TE Bvwg Beschluss 2019/10/15 L507 2215211-1

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Veröffentlicht am 15.10.2019
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Entscheidungsdatum

15.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §9 Abs3

Spruch

L507 2215211-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG und § 9 Abs. 3 ZustG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Der Beschwerdeführer wurde am 12.03.2018 von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Bei der Einvernahme war der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers Rechtsanwalt XXXX anwesend und berief sich auf die ihm erteilte Vertretungsvollmacht. Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers wurde im Rahmen dieser Einvernahme auch befragt, in welchem Umfang ihm die Vollmacht erteilt worden sei, woraufhin der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers antwortete, dass er den Beschwerdeführer im vollen Umfang vertrete.

3. Mit Bescheid des BFA vom 01.02.2019, Zl. 1079508403 - 150925767, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß

§ 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß

§ 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht bestehe. Gemäß

§ 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 05.12.2018 verloren habe. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm

Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

4. Dieser Bescheid wurde ausschließlich dem Beschwerdeführer mittels RSa-Brief am 07.02.2019 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit im Schreiben vom 25.02.2019 wurde vom Beschwerdeführer, nunmehr im Rechtsmittelverfahren vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Gemeinsam mit der Beschwerde wurde eine mit 25.02.2019 datierte und vom Beschwerdeführer unterfertigte Vollmacht in Vorlage gebracht, aus der hervorgeht, dass die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe vom Beschwerdeführer beauftragt und bevollmächtigt wurde, diesen im Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Z. 1079508403-150925767 zu vertreten, wobei diese Vertretung auch eine Zustellvollmacht umfasst.

5. Dem Akt des BFA sind keine Hinweise auf eine Vollmachtsaufkündigung betreffend den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers RA XXXX zu entnehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Feststellungen:

Beschwerdeführer wird zumindest seit 12.03.2018 vom Rechtsanwalt XXXX vertreten.

Der Bescheid des BFA vom 01.02.2019, Zl. 1079508403 - 150925767, wurde dem Beschwerdeführer mittels RSa-Brief am 07.02.2019 durch Hinterlegung zugestellt.

Eine Beschwerde wurde am 25.02.2019 durch die Vertretung des Beschwerdeführers, die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, eingebracht.

Eine Vollmachtsauflösung betreffend den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers RA XXXX ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.

1.2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen resultieren unmittelbar aus dem Verwaltungsakt.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung -BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes -AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 -DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

2.2. Zu Spruchteil A):

2.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Nach der stRsp des VwGH umfasst eine allgemeine Vollmacht auch die Zustellungsbevollmächtigung (u.a. VwGH v. 19.09.2001, Zl. 99/16/0091, v. 25.05.2011, Zl. 2011/08/0084, v. 22.09.201 Zl. 2010/18/0365).

Voraussetzung für das rechtliche Zustandekommen eines Bescheides ist dessen Erlassung. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (§ 24 des ZustG; vgl. zB VwGH 18. 5. 1994, 93/09/0115). Ist der erstbehördliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. VwGH 09.03.1982, Zl. 81/07/0212; VwGH 30.05.2006, Zl. 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelgericht in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten.

Gemäß § 21 AVG und § 1 ZustG sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen. Gemäß

§ 17 Abs. 3 ZustG gelten infolge nicht erfolgreichen Zustellversuches hinterlegte Dokumente mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt.

Gemäß § 5 ZustG hat die Behörde in geeigneter Form den Empfänger und dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen. "Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll.

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten, soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht). Aus § 9 Abs. 3 ZustG folgt, dass für den Fall, dass ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde, soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen hat. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Kenntnisnahme von einem Bescheid im Zuge einer Akteneinsicht durch einen Parteienvertreter bzw. der Umstand, dass diesem tatsächlich eine Kopie eines Bescheides zukommt, der im Original nicht dem im Verfahren ausgewiesenen Vertreter der Partei sondern der Partei selbst zugestellt wurde, den in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegenen Verfahrensmangel nicht heilen. Eine Sanierung durch tatsächliches Zukommen des Bescheides kann nur erfolgen, wenn der Bescheid im Original einem zur Zeit des (wirkungslosen) Zustellvorganges bereits der Behörde gegenüber namhaft gemachten Zustellbevollmächtigten zukommt (vgl. dazu VwGH 18.11.2015, Zl. Ra 2015/17/0026; VwGH 08.04.1992, Zl. 92/01/0001).

2.2.2. Im gegenständlichen Fall war der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung des bekämpften Bescheides durch den Rechtsanwalt XXXX vertreten und inkludierte diese Vertretung auch eine Zustellvollmacht.

Vor diesem Hintergrund wäre das Bundesamt verpflichtet gewesen, in der Zustellverfügung die genannte Vertretung des Beschwerdeführers zu bezeichnen und es wäre dieser zuzustellen gewesen, was die belangte Behörde jedoch verabsäumt hat.

Dass der Vertretung des Beschwerdeführers die Entscheidung des Bundesamtes tatsächlich zugekommen wäre und somit eine Heilung im Sinne des § 9 Abs. 3 ZustG eingetreten wäre, kann weder der Aktenlage noch den Ausführungen der gegenständlichen Beschwerde entnommen werden.

Eine ordnungsgemäße Zustellung fand somit nicht statt und der Bescheid wurde folglich nicht erlassen. Wird ein Bescheid nicht ordnungsgemäß erlassen, dann wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht anfechtbar (Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 2. Teilband, RZ 8 zu § 62, S 781). Die direkte Zustellung an den Beschwerdeführer war somit nicht rechtswirksam.

2.2.3. Es ist daher abschließend festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid bislang nicht rechtswirksam erlassen wurde. Das gegenständliche Verfahren ist noch immer in erster Instanz anhängig.

Mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes war damit die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (so auch VwGH 18.11.2015, Zl. Ra 2015/17/0026). Erst nach allfälliger neuerlicher und rechtswirksamer Erlassung eines Bescheides ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.

2.2.4. Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

3. Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die entsprechende Judikatur wurde oben unter Punkt A) angeführt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anfechtungsgegenstand Empfänger mangelnde Beschwer Nichtbescheid Vertretungsvollmacht Zurückweisung Zustellbevollmächtigter Zustellmangel Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L507.2215211.1.01

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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