TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/18 L504 2151598-2

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Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L504 2151598-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , XXXX geb., StA. Libanon, vertreten durch RA Mag. Alexander FUCHS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass in Spruchpunkt II. und Spruchpunkt V. des bekämpften Bescheides statt "Irak" der "LIBANON" maßgeblich ist.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 23.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger des Libanon mit schiitischen Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Araber angehört und aus XXXX stammt.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes (Auszug aus dem Bescheid):

"[...]

Sie brachten am 22.09.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz ein, welcher mit Bescheid des Bundesamtes OÖ. am 03.04.2007 §7 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Weiteres wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Libanon als nicht zulässig abgesprochen und Ihnen wurde ein subsidiärer Schutz gewährt, welcher einmal bis 09.03.2009 verlängert wurde.

- Gegen Sie wurde wegen einem strafrechtlichen Vergehen am 26.08.2008 Anzeige gebracht.

- Vom Bundesamt Linz wurde Ihnen die vorläufige Aufenthaltsgenehmigung, subsidiärer Schutz entzogen und in den Libanon ausgewiesen. Der Bescheid wurde am 02.07.2009 rechtskräftig.

- Am 29.06.2009 reisten Sie freiwillig in ihr Heimatland Libanon zurück.

- Anlässlich der Erstbefragung am 28.01.2012 vor der PI XXXX , Linz gaben Sie an, Ihren Herkunftsstaat im Dezember 2011 verlassen zu haben. Sie reisten mit dem Flugzeug nach Frankreich, wo Sie jedoch keinen Asylantrag stellten. In Frankreich wurden Sie für 22 Tage in Schubhaft genommen und erhielten eine Ausweisung. Sie reisten weiter über Deutschland nach Österreich. In Dortmund stellten Sie am 09.01.2012 einen Asylantrag, nach ca. 14 Tagen reisten Sie jedoch illegal weiter nach Österreich. Am 28.01.2012 stellten Sie in Linz, Österreich einen Asylantrag.

- Bei der Erstbefragung "Folgeantrag" durch die PI XXXX gaben Sie an, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger des Libanons zu sein. Bezüglich Fluchtgründe gaben Sie im Wesentlichen an, dass Sie sich im Libanon nach einer freiwilligen Rückkehr im Jahr 2012 nach der Stellung eines Asylantrages in Deutschland und Österreich nicht mehr im Libanon integrieren konnten. Nach einer Ausweisung von Österreich nach Deutschland, reisten Sie im Jahr 2012 freiwillig wieder in den Libanon und bleiben dort bis zum Jahr 2015.

- Aufgrund eines Eurotac-Treffers in Deutschland ( XXXX ) wurde ein Wiederaufnahmeansuchen gem. Art 16/1c Dublin-VO an diesen Staat gestellt.

- Am 30.01.2012 wurden Ihnen die Mitteilung gem. § 29 Abs.3 AsylG ausgefolgt.

- Mit Schreiben vom 31.01.2012 erklärte sich Deutschland gem. Art 16 (1c) der Dublin VO für zuständig. Des Weiteren wurden aufgrund dieses Schreibens alle alias Namen festgestellt.

- Am 19.03.2012 wurde Sie nach Deutschland rücküberstellt.

- Gemäß Ihren Angaben, haben Sie Deutschland ca. 2 Monate später freiwillig verlassen und kehrten in den Libanon zurück.

Aktuelles Verfahren:

- Sie reisten unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 23.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

- Am 21.12.2016 wurden Sie beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen. Sie brachten dabei abermals das schlechte

Verhältnis zwischen Ihren Eltern und Ihnen vor. Als weiteren Grund gaben sie an, dass Sie eine liberalen Lebenseinstellung hatten und nicht mehr in den Libanon passen würden. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalteten sich dabei wie folgt: -------

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Arabisch, Deutsch, Englisch und Französisch.

F: Verstehen sie den Dolmetscher einwandfrei?

A: Ja. Es wird auf Arabisch übersetzt.

F: Sie werden nunmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.

F: Auf die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Rechtsberater, dessen Räumlichkeit sich gegenüber dem Warteraum der Außenstelle befindet, wurde ich hingewiesen. Die Parteienverkehrszeiten der Rechtsberatung sind an der Tür der Rechtsberatung ersichtlich.

F: Sind Sie einvernahmefähig, d.h. sind Sie psychisch und physisch in der Lage die Befragung durchzuführen?

A: Ja.

F: Wie heißen Sie?

A: XXXX .

F: Wann und wo sind Sie geboren?

A: Ich bin am XXXX in XXXX , Deutschland geboren.

F: Wie geht es Ihnen gesundheitlich, befinden Sie sich in Therapie, Behandlung oder leiden Sie an einer chronischen Krankheit.

A: Nein, ich bin gesund und habe keine Probleme.

F: Sie werden weiters darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt, und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet werden. Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen.

Auf die Folgen einer wahrheitswidrigen Aussage und der damit verbundenen allenfalls für Sie nachteilig verlaufenden Glaubwürdigkeitsprüfung werden Sie ausdrücklich hingewiesen. Falsche Angaben Ihre Identität bzw. Nationalität betreffend können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Täuschungen über die Identität, die Nationalität oder über die Echtheit von Dokumenten können zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führen.

Die wahrheitsgemäße Angaben aller Umstände zu Ihrem Asylantrag und die Vorlage vorhandener Dokumente, Beweismittel ist Teil Ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren.

Über die Rechtsfolgen und der im allgemeinen nicht möglichen Einbringung neuer Tatsachen in dem Fall, dass Ihrem Ersuchen um Gewährung von internationalem Schutz vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht nachgekommen wird (Neuerungsverbot), werden Sie hiermit ebenfalls hingewiesen.

Sie werden weiters darauf hingewiesen, dass Sie der Behörde, auch nachdem Sie Österreich verlassen haben, ihren Aufenthaltsort und Ihre Anschrift bekanntzugeben haben. Wenn Sie sich in Österreich aufhalten, genügt es, wen Sie Ihrer Meldepflicht nach dem MeldeG nachkommen. Bei einer Übersiedelung haben Sie sich binnen 3 Tagen beim Meldeamt umzumelden. Sollten Sie über keinen Wohnsitz verfügen, so werden Sie auf § 19a MeldeG hingewiesen und darauf, dass daran eine 14-tägige Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Polizeiinspektion nach § 15 Abs. 1 Z. 4 AsylG geknüpft ist.

F. Haben Sie die obigen Ausführungen verstanden.

A. Ja.

F. Haben Sie im Verfahren bis dato (Polizei) der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht, wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

A.: Ja.

F: Können sie bitte einen kurzen Lebenslauf bezüglich ihrer Person schildern? Z.B.: Wo sind sie aufgewachsen, welche Schulausbildung haben sie absolviert, welchen Beruf haben sie ausgeübt etc.?

A: Ich wurde in Deutschland, XXXX , geboren und habe dort den Kindergarten besucht. Ich war von meiner Geburt im Jahr 1990 bis 1997 in Deutschland. 1997 kehrte ich in den Libanon zurück. Im Libanon blieb ich bis zum Jahr 2005, dann ging ich nach Österreich

und blieb bis 2009. 2009 reiste ich zum meinem Onkel nach Togo, Afrika, wo ich 14 Tage blieb. Daran anschließend ging es zurück in den Libanon. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube es war im Jahr 2011 oder 2012, dann bin ich wieder nach Österreich zurückgegangen. In diesem Zeitraum bin ich in Deutschland festgenommen worden und stellte einen Asylantrag. Der Grund für die Festnahme war die fehlende Legitimation. 2012 habe ich in Thalham einen neuerlichen Asylantrag gestellt und wurde nach ca. zwei Monaten von den österreichischen Behörden zurück nach Deutschland gebracht. Ich wollte jedoch nicht in Deutschland bleiben und reiste freiwillig zurück in den Libanon. Am 10.04.2015 kehrte ich abschließend nach Österreich zurück und stellte einen Asylantrag. Nachgefragt, die Schule habe ich im Libanon fünf Jahre lang besucht. Nach der Rückkehr nach Österreich habe ich die XXXX -Schule in Linz besucht. Die dementsprechenden Zeugnisse liegen bei Ihnen auf.

F: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an.

A: Volksgruppe Araber, Religion Muslim-Schiit.

F: Haben oder hatten Sie jemals irgendwelche Dokumente.

A: Ich übergebe Ihnen heute meine Geburtsurkunde und meinen Zivilregisterauszug und bin mit der Überprüfung durch das BFA einverstanden.

F: Welche Verwandten leben noch im Heimatstaat?

A: Meine Eltern, zwei Schwestern und zwei Brüder. Genau gesagt in XXXX .

F: Von was leben die Verwandten im Heimatland?

A: Ich habe keine Ahnung.

F: Haben sie Kontakt zu ihren Verwandten? Wie schaut der Kontakt aus?

A: Ich habe mit meinen Geschwistern ein bis zweimal pro Monat Kontakt über Internet und Telefon.

F: Aber Sie wissen nicht, wovon die Geschwister Ihren Lebensunterhalt bestreiten?

A: Nein, ich frage nicht danach.

Beantworten Sie die Fragen mit ja oder nein, wenn relevant, können Sie selbst oder über Nachfragen dazu etwas Näheres angeben.

F: Sind Sie vorbestraft oder waren sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat?

A: Dreimal nein.

F.: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, etc?

A: Nein.

F: Sind oder waren Sie politisch tätig?

A: Nein.

F: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein.

F: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?

A: Nein.

F: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?

A: Ja, weil ich anders bin als die dort wohnhaften Personen. Nachgefragt, ich denke anders als die Menschen die dort leben. Ich bin in Deutschland geboren und in Österreich aufgewachsen, ich denke westlicher und liberaler.

F: Nahmen Sie in ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil.

A: Nein.

F: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, detailliert, von sich aus, vollständig und wahrheitsgemäß.

A: Wie schon erwähnt, meine Lebenseinstellung ist liberal, meine Denkweise dem westlichen Leben angepasst. Ich passe dort nicht mehr hin. Ich kann in Österreich in Frieden leben.

F: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie den Libanon verlassen haben?

A.: Das Verhältnis zwischen meinen Eltern und mir war schon seit der Geburt kein gutes.

F: Was würde Sie konkret erwarten, wenn jetzt sie in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Es erwartet mich nichts.

F: Haben sie Verwandte in Österreich?

A: Nein.

F: Gibt es sonst soziale Kontakte/Aktivitäten in Österreich?

A: Ja, ich hatte eine Freundin, lebte jedoch nicht mit ihr zusammen. Weiter habe ich Freunde und Arbeitskollegen, z.B. Hr. XXXX aus XXXX . Einen bosnischen Freund habe ich auch noch. Eine andere Freundin, Romana, habe ich auch noch. Mit einem türkischen Freund, mit dem ich in der Schule war, habe ich auch noch Kontakt. Einen Versicherungsmakler mit dem Nachnamen Alexander kenne ich auch. Mit einer libanesisch-österreichischen Familie habe ich auch Kontakt.

F: Besuchten Sie einen Kurs in Österreich?

A: Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahme "MESO" beim BFI und Deutschkurse Stufe 1 und Stufe 2.

F: Allgemein gesprochen geht es ihnen gut in Österreich?

A: Ja.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Nein. Ich möchte noch dazu anführen, dass ich in Österreich bleiben will. Ich bin mit 14 Jahren nach Österreich gekommen und fühle mich hier wohl. Ich arbeite seit über einem Jahr beim XXXX in Leonding. Ich arbeite jeden Tag von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Ab 17:30 Uhr bis 22:00 Uhr arbeite ich dann nochmals. Ich habe nur einen Tag in der Woche frei. Ich kenne genug Leute in Österreich, aber ich habe keine Zeit mich mit Ihnen zu treffen, weil ich immer arbeite. Ich mache keine Probleme, ich will nur hier bleiben.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern.

A: Ja.

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Nein

Mag. FUCHS werden die Feststellungen der Behörde zum Heimatland seines Mandanten ausgehändigt. Weiters wird Fa. FUCHS aufmerksam gemacht, dass er innerhalb von drei Wochen zu den Feststellungen Stellung nehmen kann. Sollte keine Stellungnahme eingehen, wird aufgrund der Aktenlage entschieden.

Es wird rückübersetzt. Ast wird aufgefordert genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. er noch etwas zu ergänzen hat.

Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass alles richtig und vollständig ist und alles richtig wiedergegeben wurde.

F: Haben sie den Dolmetscher während der g e s a m t e n Einvernahme einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hat der Dolmetsch das rückübersetzt, was sie gesagt haben?

A: Ja.

Mag. FUCHS weist abschließend darauf hin, dass der Antragsteller eine sehr gute deutsche Sprache spricht, einen westlichen Lebensstil und einer geregelten Arbeit nachgeht und die Voraussetzungen für eine gute Integration vorliegen. Zusätzlich sollt Beachtung finden, dass der Antragsteller einen Großteil seines Lebens in Österreich verbracht hat.

Anm: Der Antragsteller wird über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt.

Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der

Niederschrift und die Rückübersetzung!

- Am 23.04.2017 wurde die eingebrachte Säuminsbeschwerde gem. § 8 Abs.1 VwGVG vom BVwG mit GZ L502 2152598-1/2E abgewiesen.

- Am 18.05.2018 wurden Sie beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Linz, nochmals niederschriftlich zum Folgeantrag einvernommen. Sie brachten dabei nochmals die Lebenssituation im Libanon vor und das Sie mit den veralteten Lebensansichten der Leute im Libanon Probleme gehabt hätten. Weiteres störte Sie das

die Religion das wichtigste im Heimatland sei. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalteten sich dabei wie folgt:

F.: Der anwesende Dolmetscher ist (vom Einvernahmeleiter) als Dolmetscher für die Sprache Arabisch und teilweise Deutsch bestellt und beeidet worden. Sind Sie dieser Sprache mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden?

A.: Ja.

V.: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ihnen wird weiter zur Kenntnis gebracht, dass die nachträgliche Behauptung von Verständigungsschwierigkeiten der freien Beweiswürdigung unterliegt.

F.: Welche Sprachen sprechen sie?

A.: Arabisch, Deutsch, Englisch und Französisch.

F.: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

A.: Ja.

Weitere anwesende Personen:

Vertrauensperson: Frau XXXX ausgewiesen mit Personalausweis der Republik Österreich Nr. XXXX

F.: Bitte das Handy ausschalten?

A.: Ja, habe ich ausgeschaltet

F.: Wie heißen Sie?

A.: XXXX .

Laut vorgelegter Dokument ist der Name XXXX . Der Reisepass ging verloren.

F.: Wann und wo sind Sie geboren?

A.: Ich bin am XXXX in XXXX , Deutschland geboren.

F.: Sind sie anwaltlich vertreten?

A.: Ja, Durch RA Mag. FUCHS, gem. E-Mail erscheint Herr RA Mag. FUCHS nicht persönlich zur Einvernahme.

F.: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A.: Ich bin Libanesischer Staatsbürger.

F.: Wie geht es Ihnen gesundheitlich, nehmen Sie Medikamente ein, sind in einer Therapie, oder leiden Sie an einer chronischen Erkrankung?

A.: Ich höre am rechten Ort nichts. Die Probleme waren seit dem siebten Lebensjahr bekannt. Hörapparate ändern gemäß Aussage des AW nichts.

F.: Sie werden aufgefordert innerhalb von 2 Wochen alle aktuellen medizinischen Unterlagen hinsichtlich Ihrer angegebenen Beschwerden/Erkrankung vorzulegen.

A.: Ja, ich habe verstanden.

Sind Sie damit einverstanden, dass Behörden und Gerichte im gesamten Verfahren Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen können, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunden austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie können Ihre Zustimmung danach jederzeit widerrufen. Anmerkung: Vollmacht zur Einsicht die Krankenakte wird dem AW vorgelegt, übersetzt, unterfertigt sowie dem Akt beigelegt.

A: Ja.

F.: Dürfen wir Ihre medizinischen Unterlagen für eventuelle medizinische Gutachten oder weitere ärztliche Untersuchungen verwenden?

A.: Ja.

F.: Dürfen wir die ärztliche Schweigepflichte aufheben?

A.: Ja.

V.: Sollten Sie ein gültiges Reisedokument besitzen, wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass ein entsprechender Gebrauch des Dokumentes, welcher ein Unterschutzstellen unter den Herkunftsstaat indiziert, einen Asyl-Aberkennungsgrund darstellen kann.

Sie werden weiter darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet werden.

Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen.

Auf die Folgen einer wahrheitswidrigen Aussage und der damit verbundenen allenfalls für Sie nachteilig verlaufenden Glaubwürdigkeitsprüfung werden Sie ausdrücklich hingewiesen. Ebenso werden Sie erneut auf Ihre Mitwirkungspflichten gem. § 15 AsylG 2005 und auf die Folgen einer allfälligen Verletzung der Mitwirkungspflichten hingewiesen. Falsche Angaben Ihre Identität bzw. Nationalität betreffend können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Täuschungen über die Identität, die Nationalität oder über die Echtheit von Dokumenten können zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führen. Über die Rechtsfolgen und der im allgemeinen nicht möglichen Einbringung neuer Tatsachen in dem Fall, dass Ihrem Ersuchen um Gewährung von internationalem Schutz vom Bundesasylamt nicht nachgekommen wird, werden Sie hiermit ebenfalls hingewiesen.

Sie werden weiter darauf hingewiesen, dass Sie der Behörde, auch nachdem Sie Österreich verlassen haben, Ihren Aufenthaltsort und Ihre Anschrift bekanntzugeben haben. Wenn Sie sich in Österreich aufhalten, genügt es, wenn Sie Ihrer Meldepflicht nach dem MeldeG nachkommen. Bei einer Übersiedelung haben Sie sich binnen 3 Tagen beim Meldeamt umzumelden. Sollten Sie über keinen Wohnsitz verfügen, so werden Sie auf § 19a MeldeG hingewiesen und darauf, dass daran eine 14-tägige Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Polizeiinspektion nach § 15 Abs. 1 Z. 4 AsylG geknüpft ist.

Dem Antragsteller wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt.

Sie werden darüber informiert dass sie ab dem Zeitpunkt der Zulassung Ihres Verfahrens und Aufnahme in die Grundversorgung eines Bundeslandes einer Wohnsitzbeschränkung in diesem Bundesland unterliegen.

F.: Haben Sie die Ausführungen verstanden?

A.: Ja.

F.: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

Wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

A.: Ja.

F.: Haben Sie nunmehr Identitätsdokumente (Reisepass, ID-Karte) vorzulegen?

A: Ich habe eine libanesische Geburtsurkunde und einen Auszug aus dem Zivilregister bereits vorgelegt.

F.: Legen Sie heute weitere Beweismittel, Dokumente vor?

A.: Lohnzettel vom April 2018. Bestätigung Prüfung Deutsch A2 Niveau, Prüfungszeugnis ÖIF-Test, Teilnahmebescheinigung Berufsorientierungskurs für Jugendliche, Arbeitsbestätigung vom XXXX , Deutschkursbestätigung Stufe 1 und 2

F.: Können Sie mittlerweile Deutsch sprechen oder verstehen?

A.: Ja, AW versteht gut Deutsch und versteht Deutsch auch gut.

F.: Wo wohnen sie derzeit?

A.: In XXXX

F: Haben sie Kinder, wie heißen Sie?

A: Nein.

F.: Sind Sie verheiratet, wann fand die standesamtliche Hochzeit statt, haben Sie eine Heiratsurkunde?

A.: Nein, ich bin nicht verheiratet.

F.: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?

A.: Araber, Moslem-Schiit. Ich bin gegen die Trennung von Schiiten und Sunniten.

F.: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf, bzw. wo lebten Sie sonst noch?

A.: 2005 - 2009, seit 2012 war ich 2 Monate ihn Thalham beantragte ich einen Asylantrag, ich wollte in Österreich bleiben, wurde aber wieder nach Deutschland abgeschoben, bzw. zurückgewiesen.

Ich bin in Deutschland XXXX geboren. Zwischen dem sechsten und siebten Lebensjahr ging meine Familien in den Libanon. Ich blieb im Libanon bis zum 14. Lebensjahr. Mit 14 Jahren kam ich nach Österreich. Dies war ca. im Jahr 2005, da wohnte ich in der XXXX in einem Jugendhaus, meine Familie kam nicht mit, es war meine eigene Entscheidung nach Österreich zu gehen. Dort blieb ich bis 2008 und bekam eine grüne Karte und durfte arbeiten und bekam eine Arbeitsbewilligung und hatte eine private Wohnung, die Adresse war XXXX . Ich bekam Kontakt zu schlechten Leuten, Drogendealer und daher ging ich im Jahr 2009 freiwillig in den Libanon zurück. Da bleib ich 1 Monat im Libanon, in der Stadt XXXX in der Provinz Sur, da lebte ich bei meinem Onkel väterlicherseits, ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet. 2009 flog allein zu meinem Onkel nach Togo, dort habe ich als Autoverkäufer gearbeitet, als Angestellter, dort bleib ich 8 Monate in Togo. Das Ziel war mir in Togo Geld zu ersparen um nach Österreich zu reisen. Ich reiste 2009 zurück in den Libanon, dort blieb ich 1 Monat und dann flog ich in die Türkei um einen Schlepper zu finden. 3 Wochen bleib ich in der Türkei. 2010 flog ich wieder in den Libanon weil dies mit dem Schlepper nicht geklappt hat. Ca. 2 Monate hielt ich mich im Libanon auf. Dann reiste ich wieder nach Togo um zu arbeiten. Ca. 2-3 Monate blieb ich in Afrika, dann flog ich wieder in den Libanon. Ca. 1 1/2 Monate später flog ich in die Türkei. 3 Wochen hielt ich mich wieder in der Türkei auf um einen Schlepper zu organisieren. Diesmal gab es einen Überfall und mir wurde das Geld gestohlen und ich musste wieder zurück in den Libanon. Im Libanon hielt ich mich bis ca. 2011 auf. Ich buchte im Jahr 2012 einen Flug nach Afrika, im Transit musste ich aussteigen, der Transit war in Frankreich. Ich wurde in Frankreich festgenommen und musste einen Asylantrag stellen, ich habe einen falschen Namen angegeben. Ich wollte nach Frankreich, ich wollte nicht nach Afrika, ich gab eine falsche Identität an, weil ich wollte nicht in Frankreich bleiben. Ich war im Flughafen in Frankreich im Gefängnis für 2 Wochen, dann bekam ich den Auftrag auszureisen. Ich habe ein Ticket nach Linz gelöst. In Deutschland in Köln wurde ich aufgehalten, ich war einen Tag im Gefängnis. Ich musste einen Asylantrag stellen, sonst hätte ich im Gefängnis bleiben müssen, für längere Zeit. Ich stellte daher einen Asylantrag in Deutschland, aber ich wollte nach Linz. Ich kam nach XXXX in Deutschland, ich bleib dort 2 Wochen. Ich kaufte ein Ticket nach Passau. Von Passau kaufte ich ein Ticket nach Linz, die Polizei hat mich nicht erwischt. 2012 war ich dann in Linz. nach 2 Wochen in Linz ging ich zur Polizei und kam nach Thalham. Dort sagten Sie ich komme wieder zurück nach Deutschland. Ich bekam eine Abschiebung nach Deutschland. Ich blieb in Deutschland ein paar Monate, dann ging ich wieder in den Libanon, ich beantragte eine freiwillige Rückkehr in den Libanon. Ich blieb von 2012 bis 2015 im Libanon. Ich fand einen Schlepper der mich nach Österreich brachte.

F.: Wie sind Sie in Österreich eingereist?

A.: Illegal.

F.: Hatten Sie jemals einen Aufenthaltstitel außerhalb des Asylverfahrens? Verfügen Sie über sonstige Aufenthaltstitel in Österreich?

A.: In Deutschland.

F: Wann haben Sie zuletzt im Heimatland gearbeitet?

A. Im Libanon in der Landwirtschaft, auch den langen Aufenthalt zwischen 2012 und 2015 arbeitete ich auf einer Plantage.

F.: Stimmt die Fluchtroute mit den Angaben der Erstbefragung überein?

A.: Ja.

F.: Können Sie bitte einen kurzen Lebenslauf bezüglich Ihrer Person schildern? Z.B.: Wo sind Sie aufgewachsen, welche Schulausbildung haben Sie absolviert, welchen Beruf haben Sie ausgeübt etc.?

A.: Habe ich bereits oben genau erklärt.

F.: Welche Verwandten leben noch in Ihrem Herkunftsstaat? (Name, Geburtsdatum, Wohnort, was arbeiten diese, Staatsangehörigkeit)

A.: Mutter, 2 Schwestern und 2 Brüder. Mit dem Vater habe ich keinen Kontakt, Weiter habe ich noch Onkeln und Tanten väterlicher und mütterlicherseits, habe aber keinen Kontakt zu Ihnen. Zu Brüdern und Schwestern habe ich Kontakt mit Wahtsapp

F.: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?

A.: 2 - 3 Mal in der Woche.

F.: Wo haben Sie bei Ihren Aufenthalten im Libanon gelebt?

A.: Ich war bei meinem Onkel väterlicherseits.

F:. Haben Sie Angehörige in der EU oder einem anderen Land?

A.: Weit entfernte Verwandt welche in Linz leben, und ein Onkel mütterlicherseits in Afrika.

F.: Führten Sie irgendwann einmal einen anderen Namen?

A.: Ja, in Frankreich dies war absichtlich weil ich wollte dort nicht bleiben und habe unter einen falschen Namen einen Asylantrag gestellt. Den Namen möchte ich nicht sagen.

F.: Beantworten Sie die nachstehenden Fragen mit "Ja" oder "Nein". Sie haben später noch die Gelegenheit, sich ausführlich zu diesen Fragen zu äußern:

F.: Sind Sie vorbestraft oder waren Sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat?

A.: Dreimal nein.

F.: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc?

A.: Nein.

F.: Sind oder waren Sie politisch tätig?

A.: Nein.

F.: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?

A.: Nein.

F.: Waren Familienangehörige Mitglied einer Partei?

A.: Nein.

F.: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses irgendwelche Probleme?

A.: Wegen der Religion, weil die Leute sind zurück in Ihrem Verhalten zurückgeblieben.

F.: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?

A.: Nein.

F.: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?

A.: Nein.

F.: Nahmen Sie an Kampfhandlungen teil, oder haben Sie jemanden bei Kampfhandlungen getötet?

A.: Nein.

F.: Sie haben einen Folgeantrag gestellt, können Sie neuerliche Fluchtgründe vorbringen, seit Ihrem letzten Asylantrag in Österreich?

A: Ich bin Deutschland geboren, ich teile nicht die Gedanken der Leute im Libanon, ich will keinen Unterschied zwischen den Religionen. Als ich 7 Jahre alt war, haben mich meine Eltern wieder in den Libanon mitgenommen. Ich will in Österreich leben. Ich habe die Schule in Libanon besucht, Kinder schlugen sich untereinander und auch die Lehrer haben die Kinder geschlagen. Ich denke schon als ich 9 Jahre alt war, wollte ich mein Heimatland verlassen. Mit 14 Jahre habe ich es geschafft. Ich habe einen Asylantrag gestellt und lebte im Jugendhaus in Österreich. Ich lernte wieder Deutsch. Der Fluchtgrund war das die Leute so im Verhalten zurückgeblieben sind, Sie haben so alte Ansichten. Das Thema Religion ist das wichtigste in meinem Land, die erste Frage bei uns ist immer welche Religion hast du. In Europa werden alle gleichbehandelt und die Religion spielt hier keine große Rolle. Ich habe mich hier in Österreich immer wohl gefühlt. Ich habe in der XXXX gelebt und ich ging in die Schule und habe mich schnell wieder angepasst, in Österreich. Ich habe alles ehrlich erzählt von meinen verschiedenen Aufenthalten, weil ich ein Ziel hatte, ich wollte immer wieder nach Österreich, ich hatte immer ein Ziel, ich wollte ein Vorbild sein für andere Jugendliche welche kein Ziel haben. Hier sind alle Menschen gleich es gibt keine Gewalt und keinen Unterschied zwischen den Religionen. Ich würde mir wünschen dass ich hier in Linz bleiben kann.

F.: Möchten Sie von sich aus noch etwas zu Ihrem Fluchtgrund angeben?

A.: Nein.

F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert?

A: Ja.

F.: Die Länderinformationsblätter zum Libanon liegen bei der ho. Behörde auf, diese behandeln die Lage im Libanon, unter anderem unter Einbeziehung der Sicherheitslage im Libanon, sowie die Versorgungslage und aktuelle Vorfälle usw.

Sie haben das Recht diese Länderinformationsblätter bei der Behörde jetzt einzusehen, Stellung zu nehmen oder eine schriftliche Ausfertigung der Länderinformationsblätter zwecks Stellungnahme, Frist 2 Wochen, zu verlangen.

A. Nein, ich habe kein Interesse.

F.: Haben Sie Deutschkurse besucht bzw. positive Prüfungen abgelegt?

A.: Habe ich vorgelegt.

F.: Haben Sie in Österreich eine Schule besucht bzw. eine Ausbildung genossen? Wenn ja, welche und wie lange?

A.: Ja wie ich in Österreich gelebt habe.

F.: Wie sieht Ihr soziales Umfeld in Österreich aus, haben Sie österreichische Freunde nennen Sie Ihre Familiennamen?

A.: Ja, Gerhard, Waroslaw, Tibi, Sabrina, Stephanie, Martina, Romana.

F.: Was unternehmen Sie mit Ihren Freunden?

A.: Wir gehen fort, und treffen uns.

F: Gehen Sie einer Arbeit nach oder leben Sie von Sozialunterstützung?

A: Ja. seit dem Dezember 2016 arbeite ich durchgehend im XXXX als Küchenhelfer.

F.: Sind Sie in einem Verein aktiv tätig? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?

A.: Ich spiele freiwillig Fußball mit Freunden, weil ich keine Zeit habe bei einem Verein zu spielen, weil ich immer von Dienstag bis Sonntag arbeite.

F.: Gehen Sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?

A.: Ich kann keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen, weil ich immer arbeite.

F.: Sind Sie in Österreich mit dem Gesetz in Konflikt geraten?

A.: Nein.

F: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

A. Ich will weiterhin arbeiten, und ein schönes Leben in Frieden leben. In ein paar Jahren möchte ich heiraten. Ich wünsche mir nach all dem das eine gute Zukunft auf mich wartet.

F.: Wie ist das soziale Umfeld im Libanon gewesen?

A.: Schlecht, nicht so schön, ich hatte im Libanon keine Freunde.

F: Haben Sie eine Freundin oder Lebensgefährtin in Österreich, wo oft treffen Sie sich?

A. Ja, Ivana.

F: Leben Sie mit Ihrer Freundin zusammen?

A. Nein.

F.: Besteht ein Interesse an freiwilliger Ausreise? Wenn ja, dürfen Ihre Daten an die Organisationen der Rückkehrhilfe weitergegeben werden?

A.: Nein.

F.: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

A.: Ich bin dort ein Fremder, ich passe nicht in die Lebensweise dieses Landes.

F: Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen, wenn ja welche?

A.: Nein, niemand wollte mich umbringen, ich möchte in Österreich bleiben und leben.

F.: Brauchen Sie aus gesundheitlicher Sicht Betreuung? Wie sieht diese Betreuung aus und wer leistet sie? Warum kann die Betreuung nur von der von Ihnen angegebenen Person durchgeführt werden?

A.: Nein.

F.: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

A.: Ich habe alles gesagt. Als Kind habe ich nicht entscheiden dürfen, ich wäre nicht mehr zurückgegangen in den Libanon.

F.: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?

A.: Ja.

F.: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

F.: Haben Sie nun nach wiederholter Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde Ihre Einvernahme richtig und vollständig protokolliert?

A.: Nein, es ist alles Ok.

Anmerkung: Bestätigen Sie nunmehr bitte durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die Rückübersetzung.

Anmerkung: Eine Kopie der Ausfertigung der Niederschrift wurde dem AW übergeben.

- Am 30.05.2018 wurden vom AW Dokumente bzw. Beweismittel vorgelegt.

- Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

[...]"

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak (Anm.: gemeint wohl Libanon) nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak (Anm.: gemeint wohl Libanon) gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen und wurde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Nach Wiedergabe des Sachverhaltes wird die Abschiebung in den "Irak" moniert. Die belangte Behörde habe sich nicht mit einer eventuellen Gefährdung der bP auf Grund ihrer westlichen Lebenseinstellung auseinander gesetzt. Die bP sei in Österreich hervorragend integriert. Im Rahmen der Beschwerde wurden folgende Dokumente vorgelegt:

* 1. Seite eines libanesischen Reisepasses, ausgestellt am XXXX vom General Directorate of General Security in Kopie

* Schulbesuchsbestätigung der Hauptschule in Linz, Schuljahr 2005/2006

* Mietvertrag vom 21.12.2016

* Teilnahmebescheinigung an der Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahme " XXXX " im Zeitraum von 04.07.2007 bis 31.12.2007

* Prüfungszeugnis XXXX Niveaustufe A2 vom 12.09.2015

* Geburtsurkunde vom 18.02.1991, ausgestellt vom Standesbeamten von XXXX

* Zivilregisterauszug vom Standesbeamten von XXXX vom 30.03.2013

* Teilnahmebescheinigung der Bildungsveranstaltung "Berufsorientierungskurs für Jugendliche" in der Zeit von 21.04.2008 bis 23.05.2008 vom 23.04.2015

* Arbeitsbescheinigung als Küchenhilfe seit 17.12.2015

* Lohnzettel aus 2015 und 2016

* diverse Empfehlungsschreiben

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Identität und Herkunftsstaat:

Name und Geburtsdatum (wie im Einleitungssatz des Spruches angeführt) stehen (lt. Bundesamt) fest.

Die bP bezeichnet sich der Volksgruppe der Araber und dem schiitischen Glauben zugehörig.

Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist der Libanon.

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise:

Die bP ist in Deutschland geboren und absolvierte im Libanon und in Österreich ihre Schulbildung.

Sie wohnte vor ihrer Ausreise in XXXX

Die bP verfügt über keine Berufsausbildung; ihren Lebensunterhalt bestritt sie zuletzt als Arbeiter in der Landwirtschaft

1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

Die Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüder sowie diverse Verwandte leben im Libanon.

Die bP hat weder beim Bundesamt noch in der Beschwerde konkret dargelegt, dass bei der Rückkehr keinerlei für sie zugängliches Netzwerk mehr bestünde.

1.4. Ausreisemodalitäten

Sie reiste mit dem Flugzeug legal in die Türkei. Mit Hilfe eines Schleppers reiste die bP auf der Ladefläche eines Lkw versteckt in das Bundesgebiet ein.

Zum Verbleib des heimatsstaatlichen Reisepasses gab sie an, dass ihr dieser vom Schlepper abgenommen worden sei bzw. sie diesen verloren habe.

Sie durchreiste auf ihrem Weg nach Österreich mehrere als sicher geltende Staaten. In diesen suchte sie nicht um Schutz an. Es wurde nicht behauptet, dass ihr dort die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nicht auch möglich gewesen wäre oder dass Flüchtlinge dort keinen Schutz erlangen könnten.

1.5. Gesundheitszustand

Die bP hat im Verfahren keine aktuell behandlungsbedürftige Erkrankung dargelegt.

1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich

Art, Dauer, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes:

Die bP begab sich mit Unterstützung einer kriminellen Schlepperorganisation und ohne Vorhandensein eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels im März 2015 in das Bundesgebiet.

Mit der am 23.03.2015 erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz erlangte die bP eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG, die nach Antragsabweisung durch die Beschwerdeerhebung verlängert wurde.

Da ihr in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise als rechtswidrig und stellt grds. gem. § 120 Abs 1 u. Abs 7 FPG eine Verwaltungsübertretung dar.

Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich:

Die bP hat in Österreich keine als Familienleben zu wertenden Umstände dargelegt oder nachgewiesen.

Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstaates bewusst waren / Grad der Integration

Deutschkenntnisse: mit einem Prüfungszeugnis OIF-Test Niveaustufe A2 vom 12.09.2015 nachgewiesen

Sonstige Ausbildungen: keine

Teilweise oder gänzliche wirtschaftliche Selbsterhaltung während des Verfahrens bzw. Teilnahme an möglicher und erlaubter Erwerbstätigkeit für Asylwerber (https://www.ams.at/unternehmen/service-zur-personalsuche/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitskraefte/beschaeftigung-von-asylwerberinnen-und-asylwerbern#wieknnenasylwerberinnenundasylwerberbeschftigtwerden): Die bP arbeitet als Küchenhilfe und ist grds. selbsterhaltungsfähig

Gemeinnützige Tätigkeiten: keine vorgebracht

Die bP verfügt über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich. Die bP hat eine Freundin, mit welcher sie nicht zusammenlebt. Die bP hat diese privaten Anknüpfungspunkte während einer Zeit erlangt, in der der Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet stets prekär war.

Bindungen zum Herkunftsstaat:

Die beschwerdeführende Partei kann sich im Herkunftsstaat problemlos verständigen und hat viele Jahre in diesem Staat verbracht. Sie kennt die dortigen Regeln des Zusammenlebens.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei als von ihrem Herkunftsstaat entwurzelt zu betrachten wäre.

Strafrechtliche/verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen:

In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Vormerkungen wegen rk. gerichtlicher Verurteilungen auf.

Das Vorliegen von rk. Verwaltungsstrafen wurde dem BVwG nicht mitgeteilt und ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:

Da der bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise (bei strafmündigen Personen) gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 120 Abs 7 FPG).

Verfahrensdauer:

Die Verfahrensdauer wurde bereits im Rahmen einer am 18.10.2016 eingebrachten Säumnisbeschwerde einer rechtlichen Beurteilung unterzogen.

Nicht unwesentlich für die Dauer dieses Beschwerdeverfahrens war insbesondere der Umstand, dass das BFA insbesondere mit einem explosionsartigen Anstieg der Zahl der Anträge auf internationalen Schutz im Geschäftsjahr 2015 auf ein unabsehbar hohes Niveau konfrontiert war. Das Bundesamt setzte demgegenüber bereits ab Aufnahme seiner Tätigkeiten mit Beginn des Jahres 2014 laufend personelle und organisatorische Maßnahmen, um einerseits den Soll-Stand zu erreichen und andererseits auf die massiv steigenden Antragszahlen zu reagieren. Darüber hinaus wurden in Ansehung der Antragszahlen vor allem seit dem Sommer 2015, als es zum allgemein bekannten massiven Zustrom von Migranten über die sog. "Balkanroute" kam, und dem, trotz der bereits zuvor gesetzten Personalerweiterungen, daraus resultierenden Rückstau bei der Bearbeitung der Anträge, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im zweiten Halbjahr 2015 sowie fortlaufend seit Beginn des Jahres 2016 weitere Maßnahmen zur Bewältigung dieser Umstände ergriffen, wobei naturgemäß zu berücksichtigen war, dass neue Mitarbeiter erst mit einer zeitlichen Verzögerung selbständig im Verfahren eingesetzt werden können.

Ergänzend ist auch zu berücksichtigen, dass ein Mitverschulden des Beschwerdeführers an der Verzögerung des Verfahrens bzw. der nichtfristgerechten Entscheidung des BFA über dessen Antrag auf internationalen Schutz insoweit festzustellen war, als dieser trotz seiner Antragstellung am 23.03.2015 erst am 27.07.2016, sohin 16 Monate später, Urkunden als Nachweis für seine Identität vorlegte. Die Vorlage derselben stellt jedoch eine wesentliche Verpflichtung eines Antragstellers im Rahmen seiner asylgesetzlichen Mitwirkungspflicht die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts betreffend dar, auf die dieser bereits 16 Monate zuvor bei seiner Antragseinbringung hingewiesen worden war.

1.7. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

Den eigenen Angaben der bP nach war sie bis zu ihrer Ausreise im Libanon weder inhaftiert noch hatte sie persönlich mit Behörden Probleme; gegen sie bestanden keine staatlichen Fahndungsmaßnahmen; sie war nicht politisch tätig oder Mitglied einer Partei; sie hatte persönlich keine Probleme wegen ihres Religionsbekenntnisses oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit; sie hatte keine gröberen Probleme mit Privatpersonen; nahm an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, konkret ihre Herkunftsregion XXXX , mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer entscheidungsrelevanten realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

Aus den Angaben der bP ergibt sich im Herkunftsstaat, insbesondere in der Herkunftsregion der bP, unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, keine Situation, wonach im Falle der Rückkehr eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bestünde. Dies ergibt sich auch nicht aus der amtswegigen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat

Die bP war im Hinblick auf Unterkunft und Versorgung mit Lebensmitteln bislang in der Lage im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern. Es wurde von ihr weder beim Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren konkret dargelegt, dass sie im Falle der Rückkehr nicht mehr ihre Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz decken könnte.

Sie behauptete nicht, dass im Falle der Rückkehr auf Grund der allgemeinen Versorgungslage eine persönliche, relevante Gefährdung von Leib und/oder Leben gegeben wäre. Dies kann auch amtswegig auf Grund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht festgestellt werden.

1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Libanon im Herkunftsstaat traf das Bundesamt auf Basis des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zum Libanon vom 12.09.2018 folgende relevante Feststellungen:

Politische Lage

Libanon ist eine parlamentarische Demokratie nach konfessionellem Proporzsystem. Politische Parteien sind zugelassen; sie sind jedoch in der Praxis meist Zweckbündnisse, die vor allem auf der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe basieren. Die Verfassung des Landes schreibt eine Trennung der Gewalten vor. Parlamentswahlen sollen alle vier Jahre abgehalten werden; der Staatspräsident wird von den Abgeordneten für sechs Jahre gewählt. Das libanesische System wird von der Zusammenarbeit der verschiedenen religiösen Gruppen getragen; daneben spielen Familien- und regionale Interessen eine große Rolle (AA 1.3.2018).

Das politische System basiert auf der Verfassung von 1926, dem ungeschriebenen Nationalpakt von 1943 und dem im Gefolge der Taif-Verhandlungen am 30. September 1989 verabschiedeten "Dokument der Nationalen Versöhnung" (AA 1.3.2018). In diesem sogenannten Taif-Abkommen wurde festgelegt, dass die drei wichtigsten Ämter im Land auf die drei größten Konfessionen verteilt werden:

? Das Staatsoberhaupt muss maronitischer Christ sein

? Der Parlamentspräsident muss schiitischer Muslim sein

? Der Regierungschef muss sunnitischer Muslim sein

Dieser Proporz bestimmt die gesamte Verwaltung und macht auch vor der Legislative nicht halt. Das Parlament mit seinen 128 Mitgliedern setzt sich nach dem Grundsatz der konfessionellen Parität wie folgt zusammen:

34 Maroniten, 27 Schiiten, 27 Sunniten, 14 griechisch-orthodoxe Christen, 8 Drusen, 8 melikitische/griechisch-katholische Christen, 5orthodoxe Armeniern, 2 Alewiten, 1 armenischer Katholik, 1 Protestant und 1 weitere Minderheit (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Bei der im Abkommen von Taif vorgesehenen allmählichen Entkonfessionalisierung des politischen Systems gibt es bisher keine Fortschritte (AA 1.3.2018).

Das Parlament des Libanon ist konfessionsübergreifend in zwei politische Blöcke gespalten, die einander im Libanon unversöhnlich gegenüberstehen:

- die von der schiitisch geprägten und vom Iran beeinflussten Hisbollah angeführte 8.März-Koalition und die eher westlich orientierte, sunnitisch geprägte und von Saad Hariri (Future Movement; arab.: (al-)Mustaqbal) angeführte 14. März-Bewegung (BBC 4.11.2014; vgl. GIZ 6/2018).

Die traditionelle Feindschaft zwischen diesen beiden Blöcken wurde durch den Konflikt im benachbarten Syrien zusätzlich vertieft, als schiitische Hisbollah-Kämpfer sich auf die Seite der syrischen Regierung stellten, während die 14. März-Bewegung die syrischen Rebellen unterstützte (BBC 4.11.2014; vgl. GIZ 6/2018).

Diese Polarisierung lähmt das Land politisch und ökonomisch, verstärkt konfessionelle Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten und erschwert bzw. verhindert außerdem die Erarbeitung notwendiger Lösungen für die ökonomischen, sozialen und politischen Herausforderungen (GIZ 6/2018).

Aufgrund schwer erzielbarer Mehrheiten war es auch jahrelang nicht möglich, ein Wahlgesetz zu verabschieden. Dies führte dazu, dass die Parlamentswahl 2013 ausgesetzt und das Mandat der Abgeordneten mehrfach verlängert wurde (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Am 31. Oktober 2016 wurde nach zweieinhalb Jahren und 45 gescheiterten Versuchen ein neuer Präsident gewählt. Mit der Wahl des maronitischen Christen Michel Aoun kam Bewegung in die stark polarisierte libanesische Politik. Da Aoun als Kandidat der schiitischen Hisbollah für das Amt des Präsidenten galt, wurde er zunächst von Premierminister Saad Hariri abgelehnt. Seine Wahl wurde schließlich erst durch eine überraschende Kehrtwende Hariris ermöglicht. Im Gegenzug beauftragte Aoun Hariri, eine neue Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl wurde am 19. Dezember 2016 eine neue Regierung vereidigt (GIZ 6/2018).

Im Juni 2017 konnte sich das politische Establishment schließlich auf ein neues Wahlrecht einigen. Dieses sieht unter anderem vor, das Mehrheitswahlrecht durch das Verhältniswahlrecht abzulösen. Hierdurch sollten kleinere Parteien und Wählergruppen gestärkt werden, doch das von den Regierungsparteien außerhalb des Parlaments verhandelte Wahlgesetz enthält zahlreiche Einschränkungen der Verhältniswahl wie beispielsweise eine sehr hohe Einzugshürde bei zehn Prozent.

Positiv ist jedoch, dass die Parteien faktisch gezwungen werden, konfessionsübergreifende Listen zu bilden. Wenn es in einem Wahlkreis die Festlegung gibt, dass hier zwei Sitze für Christen und drei Sitze für Muslime vergeben werden, müssen hier die Parteien eine gemeinsame Liste bilden, um antreten zu dürfen.

Im neuen Wahlgesetz werden Jugendliche unter 21 ausgeschlossen. Auch wurde keine Quote für weibliche Parlamentsabgeordnete eingeführt, obwohl der Libanon eines der Länder mit der niedrigsten Zahl an weiblichen Abgeordneten ist. Der christlich-muslimische Proporz des Parlaments wird durch das Gesetz nicht berührt (GIZ 6/2018).

Am 6. Mai 2018 fanden nach jahrelanger Pattstellung schließlich erstmals seit 2009 erneut Parlamentswahlen statt.

77 Listen mit insgesamt 597 Kandidaten waren für die Wahl um 128 Parlamentssitze in 26 Distrikten registriert. Die Anzahl der weiblichen Kandidaten nahm gegenüber der letzten Wahl auf 86 zu und betrug somit nun 14,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 49,2 Prozent, nach 53,37 Prozent im Jahr 2009. Die offiziellen Ergebnisse weisen die Sitze wie folgt zu: Future Movement [Anm.: arab. - (al-)Mustaqbal], 21; Free Patriotic Movement, 20; Amal, 17; Libanese Forces, 15; Hisbollah, 12; Progressive Socialist Party, 8; die "Determination (Azem)" Bewegung des ehemaligen Premierministers Mikati, 4; Marada, die Syrian Social Nationalist Party, Kataeb und Tashnaq, jeweils 3 Sitze. Zum ersten Mal gewann ein Kandidat der Zivilgesellschaft einen Sitz durch die Wahlliste "Koulouna Watani" in Beirut. Die Zahl der gewählten Frauen im Parlament stieg von vier auf sechs (UN 13.7.2018; vgl. USDOS 29.5.2018).

Die Hisbollah und ihre politischen Verbündeten (darunter auch das Free Patriotic Movement FPM, eine christliche Partei unter der Führung von Präsident Michel Aoun, die wie 2009 knapp zwanzig Sitze erringen konnte), gewannen somit mit 65 knapp die Hälfte der 128 Sitze im Parlament, während der vom Westen unterstützte sunnitische Premierminister Saad al-Hariri zwar mehr als ein Drittel seiner Sitze verlor, aber mit 21 Parlamentsmitgliedern immer noch Führer des größten politischen Blocks ist. Zu diesem Block gehört auch die christliche, gegen die Hisbollah auftretende anti-syrische Partei "Libanese Forces", die als zweiter großer Sieger bei dieser Wahl ihre Mandate gegenüber der Wahl 2009 beinahe verdoppelte.

Insgesamt betrachtet haben somit die vom Iran unterstützte Hisbollah und ihre politischen Verbündeten bei den Parlamentswahlen etwas an Einfluss gewonnen (RFE 7.5.2018, vgl. ICG 9.6.2018), wenngleich sich an der grundsätzlichen Machtstruktur nichts geändert hat. Der bisherige Premier Hariri wurde trotz der Wahlverluste neuerlich damit beauftragt, eine Regierung zu bilden (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 29.5.2018).

Im Libanon leben schätzungsweise zwischen 4,5 und 6,2 Millionen Menschen, je nachdem, inwieweit die große Zahl von Flüchtlingen mitberücksichtigt wird oder nicht (CIA 14.8.2018, vgl. GIZ 6/2018). Neben etwa 450.000 [Anm.: bei der UNRWA registrierten] palästinensischen Flüchtlingen - die Zahl der derzeit tatsächlich im Libanon aufhältigen palästinensischen Flüchtlinge beläuft sich laut einer aktuellen Volkszählung auf 174.422 Personen (Daily Star 21.12.2017) - sind im Libanon laut UNHCR etwa eine Million syrische Flüchtlinge registriert, was mehr als 25% der Wohnbevölkerung des Landes entspricht. Der Libanon beherbergt somit mehr syrische Flüchtlinge als jedes andere Land der Region. Der Krieg in Syrien hat nicht nur durch die große Flüchtlingswelle enorme Auswirkungen auf den Libanon, vielmehr droht der Konflikt das sensible Gefüge der libanesischen Gesellschaft zu zerreißen. Während die Hisbollah und ihre Anhänger den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unterstützen, sympathisieren die Anhänger des Lagers 14. März mit den syrischen Rebellen, die Assad bekämpfen. Seit Beginn des militärischen Engagements der Hisbollah in Syrien zugunsten des Assad-Regimes hat sich die politische Spaltung des Libanon vertieft und führt zunehmend zu einem gewalttätigen konfessionellen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Gleichzeitig - und obwohl die Hisbollah das Hariri-Bündnis beschuldigt, die radikalen Sunniten zu decken und im Gegenzug das Hariri-Bündnis wiederum die Hisbollah beschuldigt, den Libanon in den Krieg in Syrien hineinzuziehen - bilden beide Kontrahenten derzeit mit anderen politische

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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