TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/3 LVwG-2020/22/1154-3

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Veröffentlicht am 03.08.2020
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Entscheidungsdatum

03.08.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde der „AA OG, Adresse 1, Z, v.d. Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 4.5.2020, *** wegen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anmeldung des Gewerbes „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs 1 Z 2 GewO 1994 in der Betriebsart Restaurant“ im Standort Z, Adresse 1 nicht vorliegen und die Ausübung dieses Gewerbes untersagt wird,

zu Recht:

1.  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Gewerbeanmeldung der AA OG, Firmenbuchnummer ***, für das Gewerbe „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs 1 Z 2 GewO 1994 in der Betriebsart Restaurant“ im Standort Z, Adresse 1 (als gewerberechtlicher Geschäftsführer wurde Herr CC, geb. xx.xx.xxxx, Adresse 2, Z, bestellt) nicht zu Kenntnis genommen und die Ausübung dieses Gewerbes untersagt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zusammenfassend vorgebracht, die Behörde hätte den Antrag auf Nachsicht vom Ausschluss des Gewerbes berücksichtigen müssen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.

II.      Rechtliche Grundlagen:

Folgende Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 zuletzt geändert durch BGBl I 2015/155

„§ 13.

(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

         1.       von einem Gericht verurteilt worden sind

         a)       wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

         b)       wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

         2.       die Verurteilung nicht getilgt ist.

Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

(…)

(7) Andere Rechtsträger als natürliche Personen sind von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen, wenn eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des betreffenden Rechtsträgers zusteht, gemäß Abs. 1 bis 3, 5 oder 6 von der Gewerbeausübung ausgeschlossen ist. Trifft auf die natürliche Person ein Ausschlussgrund gemäß Abs. 4 zu, ist der betreffende Rechtsträger nur von der Ausübung eines Gewerbes, das Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhaltet, ausgeschlossen. Abs. 1 letzter Satz gilt sinngemäß.“

III.     Erwägungen:

Der gewerberechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat unbestritten das ihm mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 11.4.2014, *** zur Last gelegte Delikt nach § 27 Abs 1 SMG iVm § 28 Abs 1 StGB begangen. Ebenfalls nicht bestritten wird der Ablauf der Tilgung dieses Delikts mit 11.11.2021 (siehe dazu auch den Strafregisterauszug vom 6.7.2020). Der Gesetzgeber hat in § 13 Abs 1 GewO 1994 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Begehung bestimmter Delikte bzw. wenn eine Geldstrafe von mehr als 180 Tagsätzen (im gegenständlichen Fall 240 Tagsätze) ausgesprochen wurde, zwingend nach sich zieht, dass diese Personen (bzw. hier die Gesellschaft aufgrund der Tatsache, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer dieses Delikt begangen hat – siehe § 13 Abs 7 GewO 1994) von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen sind. Dieser Gewerbeausschluss wirkt bis zur Tilgung der Verurteilung. Dem Vorbringen in der Beschwerde, Herr CC sei vor der gegenständlichen Verurteilung nie strafrechtlich in Erscheinung getreten, ist im Übrigen entgegenzuhalten, dass dieser lt. Urteil vom 11.4.2014 bereits zweimal einschlägig vorbestraft ist.

In der vorliegenden Beschwerde wird nun die Rechtsansicht vertreten, die Behörde hätte im gegenständlichen Verfahren eine Nachsicht vom Ausschluss des Gewerbes berücksichtigen müssen.

Hier verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtsnatur des Nachsichtsverfahrens nach § 26 GewO 1994 sowie die wechselseitigen Wirkungen der jeweiligen Verfahren. Tatsächlich handelt es sich beim Nachsichtsverfahren um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Keinesfalls ist die Behörde im Verfahren nach § 340 GewO 1994 verpflichtet, die Voraussetzungen für eine Nachsichtserteilung amtswegig zu prüfen. Der Antrag auf Nachsicht wurde erst mit Eingabe vom 12.5.2020 (mithin nach der gegenständlichen Bescheiderlassung) gestellt ist und ist in einem eigenen Verfahren, losgelöst vom gegenständlich Anmeldungsverfahren, zu behandeln (siehe zu alledem unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung 19943 (2011) § 26, Rz 6). Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gehen daher ins Leere. Es ist für das gegenständliche Verfahren auch irrelevant, wenn der gewerberechtliche Geschäftsführer die Begehung des Delikts bereut und nunmehr ein „geordnetes“ Leben (so die Beschwerde) führt.

§ 13 Abs 1 GewO 1994 stellt allein auf die Begehung bestimmter Delikte ab und liegt daher zwingend ein Gewerbeausschlussgrund vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

In der gegenständlichen Beschwerdesache konnte im Sinne des § 24 Abs 4 VwGVG eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ungeachtet des diesbezüglichen Antrages des Beschwerdeführers deshalb entfallen, da vorliegend bloß eine reine Rechtsfrage zu beantworten war, wogegen der Sachverhalt als geklärt angesehen werden konnte, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten ließ. Auch in der Beschwerde wurden keinerlei Gründe für die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung vorgebracht.

Einem Entfall der Verhandlung standen auch weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vergleiche VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221 und 21.03.2014, 2011/06/0024).

B). Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Gewerbeausschlussgrund;
Gerichtliche Verurteilung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.22.1154.3

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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