TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/3 I408 2233352-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.08.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §31 Abs1
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7
FPG §55 Abs4
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2233352-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. ALBANIEN, vertreten durch: RA Mag. Dr. Helmut BLUM LL.M. gegen den Bescheid des BFA, RD NÖ Außenstelle St. Pölten vom 06.05.2020, Zl. 1264086504-200350284, zu Recht erkannt:

A)

I.)      Die Beschwerdevorentscheidung vom 02.07.2020, Zl. 1264086504-200350284, wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben.

II.)     Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Am 21.04.2020 wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit drei anderen albanischen Staatsbürgern, die wie er über keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich verfügten und bei keiner Firma beschäftigt waren, durch die Finanzpolizei XXXX bei Schalungsarbeiten aufgegriffen.

2.       Im Hinblick auf eine beabsichtigte Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wurde dem Beschwerdeführer noch am selben Tag schriftlich Parteiengehör gewährt. U.e. wurde der Beschwerdeführer auch darauf hingewiesen, dass er mit einem dreijährigen Aufenthaltsverbot zu rechnen und seine erfolgte Ausreise über die österreichische Botschaft in Albanien zu dokumentieren habe. (AS 83 bzw. 111).

3.       Am 29.04.2020 übermittelte die belangte Behörde dem für den Beschwerdeführer und zwei ebenfalls am 21.04.2020 aufgegriffenen Arbeitskollegen aus Albanien einschreitenden Rechtsvertreter die von ihm angeforderten Verfahrensunterlagen und kündigte die Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides für die nächste Woche an (AS 127).

4.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 06.05.2020, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), sowie gegen ihn ein auf 3 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

5.       Am 14.05.2020 erhob der Beschwerdeführer gemeinsam mit den zwei anderen albanischen Staatsangehörigen über ihren Rechtsvertreter Beschwerde gegen diese Entscheidung. Im Wesentlichen wurde eine verbotene Tätigkeit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz in Abrede gestellt und die zeugenschaftliche Einvernahme von A.S., der am 21.04.2020 ebenfalls in die die Arbeiten eingebunden und aufgegriffen worden war, beantragt.

6.       Am 02.07.2020 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, wies die Beschwerde als unbegründet ab und erhöhte das Einreiseverbot auf fünf Jahre. Begründend verwies die belangte Behörde auf eine ihr zwischenzeitlich bekannt gewordene, neuerliche unerlaubte Arbeitsaufnahme am 30.04.2020. Dabei wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit den zwei albanischen Staatsbürgern, die bereits beim Aufgriff am 21.04.2020 dabei gewesen waren, auf einer anderen Baustelle betreten. Mit diesem neuen Sachverhalt wurden weder der Beschwerdeführer noch sein Rechtsvertreter konfrontiert.

7.       Am 20.07.2020 stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Antrag, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

8.       Am 24.07.2020, in der Gerichtsabteilung am 27.07.2020 eingelangt, legte die belangte Behörde Vorlageantrag, Beschwerde und Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist albanischer Staatsbürger und ist nach seinen Angaben am 21.03.2020 in das Bundesgebiet legal eingereist. Er verfügt in Österreich über keinen gültigen Aufenthaltstitel, über keinen gemeldeten Wohnsitz und ist hier weder sozial- bzw. krankenversichert noch geht er einer legalen bzw. angemeldeten Beschäftigung nach.

Am 21.04.2020 wurde er gemeinsam mit A.S. und drei anderen albanischen Staatsangehörigen bei Schalungsarbeiten aufgegriffen.

Mit Strafverfügung vom 26.05.2020, XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer wegen des Verstoßes gegen § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 3 Abs 1 MeldeG eine Geldstrafe von € 60, -- verhängt (AS 507).

Der Beschwerdeführer konnte keinen Nachweis für ausreichende Barmittel erbringen. Er ist arbeitsfähig, aber nicht selbsterhaltungsfähig und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erweist sich damit als rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer hat seinen Lebensmittelpunkt in Albanien. Er ist dort verheiratet, hat Kinder (AS 115) und ging dort einer Beschäftigung nach (AS 119).

Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat und es wurde vom Beschwerdeführer auch nichts vorgebracht, dass er bei einer Rückkehr in eine ausweglose oder lebendbedrohliche Lage geraten würde.

Am 12.05.2020 wurde die belangte Behörde während des laufenden Verfahrens über einen neuerlichen Aufgriff des Beschwerdeführers bei Schalungstätigkeiten am 30.04.2020 in Kenntnis gesetzt (AS 239). Auch dieses Mal wurde er mit seinen beiden albanischen Kollegen angetroffen und A.S. Im Gegensatz zu seinen früheren Angaben führte er vor der Finanzpolizei XXXX am 30.04.2020 aus, dass er bereits am 08.03.2020 mit einem Kleinbus nach Österreich gekommen sei, dort an der Grenze von A.S. abgeholt und in eine Wohnung nach XXXX gebracht worden sei. (AS 429 ff).

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Befragung des Beschwerdeführers vom 30.04.2020, Corona bedingt schriftlich (AS 111 in Übersetzung) sowie seiner Einvernahme durch die Finanzpolizei XXXX am 30.04.2020. Diese Beweismittel sind unbedenklich und die Ergebnisse finden in aktuellen Abfragen aus ZMR, Strafregister und AJ-WEB Datenbang ihre Deckung.

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers noch aus dem Beschwerdevorbringen kann eine legale Tätigkeit am 21.04.2020 entnommen werden. Dies wird zudem über den nochmaligen Aufgriff bei Arbeiten auf einer Baustelle, dieses Mal für die Firma XXXX , nur neun Tage später bestätigt.

Auch die fehlende Meldung eines Wohnsitzes seit seiner Einreise in Österreich und die unvollständigen Angaben zur Wohnanschrift am 21.04.2010 sprechen nicht für einen legalen Aufenthalt. Da er und seine Kollegen in beiden Fällen von A.S. zu den Baustellen gebracht wurden und von ihm auch ihre Arbeiten zugewiesen bekommen haben, ist von einer Schwarzarbeit auszugehen. Hinzu kommt, dass er selbst angegeben hat, von A.S. bei seiner Einreise an der Grenze abgeholt worden zu sein.

Die Verwaltungsstrafe vom 26.05.2020 wegen des Verstoßes nach dem Meldegesetz ergibt sich aus der im Behördenakt aufliegenden Strafverfügung.

Sowohl eine Einvernahme des Beschwerdeführers als auch des beantragten Zeugen A.S. würden am vorliegenden Sachverhalt etwas ändern.

Der Beschwerdeführer war weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde oder im Vorlageantrag in der Lage, Nachweise für das Vorhandensein entsprechender, seinen Lebensunterhalt sichernder finanzieller Mittel zu erbringen. Vielmehr gab er selbst an, zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes arbeiten zu müssen.

Daraus ergibt sich im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes in Österreich,

Dem Behördenakt ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit dem neuerlichen Aufgriff am 30.04.2020 nicht konfrontiert wurde. Im Vorlageantrag wurden aber weder der Sachverhalt noch die herangezogenen Beweismittel in Abrede gestellt oder in Zweifel gezogen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu A I.)  Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des VwGH ist das sogenannte Überraschungsverbot auch im Verwaltungsverfahren anzuwenden (Hinweis E vom 21. November 2012, 2008/07/0161, E vom 3. Mai 2005, 2002/18/0053, beide mwH). Unter dem Überraschungsverbot ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren (Hinweis E vom 23. Februar 1993, 91/08/0142). Auch wenn sich das Überraschungsverbot nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt, belastet das Unterbleiben eines Parteiengehörs bei einem neuerlichen, wenn auch einschlägigen Sachverhalt, das behördliche Verfahren mit einem Mangel, welcher der Entscheidung die rechtliche Grundlage entzieht, sodass diese zu beheben war.

3.2.    Zu A II.) Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt II.)

3.2.1.  Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Albanien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Ein rechtmäßiger Aufenthalt nach § 31 Abs 1 FPG konnte nicht festgestellt werden, weil dem Beschwerdeführer hierfür die entsprechenden finanziellen Mittel nicht nachweisen konnte und auch die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer (90 Tage in 180 Tagen) längst überschritten ist. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer innerhalb kurzer Zeit zweimal bei illegalen Arbeitstätigkeiten aufgegriffen wurde und sich auch bis heute in Österreich nicht ordnungsgemäß angemeldet hat.

Da sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist zunächst gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung sind nicht erfüllt, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers nie geduldet iSd § 46a FPG war und es auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde.

3.2.2.  Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Der Beschwerdeführer fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung", §§ 41 bis 45c FPG). Damit ist die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nach § 10 Abs 2 AsylG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Nach § 9 Abs 1 BFA-VG ist (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, die in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198). Da die Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bezogen sein soll, darf die Frage nach dem damit verbundenen Eingriff in das Privat- oder Familienleben nicht allein im Hinblick auf die Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich beurteilt werden, sondern es ist auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen (vgl. VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007), auch wenn ein Einreiseverbot die Erteilung einer Einreiseerlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung durch einen anderen Mitgliedstaat nicht absolut ausschließt (vgl. insbesondere Art 11 Abs 4 der Rückführungsrichtlinie; siehe VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Hinweise auf ein schützenswertes Privat- oder Familienleben in Österreich liegen nicht vor und sind auch nicht vorgebracht worden. Der Beschwerdeführer war und ist nach eigenen Angaben in Albanien erwerbstätigt und er hat dort eine Familie mit Kindern.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die öffentlichen Interessen die privaten überwiegen und die im angefochtenen Bescheid getroffene Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

3.2.3.  Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Albanien zulässig, zumal es sich um einen sicheren Herkunftsstaat nach § 1 Z 7 HStV handelt. Es liegen unter Berücksichtigung der stabilen Situation dort und der Lebensumstände des gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführers keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids rechtmäßig.

3.2.4.  Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wird.

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Im gegenständlich Verfahren ist der Beschwerdeführer allen Aufforderungen, das Bundesgebiet wieder zu verlassen nicht nachgekommen, weist in Österreich trotz Verhängung einer diesbezüglichen Verwaltungsstrafe keinen gemeldeten Wohnsitz und hat mit seinem neuerlichen Aufgriff bei illegalen Arbeiten deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er kein Interesse hat, den in Österreich und der EU geltenden gesetzlichen Anordnungen Folge zu leisten.

3.2.5.  Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 53 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, verbunden werden, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Gefährdet sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder ein anderes in Art 8 Abs 2 EMRK genanntes öffentliches Interesse, kann gemäß § 53 Abs 2 FPG ein Einreiseverbot von höchstens fünf Jahren erlassen werden. Dies ist (soweit hier relevant) insbesondere dann der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen vermag oder bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde (vgl VwGH Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist. Es ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall hat es keine Hinweise für eine Einreise zu touristischen Zwecken gegeben. Vielmehr hat der Beschwerdeführer sich in Österreich zu keinem Zeitpunkt behördlich angemeldet, verfügt nicht über die Mittel seinen Unterhalt im Bundesgebiet zu bestreiten, ist nicht selbsterhaltungsfähig und geht hier auch keiner legalen Beschäftigung nach. Ein behördlicher Aufgriff bei einer illegalen Tätigkeit und die dazu erfolgte Einvernahme konnten ihn nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewegen. Vielmehr wurde er neuerlich bei einer illegalen Tätigkeit betreten und er war auch bisher nicht bereit, seinen Aufenthaltsanschrift bekanntzugeben bzw. zu melden.

Die von der belangten Behörde festgelegte Dauer von drei Jahren entspricht der Gefährdung, die sich aus dem Auftreten und Verhalten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergibt. Der neuerliche Aufgriff neun Tage später bestärkt die Einschätzung der belangten Behörde, würde aber im Hinblick auf die bisherige Unauffälligkeit und Unbescholtenheit des Beschwerdeführers auch nicht eine Anhebung auf das Höchstausmaß rechtfertigen.

Im Ergebnis war daher die Beschwerde in allen Punkten abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen von der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des oder der Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm oder ihr einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. zuletzt VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272).

Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt, der Sachverhalt anhand der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom Beschwerdeführer bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung denkbar ist, kann eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Wie schon in der Beweiswürdigung ausgeführt war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten.

3.3.    Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung berücksichtigungswürdige Gründe Beschwerdevorentscheidung Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Geldstrafe illegale Beschäftigung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Parteiengehör Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung Überraschungsverbot Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2233352.1.00

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten