TE Bvwg Beschluss 2019/11/25 L529 2146544-2

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Veröffentlicht am 25.11.2019
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Entscheidungsdatum

25.11.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

1) L529 2146536-2/7E

2) L529 2146542-2/3E

3) L529 2146531-2/3E

4) L529 2146538-2/3E

5) L529 2146546-2/3E

6) L529 2146544-2/3E

BESCHLUSS

1.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, EAST West, vom 15.11.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, EAST West, vom 15.11.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, EAST West, vom 15.11.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, EAST West, vom 15.11.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, EAST West, vom 15.11.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, EAST West, vom 15.11.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrenshergang

I.1.1. Der erstangeführte Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch "BF1") und die zweitangeführte Beschwerdeführerin (in weiterer Folge auch "BF2") sind die Eltern der dritt- bis sechstangeführten mj. Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch "BF3" bis "BF6"). Die BF sind türkische Staatsangehörige.

Die Beschwerdeführer (BF1- BF5) reisten im August 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten die Eltern am 31.08.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz für sich und die minderjährigen BF3 - BF5; in weiterer Folge wurde auch für den in Österreich nachgeborenen BF6 ein solcher Antrag gestellt.

Dabei brachten die BF1 und die BF2 als Fluchtgrund vor, sie seien in der Türkei von Syrern bzw. Angehörigen des IS - weil sie Aleviten seien - mit dem Umbringen bedroht worden, die BF 2 sei auch mit einem Messer verletzt worden, als sie von bärtigen Männern angegriffen worden seien; sie würden auch vor den Nationalisten fliehen; außerdem seien Bomben explodiert.

I.1.2. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2017, Zahlen L521 2146536-1/15E, L521 2146542-1/1E, L521 2146538-1/6E, L521 2146531-1/6E, L521 2146546-1/6E und L521 2146544-1/6E, wurden die Beschwerden der BF gegen die negativen Entscheidungen des BFA als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.

Aufgrund näher dargestellter beweiswürdigender Erwägungen zur fehlenden Glaubwürdigkeit der seitens der BF1 und BF 2, auch in Bezug auf die von ihr vertretenen minderjährigen BF3 und BF4, ins Treffen geführten Fluchtgründe habe nicht festgestellt werden können, dass die BF aus asylrelevanten Gründen Bedrohungen ausgesetzt gewesen wären oder solche Bedrohungsszenarien für den Fall einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hätten.

Hinsichtlich des BF1 und der BF2 werde vorausgesetzt, dass diesen die Möglichkeit der Teilnahme am Erwerbsleben offenstehe und auch der Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleistet sei. Von einer gesicherten Existenzgrundlage sei daher auszugehen. Ein schützenswertes Familienleben mit den hier in Österreich aufhältigen Verwandten wurde als nicht gegeben erachtet.

In der Abwägung aller Umstände wurden die individuellen Interessen der BF am Verbleib als geringer als die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gewertet.

Die angeführten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden am 27.12.2017 rechtswirksam zugestellt.

I.1.3. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26.02.2018, Zl.: E 308-313/2018-6, lehnte dieser die Behandlung der gegen das o.a. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gerichteten Beschwerden als unbegründet ab.

I.1.4. Mit Schreiben vom 16.09.2019 gab die vormalige rechtsfreundliche Vertretung die Vollmachtsauflösung bekannt.

I.1.5.1. Am 04.11.2019 stellten die BF1 und BF2 für sich und ihre mj. Kinder (BF3 bis BF6) weitere - gegenständliche - Anträge auf Gewährung von internationalem Schutz. Die BF brachten nun vor, dass sie von Männern, denen sie Geld schulden würden, bedroht worden seien. Diese Männer seien zu der BF2 gekommen und hätten sie bedroht, ihr Mann sei ihr zu Hilfe gekommen und anschließend auch die Nachbarn.

I.1.5.2. Den BF wurden mit Schreiben vom 13.11.2019 Verfahrensanordnungen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG übergeben.

I.1.5.3. Am 15.11.2019 wurden die BF1 und BF2 im Beisein ihrer Rechtsberaterin durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Im Zuge der Einvernahme wurden keine weiteren relevanten Vorbringen erstattet.

I.1.5.4. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2019 erfolgte die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG.

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA im Wesentlichen aus, dass sich im Vergleich der Befragungsprotokolle [zwischen Erstverfahren und nunmehrigem Verfahren und auch im gegenständlichen Verfahren] eine große Menge an Widersprüchlichkeiten, ergeben würden, welche die geschilderte Bedrohungslage nicht nachvollziehbar machten.

Die BF2 habe zu dem Vorfall einmal angegeben, dass die Angreifer an die Tür geklopft hätten, ein anderes Mal, dass sie vor dem Haus gesessen sei, als diese Personen vorbeigegangen seien und sie angestänkert hätten, wieder ein anderes Mal wäre sie an den dasitzenden Personen vorbeigegangen und angesprochen worden.

Sie habe einerseits angegeben, dass ihr Mann (BF1) nach einem Spaziergang zu dem Vorfall dazugekommen sei, ein anderes Mal habe die BF2 ausgesagt, dass sie vor dem Haus gewartet hätte, bis ihr Mann von der Arbeit zurückkehre.

Während der BF1 im Vorverfahren noch sicher gewesen sei, die Personen als IS-Mitglieder identifiziert zu haben, so habe er nun gemeint, dass diese seine Gläubiger gewesen seien. Dies würde der BF1 noch nicht lange wissen, frühestens seit einem Jahr nach der Einreise in Österreich. Die BF2 habe aber im gegenständlichen Verfahren genau angegeben, dass sie bereits kurz nach dem Vorfall und jedenfalls noch vor der Ausreise aus der Türkei gewusst hätte, dass es sich bei den Personen nicht um IS-Mitglieder, sondern um Gläubiger handeln würde.

Auch die Angaben des BF1 und der BF2 betreffend das Eingreifen der Polizei seien völlig inkonsistent. So habe der BF1 - befragt vom eigenen Anwalt - explizit angegeben, dass während des Vorfalls andere Personen anwesend gewesen seien, diese aber nicht eingegriffen hätten. In den meisten anderen Protokollangaben seien jedoch die Nachbarn als Streitschlichter angeführt. Meistens hätten die Nachbarn die Verfahrensparteien und die langbärtigen Männer getrennt, bei manchen Aussagen wären es aber auch die Polizisten gewesen. Auch sei nicht glaubhaft, dass die BF2 einerseits angebe, dass sie mit der Polizei gesprochen habe und den Sachverhalt erklärt hätte. In einer anderen Befragung habe die BF2 dann angegeben, sich überhaupt nicht erinnern zu können, ob die Polizei überhaupt anwesend gewesen sei. Es sei auch von den Verfahrensparteien einmal angeführt worden, dass die Menschenmenge die Personen in die Flucht getrieben hätte, ein anderes Mal sei es aber das Eintreffen der Polizei gewesen, welches die Flucht der Personen initiiert hätte.

Nicht nachvollzogen werden könne, dass die BF2 nun behaupte, dass die Mafia die Verfahrensparteien in der Türkei ständig aufgesucht und mit dem Umbringen bedroht hätte. Bei tatsächlichem Bestehen einer solch fortwährenden Bedrohung hätten die BF1 und BF2 dies wohl im Vorverfahren ausführlich geschildert. Stattdessen sei im Vorverfahren als Grund für die Ausreise ein Gerangel mit ein paar langbärtigen Männern angeführt worden, welches ohne größere Verletzungen und weitere Auswirkungen geblieben sei. Da wäre wohl eine andauernde Bedrohung mit dem Tode durch die Mafia wesentlich erwähnenswerter, um eine erste Bedrohungslage darzustellen - wie bereits angeführt, sei aber mit keinem Wort in den Befragungen im Erstverfahren von den Verfahrensparteien angeführt worden.

Jedenfalls sei eindeutig erkennbar, dass von der BF1 und BF2 versucht worden sei, über einige Modifikationen, den ursprünglichen Fluchtgrund nach negativer Entscheidung im Vorverfahren nun neu aufleben zu lassen.

Das BFA gehe davon aus, dass der BF1 und die BF2 nach Versagen ihrer ursprünglichen Fluchtgründe, diese leicht abgeänderte Erzählung vorgebracht hätten, um die Chance auf Schutzgewährung zu erhöhen. Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz werde daher voraussichtlich aufgrund entschiedener Sache zurückgewiesen werden.

Im gegenständlichen Familienverfahren würden Folgeanträge vorliegen. Die Erstverfahren seien mit 27.12.2017 rechtskräftig entschieden worden. Die Verfahrensparteien würden über kein sonstiges Aufenthaltsrecht verfügen.

Die nunmehrigen Anträge auf internationalen Schutz seien voraussichtlich zurückzuweisen. Entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderungen seien nicht ersichtlich.

I.1.6. Die gegenständliche Rechtssache wurde der Gerichtsabteilung L529 mit Datum 18.11.2019 zugeteilt. Das vollständige Einlangen der zugehörigen Akten in der Außenstelle Linz (auch der Vorverfahren) wurde vom erkennenden Richter am 20.11.2019 bestätigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2017, Zahlen L521 2146536-1/15E, L521 2146542-1/1E, L521 2146538-1/6E, L521 2146531-1/6E, L521 2146546-1/6E und L521 2146544-1/6E, wurden die Beschwerden der BF gegen die negativen Entscheidungen des BFA als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt. Asylrelevante Bedrohungsszenarien wurden als nicht glaubhaft erachtet. Die Entscheidungen erwuchsen mit 27.12.2017 in Rechtskraft.

Die Entscheidungen umfassten jeweils eine Rückkehrentscheidung, die nach wie vor besteht; die BF haben das Bundesgebiet seither nicht verlassen.

Entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderungen sind nicht erkennbar, ebenso nicht eine sonstige Bedrohungslage.

II.2. Beweiswürdigung:

Wenn das BFA in den beweiswürdigenden Überlegungen anführt, die BF hätten im nunmehrigen Verfahren im Wesentlichen die gleichen Fluchtgründe, wie im ersten Verfahren vorgebracht, es sei lediglich eine Auswechslung in der Benennung der Verfolger (vormals Angehörige des IS - nunmehr Angehörige der Mafia, welchen die BF Geld schulden würden) erfolgt, so ist diese Wertung nicht zu beanstanden.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Zu Spruchteil A)

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

II.3.2.

§12a (2) AsylG 2005 idgF:

"Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

§ 22 (10) Asylg 2005 idgF:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

§ 22 BFA-VG:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

II.3.3. Zu den Voraussetzungen des § 12 a AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

II.3.3.1. Eine der Voraussetzungen für die Aberkennung faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird.

II.3.3.2.

"Siehe dazu die Erl zur RV 330 BlgNR XXIV. GP 11 ff des FrÄG 2009, auf das § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im Kern zurückgeht: "Abs. 2 regelt die Vorgangsweise bei Folgeanträgen nach [...] zurück- oder abweisenden Entscheidungen (§§ 3, 4, 8 und diesen Entscheidungen folgende Entscheidungen gemäß § 68 Abs. 1 AVG) und bestimmt, dass der faktische Abschiebeschutz eines Fremden in diesen Fällen während des laufenden Verfahrens zur Entscheidung über den Folgeantrag unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden kann. [...] Die Änderung des Sachverhalts hat sich in zeitlicher Hinsicht auf den zum Entscheidungszeitpunkt des vorigen Verfahrens festgestellten Sachverhalt zu beziehen. Die Z 2 stellt eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags dar. [...] Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs. 1 AVG hat es sich um eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu handeln, was nur dann anzunehmen sein wird, wenn sich daraus voraussichtlich eine in den Hauptinhalten anders lautende Entscheidung ergeben würde. Naturgemäß bleibt der amtswegige Ermittlungsgrundsatz (in Zusammenschau mit den Mitwirkungspflichten des Asylwerbers gemäß § 15) aufrecht. Die Behörde hat ihre Entscheidung über die Aufhebung demgemäß auf die Ergebnisse des durch den Folgeantrag ausgelösten Ermittlungsverfahrens zu gründen."

II.3.3.3. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes kann freilich dazu führen, dass der Asylwerber trotzdem - vor der inhaltlichen Entscheidung über den Antrag - außer Landes gebracht wird und dass dies unter Umständen mit Folgen verbunden ist, vor denen das Asylrecht gerade schützen will. An eine solche Prognose sind daher strengere Maßstäbe anzulegen als in vergleichbaren Fällen (etwa der Beschleunigung eines Verfahrens gemäß § 27 Abs. 4 AsylG 2005 auf Grund der irrigen Prognose, der Asylantrag werde abzuweisen sein) (vgl. zuletzt den hg. Beschluss vom 27.10.2016, GZ W163 2137550-2).

II.3.3.4. § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine vorausssichtliche Antragszurückweisung; die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. die in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, S 284, angeführten Gesetzesmaterialien zu § 22 BFA-VG). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass das Bundesamt auch dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, den faktischen Abschiebeschutz nicht aufheben muss, sondern dass ihm das Gesetz ermessen einräumt (arg. "kann"); die Ermessensausübung ist im Bescheid zu begründen. In Frage werden bei der notwendigen Abwägung z. B. Umstände kommen wie jener, wie lange Zeit seit der Rechtskraft des Vorbescheides verstrichen ist, wenn der neue Antrag gestellt wird, oder wie häufig der Asylwerber Asylanträge stellt (vgl. unter vielen den hg Beschluss vom 4.7.2014, GZ L512 1422929-3).

Verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht. Als Vergleichsbescheid ist der Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Fremden (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 6.11.2009, Zl. 2008/19/0783, mwN).

II.3.3.5. Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts iSd § 12a AsylG beschränkt sich auf eine oberflächliche Prüfung des Vorbringens. Wie oben dargestellt kann eine behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung verpflichten; eine andere rechtliche Beurteilung darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein.

Die BF1 und BF2 brachten im gegenständlichen neuen Asylverfahren vor, sie würden nunmehr von Angehörigen der Mafia, denen sie Geld schulden würden, bedroht. Ansonsten ist das Fluchtvorbringen der BF aber gleich wie im Erstverfahren.

Der Beweiswürdigung des BFA, die BF hätten im nunmehrigen Verfahren im Wesentlichen die gleichen Fluchtgründe, wie im ersten Verfahren vorgebracht, es sei lediglich eine Auswechslung in der Benennung der Verfolger (vormals Angehörige des IS - nunmehr Angehörige der Mafia, welchen die BF Geld schulden würden) erfolgt, ist daher nicht entgegenzutreten.

Der belangten Behörde ist gegenständlich zuzustimmen, wenn sie das Vorbringen der Beschwerdeführer dahingehend interpretiert, dass die neuerliche Antragstellung grundsätzlich auf der gleichen Bedrohungslage wie im ersten Verfahren beruht.

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - wie die Behörde erster Instanz bereits zutreffend feststellte - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt; so führten die BF1 und BF2 schon in der Erstbefragung aus, dass die Fluchtgründe immer noch die gleichen seien.

Auch die Ländersituation ist - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - im Wesentlichen gleichgeblieben. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen der BF. Es ist daher davon auszugehen, dass die Anträge voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werden.

Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf. Bereits im letzten Verfahren wurde ausgesprochen, dass die BF bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wären oder für sie als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. Auch im aktuellen Verfahren vor dem BFA ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung der BF in ihren Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmungen spricht. Gegenteiliges ergibt sich auch bei Berücksichtigung der ständigen Judikatur nicht.

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch das BFA ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; den BF wurde ein Parteiengehör eingeräumt.

Richtig ist, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben der BF in Österreich feststellbar ist und auch der Gesundheitszustand der BF nicht dazu Anlass gibt, zu einem anderen Ergebnis zu kommen.

Da insgesamt die Voraussetzung des § 12 a Abs. 2 Asylgesetz 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 15.11.2019 rechtmäßig.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Familienverfahren Folgeantrag Interessenabwägung Minderjährigkeit non-refoulement Prüfung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L529.2146544.2.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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