TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/24 W235 2222152-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.07.2020
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Entscheidungsdatum

24.07.2020

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W235 2222152-1/8E

W235 2222158-1/6E

W235 2222156-1/6E

W235 2222155-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2. mj. XXXX geb. XXXX alias XXXX , 3. mj. XXXX , geb. XXXX alias XXXX und 4. mj. XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2, 3. und 4. gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Irak, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2019, Zl. 1170171303-190538070 (ad 1.) sowie vom 19.07.2019, Zl. 1170171706-190538045(ad 2.), Zl. 1170171608-190538053 (ad 3.) und Zl. 1170171401-190538061 (ad 4.) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen sowie des minderjährigen Viertbeschwerdeführers. Alle vier Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und als gesetzliche Vertreterin auch für die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer am 27.05.2019 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer stellte bereits am XXXX .2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Nach Zulassung zum inhaltlichen Verfahren wurde dieses am XXXX .2018 aufgrund Untertauchens („unbekannter Aufenthaltsort“) eingestellt. Nachdem der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer gemeinsam mit diesen am 27.05.2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, wurde sein am XXXX .2018 eingestelltes Verfahren wieder auf „laufend“ gestellt.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass die Erstbeschwerdeführerin jeweils am XXXX .08.2017 in Bulgarien, am XXXX .08.2017 in Rumänien, am XXXX .04.2018 in Griechenland, am XXXX .04.2019 in Kroatien und am XXXX .05.2019 in Slowenien Asylanträge stellte.

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Erstbeschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, an keinen Krankheiten zu leiden, jedoch im vierten Monat schwanger zu sein. Vor ca. zwei Jahren sei sie mit dem Flugzeug legal [in Begleitung der drei minderjährigen Beschwerdeführer] vom Irak in die Türkei gereist. Sie habe nach Österreich gewollt, weil ihr Ehemann zu dieser Zeit in Österreich gelebt habe. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in der Türkei seien die Beschwerdeführer über ein unbekanntes Land nach Rumänien gereist, wo sie sich wieder einige Monate aufgehalten hätten. Danach seien sie nach Griechenland gelangt und seien dort acht bis neun Monate aufhältig gewesen. In der Folge seien sie über Bosnien nach Slowenien und von dort aus nach Österreich gereist. Überall, wo sie gewesen seien, seien die Beschwerdeführer schlecht behandelt worden und hätten ihre Fingerabdrücke abgeben müssen. Die Erstbeschwerdeführerin wisse auch nicht genau, in welchen Ländern sie einen Asylantrag gestellt habe. Sie wolle in Österreich bleiben, damit die minderjährigen Beschwerdeführer eine Zukunft hätten und weil ihr Ehemann hier aufhältig sei. Auf Vorhalt der Eurodac-Treffer gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie sich nicht daran erinnern könne, in Bulgarien gewesen zu sein. Sie wolle nicht dorthin.

Der Erstbeschwerdeführerin wurde ferner am 27.05.2019 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Bulgarien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt.

1.3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.07.2019 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmegesuche an Bulgarien.

Mit Schreiben vom 05.07.2019 stimmte die bulgarische Dublinbehörde der Aufnahme aller vier Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu. Betreffend den Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer stimmte die bulgarische Dublinbehörde gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO ebenfalls ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 05.07.2019 wurde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Anträge aller vier Beschwerdeführer auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Bulgarien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde der Erstbeschwerdeführerin nachweislich am 09.07.2019 übergeben.

1.4. Am 12.07.2019 wurde die Erstbeschwerdeführerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren sowie unter Beziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Kurdisch einvernommen, wobei sie zunächst angab, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Die drei minderjährigen Beschwerdeführer seien ihre leiblichen Kinder und sie würde sie im Verfahren vertreten. Die Erstbeschwerdeführerin sei im sechsten Monat schwanger, leide jedoch nicht an Krankheiten. Die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer hätten ebenfalls keine Krankheiten. Abgesehen von ihrem Ehemann in Österreich habe die Erstbeschwerdeführerin keine Verwandten im Gebiet der Europäischen Union.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, eine Anordnung zur Außerlandesbringung der Beschwerdeführer nach Bulgarien zu treffen, gab die Erstbeschwerdeführerin an, ihr Ziel sei Österreich gewesen, weil ihr Mann hier lebe. Die minderjährigen Beschwerdeführer würden auch ihren Vater brauchen. Sie seien ca. zwei Monate in Bulgarien in einem Gefängnis in XXXX aufhältig gewesen. Konkret sie betreffende Vorfälle in Bulgarien habe es nicht gegeben. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zur Lage in Bulgarien gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie Bulgarien nicht interessiere. Sie wolle hier in Österreich bei ihrem Mann bleiben.

In der Folge gab die Rechtsberaterin an, dass sich der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin, Herr XXXX , seit 2015 in Österreich befinde und zum inhaltlichen Verfahren zugelassen worden sei. Er habe noch keine erstinstanzliche Entscheidung erhalten und sei somit gemäß Art. 10 Dublin III-VO Österreich für das Verfahren der Beschwerdeführer zuständig, da die Asylantragstellung in Österreich als eindeutige Willenserklärung betreffend Familienverfahren zu werten sei.

Im Rahmen der Einvernahme legte die Erstbeschwerdeführerin die erste Seite ihres Mutter-Kind-Passes, aus dem der errechnete Geburtstermin XXXX .11.2019 ersichtlich ist, sowie Kopien aus den Reisepässen der Beschwerdeführer vor, denen als Geburtsdatum der Erstbeschwerdeführerin der XXXX , der Zweitbeschwerdeführerin der XXXX , der Drittbeschwerdeführerin der XXXX und des Viertbeschwerdeführers der XXXX zu entnehmen ist.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die jeweiligen Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieser Anträge zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wurde gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Bulgarien zulässig ist.

Begründend wurde betreffend alle vier Beschwerdeführer im Wesentlichen festgestellt, dass sie an keinen schweren, lebensbedrohenden oder überstellungshinderlichen Krankheiten leiden würden. Die Zuständigkeit Bulgariens habe sich aufgrund des Schreibens vom 05.07.2019 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ergeben. Die Erstbeschwerdeführerin sei schwanger. In Österreich befinde sich der Gatte der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien.

Beweiswürdigend wurde zunächst darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführer an schweren, lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden würden, hätten sie weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Betreffend die vier Beschwerdeführer hätten die bulgarischen Behörden gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zugestimmt. Anzumerken sei, dass die Anfrage an die bulgarischen Behörden betreffend den Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gelautet habe, sodass der Antrag der Rechtsberatung auf Berücksichtigung von Art. 10 Dublin III-VO ins Leere gehe. Die Erstbeschwerdeführerin habe glaubhaft und widerspruchsfrei vorgebracht, dass sich die Beschwerdeführer mit ihrem Ehegatten bzw. Vater in Österreich befänden. Die Verfahren sämtlicher Familienmitglieder seien in gleicher Weise entschieden und die Zuständigkeit Bulgariens festgestellt worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass in der kurzen Zeit seit der Einreise ein schützenswertes Privatleben aufgebaut worden sei. Die Feststellungen zu Bulgarien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Erstbeschwerdeführerin habe nicht konkret und substanziiert vorbringen können, warum Bulgarien die Asylanträge nicht unter Einhaltung sämtlicher Bestimmungen prüfen solle. Auch sei darauf zu verweisen, dass schon aufgrund der ausdrücklichen Zusicherung der bulgarischen Behörden, die Beschwerdeführer zu übernehmen, nicht erkannt werden könne, dass man sie in Bulgarien ohne jegliche staatliche Versorgung ihrem Schicksal überlassen würde. Es seien sohin keine stichhaltigen Gründe glaubhaft gemacht worden, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien konkret Gefahr liefen, dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass in Bulgarien sowohl asylrechtlicher Schutz als auch Refoulement-Schutz gewährleistet sei. Eine Grundversorgung für Asylwerber sei in Bulgarien in jeglicher Hinsicht gesichert.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass sich aus dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt sei. Da die Verfahren aller Familienmitglieder in gleicher Weise entschieden worden seien und die Zuständigkeit Bulgariens festgestellt worden sei, sei davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidungen daher unter diesem Aspekt zulässig seien. Bulgarien sei bereit, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen und ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die Bulgarien aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen den Beschwerdeführern gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Bulgarien als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu den jeweiligen Spruchpunkten II. der angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Erstbeschwerdeführerin für sich und als gesetzliche Vertreterin auch für die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Ehegatten (= Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer) im Wege ihrer nunmehr ausgewiesenen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin am XXXX .2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und zum Verfahren zugelassen worden sei. Eine erstinstanzliche Entscheidung sei noch nicht ergangen, weshalb die Anwendung von Art. 10 Dublin III-VO zwingend notwendig sei. Aus den Informationen, die die Behörde an die bulgarischen Behörden geschickt habe, habe nicht erkannt werden können, aus welchen Gründen Art. 10 Dublin III-VO nicht zur Anwendung komme. Mit dieser Information hätte Bulgarien dem Ansuchen auf Rücknahme niemals zugestimmt.

Ferner würden sich die in den angefochtenen Bescheiden herangezogenen Länderberichte nur ungenügend auf das Vorbringen der Beschwerdeführer beziehen. Die Quellen würden ein unausgewogenes Bild der Aufnahme- und Versorgungssituation für Flüchtlinge zeichnen und würden Misshandlungen durch Sicherheitskräfte nicht zur Sprache kommen. Auch habe sich die Behörde nicht damit auseinander gesetzt, dass die Erstbeschwerdeführerin schwanger sei. Darüber hinaus seien die Berichte aus den Jahren 2016 und 2017 und somit veraltet. Unter wörtlicher Zitierung eines Berichtes von USDOS vom April 2016, eines Berichtes von ELENA/ECRE vom Feber 2016, einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.04.2016, eines aktuellen (!) Berichtes von UNHCR vom 29.11.2016, eines Berichtes von AIDA vom Oktober 2015, eines Berichtes des UN Menschenrechtskommissars vom 11.08.2016, eines aktuellen (!) Berichtes der Cordelia Foundation über den Berichtszeitraum 2015 und eines Berichtes des Bulgarien Helsinki Committees vom 18.11.2016 führt die Beschwerde aus, dass sich die Bedingungen seit 2014 verschlechtert hätten. Es gebe inadäquate Hygienebedingungen sowie regelmäßige Probleme bei der Bereitstellung von Dolmetschern. Wiederholt werde auf Missstände in den Unterbringungsbedingungen – insbesondere betreffend Überbelegung, mangelhafte medizinische Versorgung und Hygienebedingungen – hingewiesen. Ferner würden Misshandlungen durch reguläre Polizeieinheiten an Bulgariens Grenze zur Türkei stattfinden. Ebenso gebe es rassistische Rhetorik rechtsextremer Parteien, die negative Stereotype über Asylwerber verbreiten würden. Übergriffe auf Flüchtlinge und MigrantInnen würden so gut wie nie bestraft. Obwohl am 01.01.2016 ein neues Haftregime für Asylwerber in Kraft getreten sei, gebe es in der Praxis keine Unterscheidung zwischen Asylwerbern und sonstigen irregulär eingereisten MigrantInnen. Die Verhängung von Haft über Drittstaatsangehörige, die die Grenze überschreiten würden, erfolge als Automatismus. Als besonders problematisch werde der Umstand angesehen, dass keine Mechanismen zur Identifizierung von Folterüberlebenden, traumatisierten und anderen besonders vulnerablen AsylwerberInnen bestünden. Bei Dublin-Rückkehrern, deren Verfahren beendet worden seien und die als illegal aufhältige MigrantInnen in Haft genommen worden seien, sei es auch im Fall der Zulassung von Folgeanträgen wahrscheinlich, dass eine Inhaftierung aufrecht erhalten werde. Dublin-Rückkehrer seien einer Gefahr der Verelendung außerhalb des Aufnahmesystems oder auch im Aufnahmesystem der Gefahr erniedrigender Behandlung ausgesetzt.

Weiters wurde auf ein Urteil des EGMR vom 27.01.2015 verwiesen, in welchem der EGMR festgestellt hat, dass die Bedingungen in Haft eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden. Der EGMR habe in seiner neuesten Judikatur vom 04.11.2014, Tarakhel vs. Switzerland, klargestellt, dass es nicht notwendig sei, dass in einem Land systematische Mängel im Asylsystem bestehen müssten, um eine Überstellung dorthin unzulässig zu machen. Auch individuelle Umstände könnten die Überstellung unzulässig machen, wenn eine Gefährdung von Grundrechten vorläge. Von systemischen Mängeln in Bulgarien sei das VG Oldenburg mit Beschluss vom 11.09.2015 ausgegangen.

4. Die Erstbeschwerdeführerin begab sich am XXXX .07.2019 wegen Oberbauchschmerzen in Behandlung eines Landesklinikums, im Zuge derer keine Auffälligkeiten festgestellt wurden (vgl. OZ 3).

5. Am 24.09.2019 wurden alle vier Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Ehegatten bzw. Vater komplikationslos auf dem Luftweg nach Bulgarien überstellt.

6. Am XXXX .01.2020 wurde der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer wegen § 114 FPG (= Schlepperei) in Untersuchungshaft genommen und in die Justizanstalt XXXX verbracht. In weiterer Folge wurde über ihn mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .01.2020 aufgrund des Verdachts das Verbrechen der Schlepperei begangen zu haben, die Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr verhängt.

Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab das Bundesamt mit Schreiben vom 30.01.2020 und vom 15.06.2020 bekannt, dass der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer gemeinsam mit den vier Beschwerdeführern im September 2019 nach Bulgarien überstellt und auf gerichtlicher Schiene wieder nach Österreich zurückgeholt worden sei. Im darauf folgenden Konsultationsverfahren seien die bulgarischen Behörden von der Inhaftierung des Ehegattens bzw. Vaters der Beschwerdeführer informiert worden, hätten ihre Zuständigkeit abgelehnt und dies damit begründet, dass ihre Verantwortung gemäß Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO geendet habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer. Alle vier Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit. Ca. im Frühjahr 2017 verließen die vier Beschwerdeführer gemeinsam ihren Herkunftsstaat und reisten legal in die Türkei, von wo aus sie nach Bulgarien gelangten, sodass festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer über Bulgarien, wo die Erstbeschwerdeführerin am XXXX .08.2017 einen Asylantrag stellte, der in der Folge abgelehnt wurde, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisten. Nicht festgestellt werden kann, wie lange die Beschwerdeführer in Bulgarien aufhältig waren. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer in der Folge über Rumänien, Griechenland, Kroatien und Slowenien nach Österreich reisten und die Erstbeschwerdeführerin in diesen durchgereisten Ländern jeweils einen Asylantrag stellte und zwar am XXXX .08.2017 in Rumänien, am XXXX .04.2018 in Griechenland, am XXXX .04.2019 in Kroatien und am XXXX .05.2019 in Slowenien. Letztlich stellte die Erstbeschwerdeführerin am 27.05.2019 für sich und als gesetzliche Vertreterin auch für die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer stellte bereits am XXXX .2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei das diesbezüglich geführte Asylverfahren am XXXX .2018 eingestellt wurde, da der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts war. Als dieser gemeinsam mit den Beschwerdeführers am 27.05.2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, wurde das eingestellte Verfahren fortgesetzt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 02.07.2019 Wiederaufnahmegesuche an Bulgarien, welche von der bulgarischen Dublinbehörde am 05.07.2019 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme aller vier Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Konkrete, in den Personen der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Im Überstellungszeitpunkt war die Erstbeschwerdeführerin schwanger und wurde der Geburtstermin mit XXXX .11.2019 berechnet. Abgesehen von einem einmaligen Aufsuchen eines Krankenhauses am XXXX .07.2019 wegen Oberbauchschmerzen hat sich die Erstbeschwerdeführerin nicht in medizinische bzw. gynäkologische Behandlung begeben. Daher wird festgestellt, dass im Fall der Erstbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Überstellung keine Risikoschwangerschaft vorlag. Da die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer gesund sind, wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer weder an körperlichen noch an psychischen Erkrankungen leiden, die einer Überstellung nach Bulgarien aus gesundheitlichen Gründen entgegenstehen bzw. entgegengestanden sind.

Am 24.09.2019 wurden alle vier Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Ehemann bzw. Vater auf dem Luftweg nach Bulgarien überstellt.

In der Folge wurde der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer auf gerichtlicher Schiene wieder nach Österreich zurückgeholt. Dieser wurde am XXXX .01.2020 wegen Schlepperei in Untersuchungshaft genommen und befindet sich aktuell in der Justizanstalt XXXX . Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet.

1.2. Zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien:

Zum bulgarischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien wurden in den angefochtenen Bescheiden umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines zum Asylverfahren:

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten.

[…]

99,8% der betretenen illegalen Migranten geben an, dass Bulgarien nicht ihr Zielland ist. Ende 2016 stieg die Quote der Antragsteller, die ihr Verfahren nicht zu Ende führen, auf 84%. 44% der Asylverfahren wurden eingestellt (discontinued) und 41% in Abwesenheit entschieden. Nur 15% der Asylwerber blieben lange genug im Land, um eine inhaltliche Entscheidung zu erhalten (AIDA 2.2017). Illegale Ausreise ist eine Straftat und kann zu Haftstrafen von über einem Jahr führen (AI 2.2017). In Bulgarien gab es 2017 bis 16.11.2017 3.334 Asylanträge (VB 22.11.2017).

Es gibt weiterhin Berichte über Gewalt gegen Migranten und Asylwerber durch Mitglieder ziviler „Bürgerwehren“ und Beamte an den Landesgrenzen. Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte „Pushbacks“ an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten. Dabei soll in hunderten Fällen vonseiten der Polizei und Grenzwache körperliche Gewalt zum Einsatz gekommen und die Migranten bisweilen auch beraubt und erniedrigend behandelt worden sein. Im November 2016 wurde im Zuge der Niederschlagung eines gewaltsamen Aufstandes im Unterbringungszentrum Harmanli von der Polizei angeblich übertriebene Gewalt angewendet. Im Juni 2016 wurden zwei Männer wegen versuchten Mordes angeklagt, die einen Asylwerber aus fremdenfeindlichen Motiven niedergestochen hatten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017). Die Handlungen der zivilen „Bürgerwehren“, welche Migranten an den Grenzen bis zum Eintreffen der Polizei festhielten und bisweilen auch misshandelten, wurden von Teilen von Politik und Gesellschaft zunächst begrüßt. Nach formellen Beschwerden von NGOs wurden einige Mitglieder dieser Gruppen verhaftet und das bulgarische Innenministerium rief dazu auf, von der eigenmächtigen Anhaltung von Migranten Abstand zu nehmen (AI 2.2017). Die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) betreibt in Serbien eine mental health clinic. MSF berichtet, dass von den verletzten Minderjährigen, die sich zwischen Jänner und Juni 2017 an diese Klinik wandten, nach Eigenangaben der Betroffenen, 48% der Verletzungen auf verschiedene bulgarische Behörden zurückgingen und ihnen in den Grenzregionen, in Lagern, Polizeistationen, Hafteinrichtungen u.a. Einrichtungen beigebracht worden seien (MSF 3.10.2017). Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind – wie überall – nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017). Asylwerber und Schutzberechtigte haben dieselben gesetzlichen Beschwerdemöglichkeiten wie bulgarische Staatsbürger. Sie können die Behörden informieren. Die Zuständigkeit ergibt sich aus dem Charakter der Beschwerde. Ansprechbar sind der Direktor der jeweiligen Institution; der Vorsitzende der SAR über den Direktor der jeweiligen territorialen SAR-Einheit oder über NGOs; UNHCR; das Bulgarische Rote Kreuz; das Bulgarische Helsinki Komitee und andere NGOs welche reguläre Vertreter bei den territorialen Einheiten der SAR haben; der Direktor des jeweiligen Unterbringungszentrums (VB 9.7.2015).

b). Dublin-Rückkehrer:

Ein Verfahren ist zu suspendieren, wenn sich der Antragsteller diesem für mehr als zehn Arbeitstage entzieht oder seine Adresse ändert ohne dies zu melden. Nach weiteren drei Monaten des Nichterscheinens ist das Verfahren zu beenden (Act Art. 14f.; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits inhaltlich behandelt hat der Antragsteller ab Beendigung sechs Monate Zeit, triftige Gründe für sein Fernbleiben vorzubringen und somit das Verfahren wiederzueröffnen. Kann er keine triftigen Gründe vorbringen oder ist die 6-Monats-Frist verstrichen, kommt nur noch ein neuerlicher Asylantrag infrage, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag vor Beendigung noch nicht inhaltlich behandelt, ist das Verfahren im Falle einer Dublin-Rückkehr jedenfalls wiederzueröffnen und der Antrag inhaltlich zu behandeln (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017; VB 13.11.2017). Wenn in einem solchen Fall die 6-Monats-Frist verstrichen ist, kann der Rückkehrer einen erneuten Asylantrag stellen, welcher als Erstantrag gewertet wird (und nicht als Folgeantrag) (SAR 17.5.2016b).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits rechtskräftig negativ entschieden, werden Schritte zur Außerlandesbringung des Rückkehrers gesetzt. Auch hier besteht die Möglichkeit einen neuen Asylantrag einzubringen, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (EASO 24.10.2017; vgl. VB 13.11.2017).

Dublin-Rückkehrer haben bis zum Vorliegen einer inhaltlich rechtskräftigen Entscheidung dieselben Unterbringungsrechte wie andere Asylwerber und auch ihre Krankenversicherungen werden erneuert (EASO 24.10.2017).

Folgeantragsteller (außer Vulnerable) haben während der Zulässigkeitsprüfung ihres Folgeantrags (de jure 14 Tage) kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversicherung/-versorgung und psychologische Hilfe (Act Art. 29 und 76b; vgl. AIDA 2.2017). Bei Antragstellern, deren suspendiertes Verfahren wiedereröffnet wird, weil es triftige Gründe für Ihr Fernbleiben gibt, ist laut Gesetz das Recht auf Krankenversicherung als fortdauernd (continuous) zu betrachten (Act Art. 29).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum „Nadya“, IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).

c). Non-Refoulement:

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2017).

[…]

Die Regierung garantiert einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Migranten und Asylwerbern in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 3.3.2017).

d). Versorgung:

Gemäß der bulgarischen Gesetzgebung haben die Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Versorgung – Unterkunft und Verpflegung, soziale Unterstützung, Krankenversicherung, kostenlose medizinische Versorgung nach den Bedingungen und Regelungen wie bulgarische Staatsbürger, außerdem auf psychologische Unterstützung, Dolmetscher oder Dolmetsch-Hilfe (VB 13.11.2017).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als 3 Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Jobtrainings und Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen aber schwierig (AIDA 2.2017; vgl. VB 13.11.2017).

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens, inklusive eines etwaigen Beschwerdeverfahrens. Die Aufenthaltsdauer in den Zentren ist gesetzlich nicht begrenzt. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie zu Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und zu Krankenversicherung, medizinischer Versorgung, psychologischer Versorgung und Bildung gegeben. Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden. Im Frühjahr 2015 wurde rückwirkend mit 1. Februar 2015 beschlossen, die Sozialhilfe für Asylwerber in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) nicht mehr auszubezahlen, weil die Asylwerber in den Zentren der SAR drei warme Mahlzeiten am Tag erhalten würden. Letzteres ist Berichten zufolge aber nicht immer zutreffend. Einige NGOs haben daher gegen diese Entscheidung gerichtliche Beschwerde erhoben, welche jedoch nicht zugelassen wurde. Wenn Antragsteller sich dem Verfahren entziehen, verlieren sie bei Rückkehr in der Praxis das Recht auf Versorgung (AIDA 2.2017).

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Harmanli sowie Pastrogor. Die Kapazität der Unterbringungszentren liegt bei 5.190 Plätzen, von denen im Oktober 2017 etwa 18% belegt waren (AIDA 2.2017; vgl. FRA 11.2017).

Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren werden als ärmlich beschrieben, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen, variieren aber zum Teil erheblich von Zentrum zu Zentrum. Wo immer möglich erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2017). Bulgarien bietet entsprechend der Flüchtlingskonvention ausreichende Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung. Die Aufnahmezentren werden dahingehend immer wieder von NGOs auf Mindeststandards kontrolliert (VB 31.1.2017). In den meisten Aufnahmezentren gibt es weiterhin Bau- und Renovierungstätigkeiten (FRA 10.2017).

Seit Jänner 2016 können Antragsteller während ihres Asylverfahrens, in Übereinstimmung mit Art. 8(3)(a), (b), (d) und (f) der Neufassung der Aufnahmerichtlinie, auch geschlossen untergebracht werden, etwa aus Gründen der nationalen und öffentlichen Sicherheit. Dazu wurde von SAR ein geschlossenes Unterbringungszentrum geschaffen, der sogenannte „Block 3“ des Schubhaftzentrums Busmantsi (60 Plätze). Darüber hinaus sind noch die Schubhaftkapazitäten Bulgariens zu nennen. Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze), Lyubimets (300 Plätze) und das geschlossene Verteilerzentrum Elhovo (240 Plätze). Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten werden kritisiert (AIDA 2.2017). Die bulgarischen Behörden verbessern weiterhin die Unterbringungsbedingungen in den beiden Schubhaftzentren (FRA 11.2017).

Das Zentrum in Pastrogor wird renoviert um es in eine geschlossene Einrichtung umzuwandeln (FRA 4.2017). Es soll Ende 2017 eröffnet werden und etwa 300 Plätze haben. Es sei für Personen gedacht sein, welche die Hausordnung offener Zentren verletzt haben (FRA 10.2017).

Derzeit sind in Bulgarien untergebracht: (Stand 16.11.2017): 934 Personen in offenen Zentren (18% Auslastung), 416 Personen in geschlossenen Zentren (42% Auslastung) und 348 privat (auf eigene Kosten). Das sind gesamt 1.698 Personen (VB 22.11.2017).

Wenn das Asylverfahren länger als drei Monate dauert, haben Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Jobtrainings und Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosigkeit aber schwierig (AIDA 2.2017).

e). Medizinische Versorgung:

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger, das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (VB 11.10.2017).

Asylwerber haben ein Recht auf dieselbe medizinische Versorgung wie bulgarische Staatsbürger. SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber damit mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren, da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist. In dieser Situation ist laut AIDA spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2017).

In der Praxis ist der Zugang zu geeigneter medizinischer Versorgung eingeschränkt durch den Mangel an medizinischem Personal in den Unterbringungszentren bzw. mangelnden Zugang zu Übersetzung (HHC 5.2017).

[…]

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum „Nadya“, IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).

In Bulgarien besteht grundsätzlich die Möglichkeit, rezeptfreie Medikamente auch über das Internet zu erwerben (VB 26.4.2016).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das bulgarische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Bulgarien den oben zitieren Feststellungen zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihren familiären Beziehungen zueinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit sowie zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, zu ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat, zu ihrem weiteren Reiseweg und zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin sowie aus den Akteninhalten. Dass die Erstbeschwerdeführerin am XXXX .08.2017 in Bulgarien einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem diesbezüglichen unbedenklichen Eurodac-Treffer. Hieraus ergibt sich auch die Feststellung zur illegalen Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Bulgarien. Dass der Asylantrag der Erstbeschwerdeführerin in Bulgarien abgelehnt wurde, gründet auf dem Umstand, dass Bulgarien dem österreichischen Wiederaufnahmegesuch auf der Basis von Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt hat. Da die Erstbeschwerdeführerin betreffend ihre Aufenthaltsdauer in Bulgarien widersprechende Angaben getätigt hat, war die diesbezügliche Negativfeststellung zu treffen. Im Rahmen ihrer Erstbefragung erwähnte sie einen Aufenthalt in Bulgarien nicht, sondern brachte zunächst vor über ein „unbekanntes Land“ nach Rumänien gereist zu sein. Auf Vorhalt des Eurodac-Treffers zu Bulgarien gab sie in weiterer Folge an, dass sie sich nicht daran erinnern könne, in Bulgarien gewesen zu seien, aber dort nicht hinwolle. Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt änderte die Erstbeschwerdeführerin jedoch ihre Behauptung, sich nicht an einen Aufenthalt in Bulgarien erinnern zu können, und brachte nunmehr vor, dass sie in Bulgarien ca. zwei Monate in einem Gefängnis aufhältig gewesen seien. Diese Angabe findet allerdings keine Deckung im Akteninhalt – insbesondere in den Eurodac-Treffern – denenzufolge, die Erstbeschwerdeführerin bereits am XXXX .08.2017 in Rumänien einen Asylantrag stellte und sohin – ausgehend vom Datum der Antragstellung in Bulgarien – lediglich ca. drei Wochen in Bulgarien gewesen seien konnte. Die Feststellungen zum weiteren Reiseweg bis Österreich sowie zu den jeweiligen Asylantragstellungen der Erstbeschwerdeführerin in Rumänien, in Griechenland, in Kroatien und in Slowenien gründen ebenfalls auf den unbedenklichen Eurodac-Treffern und gab die Erstbeschwerdeführerin darüber hinaus selbst an, dass sie nicht genau wisse, in welchen Ländern sie einen Asylantrag gestellt habe.

Die Feststellungen zum Asylverfahren des Ehegatten bzw. Vaters der Beschwerdeführer gründen auf der Einsicht in den diesbezüglichen Gerichtsakt, Zl. XXXX . Ebenfalls aus der Einsicht in diesen Gerichtsakt ergeben sich die Feststellungen zur Rückholung des Ehegatten bzw. Vaters der Beschwerdeführer aus Bulgarien auf gerichtlicher Schiene, zur Verhängung der Untersuchungshaft über ihn und zu seinem aktuellen Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX .

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer durch Bulgarien ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Bulgariens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Bulgarien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Schwangerschaft der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus ihren eigenen Angaben und ist auch aus dem vorgelegten Mutter-Kind-Pass ersichtlich. Diesem ist auch der berechnete Geburtstermin zu entnehmen. Weiters ist einem ärztlichen Entlassungsbrief eines Landeskrankenhauses vom XXXX .08.2019 zu entnehmen, dass sich die Erstbeschwerdeführerin am XXXX .07.2019 wegen Oberbauchschmerzen in Behandlung dieses Krankenhauses begeben hat und im Zuge derer keine Auffälligkeiten festgestellt wurden. Da darüber hinaus weder medizinische bzw. gynäkologischer Unterlagen vorgelegt wurden noch ein ergänzendes Vorbringen erstattet wurde, war die Feststellung zu treffen, dass im Überstellungszeitpunkt keine Risikoschwangerschaft vorlag. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab die Erstbeschwerdeführerin zum Gesundheitszustand aller vier Beschwerdeführer an, dass sie zwar schwanger sei, jedoch an keinen Krankheiten leide. Die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer hätten ebenfalls keine Krankheiten (vgl. AS 199 im Akt der Erstbeschwerdeführerin). Daher war zusammengefasst die Feststellung zu treffen, dass die Beschwerdeführer weder an körperlichen noch an psychischen Erkrankungen leiden, die einer Überstellung nach Bulgarien aus gesundheitlichen Gründen entgegenstehen bzw. entgegengestanden sind.

Die Feststellung zur Überstellung der Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Ehemann bzw. Vater nach Bulgarien ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 24.09.2019.

Dass die Beschwerdeführer abgesehen von ihrem inhaftierten Ehegatten bzw. Vater in Österreich nicht über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen verfügen, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren. Gegenteiliges ist auch den sonstigen Akteninhalten nicht zu entnehmen.

2.2. Die Feststellungen zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den in den angefochtenen Bescheiden angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Bulgarien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und (jedenfalls im Zeitpunkt der Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien) aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Bulgarien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. In ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt gab die Erstbeschwerdeführerin zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass sie Bulgarien nicht interessiere (vgl. AS 201 im Akt der Erstbeschwerdeführerin). Zum Beschwerdevorbringen, die Berichte des Bundesamtes seien veraltet, ist darauf zu verweisen, dass auch die Beschwerde keine aktuelleren Berichte in das Verfahren eingeführt, sondern sich auf zum Teil noch ältere Berichte aus den Jahren 2016 und 2015 bezogen bzw. diese auch teilweise wörtlich zitiert und darüber hinaus diese Berichte mehrfach als „aktuell“ bezeichnet hat. Wenn die Beschwerde weiters ausführt, dass sich die Länderberichte nur ungenügend auf das Vorbringen der Beschwerdeführer beziehen würden, da diese ein unausgewogenes Bild der Aufnahme- und Versorgungssituation für Flüchtlinge zeichnen und Misshandlungen durch Sicherheitskräfte nicht zur Sprache kämen, ist dem entgegenzuhalten, dass die Erstbeschwerdeführerin kein Vorbringen betreffend Misshandlungen durch Sicherheitskräfte erstattet hat. Auch hat die Erstbeschwerdeführerin kein Vorbringen zu ihrer Aufnahme- und/oder Versorgungssituation in Bulgarien erstattet. Zutreffend ist, dass das bulgarische Asylsystem Belastungen ausgesetzt war, bei Einreisen aus der Türkei Übergriffe staatlicher Organe gegenüber Drittstaatsangehörigen vorgefallen sind und es auch in Lagern zu Ausschreitungen von Bewohnern, die in andere europäische Länder weiterreisen wollten, gekommen ist. Dies lässt aber angesichts einer Gesamtschau der Quellenlage weder den Schluss auf das Vorliegen systemischer Mängel (entsprechend Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO) zu, noch einen solchen auf eine Übertragbarkeit dieser Ereignisse hinsichtlich geregelter Rückübernahmen wie im Fall der Beschwerdeführer. Zusammengefasst ist auszuführen, dass die Länderfeststellungen des Bundesamtes ausgewogen sind, auch auf eventuell auftretende Schwierigkeiten bei der Unterbringung Bezug nehmen und ein durchaus differenziertes Bild zeichnen. Ebenso nehmen sie auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug. Auch lässt sich den Quellenangaben in den angefochtenen Bescheiden entnehmen, dass sich die Feststellungen nicht ausschließlich auf staatliche Quellen gründen. So wurde mehrfach ein Bericht von Amnesty International und auch ein Bericht von Médecins Sans Frontières bei den Quellenangaben angeführt, sodass von einer Unausgewogenheit der Quellen wohl nicht gesprochen werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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