vorgeschriebenen Beiträge gem. § 16 Abs. 1 Z 4 lit e EStG als Werbungskosten steuermindernd wirkten und der Gesetzgeber dafür Sorge getragen habe, dass wirtschaftlich schwächere Personen von der Beitragsbelastung ausgenommen werden könnten.“

Der Ehegatten der Beschwerdeführerin war in den gegenständlichen Zeiträumen nicht selbst in einer Krankenversicherung pflichtversichert und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Da auch kein Befreiungstatbestand des § 51d Abs. 3 ASVG vorliegt, besteht der Zusatzbeitrag dem Grunde nach zu Recht.

Aus § 51d Abs. 1 ASVG ergibt sich, dass für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für den Zusatzbeitrag für Angehörige § 21 AlVG sinngemäß anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass die beim Hauptverband gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen für die Berechnung des Zusatzbeitrages heranzuziehen sind, wobei es auf die zuletzt vorgemerkten Beitragsgrundlagen ankommt (VwSlg 17.791 A/2009). Bei Geltendmachung bis 30. Juni ist das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres heranzuziehen, bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Bei fortdauernder Anspruchsberechtigung in den Folgejahren ist konsequenterweise von einem Beginn jeweils am 1. Jänner auszugehen, sodass auch die Jahresbeitragsgrundlagen des jeweils vorletzten Jahres heranzuziehen sind (VwGH vom 26.05.2010, 2007/08/0101).

Unter sinngemäßer Anwendung des § 21 AlVG ist für das Jahr 2016 die gemeldete Beitragsgrundlage für das Jahr 2014 heranzuziehen. Der Dienstgeber meldete für die Beschwerdeführerin für das Jahr 2014 ein Allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 25.350 plus Sonderzahlungen in Höhe von EUR 3.900, was in Summe eine Beitragsgrundlage für das Jahr 2014 in Höhe von EUR 29.250 ergab. Daraus ergibt sich eine monatliche Beitragsgrundlage von EUR 2.437,50. Aufgrund von § 44 Abs. 2 ASVG ist der Monat einheitlich mit 30 Tagen anzunehmen. Damit ergibt sich eine tägliche Bemessungsgrundlage von EUR 81,25. Diese ist mit der Anzahl der Tage zu multiplizieren, an denen eine Mitversicherung bestand. Von der so ermittelten Beitragsgrundlage sind 3,4% zu berechnen.

Für das Jahr 2017 ist die gemeldete Beitragsgrundlage für das Jahr 2015 heranzuziehen. Hierfür wurde eine Allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 28.350 und Sonderzahlungen in Höhe von EUR 4.200, somit in Summe EUR 32.550. Daraus ergibt sich eine monatliche Beitragsgrundlage von EUR 2.712,50. Geteilt durch 30 beträgt die tägliche Beitragsgrundlage EUR 90,42. Auch hiervon war die tägliche Beitragsgrundlage mit der Anzahl der mitversicherten Tage zu multiplizieren und davon 3,4% zu berechnen.

Für das Jahr 2018 ist die gemeldete Beitragsgrundlage für das Jahr 2016 heranziehen, wonach eine Allgemeine Beitragsgrundlage von EUR 29.250 und Sonderzahlungen von EUR 4.500, in Summe somit EUR 33.750. Die monatliche Beitragsgrundlage betrug EUR 2.812,50. Die tägliche Beitragsgrundlage betrug demnach EUR 93,75 und durch Multiplikation der mitversicherten Tage und Berechnung von 3,4% ergaben sich die Teilzusatzbeiträge, welche in Summe mit den Teilzusatzbeiträgen aus den Jahren 2016 und 2017 den zu leistenden Zusatzbeitrag ergaben.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die Beitragsgrundlage in der Höhe von EUR 2.437,50 sei nicht nachvollziehbar und erscheine als erhöht, so ist dieser Vorwurf nicht berechtigt. E ist nicht ersichtlich, in wie fern der Zusatzbeitrag von der belangten Behörde falsch bemessen worden wäre. Wie oben ausgeführt, richtet sich die Ermittlung der Beitragsgrundlage nach den im Gesetz aufgeführten Methoden; an diese hat sich die belangte Behörde gehalten und kommt auch das erkennende Gericht auf die errechneten Beträge. Es ist nichts zu beanstanden.

Der Zusatzbeitrag besteht daher auch der Höhe nach zu Recht.

Im Ergebnis zeigt daher die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an derartiger Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft Beitragsgrundlagen Beitragspflicht Krankenversicherung Mitversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W145.2219172.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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